„Sicherheit ist Kapital“ – Private Sicherheitsdienste in Zahlen und Fakten

von Otto Diederichs

Die Ursprünge privater Sicherheitsdienste in Deutschland führten zurück bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts, als das Nachtwachwesen umorganisiert und die bis dahin üblichen Nachtwächter dem Befehl des Kommandeurs der staatlichen Schutzmannschaften unterstellt wurden. Damit verbesserten sich schrittweise zwar die nächtlichen Sicherheitsverhältnisse, gleichzeitig jedoch stiegen (insbesondere infolge des Polizeikostengesetzes von 1892) die zu entrichtenden Abgaben der Kommunen für das neue Sicherheitswesen. Bis zum Auftreten professioneller ‚Privat-wächter‘ konnte es somit nicht mehr allzu lange dauern.

Im Juli 1901 erfolgte mit der Eröffnung des „Hannoverschen Wach- und Schließinstitut“ die Gründung des ersten privaten Wachunternehmens auf deutschem Boden. 1902 gab es deren schon sieben und 1904 bereits ganze zwanzig. Seither expandiert das Gewerbe nahezu kontinuierlich. Gesicherte Daten bezüglich der Unternehmen und Umsätze dieser Branche finden sich selten. Hier werden die unterschiedlichsten Zahlen gehandelt werden. So schwanken in der Presse etwa die Angaben bei den Beschäftigten für das Jahr 1990 zwischen 60.000 und 130.000. Im nachfolgenden Text wurde deshalb (soweit möglich) nur auf offizielle Angaben zurückgegriffen.

Das Wach- und Sicherheitsgewerbe

Hierzu werden Unternehmen und Einzelpersonen gezählt, die ihren Kunden die unterschiedlichsten Dienstleistungen auf dem Sicherheitssektor anbieten. Im wesentlichen sind dies die Bewachung von Geld- und Werttransporten, der Schutz von Industrie- und Militäranlagen, Kontrolldienste und Personen-begleitschutz. Zu ihren Kunden zählen neben der Privatwirtschaft (Banken, Kaufhäuser, Fabriken und Lagerhäuser, Raffinerien etc.) in zunehmendem Maße auch kommunale Einrichtungen (siehe S. 32). Grundlage für die – erlaubnispflichtige – Tätigkeit der Branche ist die Gewerbeordnung (insb. 34a), in der zugleich auch die Kontrollbefugnisse durch die Behörden geregelt sind. Soweit private Unternehmen ihre Wachaufgaben im Auftrage der Bundeswehr wahrnehmen, ergeben sich die Befugnisse aus dem ‚Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen‘ (UZwGBw).

CILIP 043 Tabelle 1

Läßt man einmal die durch zwei Nachkriegswirren jeweils bedingten rapiden Anstiege im Bewachungsgewerbe unberücksichtigt, so folgte der erste große Wachstumsschub Ende der 60er Jahre (1968 = 40.880 Beschäftigte ) und er-reichte 1977 – infolge der Attentate der RAF – mit rd. 51.000 Beschäftigten einen vorläufigen Höhepunkt, danach folgte eine Phase des langsameren, aber kontinuierlichen Anstiegs. Rund 5% aller Beschäftigten galten seinerzeit als bewaffnet. Den letzten verfügbaren Informationen zufolge ist diese Zahl anschließend wieder gesunken: 1986 betrug die Zahl der zum Waffentragen berechtigten Personen 1.571 , was bei einer Gesamtstärke von ca. 60.000 Mann knappe 3% ausmacht. Gesicherte Zahlen aus jüngerer Zeit liegen nicht vor, doch dürfte es an dieser Situation kaum dramatische Veränderungen gegeben haben, auch wenn seit Ende der 80er Jahre und verstärkt nach der deutschen Vereinigung (und der damit einhergehenden veränderten Sicherheitslage) ein erneuter Branchenboom zu verzeichnen ist. In Umsatzzahlen ausgedrückt sieht die Entwicklung folgendermaßen aus: in den Jahren 1960 bis 1980 stiegen die Umsätze der Branche von ca. 110.000 Mio DM auf ca. 1.142 Mrd DM. 1991 hatte sich der Gesamtabschluß mit rd. 3 Mrd DM noch einmal mehr als verdoppelt.

