von Otto Diederichs
Die in der letzten Ausgabe geäußerte Befürchtung, daß das Thema Rechtsradikalismus/Rechtsextremismus die politische Entwicklung in der Bundesrepublik noch für längere Zeit dominieren würde, hat sich leider bewahrheitet. Mehr noch, mit dem fürchterlichen Brandanschlag in Solingen am 29. Mai (und den Folgeanschlägen) wurde zudem ein neuer Höhepunkt erreicht. Um so wichtiger erschien es uns, die vorgeblichen Ursachen von Fremdenfeindlichkeit sowie den politischen und polizeilichen Umgang mit Ausländern in diesem Heft näher zu untersuchen.
Zum Schwerpunkt:
Seit dem 1.7.93 gilt in der Bundesrepublik das als „Asylkompromiß“ zwischen den Regierungsparteien CDU/CSU und FDP und der SPD-Opposition ausgehandelte verschärfte Asylrecht. Seine Auswirkungen bekamen Flüchtlinge und illegale ImmigrantInnen unmittelbar nach Inkrafttreten um 0.00 Uhr zu spüren: Wer aus einem der sog. „sicheren Drittländer“ versuchte, auf deutschen Boden zu gelangen, wurde unmittelbar wieder zurückgeschoben – die Tür blieb zu. Allein an der Grenze zu Polen und zur Tschechischen Republik waren dies in der ersten Nacht über 100 Personen.[1]
Da die Bundesrepublik Deutschland nunmehr von einem geschlossenen Kordon „sicherer Drittstaaten“ umgeben ist, ist ein Zugang zum deutschen Asylverfahren auf dem Landwege nicht mehr möglich. Zusätzlich ist auch der Zugang über eine Einreise auf dem Luftweg erschwert. Künftig müssen die Menschen am Flughafen in geschlossenen Bereichen eine (in einem beschleunigten Verfahren durchgeführte) Entscheidung über ihren Asylantrag abwarten.
Daß sich durch diese Maßnahmen angesichts der weltweit ca. 17,5 Millionen Flüchtlinge[2] im Grunde nichts ändern wird, wird dabei nicht einmal geleugnet. Ungewöhnlich offen wird etwa erklärt, daß es durch die verschärften Maßnahmen zu einem „verstärkten Drang zur Illegalität“[3] kommen wird und AusländerInnen, denen es gelingt, trotz der Kontrollen ins Land zu gelangen, eine Ausländerbehörde gar nicht erst aufsuchen, sondern „gleich zur Schwarzarbeit gehen“ werden.[4]
Die nächsten Probleme und Anschläge sind damit in den neuen Maßnahmen gleich mitenthalten – zynischer kann Politik kaum sein. Geradewegs so, als sollte diese Aussage noch einmal unterstrichen werden, klagen brandenburgische Kommunen bereits über sinkende Asylbewerberzahlen. Die Kreise, so das Sozialministerium, seien verunsichert, „weil sie (…) bereits Heime schließen und das dortige Personal entlassen müßten. Durch den Rückgang verringerten sich auch die finanziellen Zuweisungen des Landes für die Betreuung der Asylbewerber.“[5] (siehe auch S. 12)
Das vorliegende Heft von Bürgerrechte & Polizei/CILIP setzt sich in seinem Schwerpunkt mit der Rolle der Polizei in diesem Spannungsfeld auseinander.
Die Frage des polizeilichen Umganges mit dem Rechtsradikalismus und/oder mit AusländerInnen und AsylbewerberInnen wird uns zukünftig immer wieder beschäftigen (müssen). In der nächsten Ausgabe (erscheint Ende November) wird Bürgerrechte & Polizei/CILIP sich angesichts der ggw. überall anlaufenden Strukturveränderungen der Polizei ausführlicher mit der Frage der Rekrutierung und Ausbildung künftiger PolizeibeamtInnen befassen.