Redaktionelle Vorbemerkung

von Otto Diederichs

Nach dem Ausflug in die allgemeine (Parteien)Politik ‚Innere Sicherheit‘, den Bürgerrechte & Polizei/CILIP mit seiner letzten Ausgabe aus Anlaß der Bundestagswahl unternommen hatte, sind es nun wieder die Polizeimethoden selbst, die genauer betrachtet werden sollen.
Zuvor jedoch ist an dieser Stelle noch eine Ankündigung in eigener Sache zu machen: Unser Informationsdienst muß teurer werden. Nachdem der Preis in den letzten vier Jahren stabil gehalten werden konnte, fordern die wirtschaft-lichen Zwänge nun wieder ihren Tribut. Mit der Ausgabe 1/95 wird das Ein-zelheft dann 14,– DM (incl. Versand) und im empfehlenswerteren Abonnement 36,– DM (incl. Versand) kosten.

Zum Schwerpunkt:

Mit dem Beginn der Diskussion um die sog. Organisierte Kriminalität (OK) in den 70er Jahren weitete sich auch die Debatte um den Einsatz geheimer Ermittlungsmethoden kontinuierlich aus. Das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter in Baden-Württemberg und Hamburg waren die ersten Polizeibehörden, die Sonderdezernate zur Bekämpfung der OK einrichteten. Die übrigen Kriminalpolizeien schlossen sich dem nach und nach an. Heute gehören operative Polizeimethoden, also verdeckte, nicht erkennbare Vorgehensweisen längst zum Standardrepertoire der Polizei. Zunächst einmal setzte man verstärkt auf jenes Mittel, das im Geheimdienstjargon ‚human intelligence‘ (humint) genannt wird, also den Einsatz von Menschen zur Informati-onsgewinnung.

Für den Polizeibereich bedeutete das die Ausweitung der bis-herigen Zusammenarbeit mit Spitzeln bis hin zum Einsatz eigener Ermitt-lungsbeamter im kriminellen Milieu. Solche Polizisten, in bewußter Abgrenzung von ihrem amerikanischen Vorbild, dem ‚under cover agent‘ (uca), ‚Verdeckter Ermittler‘ genannt, werden seit Beginn der 70er Jahre eingesetzt. Eine Rechtsgrundlage hierfür besteht indes erst seit 1992. Seit 1986 hatte man zuvor lediglich mit Richtlinien gearbeitet – und für die Zeit vor 1986 be-standen überhaupt keine Regelungen.

Gleichzeitig setzte man auf die Ausweitung der technischen Möglichkeiten wie Telefonüberwachung und Computerfahndung. ‚Rasterfahndung‘ etwa, eine Methode, die heutigentags nahezu keine Rolle mehr spielt, ist ein Begriff, der sich wie ein roter Faden durch die Polizeidiskussionen jener Jahre zieht.

Die vorliegende Ausgabe von Bürgerrechte & Polizei/CILIP hat die operativen Methoden bei der Polizei einmal im einzeln unter die Lupe genommen. Auch wenn vieles, was auf diesem Gebiet geschieht, naturgemäß dem Blick von außen entzogen wird, so ist dennoch ein material- und faktenreiches Heft entstanden. (Ein Beitrag zu richterlichen Erfahrungen mit der Telefonüber-wachung konnte aus Krankheitsgründen nicht realisiert werden. Wir werden versuchen, ihn nachzuliefern.) Das Heft bildet somit eine sinnvolle Ergänzung zu den bisherigen Schwerpunktheften ‚Organisierte Kriminalität‘ und ‚Polizeiliche Datenverarbeitung‘.

Mit seiner nächsten Ausgabe, der Nummer 50 (erscheint Ende März 1995), feiert Bürgerrechte & Polizei/CILIP ein kleines Jubiläum. Dieses Heft wird daher den mit der Verteidigung von Bürgerrechten und der Aufklärung über Polizei- und Geheimdienstarbeit befaßten Initiativen und Gruppen gewidmet. Bürgerrechte & Polizei/CILIP 50 soll damit einen Überblick über die letzten 25 Jahre Bürgerrechtsarbeit in der Bundesrepublik geben.

Otto Diederichs ist Redakteur und Mit-herausgeber von Bürgerrechte & Polizei/CILIP