Organisiert sind diese Unternehmen in diversen Verbänden und Vereinigungen, von denen der ‚Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. (BDWS)‘ als der wichtigste gelten kann. Dieser 1948 gegründete Dachverband organisierte 1992 eigenen Angaben zufolge 350 Unternehmen (davon 80 aus den neuen Bundesländern) mit ca. 50.000 Beschäftigten , (1991 waren im alten Bundesgebiet insgesamt 62.610 Personen im Wachgewerbe angestellt, Frauenquote: ca. 20%). Diesen kunterbunten Anbietermarkt auch nur annähernd vollständig darstellen zu wollen, ist ebenso unmöglich wie müßig, da sich gerade unter den kleineren und Kleinstfirmen die Situation ständig ändert und über die Lage in der Ex-DDR offenbar niemand einen verläßlichen Überblick besitzt. Es muß deshalb reichen, sich auf die ganz Großen der Branche zu konzentrieren.

CILIP 43 Tabelle 2

Die ‚Gesellschaft für Eigentumsschutz (GfE)‘, nach Polizeimeinung eines der „seriösen, leistungsstarken und zuverlässigen“ Unternehmen , entstand 1989 zunächst durch einen Zusammenschluß der ‚RAAB-KARCHER-Sicherheit‘ und der bereits als eigenständiges Unternehmen bestehenden ‚GfE‘, in den nach und nach weitere kleinere Firmen aufgingen. Dezentral strukturiert ist die heutige ‚GfE‘ bundesweit in die regionalen Bereiche Berlin, Nord, West, Mitte, Süd-West, Süd (unterdessen vermutlich auch Ost, Anm. OD) und den Unternehmensbereich Technik gegliedert. Das Dienstleistungsangebot reicht dabei bis hin zur Verkehrsüberwachung, wie z.B. durch den Einsatz von Politessen auf Rügen.

Ebenfalls Niederlassungen in nahezu allen größeren Städten unterhält der ‚Deutsche Schutz- und Wachdienst (DSW)‘. In Berlin, wo er seit 1974 ansässig ist, galt er Mitte der 80er Jahre mit seinen ca. 900 Mitarbeitern als das größte Bewachungsunternehmen der Stadt. Im damals noch eingemauerten Berlin oblag ihm – unter französischer Oberhoheit – u.a. der Wachdienst auf dem Flughafen Berlin-Tegel (wie zuvor schon bis zu dessen Schließung auf dem Flughafen Tempelhof).
Die Besonderheit des DSW hingegen liegt in seiner 1978/79 in Bad Oldesloe eingerichteten Ausbildungsstätte, deren Zielsetzung darin besteht, sowohl ei-genen Mitarbeitern wie auch externen Personen „eine qualifizierte fachüber-greifende Ausbildung anzubieten, die dem Absolventen das Rüstzeug als Führungsnachwuchskraft im Sicherheitswesen der Industrie und Wirtschaft mitgibt“. Dementsprechend ist das Angebot der DSW-Schule, das sich laut Eigenwerbung „besonders für Soldaten der Bundeswehr (…) und für Beamte auf Widerruf des Bundesgrenzschutzes“ eignet , in vier ganzjährige Ausbil-dungsgänge „Arbeitssicherheit, Brandschutz, Rettungsdienst und Werkschutz“ gegliedert. Langjähriger Leiter der Schule (und Mitgesellschafter der DSW) war der 1977 aus dem Dienst geschiedene frühere Chef des MAD, Brigadegeneral Paul-Albert Scherer.

Die Zeichen der Zeit erkannt hat vor zwei Jahren auch das 1946 gegründete und in Offenbach ansässige Unternehmen ‚HBI Sicherheitsdienste GmbH‘. Gemeinsam mit 29 weiteren Mittelständlern schloß sich ‚HBI‘ zur ‚Deutsche SicherheitsDienste GmbH (DSD)‘ mit rund 10.000 MitarbeiterInnen zusammen und ist seither überwiegend in den Ländern der früheren DDR aktiv.

