Ausländer- und Polizeidateien – Eine unheilige Allianz

von Heiner Busch

Datensysteme der Asyl- und Ausländerbehörden sind gleichzeitig polizeiliche Informationsressourcen. MigrantInnen sind in Polizei- und Geheimdienstdateien überrepräsentiert. Schlaglichter auf eine besonders intime Verbindung.

„Das Bundesverwaltungsamt führt das Ausländerzentralregister (AZR), das der Erfassung von im Bundesgebiet wohnenden Ausländern dient.“ Dieser eine Satz aus dem Gesetz zur Errichtung des Bundesverwaltungsamtes von 1959 reichte seinerzeit aus, um die flächendeckende Erfassung von AusländerInnen in der BRD abzustützen. Ein umfassendes Gesetz über das 1953 zunächst als Kartei aufgebaute und ab 1967 automatisierte Register folgte erst 1994.

An der umfassenden Kontrolle hat sich nichts geändert. Das AZR erfasst alle in der BRD gemeldeten AusländerInnen, alle Asylsuchenden und (Bürger-)Kriegsflüchtlinge, alle Personen, „für oder gegen die eine aufenthaltsrechtliche Entscheidung getroffen“ wurde, die an deutschen Grenzen zurückgewiesen werden sollen oder gegen deren Einreise „Bedenken“ bestehen, etc. Gespeichert werden Personalien, Wohnsitz(änderungen), Ein- und Ausreisedaten, ausländer- und asylrechtliche Entscheidungen, aber auch „tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht“ auf Drogenhandel, Straftaten nach §§ 129 und 129a Strafgesetzbuch (kriminelle, terroristische Vereinigung) sowie andere „Straftaten mit terroristischer Zielsetzung“ oder Mitgliedschaft in einer politischen Ausländerorganisation nach § 92 Abs. 1 Nr. 8 Ausländergesetz, die „Bestehen, Ziel oder Tätigkeit“ geheim hält, „um ihr Verbot abzuwenden“.

Angeliefert werden die Daten einerseits von den Ausländer- und Asylbehörden sowie den deutschen Konsulaten im Ausland, andererseits von Bundesgrenzschutz (BGS), Bundeskriminalamt (BKA), sonstigen Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften und den drei deutschen Nachrichtendiensten. Letztere sind auch abfrageberechtigt. Über „Gruppenauskünfte“ können sie sich ferner Listen von Personen zusammenstellen lassen, auf die spezifische Merkmale zutreffen, also eine Rasterfahndung betreiben. Die Eingabe von Suchvermerken gestattet ihnen eine Art beobachtende Fahndung, aufgrund derer Behördenkontakte einer Person und die dabei gewonnenen Daten zusammengetragen werden.

ASYLON, das Datensystem des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, dient der Aktenbearbeitung im Asylverfahren. Das System ist mit dem AZR verknüpft. Es enthält auch die Referenznummern der Fingerabdrücke von Asylsuchenden aus der BKA-Datei AFIS (Automatisches Fingerabdruck-Identifizierungssystem).

AFIS wurde Ende 1992 gestartet. Es enthält nicht nur die daktyloskopischen Daten von Asylsuchenden, sondern auch jene, die die Polizeien aufgrund von Strafprozessordnung und Polizeigesetzen erheben. Erstere können mit letzteren abgeglichen werden. Gegen Asylsuchende gilt also ein Generalverdacht, nicht nur der des „Asylmissbrauchs“.

Die Polizei kann zwar direkt auf AZR-Daten zugreifen, die Ausländerbehörden umgekehrt aber nicht auf die Systeme der Polizei. Insbesondere mit dem Fahndungssystem arbeitet die Polizei jedoch den Ausländerbehörden zu: Von den rund 900.000 offenen Ausschreibungen in INPOL-Fahndung entfielen im August 1997 rund 60% auf AusländerInnen (alleine über 500.000 Ausweisungsverfügungen). Auch in anderen Dateien des BKA betrifft ein großer Teil der Daten AusländerInnen. In der Staatsschutzdatei APIS speicherte das BKA während des Golfkrieges die Ergebnisse einer gemeinsam mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Bundesnachrichtendienst durchgeführten Analyse der Gefährdung durch arabische Personen in der BRD (259 Personen). Die „Beobachtung“ des Ausländerextremismus gehört seit 1973 förmlich zu den verfassungsschützerischen Aufgaben.

Gegenüber der flächendeckenden Erfassung von AusländerInnen und Asylsuchenden auf nationaler Ebene erweist sich die EU als Wiederholungstäterin. Zum 1.1.1999 betrafen 88% aller Personenfahndungen im Schengener Informationssystem DrittausländerInnen. Das EU-AFIS mit Namen EURODAC ist in Aufbau. Seit März 1996 befasst sich EUROPOL – damals noch als Europol-Drogeneinheit – mit „Schleuserkriminalität“, eine Aufgabe, die nicht ohne Daten über die Geschleusten erfüllt werden kann.

Heiner Busch ist Redakteur von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.

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