von Otto Diederichs
Zwar hat sich seit der letzten Ausgabe von Bürgerrechte und Polizei/CILIP an der grundsätzlichen Situation des ‚Institutes für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.‘ und des Verlags CILIP nichts geändert, (1) dennoch wagt die Redaktion einen innovativen Schritt: Mit Erscheinen dieser Ausgabe werden Teile des Heftes auch ins Internet eingestellt. Geplant ist, nach und nach auch zurückliegende Nummern auf diese Weise für online-Recherchen zur Verfügung zu stellen. Die Adresse lautet: http://www.ipn.de/cilip
Zum Schwerpunkt: Mit dem immer umfassenderen Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien wird auch eine alte Forderung der Bürgerrechtsbewegung wieder aktueller denn je: Das Recht auf Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung. Was in den skandinavischen Staaten, den USA u.a. seit langem praktiziert wird, ist in der Bundesrepublik auch nach über 15jähriger Debatte kaum vorangekommen. Eher ist das Gegenteil festzustellen. Auch auf der europäischen Ebene läuft die Uhr derzeit in die entgegengesetzte Richtung. Bereits der erste ‚Probelauf‘ nach Inkrafttreten des ‚Verhaltenskodex über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Rats- und Kommissionsdokumenten‘ Anfang 1994 Ratsunterlagen einzusehen, scheiterte an der Weigerung, die beantragten Protokolle herauszugeben (siehe S. 12). Unterdessen wurde diese Verweigerung vom ‚Europäischen Gerichtshof‘ (EuGH) zwar für nichtig erklärt (2), ob sich die Praxis dadurch ändert, bleibt gegenwärtig jedoch noch abzuwarten.
Ähnlich sieht es im Umweltbereich aus: Zwar wurde im Sommer 1994 mit vierjähriger Verzögerung die ‚EG-Richtlinie über den freien Zugang zu Umweltinformationen‘ (UIR) schließlich auch in der Bundesrepublik umgesetzt, allerdings entspricht das deutsche ‚Umweltinformationsgesetz‘ (UIG) nicht den Intentionen der EG- Richtlinie und wird bereits
Im Sicherheitsbereich bestehen Aktenauskunftsregelungen für Betroffene seit 1980/81, doch ist der Wert der zu erhaltenen Auskünfte meist so gering, daß die Auskunftsrechte hier eher einen ‚Placebo-Effekt‘ haben. Wer tatsächlich aussagefähige Informationen zur eigenen Person erhalten will, ist meist darauf angewiesen, sich diese auf dem Wege einer Verwaltungsklage zu erkämpfen (siehe S. 38ff.).
Aus dem politischen Raum ist zur Änderung dieser Situation allerdings kaum etwas, zumindest nichts positives zu erwarten. Alle bisherigen Versuche von Parlamentariern, den Zugang zu Akten zu verbessern, blieben erfolglos (siehe S. 14ff.). Anfang Juli 1996 schlug der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag als Konsequenz aus der sog. ‚Plutoniumaffäre‘ sogar vor, die ‚Parlamentarische Kontrollkommission‘ (PKK) durch einen ‚Bundesbeauftragten für die Geheimdienste‘ zu ersetzen. (3) Dieser Beauftragte solle u.a. die Dienststellen von BND, BfV und MAD ohne vorherige Anmeldung besuchen und „Einblick in Akten und die Elektronische Datenverarbeitung“ verlangen können. (4) Auf die Idee, solche Rechte für den Souverän, das Parlament selbst zu verlangen, ist in der SPD offenbar niemand gekommen. Bürgerrechte & Polizei/CILIP will mit dem vorliegenden Schwerpunktheft den Versuch unternehmen, der brachliegenden Diskussion um Aktenauskünfte und eine allgemeine Informationsfreiheit wieder etwas auf die Beine zu helfen.
Die nächste Ausgabe von Bürgerrechte & Polizei/CILIP (erscheint Ende November) wird sich ebenfalls mit einem längst überfälligen Thema befassen und den Stand des Polizeiaufbaus in den Ländern Osteuropas zum Schwerpunkt machen.