Alle Beiträge von Matthias Monroy

Mitglied der Redaktion der Zeitschrift CILIP, Inlandsredakteur bei nd Aktuell. Alle Texte unter digit.so36.net, auf Twitter @matthimon.

SIS II wächst kontinuierlich

Letztes Jahr waren mehr als 76 Millionen Personen und Sachen in der größten europäischen Polizeidatenbank zur Fahndung ausgeschrieben. Das geht aus dem Jahresbericht zum Schengener Informationssystem (SIS II) hervor, den die Europäische Agentur für das Management von IT-Großsystemen (eu-LISA) veröffentlicht hat.[1] Vor fünf Jahren enthielt das SIS II noch 45 Millionen Einträge. Die meisten der aktuellen Speicherungen (20 Millionen) kamen aus Italien, Frankreich (11 Millionen) und Deutschland (über 10 Millionen). Behörden aus Frankreich haben mit fast einer Milliarde die meisten Zugriffe vorgenommen, gefolgt von Spanien, Großbritannien und Deutschland (10 Prozent). 2017 wurde das System mehr als fünf Milliarden Mal abgefragt, das sind 158 Abfragen pro Sekunde. Zwar ist der Anteil der Ausschreibungen von Personen an der gesamten Datenmenge im SIS II sehr klein (1,17 Prozent), jedoch führten diese zu 77 Prozent aller Treffer. SIS II wächst kontinuierlich weiterlesen

Diskussion zu „elektronischen Beweismitteln“

Die EU-Kommission will den Zugang zu Inhalts-, Verkehrs- und Bestandsdaten mit einer Verordnung für sogenannte „elektronische Beweismittel“ vereinfachen.[1] Die Justizbehörde eines Mitgliedstaats könnte demnach eine Herausgabeanordnung erlassen, der innerhalb von zehn Tagen entsprochen werden muss. Im „Notfall“ verkürzt sich die Frist auf sechs Stunden. Die betroffenen Internetdienstleister erhalten vorher eine „Sicherungsanordnung“, damit die verlangten Daten nicht gelöscht werden. Anordnungen zur Herausgabe von Teilnehmer- und Zugangsdaten dürften für „jede Art von Straftaten“ erlassen werden, Anordnungen zur Herausgabe von Transaktions- und Inhaltsdaten nur für Straftaten mit einer zu erwartenden Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren. Diskussion zu „elektronischen Beweismitteln“ weiterlesen

Vorratsdatenspeicherung bald „regional“?

Die EU-Staaten diskutieren über eine mögliche Neuauflage der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Die bulgarische Ratspräsidentschaft hat in der Ratsarbeitsgruppe „Datenschutz und Informationsaustausch“ den Erlass von „erneuerbaren Speicheranordnungen“ angeregt.[1] Diese entsprächen in etwa dem auch in Deutschland als Alternative zur Vorratsdatenspeicherung diskutieren „quick freeze“-Verfahren. Allerdings bezögen sie sich nicht auf bereits begangene Straftaten, sondern auf eine vorhergehende „Risikoanalyse“ für zukünftige Straftaten. Der Vorschlag soll dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs Rechnung tragen, der die 2006 erlassene EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in der vorliegenden Fassung für rechtswidrig erklärte.[2] Dem neuen Vorschlag zufolge könnte das Verbot einer pauschalen Vorratsdatenspeicherung umgangen werden, indem nicht die gesamte EU, sondern nur noch einzelne Staaten oder „Regionen“ davon betroffen wären. Vorratsdatenspeicherung bald „regional“? weiterlesen

Polizei erfindet „Heimsuchung“

Rund 60 TeilnehmerInnen einer unangemeldeten Kundgebung wurden am 18. Mai in Hitzacker von vermummter Polizei ohne Vorwarnung geschlagen, schikaniert und über fünf Stunden in einem Polizeikessel festgehalten. Zur Begründung schrieb die Polizeidirektion Lüneburg, die AktivistInnen hätten das Wohnhaus eines Polizeibeamten „heimgesucht“.[1] Die Meldung setzte eine Kaskade von Falschmeldungen in Gang, die in zahlreichen Medien und rechten Internetportalen kursierten.[2] Dort wurde der Protest unter Berufung auf die Polizei als „neue Qualität der Gewalt“ berichtet, die „Welt“ illustrierte ihren Artikel mit einem alten Symbolbild Steine werfender Vermummter. Die Elbe-Jeetzel-Zeitung, die als einziges Medium tatsächlich einen Journalisten vor Ort hatte, schrieb unter Berufung auf einen Polizeisprecher, die „maskierten Angreifer“ hätten das Grundstück des Beamten gestürmt.[3] Polizei erfindet „Heimsuchung“ weiterlesen

