Alle Beiträge von Norbert Pütter

Polizei und Gewalt: Opfer und Täter – Halbe Wahrheiten – falsche Debatte 

von Norbert Pütter

So lange es Polizei gibt, gibt es Gewalt. Über „Gewalt durch PolizistInnen“ wird meist anlässlich ihres gravierenden Missbrauchs geredet. Die „Gewalt gegen die Polizei“ gehört zu jenen Phänomenen, die von PolizistInnen, Behörden und PolitikerInnen in periodischen Abständen immer wieder thematisiert werden. Zu wenig wird der Zusammenhang zwischen beiden Seiten betrachtet.

Gegenwärtig hat die offizielle Politik sich des Themas „Gewalt gegen Polizeibeamte“ angenommen. In öffentlichen Erklärungen des Bundes- und der Landesinnenminister ist die Klage über Angriffe auf die Polizei ebenso präsent wie in den Verlautbarungen des Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder der Polizeigewerkschaften. Die Regierungsparteien CDU, CSU und FDP erklärten in ihrem Koalitionsvertrag vom Herbst letzten Jahres, dass „Polizeibeamte und andere Personen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen … immer häufiger Ziel brutaler gewalttätiger Angriffe“ würden. Um dem entgegen zu wirken, kündigten die Koalitionäre an, für die Beamten „den strafrechtlichen Schutz – insbesondere durch eine Neufassung des § 113 Abs. 2 StGB – verbessern“ zu wollen.[1] Polizei und Gewalt: Opfer und Täter – Halbe Wahrheiten – falsche Debatte  weiterlesen

Gewalt gegen die Polizei – Wenig Klarheit zum Berufsrisiko von PolizistInnen

von Norbert Pütter und Randalf Neubert

Alle sind sich einig: Die Angriffe auf PolizistInnen hätten zugenommen, der Polizeiberuf sei gefährlicher geworden, der Respekt vor den VertreterInnen der Staatsgewalt schwinde rapide. Denn durch den Angriff auf seine RepräsentantInnen werde der Staat insgesamt angegriffen. Angesichts dieses Konsenses verwundert, dass gesicherte Erkenntnisse über die Gefahren des Polizeiberufs weiterhin nur spärlich vorhanden sind.

2009 führten die anhaltenden Berichte über vermehrte Gewalt gegen die Polizei und die massive Öffentlichkeitsarbeit der Polizeigewerkschaften zu einem Beschluss der Innenministerkonferenz (IMK), das Berufsrisiko von PolizistInnen erneut wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Die letzte einschlägige Studie hatte die IMK 2000 in Auftrag gegeben, nachdem im selben Jahr acht Polizisten von Straftätern getötet worden waren – so viel wie in den 25 Jahren zuvor nicht mehr. Gewalt gegen die Polizei – Wenig Klarheit zum Berufsrisiko von PolizistInnen weiterlesen

Die Dienste der Bundesrepublik – Vom Kalten Krieg zur „neuen Sicherheitsarchitektur“

von Norbert Pütter

Mit dem Ende des Kalten Krieges verloren die (west-)deutschen Geheimdienste ihr zentrales Beobachtungsobjekt und damit ihre Legitimationsgrundlage. Die Krise währte nur kurz. Schnell fanden sich neue Aufgaben. Die Dienste wurden enger denn je mit anderen Sicherheitsbehörden „vernetzt“.

Jede Stufe auf dem Weg zu voller Souveränität, die der westdeutsche Teilstaat nach der Zerschlagung des Deutschen Reiches erreichte, markierte zugleich einen Schritt beim Auf- und Ausbau von Geheimdiensten: 1949 genehmigten die Alliierten „eine Stelle zur Sammlung und Verbreitung von Auskünften über umstürzlerische … Tätigkeiten“ (= einen Inlandsnachrichtendienst, der den Namen „Verfassungsschutz“ erhielt); integriert in die Vorbereitungen zur „Wiederbewaffnung“ betrieb man seit 1951 den Aufbau eines militärischen Dienstes, der mit der Gründung der Bundeswehr 1956 zum „Militärischen Abschirmdienst“ (MAD) wurde; mit der durch den Deutschlandvertrag gestärkten Selbstständigkeit der Republik übernahm die Bundesregierung im selben Jahr von den USA die „Organisation Gehlen“, die seither als „Bundesnachrichtendienst“ (BND) die Auslandsspionage der BRD betreibt; 1968 erhielten die Dienste im Rahmen der Notstandsgesetzgebung Befugnisse zur Fernmeldeüberwachung, die die deutschen Behörden von alliierten Stellen unabhängig machen sollten; und nach 1990 ist das wiedervereinigte Deutschland bemüht, die letzten Folgen des verlorenen Krieges abzuschütteln und zu einem „normalen“ Staat zu werden, dessen geheimdienstliches Potenzial hinter dem anderer westlichen Demokratien nicht zurücksteht. Die Dienste der Bundesrepublik – Vom Kalten Krieg zur „neuen Sicherheitsarchitektur“ weiterlesen

