von Otto Diederichs
Nach dem Überfall von ca. 40-60 Skinheads auf eine Party von Punkern am 10. Mai 92 in der Magdeburger Gaststätte ‚Elbterrassen‘, bei dem ein 23jähriger Punker getötet wurde, machte man sich in Sachsen-Anhalt Gedanken darüber, wie man künftig auf derartige Situationen besser reagieren, insbesondere schneller und ausreichend Polizeikräfte einsetzen könne. Herausgekommen ist dabei u.a. das Einsatzkonzept ‚Landeseinsatzorganisation Elbe (LEO ELBE)‘.
„Nach Ansicht von Innenminister Hartmut Perschau ist die Polizei in Sachsen-Anhalt diejenige Institution, die besonders intensiv und offensiv die Auseinandersetzung mit dem gewalttätigen rechten Spektrum führt“, beginnt die Pressemitteilung, mit der der Öffentlichkeit das neue Konzept im November letzten Jahres vorgestellt wurde.[1] Damit solle es künftig möglich werden, „zügig geschlossene Einheiten zu bilden, sie regional zur Verfügung zu stellen und ohne großen Zeitverlust als ‚Alarmeinheiten‘ einzusetzen“.[2]
‚LEO ELBE‘
Sehr viel mehr an Information gibt die Erklärung indes nicht her. Nachgefragt ergibt sich folgendes Bild:[3]
Ausgangspunkt der Planung ist die Überlegung, nicht im Dienst befindliche BeamtInnen anlaßbezogen möglichst schnell zusammenzuziehen und an den jeweiligen Einsatzort zu entsenden. Somit ist das gesamte Konzept von den regulären Polizeidienstzeiten unabhängig und bezieht sich ausschließlich auf dienstfreie PolizistInnen. Im Alarmfalle sollen diese sich umgehend in ihren Polizeiinspektionen bzw. Polizeidirektionen sammeln. Entsprechend der räumlichen Gliederung der Polizei in Sachsen-Anhalt sind dies die Direktionen in Magdeburg und Halle sowie die sieben Polizeiinspektionen Stendal, Schönebeck, Halberstadt, Dessau, Wittenberg, Eisleben und Merseburg. Hier werden sie ausgerüstet und ihren Einheiten zugeteilt, wobei die jeweiligen Züge genau festgelegt und deren Führer allen BeamtInnen persönlich bekannt sind.
Wird aufgrund vorliegender Informationen befürchtet, mit den im Dienst befindlichen Polizeikräften nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig eingreifen zu können, gilt eine ‚LEO‘-Lage als gegeben. Entsprechend der ausgerufenen Einsatzstufe können solche Alarme regional oder auch landesweit ausgerufen werden. Ist lediglich ein regionaler Alarm vorgesehen, operieren die ‚LEO‘-Einheiten in eigener Regie, bei einer Großlage werden sie nach dem Eintreffen am Einsatzort dem verantwortlichen ‚Polizeiführer des Einsatzes (PfdE)‘ unterstellt. Abhängig von einzelnen Wochentagen gilt ein Vorlauf von 6 bis 10 Stunden als notwendige Alarmierungszeit.
Erfahrungen mit dem neuen Einsatzkonzept hat man in Sachsen-Anhalt mangels entsprechender ‚LEO‘-Lage noch nicht machen können, lediglich Alarm-Übungen wurden bislang durchgeführt.
Bewertung
Einsatzpläne zu erstellen, um im Falle von überraschenden Großlagen – seien dies Fußballkrawalle, Überfälle von rechtsextremistischen Gruppierungen oder Katastrophenfälle etc. – genügend BeamtInnen aus der Freizeit zurückrufen zu können, gehört zur originären polizeilichen Planung. Nichts anderes ist hier offensichtlich geschehen. Derartige Alarmpläne, die je nach der vor Ort gegebenen Situation immer gewisse Besonderheiten aufweisen müssen, unter dem Etikett „Umfangreiche Polizeimaßnahmen gegen Gewalt von rechts“[4] zu verkaufen, ist deshalb nichts weiter als reine Augenwischerei. Wenn dabei im Rahmen des Konzeptes ‚LEO ELBE‘ allen BeamtInnen ihre Zugführer stets namentlich bekannt sind, mag das für deren Gruppendynamik eventuell ganz gut sein, für den Einsatz selbst ist es jedoch unerheblich, da bestehende Befehlsstrukturen hiervon nicht tangiert werden.