Europäische Grenzbehörden könnten zukünftig hochfliegende Plattformen zur Überwachung in der Stratosphäre fliegen lassen und damit die Lücke zwischen Flugzeugen, Drohnen und Satelliten, die schon jetzt zur Grenzüberwachung genutzt werden, schließen. Die EU finanziert ein entsprechendes Forschungsprojekt, das am 1. Oktober 2022 beginnen und 36 Monate dauern soll, mit rund 5,8 Millionen Euro. Die Kommission hatte eine Ausschreibung für derartige Höhenplattformen bereits vor einem Jahr veröffentlicht.[1] Nun macht sie auf eine parlamentarische Anfrage Details zu den Plänen bekannt.[2] Demnach ging der Auftrag für eine „fortschrittliche Überwachungsplattform zur Verbesserung der Effizienz und Zusammenarbeit der EURopean Multi Authority BordeR Security“ (EURMARS) an ein Konsortium aus 16 Firmen, Ministerien, Behörden und Instituten aus zwölf Mitgliedstaaten. Videoüberwachung aus der Stratosphäre weiterlesen
Alle Beiträge von Matthias Monroy
Staaten wollen EuGH-Urteil zu Passagierdaten umgehen
Die 2016 verabschiedete EU-Richtlinie über Passagierdatensätze (PNR) sieht vor, dass Reisedienstleister umfangreiche Informationen über ihre Kund*innen erheben und nach einer Buchung sowie beim Boarding an die zuständigen Behörden eines EU-Mitgliedstaates übermitteln. Dies ist jedoch mit EU-Recht unvereinbar: Im Juni hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Vorabentscheidungsverfahren geurteilt, dass es sich dabei um eine Vorratsdatenspeicherung handelt, die auf das „absolut Notwendige“ beschränkt werden muss.[1] Geklagt hatte die belgische Bürgerrechtsorganisation Ligue des droits humains. Anstatt jedoch weniger Daten von Reisenden zu sammeln und zu verarbeiten, überlegen die Mitgliedstaaten, wie das Urteil umgangen werden kann. Das geht aus einem Dokument des tschechischen Ratsvorsitzes mit dem Titel „Bessere Umsetzung des Urteils in der Rechtssache C-817/19 – Ideen für Diskussion“ hervor.[2] Staaten wollen EuGH-Urteil zu Passagierdaten umgehen weiterlesen
US-Regierung will europäische Biometriedaten
Die Einreise im Programm für visumfreies Reisen (Visa Waiver Program – VWP) in die USA wird an eine neue Vorschrift gekoppelt. Mit einer Verstärkten Partnerschaft für Grenzsicherheit (Enhanced Border Security Partnership – EBSP) fordert das US-Heimatschutzministerium von den teilnehmenden 40 Ländern den Zugriff auf dort gespeicherte biometrische Daten.[1] Diese sollen zur verbesserten Grenzkontrolle sowie zur Strafverfolgung genutzt werden können. Beim Grenzübertritt erfolgt dann eine automatisierte Abfrage, ob die Person in den VWP-Staaten in polizeilichen oder migrationsbezogenen Datenbanken gelistet ist. Im Falle eines Treffers sollen die US-Beamt*innen die Datensätze dann selbst im Pull-Verfahren abrufen dürfen. In der Diskussion ist zudem der Zugang zu Daten aus nationalen Einwohnermeldeämtern. US-Regierung will europäische Biometriedaten weiterlesen
Einreise-/Ausreisesystem mit Verspätung
Im Rahmen eines neuen Einreise-/Ausreisesystems (EES) müssen sämtliche Reisende beim Übertritt einer EU-Außengrenze demnächst vier Fingerabdrücke und das Gesichtsbild abgeben.[1] Die biometrischen Daten landen in einem „Gemeinsamen Speicher für Identitätsdaten“, der im Projekt „Interoperabilität“ mit weiteren Datenbanken verschmolzen wird. Die für Ende September geplante Inbetriebnahme des EES dürfte sich allerdings weiter verzögern. Probleme machen laut der französischen Ratspräsidentschaft der globale „Mangel an Chips“ sowie die Schulung des Personals, das für die Abnahme der biometrischen Daten an den Außengrenzen zu Land, Wasser und in der Luft zuständig ist.[2] Verantwortlich dafür sei ein Konsortium der Firmen IBM, Atos und Leonardo, das von der Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen (eu-LISA) mit der Umsetzung des EES beauftragt wurde. Die Firmen haben der Agentur zufolge „die Komplexität der Arbeiten zur Entwicklung und Einführung des EES erheblich unterschätzt“. [3] Dem Personal fehle es an „relevantem Fachwissen“. Einreise-/Ausreisesystem mit Verspätung weiterlesen
Großbritannien stimmt in EU-Abhör-Arbeitsgruppe mit
Trotz Brexit bleibt die britische National Crime Agency Mitglied in einer Ständigen Gruppe der Leiter von Abhörabteilungen, die bei Europol angesiedelt ist.[1] Großbritannien ist damit das einzige Drittland in der Gruppe, die ansonsten ausschließlich aus EU-Mitgliedern und den Schengen-Staaten Norwegen, Schweiz und Island besteht. Die Arbeitsgruppe der Abteilungen zur Telekommunikationsüberwachung war einst auf Initiative des deutschen Bundeskriminalamtes als eine strategische „Expertengruppe 5G“ gegründet worden.[2] Sie sollte den Behörden Zugang zu dem neuen, grundsätzlich verschlüsselten Telefonstandard 5G ermöglichen. Nachdem dies in europäischen und internationalen Standardisierungsgremien erfolgreich durchgesetzt wurde, erhielt die Gruppe im Oktober 2021 einen neuen Namen und neue Aufgaben. Großbritannien stimmt in EU-Abhör-Arbeitsgruppe mit weiterlesen
