von Clemens Arzt
Das politische Bestreben, mögliche Fluchtwege nach Deutschland für Menschen immer undurchlässiger zu machen, nimmt in zunehmendem Maße auch technische Möglichkeiten in den Blick, um unkontrollierte Reisebewegungen und Grenzübertritte zu verhindern. Der Beitrag nimmt dabei in jüngerer Zeit untersuchte Technologien in den Blick und versucht, diese rechtlich einzuordnen.
Die Verhinderung der „unkontrollierten“ Einreise flüchtender Menschen ist spätestens seit dem Sommer 2015 ein Markenkern der „Festung Europa“ und deutscher Politik. Menschen auf der Flucht verstecken sich nicht selten in Kraftfahrzeugen oder Containern. Dabei kommt es auch zu dramatischen Todesfällen. Unter dem Label der Gefahrenabwehr und einer „geregelten Flüchtlingspolitik“ untersuchte ein vom Bundesforschungsministerium finanziertes Forschungsprojekt (STRATUM[1]), wie in Fahrzeugen versteckte Menschen schnell und unauffällig aufgespürt (detektiert) werden könnten. Der Beitrag stellt diese Techniken vor und fragt, wie deren Nutzung durch die Polizei rechtlich zu beurteilen ist.[2] Zunächst werden die technischen Methoden zum Aufspüren von Menschen vorgestellt. Gefragt wird sodann, ob sich aus dem europäischen oder Völkerrecht ein Recht auf „unkontrollierte Einreise“ ableiten lässt, mit dem solche Detektionsmaßnahmen unvereinbar wären. Anschließend werden die grundrechtlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen solcher Maßnahmen in Deutschland vorgestellt und hinterfragt.
Grundsätzlich kommen für eine polizeiliche Detektion von Menschen in Fahrzeugen verschiedene Ansätze und Technologien in Betracht. Zu nennen sind anlasslose oder anlassbezogene, mobile oder stationäre polizeiliche Maßnahmen. Detektionstechnologien zum Auffinden versteckter Personen in Fahrzeugen können etwa Infrarot-, Radar- und Röntgenstrahlung sowie der Einsatz von CO2– und Herzschlagdetektoren sein. Weitere sind denkbar. Diese Technologien können in aktive und passive Systeme unterteilt werden, was für die Einschätzung der Eingriffsintensität in die Grundrechte relevant sein kann.
Passiv erfasst etwa die Infrarotdetektion optische Wärmesignaturen, also einen für das menschliche Auge nicht sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums. In der Regel werden hierbei Temperaturen an der Oberfläche von Objekten wie etwa Fahrzeugen gemessen. CO2-Detektoren können mithilfe eines Sensors den CO2-Gehalt ihrer Umgebung messen und beispielsweise an einer Sonde in ein Kraftfahrzeug eingeführt werden, um eine Luftprobe zu entnehmen. Damit kann die Anwesenheit von Menschen festgestellt werden. Herzschlagdetektoren nehmen durch den Gebrauch eines oder mehrerer Sensoren oder auch eines Mikrophons die Geräusche und Vibrationen ihrer Umgebung auf und können aus diesen Daten einen gegebenenfalls in einem Fahrzeug von Menschen ausgehenden Herzschlag identifizieren. Alle diese Systeme sind passive Systeme.
Radarsysteme wurden ursprünglich für die Erfassung von Objekten auf große Entfernungen konzipiert. Mittels moderner Siliziumtechnologie wurden komplexe Radarsysteme später in einen MMIC-Chip (Monolithic Microwave Integrated Circuit) integriert. Dies ermöglicht die Entwicklung kleiner und dennoch leistungsfähiger Systeme, welche auch für den mobilen Einsatz Verwendung finden, z. B. für fahrer*innenlose Fahrzeuge.
Bei der Nutzung von Röntgenstrahlung können sogenannte Backscatterverfahren (auch Rückstreuverfahren genannt) und Transmissionsverfahren herangezogen werden. Bei beiden Verfahrensarten wird das zu untersuchende Objekt bzw. die Person aktiv mittels Röntgenstrahlung erfasst. Im Unterschied zum Transmissionsröntgen-Scanner wird im Backscatter-Verfahren das Objekt bzw. die Person nicht „durchleuchtet“, sondern es werden die rückgestreuten Photonen zur Bildgebung detektiert. Beide Verfahren stellen aktive Systeme dar.
