Die EU-Kommission hat einen neuen Verordnungsvorschlag für eine „gestärkte und voll funktionsfähige“ Agentur für die Grenz- und Küstenwache (EBCG) vorgestellt.[1] Die aus der Grenzagentur Frontex hervorgegangene EBCG erhielte demnach eine ständige Eingreiftruppe von 10.000 BeamtInnen und könnte mit eigenen Schiffen und Flugzeugen wie eine „echte Grenzpolizei“ handeln. Das Budget für die nächsten beiden Jahre soll deshalb um 577,5 Mio. EUR aufgestockt werden. Im mehrjährigen Finanzrahmen für 2021-2027 will die Kommission weitere 11,3 Mrd. EUR in die Grenz- und Küstenwache investieren. Hinzu kommen 22 Mrd. EUR für die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Sicherung und Kontrolle ihrer Grenzen.[2] Dazu werden der „Fonds für die innere Sicherheit“ und der „Visa und Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds“ deutlich aufgestockt sowie ein „Fonds für Grenzmanagement“ eingerichtet. Die Überwachung und Kontrolle von Migration kostet von 2021-2027 insgesamt 34,9 Mrd. EUR, dies ist in etwa das Dreifache des derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmens.
Ein Drittel des Personals der ständigen Eingreiftruppe soll aus dem Hauptquartier in Warschau gestellt werden, der Rest wird kurz- und langfristig von den Mitgliedstaaten entsandt. Die BeamtInnen der Truppe könnten mit Durchführungsbefugnissen ausgestattet werden und dürften Waffen tragen. Das durften bislang nur die zu den „gemeinsamen Aktionen“ entsandten GrenzschützerInnen aus den Mitgliedstaaten. Die neue Truppe soll auch gegen den Willen eines Mitgliedstaates auf dessen Hoheitsgebiet Abschiebungen koordinieren dürfen. Nach einer Änderung der Frontex-Verordnung in 2016 konnte der Agentur bereits das Mandat zur Sicherung der Außengrenze in einem Mitgliedstaat erteilt werden. Ähnliche Operation – Abschiebungen oder Unterstützung „in den Bereichen Grenzmanagement und Migration“ – soll die EBCG künftig auch in Drittstaaten durchführen, sofern deren Regierungen dem zustimmen. Die EBCG könnte damit in den „Ausschiffungszentren“ eingesetzt werden, die die EU in Nordafrika plant.[3]
Laut dem Verordnungsvorschlag soll das Grenzüberwachungssystem EUROSUR für die „Erkennung, Antizipation und Reaktion auf Krisensituationen an den EU-Außengrenzen und in Drittstaaten“ vollständig in die EBCG überführt werden. Kern von EUROSUR ist die Satellitenaufklärung unter anderem der Küstenregionen von Algerien, Tunesien und Libyen. Die Überwachung dieses „Grenzvorbereichs“ wird nun auf neue Gebiete ausgeweitet. Auch die Fähigkeiten von „Copernicus“ werden ausgebaut.[4] Frontex nahm im vergangenen Jahr einen „Mehrzweck-Flugdienst“ in Betrieb: Über dem Mittelmeer aufgenommene Videos werden dabei in Echtzeit nach Warschau gestreamt. Seit diesem Jahr erhält die EBCG außerdem Lagebilder von Langstreckendrohnen. Demnächst will die Agentur außerdem Fesselballons testen.