„E-smuggling“: Internetfirmen entfernen Inhalte zu illegaler Migration

Die bei Europol zur Bekämpfung von Terrorismus eingerichtete „Meldestelle für Internetinhalte“ widmet sich vermehrt der irregulären Migration. Hinsichtlich einer „potenziellen Beihilfe zur illegalen Einwanderung in die EU“ hat die Meldestelle laut dem EU-Migrationskommissar Dimnitris Avramopoulos 1.026 Internetinhalte auf ihre Strafbarkeit geprüft. In 809 Fällen sei eine Meldung an jene Provider erfolgt, bei denen die Inhalte gefunden wurden. In 96 Prozent dieser Fälle wurden diese schließlich entfernt. Damit liegt die Quote deutlich höher als für „terroristische oder gewaltverherrlichende bzw. extremistische Inhalte“, die zu 83,64 Prozent gelöscht wurden. „E-smuggling“: Internetfirmen entfernen Inhalte zu illegaler Migration weiterlesen

Druck zur Entfernung von Internetinhalten

Seit ihrer Einrichtung hat die bei Europol angesiedelte „Meldestelle für Internetinhalte“ 45.598 Postings auf mehr als 80 Online-Plattformen geprüft und in den meisten Fällen für eine Entfernung an Internetanbieter gemeldet.[1] Mit einer Erfolgsquote von 85 Prozent seien die Firmen laut dem Anti-Terrorismusbeauftragten dem Wunsch nachgekommen. Normalerweise erfolgt die Übermittlung von Ersuchen der Polizeibehörden an die Internetdienstleister über eigens eingerichtete Kanäle, die Europol im Portal „Shaping Internet Research Investigations Unified System“ (SIRIUS) auflistet. Google und YouTube haben außerdem ein „Trusted Flagger Program“ gestartet, in dem private Organisationen und polizeiliche Koordinierungsstellen für Internetkriminalität als vertrauenswürdige Hinweisgeber eingestuft werden. Ihre Ersuchen werden vorrangig behandelt. Aus Deutschland sind beispielsweise das Bundeskriminalamt und einige Landeskriminalämter am „Trusted Flagger Program“ beteiligt.[2] Eine hiermit verknüpfte Datenbank enthält einen Überblick von gemeldeten Inhalten sowie die diesbezügliche Entscheidung von Google und YouTube über eine Entfernung. Die Inhalte selbst sind dort aber nicht gespeichert. Druck zur Entfernung von Internetinhalten weiterlesen

Drastischer Anstieg verdeckter Fahndungen

Anfang 2018 waren 129.412 Personen nach Art. 36 des Ratsbeschlusses über das Schengener Informationssystem (SIS II) zur „verdeckten“ oder „gezielten“ Kontrolle ausgeschrieben. Die Zahl der unter dieser Kategorie im SIS gespeicherten Personen hat in den letzten Jahren rapide zugenommen (Anfang 2017: 96.108; 2016: 69.520; 2015: 46.347; 2014: 41.050). Werden die Betroffenen im Schengen-Raum an­ge­troffen, erfolgt eine Meldung an die ausschreibende Behörde. Übermit­telt werden Ort, Zeit und Anlass der Kontrolle, Reiseweg und -ziel, das benutzte Transportmittel, Begleitpersonen sowie mitgeführ­te Sachen. Von einer „verdeckten Kontrolle“ sollen die Betroffenen nichts erfahren, bei der „gezielten Kontrolle“ werden sie durchsucht. Zum Jahreswechsel gab es zudem 45.815 Sachfahndungsausschreibungen (Fahr­zeuge, Wasser- und Luftfahrzeuge, Container) nach Art. 36.[1] Drastischer Anstieg verdeckter Fahndungen weiterlesen

Grenzüberwachung in Tunesien

Das deutsche Verteidigungsministerium unterstützt Tunesien beim Ausbau eines elektronischen Grenzüberwachungssystems. Eine bereits errichtete Sperranlage wird nun entlang der Grenze zu Libyen bis zur Grenzstadt Borj AI Khadra in der Sahara ausgedehnt.[1] Adressat der „Ertüchtigungsinitiative“ ist das tunesische Militär. Das Gesamtprojekt wird zusammen mit der US-Regierung geplant, mit der Durchführung ist die US-Behörde „Defense Threat Reduction Agency“ (DTRA) beauftragt. Die aus Deutschland übernommene Finanzhilfe wird vage mit einem „zweistelligen Millionenbetrag“ angegeben. Grenzüberwachung in Tunesien weiterlesen