Recht auf unkontrollierte Einreise?
Bevor über eine mögliche polizeiliche Kontrolle von Fahrzeugen mittels dieser Technologien zum Zwecke der Verhinderung „unkontrollierter“ Einreise nachgedacht werden kann, ist zu klären, ob es nicht grundsätzlich ein Recht auf „unkontrollierte Einreise“ nach Deutschland ohne staatliche Kontrolle geben könnte. Denn durch ein solches Recht wären Detektionsmaßnahmen zumindest im Grenzraum unzulässig.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) haben in den vergangenen Jahren mehrfach Urteile hierzu gefällt. So stellte der EGMR im Urteil N.D. und N.T. gegen Spanien fest, dass kein Recht auf eine freie Einreise bestehe; im Gegenteil könne sogar ein gewaltsames Zurückdrängen an den Grenzen in Fällen legal sein, in denen Migrant*innen unter Anwendung von Gewalt und auf irreguläre Weise Grenzen passieren wollten, soweit der Staat einen legalen Zugangsweg tatsächlich und wirksam bereitgestellt habe.[3] Dabei betonte der EGMR, dass die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) generell kein individuelles Asylrecht beinhalte, sondern auf ein menschenrechtliches Refoulement-Verbot begrenzt sei, also Menschen nicht in Länder abgeschoben werden dürfen, wo schwere Menschenrechtsverletzungen wie Folter drohen.[4]
Anders legte der Generalanwalt beim EuGH, Paolo Mengozzi, das Non-Refoulement-Prinzip aus: Das Zurückweisungsverbot wirke nicht erst an den eigenen Landesgrenzen bei der Einreise, sondern müsse bereits im Herkunftsland oder einem dritten Staat Anwendung finden, wenn im Einzelfall die Voraussetzungen der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung vorlägen. Der EuGH hat sich indes dieser Sicht nicht angeschlossen und eine freie Einreise abgelehnt.[5] Der EGMR wiederum bestätigte diese Betrachtung und verwies auf den allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts, wonach die Vertragsstaaten der EMRK gemäß ihren vertraglichen Verpflichtungen das Recht auf Kontrolle der Einreise, des Aufenthalts und der Ausweisung von ausländischen Personen haben.[6]
Die Uneinigkeit der Richter*innen der Großen Kammer könnte andeuten, dass dieses Ergebnis nicht in Stein gemeißelt sein muss.[7] Für die Ausgangsfrage eines „Rechts auf unkontrollierte Einreise“ und damit eines möglichen Verbots der untersuchten Detektionsmaßnahmen muss indes zum jetzigen Zeitpunkt festgehalten werden, dass ein solches Recht sich aus der Rechtsprechung von EGMR und EuGH wohl nicht herleiten lässt.
Eine weitere Möglichkeit der Herleitung eines solches Rechts auf unkontrollierte Einreise könnte jedoch der so genannte Schengener Grenzkodex (SGK) bieten.[8] Ein Grundsatz dieses Regelwerks ist, dass das Überschreiten der Binnengrenzen der teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten und einiger weiterer Staaten innerhalb des sogenannten Schengen-Raums an jeder Stelle von jeder Person unabhängig von deren Staatsangehörigkeit erfolgen kann. Grenzkontrollen finden dort mithin (im Regelfall) nicht statt, wobei dieser Grundsatz seit Jahren nicht zuletzt von Deutschland untergraben wird. Art. 23 Buchstabe a Satz 1 SGK gestattet jedoch
„die Ausübung der polizeilichen Befugnisse durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nach Maßgabe des nationalen Rechts, sofern die Ausübung solcher Befugnisse nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen hat.“
Nach Art. 2 Nr. 11 SGK wird eine Kontrolle dann als Grenzübertrittskontrolle angesehen, wenn sie an den Grenzübertrittsstellen mit dem Ziel erfolgt, festzustellen, ob die betroffenen Personen in das jeweilige Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein- oder ausreisen dürfen. Auch aus dem SGK kann dabei nach heute wohl vorherrschender Meinung kein absolutes „Recht auf unkontrollierte Einreise“ abgeleitet werden. Die Voraussetzungen einer zulässigen polizeilichen Kontrolle sind jedoch klar vorgegeben und eng abgesteckt, was z. B. hinsichtlich racial profiling bei solchen Kontrollen in Deutschland intensiv diskutiert wird.
