Telefonüberwachungen (TÜ)

von Norbert Pütter

„Abhöraktionen gingen erstmals zurück“, meldete die Presse Mitte Januar ’95. Im weiteren war dann zu lesen, daß die Zahl der richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Anordnungen 1994 im Vergleich zum Vorjahr um rund 250 gesunken war. Die neuen Zahlen und der Eindruck, daß tatsächlich weniger Telefone von der Polizei abgehört werden, gibt Anlaß, die Tabelle zu den Telefonüberwachungen aus dem vergangenen Heft zu aktualisieren und mit einigen zusätzlichen Bemerkungen zu versehen.

Bei allen Zahlen der Tabelle, handelt es sich um die Zahl der Anordnungen durch Richter oder Staatsanwälte und nicht um die der abgehörten Telefone. Die Anordnungen können sich auch auf andere Datenweitergaben durch das Telefonnetz (z.B. Fax) beziehen. Da Anordnungen mehrere Anschlüsse umfassen können, bedeuten weniger Anordnungen nicht, daß auch weniger Apparate abgehört wurden. In Baden-Württemberg wurden in den Jahren 1990 bis 1992 im Durchschnitt 1,3 Anschlüsse pro Anordnung überwacht. Anordnungen können für die Dauer von max. drei Monaten ergehen; werden sie nach Ablauf dieser Zeit verlängert, taucht diese Verlängerung nicht in der Anordnungsstatistik auf. Über neun Monate wurde bspw. in Göttingen die Gruppe ‚Antifa M‘ überwacht. Während dieser Zeit wurden 13.929 Telefonate mitgeschnitten und ausgewertet. Ob dies auf der Grundlage einer oder mehrerer Anordnungen geschah, ist unbekannt. Aus der sinkenden Zahl der Anordnungen auf weniger TÜs in Deutschland zu schließen, ist daher ein voreiliger Schluß. Daten über den wirklichen Umfang werden nicht erhoben, wie die Antworten auf parlamentarische Anfragen immer wieder zeigen. Wer etwas über die Praxis der Telefonüberwachung in Deutschland erfahren will, ist deshalb nach wie vor spektakuläre Fälle angewiesen.

Norbert Pütter ist Redaktionsmitglied und Mitherausgeber von Bürgerrechte & Polizei/CILIP
Mit Fußnoten im PDF der Gesamtausgabe.