Informationsbeschaffung im Anti-Terrorkampf

Seit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz von 2002 dürfen die Geheimdienste Informationen von Luftfahrtunternehmen, Finanz- und Post­dienst­leistern sowie Telekommunikationsunternehmen anfordern. Dem jüngsten Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist zu entnehmen, in welchem Umfang die Dienste im Jahre 2007 von diesen Möglichkeiten Gebrauch machten.[1] Informationsbeschaffung im Anti-Terrorkampf weiterlesen

Telefonüberwachung der Geheimdienste

Anfang Januar 2009 legte das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages seinen Bericht über die Eingriffe der Nachrichtendienste des Bundes in das Fernmeldegeheimnis für 2007 vor.[1] Das „Artikel 10-Ge­setz“ erlaubt dem Bundesamt für Verfassungsschutz, dem Militärischen Abschirmdienst und dem Bundesnachrichtendienst (BND) zum einen die Überwachung von einzelnen Telefonanschlüssen. Dabei handelt es sich um eine „Erkundung im strafrechtlichen Vorfeld“ der im Gesetz aufgelisteten Staatsschutzdelikte. Telefonüberwachung der Geheimdienste weiterlesen

Umfang von Sicherheitsüberprüfungen

Durch das „Terrorismusbekämpfungsgesetz“ vom Januar 2002 waren die Sicherheitsüberprüfungen ausgeweitet worden: Ging es vorher um die Überprüfung der Zuverlässigkeit von Personen, die Zugang zu vertraulichen/geheimen öffentlichen Dokumenten hatten, so werden seither im Rahmen des „vorbeugenden personellen Sabotageschutzes“ auch die ArbeitnehmerInnen in verteidigungs- oder lebenswichtigen Einrichtungen überprüft. Umfang von Sicherheitsüberprüfungen weiterlesen

Im Feld der Inneren Sicherheit – Über den Vormarsch der Bundeswehr in der Heimat

von Norbert Pütter

Seit der „neue Sicherheitsbegriff“ zum Bezugspunkt der Politik geworden ist, gibt es kein Halten mehr: Weil sich innere und äußere Gefahren nicht mehr unterscheiden ließen, weil Kriminalität, Terrorismus und Krieg im Zeitalter der „asymmetrischen Bedrohungen“ eine gefährliche Melange eingegangen wären, müsse das Militär potentiell überall eingreifen können. Auf vier Wegen wird derzeit versucht, dieses Ziel zu erreichen.

Im Vordergrund der Debatte steht seit Jahren der Streit um die Änderung des Grundgesetzes. Die entscheidenden Bestimmungen waren 1968 durch die Notstandsgesetzgebung in die Verfassung eingefügt worden. Sie beschränken den Einsatz der Bundeswehr – außerhalb des Spannungs- und Verteidigungsfalls – auf die Hilfe bei schwerwiegenden Katastrophen und Unfällen. Bereits in den 90er Jahren hatten Politiker der CDU immer wieder den Einsatz der Bundeswehr im Innern gefordert – mal zur Abwehr von Flüchtlingsströmen, mal zur Kontrolle der Chaostage. Jedoch erst mit den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde die Debatte konkreter.[1] Im Feld der Inneren Sicherheit – Über den Vormarsch der Bundeswehr in der Heimat weiterlesen

Sicherheitsarchitekturen im Wandel – Polizei – Geheimdienst – Militär

von Norbert Pütter

Seit einigen Jahren ist von der „neuen Sicherheitsarchitektur“ die Rede. Die Institutionen der alten Bundesrepublik seien den neuen Herausforderungen nicht mehr gewachsen; sie müssten gründlich umgebaut werden. Unter dem Schlagwort der „Vernetzung“ findet gegenwärtig die Reorganisation des Gewaltmonopols statt.

Die Institutionen, die Innere Sicherheit gewährleisten sollen, unterliegen einem ständigen Wandel. Bereits das Entstehen des administrativ-politischen Komplexes „Innere Sicherheit“ in der Bundesrepublik ist ein Resultat dieses Wandels, der in das Ende der 60er/den Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts fällt.[1] Obwohl sie nicht trennscharf an Jahreszahlen geschieden werden können, lassen sich für die Entwicklung der BRD deutlich vier (wenn man die alliierte Vorgeschichte hinzunimmt fünf) Phasen benennen. Sie unterscheiden sich in der Organisation, in der rechtlichen Regulierung, in der Qualifikation des Personals, der strategischen Orientierung und hinsichtlich derjenigen Probleme, denen sich die innere Sicherheitspolitik und ihre Apparate vorrangig widmeten. Typisierend vereinfacht verliefen die Wandlungen in dieser Abfolge: Sicherheitsarchitekturen im Wandel – Polizei – Geheimdienst – Militär weiterlesen