Technische Detektionsmaßnahmen und Grundrechte
Ein Einsatz der hier betrachteten Detektionstechnologien führt zu einem Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Personen. Grundsätzlich verlangt ein Grundrechtseingriff, dass er auf einer verfassungsmäßig zulässigen (polizeilichen) „Eingriffsbefugnis“ in Gesetzesform beruht. Im Zen-trum der technischen Detektion steht der Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (RiS) aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG kommen insbesondere bei Nutzung aktiver Detektionssysteme in Betracht. Im Einzelfall kann auch ein Eingriff in die Religionsfreiheit aus Art. 4 GG vorliegen.
Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung schützt gegen die unbegrenzte und unbegründete staatliche Erhebung, Speicherung, Nutzung oder Weitergabe persönlicher Daten. Jede Person soll demnach grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer persönlichen Daten bestimmen können. Dies gilt insbesondere, wenn personenbezogene Informationen seitens der Polizei in einer Art und Weise genutzt und verknüpft werden können, die Betroffene weder überschauen noch beherrschen können.[9] Dies ist der Regelfall bei einer polizeilichen Datenverarbeitung.
Werden Daten über den Aufenthalt oder die Anwesenheit einer Person in einem Fahrzeug erhoben, stellt dies einen Eingriff in das RiS dar, soweit ein Bezug zwischen dieser Person, ihrem Aufenthaltsort zu einem bestimmten Zeitpunkt und ihrer Reise hergestellt werden kann, was über die nach einer „Entdeckung“ stattfindende Identitätsfeststellung gegeben ist. Diese Feststellung gilt für alle oben vorgestellten Technologien. Auch eine CO2– oder Herzschlagdetektion soll letztlich personenbezogene Daten über die Anwesenheit in einem Fahrzeug liefern. Informationen über den Gesundheitszustand der Betroffenen lassen sich hieraus indes im Regelfall wohl nicht generieren.
Als besonders problematischer Grundrechtseingriff kommt zudem ein Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Recht auf körperliche Unversehrtheit durch den Einsatz von Röntgenstrahlung in Betracht. Hiervon ist, wie im Folgenden noch ausgeführt wird, bei Verwendung des Transmissionsröntgens auszugehen. Aber auch der Einsatz eines Röntgen-Backscatters zur Detektion dürfte zu einem Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit[10] führen und ist nach geltendem Strahlenschutzrecht unzulässig. Im Einzelfall könnte die Detektion auch zu einem Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG führen, soweit etwa religiöse Bekleidungsvorschriften bestehen, deren Ziel technisch „umgangen“ werden kann.
Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit wäre beim Einsatz jedweder Detektionstechnologie darauf zu achten, dass im Falle einer rechtlichen Zulassung nur solche Maßnahmen umgesetzt werden, die möglichst wenig in die Rechte der Betroffenen eingreifen.
Röntgentechnologie als Mittel polizeilicher Maßnahmen?
Das Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) regelt die Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe am Menschen. Auch wenn im hier untersuchten Szenario der Einsatz der Röntgenstrahlung an einem Fahrzeug erfolgt, liegt dahinter die Absicht, Menschen aufzuspüren. Nach § 83 Abs. 1 Nr. 2 StrlSchG kommt ein Einsatz von Röntgenstrahlung zur Detektion von Menschen jedoch nur in Betracht, wenn er zur „Untersuchung einer Person in durch Gesetz vorgesehenen oder zugelassenen Fällen“ erfolgt. Damit ist der Einsatz von Transmissionsröntgen als auch von Backscattern zur polizeilichen Detektion von Personen strahlenschutzrechtlich (derzeit) in Deutschland nicht zulässig, unabhängig von einer Bewertung der möglichen Strahlendosis.