Die Expansion des Sicherheitsgewerbes nach Osten macht an der deutschen Grenze jedoch noch lange nicht halt. So hat z.B. der in München ansässige Carl Widmeier in der heutigen CSFR ein neues einträgliches Betätigungsfeld gefunden. Dieser Raubritter der Sicherheitsbranche, dessen ‚Ziviler Sicher-heitsdienst (ZSD)‘ mit seinem martialischen Auftreten dem gesamten Unter-nehmenszweig auf immer den Stempel der ‚Schwarzen Sheriffs‘ aufgeprägt hat, sorgt heute u.a. dort als ‚CBS‘ für Ordnung. Seine Sheriffs patroullieren in ihren schwarzen Uniformen und Mercedes-Limousinen durch die Innenstadt von Bratislava (von den verhängten Geldbußen dürfen 60% einbehalten werden), sorgen im mährischen Brno, im böhmischen Plzen oder in Karlovy Vary für die Sicherheit von Hotels und Spielbanken.

Werkschutz

Zwar haben auch das Bewachungsgewerbe und die Detektivgesellschaften die Entstehung und heutige Ausprägung des Werkschutzes mitbeeinflußt, dies jedoch eher mittelbar. Eigentliche Ursprungsquellen sind die sog. Fabrikdieb-stahlsvereine, wie etwa der um 1861 entstandene ‚Verein gegen Seidendieb-stähle‘ in Krefeld, der 1883 in Elberfeld gegründete ‚Bergische Verein gegen Fabrikdiebstähle‘ u.a.

Heute ist zu unterscheiden zwischen dem betriebseigenen Werkschutz und den externen Anbietern aus der Bewachungsbranche. Interne Werkschutzabteilungen, wie sie in der Regel in Großbetrieben wie z.B. Siemens, BASF, Bayer, Opel, Mannesmann etc. üblich sind, bilden dabei lediglich einen Teil des betrieblichen Sicherheitswesens (Arbeitsschutz, Brandschutz, Umweltschutz, Datenschutz etc.). Allerdings sind die Übergänge hier recht fließend, und insbesondere der Werkschutz wirkt in alle übrigen Sparten mit hinein. Gegliedert ist er zumeist in einen allgemeinen Ordnungsdienst und einen Er-mittlungsdienst. Zum Ordnungsdienst zählen dabei z.B. der Pförtnerdienst, die Überwachung des Verkehrs auf dem Betriebsgelände (einschl. Parkplätze, Fahrradständer etc.) und der Wach- und Streifendienst. Der seit 1976 mit-bestimmungspflichtige Ermittlungsdienst ist zuständig sowohl für die Wa-renein- und Ausgangskontrollen, die Ausgabe von Hausausweisen und Dieb-stahlsermittlungen wie auch für Sicherheitsanalysen, allg. technische Siche-rungen und Sonderaufgaben (wie etwa der Spionage- und Sabotageabwehr).
Folgt man den zur Verfügung stehenden Daten, so scheint die Zahl der Werkschützer in den zurückliegenden 20 Jahren weitgehend konstant geblieben zu sein. Für 1973 etwa wird sie ebenso mit ca. 60.000 Mann angegeben wie für 1982 und 1986.

Seit 1978 sind die an Sicherheitsfragen interessierten Unternehmen in der vom ‚Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)‘, dem ‚Bundesverband der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)‘ und dem ‚Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT)‘ getragenen ‚Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft (ASW)‘ zusammengeschlossen (ca. 1.000 Mitgliedsfirmen). Regelmäßig führen die ASW bzw. die mit ihr verbundene ‚Vereinigung für Sicherheit in der Wirtschaft (VSW)‘ Sicherheitsseminare und Ausbildungskurse durch, um den Werkschützern der angeschlossenen Firmen, für die es bislang keine öffentlichen Ausbildungsgänge gibt, durch eine vor der ‚Industrie- und Handelskammer‘ abzulegende Prüfung zu einem anerkannten Facharbeiterzeugnis („geprüfte Werkschutzkraft“) zu verhelfen.

Gewerkschaftlich organisiert sind die Werkschützer heute (ebenso wie die privaten Wachdienstler) in der Gewerkschaft ÖTV, nachdem ein 1970 vom Deutschen Gewerkschaftsbund eingerichteter „Arbeitskreis Werkschutz“ bereits nach kurzer Zeit wieder eingestellt wurde. Wieviele Branchenangehörige sie allerdings organisieren, darüber fehlt auch Herrn Zechner, dem zuständigen Fachreferenten der ÖTV, der genaue Überblick. Vorsichtig gibt er die Gesamtzahl mit „schätzungsweise 17-18.000“ an.

Mit Fußnoten im PDF der Gesamtausgabe.

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