Alle Beiträge von CILIP

Seit 1978 Berichte, Analysen, Nachrichten zu den Themen Polizei, Geheimdienste, Politik „Innerer Sicherheit“ und BürgerInnenrechte.

BRD – Leben mit dem „Verfassungsschutz“

Es wäre wirklichkeitsblind, jene Probleme, die BürgerInnen der Bundesrepublik mit den Ämtern für „Verfassungsschutz“ hatten und haben, gleichzusetzen mit jenen vielfältigen Erfahrungen direkter und verschleierter Repression, denen BürgerInnen der DDR bis vor wenigen Monaten ausgesetzt waren. Es wäre kurzsichtig wie jene geschichtsblinde Gleichsetzung von Praktiken politischer Repression in der Zeit des deutschen Faschismus mit denen in der BRD, die hier und da im linksradikalen Spektrum zu finden ist. Es sind qualitative Unterschiede zwischen diesen drei Herrschaftssystemen, auch wenn subjektives Leiden und private Erfahrungen dazu verleiten können, sie gelegentlich zu verwischen. Reiner Schults „Leben mit der Stasi“ das „Leben mit dem Verfassungsschutz“ folgen zu lassen, soll keineswegs in der BRD „Widerfahre-nes“ mit Schults Erfahrungen gleichgewichtig setzen. Unsere Autor bestand aus persönlichen Motiven darauf, seinen Beitrag nicht namentlich zu zeichnen. Angst vor dem „Verfassungsschutz“ war es nicht. Der Text ist authentisch, die Zwischenüberschriften sind von uns eingefügt worden. BRD – Leben mit dem „Verfassungsschutz“ weiterlesen

Chronologie*

April

9.4., Köln: Eine Klausurtagung des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat beschlossen, in den neu zu bil-denden Ländern der DDR Landes-ämter für „Verfassungsschutz“ einzu-richten. Ein neu zu schaffendes „Amt für Innere Sicherheit“ soll nach der politischen Vereinigung der beiden deutschen Staaten das Bundesamt ab-lösen.
11.4., Hamburg: In einem Beru-fungsverfahren vor dem LG wird ein Polizist vom Vorwurf der Sachbeschä-digung im Amt aufgrund mangelnder Beweise freigesprochen. Der Beamte war 1988 vom Amtsgericht zu 3.600 DM Geldstrafe verurteilt worden, weil es das Gericht als erwiesen an-gesehen hatte, daß er im Rahmen des „Hamburger Kessels“ mit seinem Knüppel eine Droschke beschädigt hatte. Chronologie* weiterlesen

Literatur: Rezensionen und Hinweise

Schwerpunkt STASI

Fricke, Karl Wilhelm:
Die DDR-Staatssicherheit. Entwicklung, Strukturen, Aktionsfelder, 3. Auflage, Köln (Verlag Wissenschaft und Politik) 1989, 262 S.

Mitter, Armin/ Wolle, Stefan (Hg.):
Ich liebe euch doch alle! – Befehler und Lageberichte des MfS Januar – November 1989, Berlin (BasisDruck Verlagsgesellschaft) 1990, 250 S.

Wilkening, Christina:
Staat im Staate – Auskünfte ehemaliger Stasi-Mitarbeiter, Berlin (Aufbau-Verlag) 1990, 208 S. Literatur: Rezensionen und Hinweise weiterlesen

Abschrift eines Briefes, eingegangen Mitte Januar 1990

Werter Herr von Saß!

Ich wende mich an Sie um großer Sorge um all das, was in nächster Zeit auf unser Land, auf seine Menschen zukommt. Ich kann Ihnen meinen Namen nicht nennen, möchte ich doch ein paar Tage länger unter den Lebenden weilen.
Jawohl, als inoffizieller Mitarbeiter des MfS habe ich heute ein wenig Angst um mein bißchen Leben. Diese schreckliche Angst erwächst aber nicht aus dem, was ich in dieser Funktion getan habe, nein, sie erwächst aus der gegenwärtigen Situation, alles was in Verbindung mit dem MfS gebracht werden kann zu verurteilen, grausam Rache an denen zu nehmen, die damit zu tun hatten. Abschrift eines Briefes, eingegangen Mitte Januar 1990 weiterlesen