Die Richtlinie 2013/59/Euratom regelt in Art. 22 Anforderungen, wann Menschen zwecks nicht-medizinischer Bildgebung radioaktiver Strahlung ausgesetzt werden dürfen. Durch einen Verweis auf Anhang V ist der Einsatz ionisierender Strahlung zur Ermittlung verborgener Personen bei der Frachtkontrolle grundsätzlich gestattet. Es bestehen indes zwei wichtige Einschränkungen: Art. 22 Abs. 4 Buchstabe d der Richtlinie schreibt vor, dass, „bei Verfahren, bei denen keine medizinisch-radiologischen Ausrüstungen zum Einsatz kommen, die Dosisrichtwerte deutlich unter den Dosisgrenzwerten für Einzelpersonen der Bevölkerungen liegen“ müssen. Zudem muss die betroffene Person nach Art. 22 Abs. 4 Buchstabe e der Richtlinie grundsätzlich „informiert … und ihre Einwilligung eingeholt“ werden. Bei der Einwilligung handelt es sich um eine Erklärung, die im Vorfeld der Maßnahme erteilt werden muss.
Eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung des Betroffenen in den Einsatz ist nach der letztgenannten Regelung jedoch möglich, wenn „Strafverfolgungsbehörden nach den nationalen Rechtsvorschriften auch ohne die Einwilligung der betreffenden Person tätig werden dürfen“. Doch diese Ausnahme beschränkt sich auf die Strafverfolgung, also repressiv-polizeiliche Einsätze und erfordert für Deutschland eine ausdrückliche Regelung in der Strafprozessordnung (StPO), die (bisher) nicht existiert. Im Falle eines präventiv-polizeilichen Einsatzes von Röntgentechnologien zur Gefahrenabwehr kann hingegen auf eine Einwilligung in keinem Falle nicht verzichtet werden.
Zu den hohen Anforderungen an eine Einwilligung bei Datenerhebungen lohnt auch ein Blick in § 51 Bundesdatenschutzgesetz. Er verlangt eine eigene Rechtsvorschrift, die gestattet, eine polizeiliche Datenerhebung auf eine freiwillige Einwilligung zu stützen, und diese ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung der betroffenen Person beruht.
Andere Technologien als Mittel polizeilicher Maßnahmen
Auch der Einsatz von Infrarot- und Radargeräten sowie von CO2– und Herzschlagdetektoren bedürfte einer speziellen polizeilichen Eingriffsbefugnis. Denkbar wäre es, die technische Detektion als Durchsuchung einer Sache anzusehen, etwa nach § 35 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) Berlin und § 102 StPO. Dabei wird in einer Sache nach etwas gesucht mit dem Ziel, etwas nicht offenkundig Sichtbares bzw. Verborgenes aufzudecken.[11] Bei der Detektion findet jedoch keine aktive Suche in oder an einer Sache statt. Vielmehr soll mittels Technikeinsatz die räumliche Begrenzung eines Fahrzeugs „durchbrochen“ werden. Im technischen Sinne handelt es sich also um eine „Durchleuchtung“. Während sich semantisch der Begriff Durchleuchten als Mittel erklären lässt, um einen Körper zu durchdringen, um das Innere zum Zweck einer Prüfung, Untersuchung sichtbar zu machen,[12] kann der Begriff „Durchsuchung“ umschrieben werden als „in etwas gründlich suchen, um etwas oder jemanden zu finden“ bzw. als „in jemandes Kleidung nach etwas, was er verborgen halten könnte, suchen“.[13] Auch ein Vergleich zu § 5 Abs. 1 Satz 2 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) macht diesen Unterschied deutlich, da dieser die Begriffe der Durchsuchung und Durchleuchtung alternativ benutzt und somit eine (rechtliche) Unterscheidung der beiden Vorgänge trifft.[14]
Die Detektion kann auch klar von der polizeilichen Nutzung von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte unterschieden werden. Detektionstechnologien wie etwa Infrarot oder Radar nehmen nicht einfach die äußere Erscheinung eines Gegenstandes als Bild auf, sondern die äußere Hülle eines Fahrzeuges wird im Rahmen der Detektion je nach Technologie „durchdrungen“, um das Innere eines Fahrzeuges sichtbar zu machen oder Lebenszeichen dort zu verorten.