Eurojust-Verordnung im Eilverfahren
Der Rat und das Parlament haben sich in nur wenigen Wochen auf eine neue Verordnung von Eurojust geeinigt.[1] Zukünftig soll die EU-Agentur auch Beweismaterial zu in der Ukraine begangenen Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit speichern und verarbeiten. Dafür wird ein eigenes Fallbearbeitungssystem für digitale Beweismittel errichtet, das als „automatisierte Datenverwaltungs- und -speicheranlage“ bezeichnet wird. Enthalten sind Satellitenbilder, Fotos, Videos, Tonaufnahmen, DNA-Profile und Fingerabdrücke. Eurojust-Verordnung im Eilverfahren weiterlesen
Frontex entdeckt 13.000 Geflüchtete mit Drohne
Die EU-Grenzagentur hat nach eigenen Angaben mindestens 13.000 Geflüchtete mit Drohnen entdeckt und an die zuständigen Küstenwachen gemeldet.[1] Das Gros dürfte auf das Konto einer „Heron 1“ gehen, die seit Mai des vergangenen Jahres in Malta stationiert ist. Den Auftrag für die Steuerung und Wartung der Langstreckendrohne des israelischen Rüstungskonzerns IAI erhielt der deutsche Ableger des Airbus-Konzerns in Bremen, der auch vier „Heron 1“ für die Bundeswehr in Mali fliegt. Nach Malta folgt ein Einsatz in Griechenland, kündigte Frontex an. Frontex entdeckt 13.000 Geflüchtete mit Drohne weiterlesen
Überprüfung von Reisenden: US-Behörden wollen Fingerabdrücke in EU abfragen
Für die Teilnahme am Visa Waiver Programm erlaubt Israel den USA Zugang zu seinen biometrischen Daten. Die Regierung in Washington will dies für weitere 40 Länder vorschreiben.
Die US-Regierung hat ein Schreiben an EU-Mitgliedstaaten verschickt, das eine Verstärkte Partnerschaft für Grenzsicherheit (Enhanced Border Security Partnership – EBSP) ankündigt. Darin soll der Zugriff auf Fingerabdruck-Datenbanken durch US-amerikanische Grenzbehörden geregelt werden. Dies würde eine Bedingung für Länder, deren Staatsangehörige visafrei in die Vereinigten einreisen können.
Auch die Bundesregierung hat am 9. Februar eine solche Mitteilung von der US-Botschaft erhalten, antwortet das Innenministerium auf eine parlamentarische Schriftliche Frage. Die Vorschrift soll demnach ab 2027 gelten. „Im Wesentlichen soll damit wohl unter anderem ein Austausch von biometrischen Daten, unter anderem von Reisenden, ermöglicht werden“, schreibt das Ministerium und will weitere Einzelheiten klären. Überprüfung von Reisenden: US-Behörden wollen Fingerabdrücke in EU abfragen weiterlesen
Redaktionsmitteilung
Ist die Europäische Union mit ihrem „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ ein Staat neuer Prägung? Diese Frage hat unseren geliebten Freund und Mitstreiter Heiner Busch seit dem Amsterdamer Vertrag 1997 bis zu seinem viel zu frühen Tod am 21. September des letzten Jahres umgetrieben. Von ihm stammt auch der Vorschlag für ein Heft, das auch frühere CILIP-Analysen auf ihre Brauchbarkeit abklopft: Handelt es sich bei der EU um ein Staatengebilde mit einem Recht, das vor allem Befugnisse, aber wenig Grenzen kennt? Ist es ein exekutivlastiges Konstrukt mit polizeilichen Agenturen und einer Europäischen Staatsanwaltschaft, das neu(artig)e Institutionen im Bereich der staatlichen Gewalt geschaffen hat? Redaktionsmitteilung weiterlesen
Die Vergeheimdienstlichung der EU: Informelle Gruppen rund um Europol
Die Europäische Union hat keine Kompetenz zur Koordination von Geheimdiensten. Dessen ungeachtet kooperieren ihre Organe auf verschiedene Weise mit entsprechenden Behörden aus den Mitgliedstaaten. In dieses undurchsichtige Netz ist auch die EU-Polizeiagentur eingebunden. Der neue Fokus auf „Gefährder“ trägt ebenfalls geheimdienstliche Züge.
Mit dem Vertrag von Lissabon über die Arbeitsweise der EU (AEUV) wurde auch die Rechtsetzung im Bereich Justiz und Inneres in das EU-Gesetzgebungsverfahren übertragen. Bis dahin war die Innen- und Justizpolitik ausschließlich Gegenstand der intergouvernementalen Zusammenarbeit („dritte Säule“) mittels einstimmiger Ratsbeschlüsse. Ausschließlich die EU-Kommission hat das Recht, legislative Initiativen und Maßnahmen im Bereich der grenzüberschreitenden Strafverfolgung zu initiieren. Darüber entscheiden anschließend der Rat der EU (also die Regierungen der Mitgliedstaaten) und das Parlament.
Ausdrücklich keine Kompetenz hat die EU für Geheimdienste. Gemäß Artikel 4 Absatz 2 AEUV bleibt die „nationale Sicherheit“, für welche die Dienste zuständig sind, allein den Mitgliedstaaten vorbehalten. Stets wird deshalb in EU-Dokumenten die Trennung zwischen „strafverfolgungsrelevanten“ und „nachrichtendienstlichen“ Tätigkeiten betont. Die Vergeheimdienstlichung der EU: Informelle Gruppen rund um Europol weiterlesen