Kaum Transparenz zu staatlicher Überwachung

Josefine Kulbatzki

Knapp ein halbes Jahr später als angekündigt veröffentlichte das Bundesjustizministerium den Bericht zur Überwachungsgesamtrechnung (ÜGR) Ende April 2025 auf seiner Internetseite.[1] Eine Pressekonferenz gab es nicht; dabei war die ÜGR ein millionenschweres Projekt, das als Grundlage für neue Sicherheitsgesetze dienen sollte und vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung (sinngemäß) gefordert worden war. Mit der Durchführung beauftragt war das Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht (MPI). Ein zehnköpfiges Team untersuchte dort, wie tief Sicherheitsgesetze in die Privatsphäre der Bürger*innen eingreifen. Grundlage hierfür sollten Daten zu Überwachungsmaßnahmen von Polizei, Geheimdiensten und Strafverfolgungsbehörden in Bund und Ländern sein. Diese wollte das MPI auswerten und die Eingriffsintensität bestimmen.

Doch das Projekt traf auf viel Gegenwind. Bereits 2024 hatte die Innenministerkonferenz erklärt, die ÜGR sei keine Grundlage für politische Maßnahmen.[2] Der Widerstand prägte auch die Zusammenarbeit mit den Behörden. So berichtet Projektleiter Ralf Poscher von viel Misstrauen beim Versuch, die benötigten Daten zu sammeln.[3] Der Bericht kritisiert die Intransparenz. Zusätzlich seien Rechtsgrundlagen und Berichtspflichten in den Ländern so unterschiedlich, dass die Daten kaum vergleichbar seien. Fragen nach Vor- und Nachteilen bestimmter Maßnahmen ließen sich somit nicht beantworten und einige Bereiche blieben komplett offen.

Mit der ÜGR wollte die Ampel-Koalition auch eine Freiheitskommission einsetzen. Sie sollte neue Gesetzesvorhaben auf ihre Grundrechtsverträglichkeit prüfen und dabei die Gesamtüberwachungslast im Blick haben. Mit dem Ende der Ampel wird sie nun wohl nicht mehr kommen. Das MPI will weiter an der ÜGR arbeiten. Auch wenn sie nicht mehr vom Bund finanziert wird, soll zumindest die Evaluierung von Sicherheitsgesetzen fortgeführt werden.                                 (Josefine Kulbatzki)

[1]    Poscher, R. u.a.: Überwachungsgesamtrechnung für Deutschland, Freiburg i. Br. 2025 (3 Bände), www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Fachpublikationen/2025_Forschungsbericht_Ueberwachungsgesamtrechnung.html.

[2]    Sammlung der zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüsse der 221. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 19. bis 21.06.2024 in Potsdam, S. 61ff.

[3]    „Mehr Transparenz wäre auch im Sinne der Behörden selbst“, netzpolitik.org v. 12.5.2025.

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