Auch eine Anwendung der rechtlichen Regelungen zum Einsatz „technischer Mittel“, wie beispielsweise in § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ASOG oder § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO, ist nicht möglich. Denn z. B. § 100h StPO stellt auf einen Observationszweck ab, das technische Mittel muss also zur Beobachtung einer Person und ihres Verhaltens oder eines Objekts eingesetzt werden, was hier nicht gegeben ist.
Insgesamt fehlt es damit bis dato an einer Eingriffsbefugnis für den Einsatz von Infrarot- und Radargeräten oder CO2– und Herzschlagdetektoren zum Aufspüren von Menschen in Fahrzeugen im Straßenverkehr.
Ausblick und Anforderungen
Aus bürgerrechtlicher Sicht ist zu befürchten, dass die Polizeien der Länder und des Bundes ähnlich wie im Falle der polizeilichen Drohnendetektion und -abwehrversuchen werden, einen Einsatz von Detektionstechnologien möglichst lange einer spezialgesetzlichen Regelung mit dem Argument zu „entziehen“, dass diese bereits auf vorhandene Eingriffsbefugnisse gestützt werden könne oder es sich nur um Tests handele.[15] Der vorliegende Artikel hat jedoch dargelegt, dass gegenwärtig eine polizeiliche Eingriffsbefugnis fehlt. Hielte man Maßnahmen zur Detektion geflüchteter Menschen für ethisch vertretbar, bedürfte es demnach neuer, hinreichend bestimmter und verhältnismäßiger polizeilicher Eingriffsbefugnisse zur Abwehr konkreter Gefahren im Einzelfall.
Eine Zulässigkeit allein zur Verhütung von mit der illegalen Einreise verbundenen Straftaten nach dem Ausländerrecht ist mit Blick auf die dafür notwendigen anlasslosen Kontrollen einer Vielzahl von Straßennutzer*innen (beispielsweise bei Einsatz auf Autobahn- oder Mautbrücken) und auch mit Blick auf die Maßgaben des Schengener Grenzkodex nicht vertretbar, zumal im Falle eines Anfangsverdachtes auf herkömmliche Kontrollen des Fahrzeugs nach dem Strafprozessrecht zurückgegriffen werden kann. Ein Einsatz von Röntgenstrahlung ist nach geltendem Recht aus Gründen des Strahlenschutzes in allen Fällen unzulässig.
Was wäre nun notwendig, um überhaupt in diesem Rahmen verfassungsmäßige Eingriffsgrundlagen zu schaffen? Erforderlich wäre insbesondere beim zeitgleichen Einsatz mehrerer unterschiedlicher Detektionstechnologien vorab zunächst eine Datenschutzfolgeabschätzung im Sinne des § 67 Bundesdatenschutzgesetz respektive der einschlägigen landesgesetzlichen Regelungen und des Art. 27 der so genannten JI-Datenschutzrichtlinie der EU. Eine solche „präventive Selbstkontrolle“ soll dem Ziel der Datenminimierung[16] dienen und ist ein „zentrales Element der strukturellen Stärkung des Datenschutzes“.[17] Dies geschieht bisher bei der Einführung neuer polizeilicher Einsatzmittel allenfalls im Ausnahmefall.
Darüber hinaus könnte zukünftig im Wege einer „Überwachungsgesamtrechnung“[18] jede neue polizeiliche Eingriffsmaßnahme in ein Gesamtbild der Überwachung von Menschen durch Polizeien und Nachrichtendienste eingefügt und kritisch hinterfragt werden. Dabei wird auf eine „grundsätzliche, objektive gesamtgesellschaftliche Überwachungsdichte“[19] abgestellt, d. h., dass die „Summe“ bereits bestehenden Überwachungsbefugnisse bei der Bewertung neu zu schaffender Eingriffsbefugnisse begrenzend Berücksichtigung findet, so die Hoffnung der Anhänger*innen dieses Ansatzes. Ob dieses Kalkül aufgeht, bleibt abzuwarten.
Die lange Liste polizeilicher Befugniserweiterungen seit dem Angriff auf das New Yorker World Trade Center am 11. September 2001 und dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz im Jahr 2016 lässt indes wenig Hoffnung auf eine Rückbesinnung auf das Konzept eines freiheitlichen, sich selbst begrenzenden Rechtsstaates aufkommen, in dem die rule of law statt rule by law auf der Agenda steht.