Stasi – Leben mit der Stasi

Von Reinhard Schult

Vorbemerkung der Redaktion: Stasi-Opfer als Stasi-Auflöser – ein Wirklichkeit gewordener Traum? Ob Reinhard Schults utopische Phantasie vor dem Herbst 1989 so übermütig gewesen ist, haben wir zu fragen unterlassen. Jedenfalls war er, Gründungsmitglied des Neuen Forums, von Beginn an bei der Auflösung der Berliner Stasi-Zentrale dabei, zuletzt als Mitarbeiter des „Staatlichen Komitees zur Auflösung der Stasi“. Seit der zweiten Hälfte der 70er Jahre zählte er für die Stasi zu den feindlichen Kräften in der DDR, zunächst politisch aktiv im Friedenskreis der Evangelischen Studentengemeinde in Ost-Berlin. Acht Monate Haft konnten ihn nicht umerziehen. So blieb er Oppositioneller und Maurer in einem Fleischkombinat der Hauptstadt, bis er zeitweilig „hauptamtlicher“ Stasi-Auflöser wurde und neue Kenntnisse erwarb, die – so hoffen wir, deren Phantasie durch die FreundInnen aus der DDR beflügelt worden ist – auch und gerade im vereinten Deutschland noch demokratischen Nutzen bringen werden. Denn die effektivste Form der Kontrolle politisch-repressiver Apparate ist deren Auflösung. Stasi – Leben mit der Stasi weiterlesen

Summaries

The cold war has come to an end, intelligence agencies in the East and the West have lost their respective central adversaries. In the GDR, the domestic intelligence agency within the Ministry of State Security was dissolved prior to East Germany’s incorporation into West Germany. No more work for the do-mestic intelligence agency bureaus in the FRG? This issue of CILIP is devoted to the past and present realities of the domestic intelligence agencies in the GDR and the FRG. Summaries weiterlesen

Editorial – Stasi gleich „Verfassungsschutz“?

Von W.-D. Narr/ F. Werkentin

Diese Schwerpunktausgabe ist dem Staatsschutz und den Geheimdiensten in beiden Teilen Deutschlands gewidmet. Dabei ist agitatorisch für Kritiker des bundesdeutschen Staatsschutz-Systems verführerisch, unter Hinweis auf eine Vielzahl identischer Methoden und des abstrakt identischen Ziels des Staatsschutzes, Stasi und „Verfassungsschutz“ gleichzusetzen. Und diese CILIP-Ausgabe mag mit den ausgesuchten „Belegstücken“ zur Arbeitsweise der Ämter für „Verfassungsschutz“ einer solchen Bewertung noch entgegenkommen. Indes wäre eine solche Gleichsetzung weder methodisch sauber noch von politisch-aufklärerischem Wert – ganz abgesehen davon, daß sie auch den Opfern beider Apparate nicht gerecht würde. Soweit es die Probleme der BürgerInnen in der Bundesrepublik mit dem VfS betrifft, würde die Gleichsetzung unsere Ärgernisse unangemessen überhöhen, das Leid und das Maß an individueller und gesellschaftlicher Destruktion durch die Stasi hin-gegen verniedlichen. Kurz: ein Vergleich erhält seinen analytisch-politischen Wert gerade daraus, unterscheiden zu können. Editorial – Stasi gleich „Verfassungsschutz“? weiterlesen

CHRONOLOGIE DER POLITIK DER INNEREN SICHERHEIT IN DER DDR

JANUAR

10.1. Generalmajor Dirk Bachmann wird neuer Polizeipräsident von Ost-Berlin. Bachmann löst den am 19.12. zurückgetretenen Friedhelm Rausch ab. Dieser war im Zusammenhang mit den Ereignissen am 7. und 8. Oktober und den Übergriffen der Volkpolizei stark kritisiert worden. (Tsp 11.1.90)
Generalmajor Dieter Wunderlich wird von Innenminister Ahrendt zum Chef der Deutschen Volkspolizei ernannt.. Erstmals wird dieses Amt nicht vom Innenminister ausgeübt. (SZ 11.1.90)
13.1. In Potsdam wird die Deutsche Volkspolizeigewerkschaft (DVPG) gegründet. Zum Vorsitzenden wird Jürgen Meier gewählt. Sie wird organisatorisch von der Deutschen Polizeigewerkschaft im Beamtenbund unterstützt. (TAZ 4.1.90) CHRONOLOGIE DER POLITIK DER INNEREN SICHERHEIT IN DER DDR weiterlesen