Archiv der Kategorie: CILIP 038

(1/1991) Polizeilicher Neubeginn in den Ländern der ehemaligen DDR

Literatur – Rezensionen und Hinweise

Literatur zum Schwerpunkt

Kommission zur Erforschung und Ausarbeitung der Geschichte der Deutschen Volkspolizei beim Ministerium des Innern der DDR: Geschich-te der Deutschen Volkspolizei, 2 Bände, Berlin (DDR) 1979
Bloße Selbstbeweihräucherung und einfach Schrott.

Lüers, Hartwig: Das Polizeirecht in der DDR. Aufgaben, Befugnisse und Organisation der Deutschen Volkspolizei, Köln 1974 Literatur – Rezensionen und Hinweise weiterlesen

Gewerkschaftliche Probleme / Chancen infolge des Neuaufbaus der Polizei in den früheren Ländern der DDR

von Hermann Lutz

Überraschender Zugewinn an persönlicher Habe oder auch an Problemen wird gelegentlich in jenen Vergleich gestellt, wonach man zu diesem „Reichtum“ wie die Jungfrau zum Kinde gekommen sei. Was die fünf neuen Länder angeht, so war die Zeit der „Schwangerschaft“ von Anfang November 1989 bis zum 3. Oktober 1990 zwar etwas lang geraten, doch ist sonst an dem Vergleich durchaus etwas dran: jetzt haben wir fünf neue Länder und zugleich einen Haufen Probleme, zumal niemand gelernt hat, wie man mit einer solchen Situation umgeht – genausowenig wie sich die meisten jungen Eltern darauf eingerichtet haben, plötzlich fünf Kinder zu haben. Wir haben es in der Gewerkschaft der Polizei zwar „nur“ mit der inneren Sicherheit zu tun bzw. dem Aufbau unserer eigenen Organisation in den neuen fünf Ländern, doch ist dies ein Brocken, mit dem wir es noch lange zu tun haben werden. Gewerkschaftliche Probleme / Chancen infolge des Neuaufbaus der Polizei in den früheren Ländern der DDR weiterlesen

Vereinigte deutsche Sicherheit – oder die mehrfach verkürzte Verfassungsdebatte

Der äußere Einigungsprozeß von BRD und DDR zu einer vergrößerten BRD geschah ohne verfassungspolitisches Federlesen. Zuerst wurde qua „Währungsunion“ am 1. Juli 1990 die ökonomische Verfassung im Sinne der Ausdehnung bundesdeutscher Ökonomie festgelegt. Anschließend wurde mit Hilfe einer bürokratischen Musterleistung, dem „Einigungsvertrag“, die Haut des Grundgesetzes (GG) über die vormalige DDR gezogen. Die ad hoc neu geschaffenen Länder auf dem Territorium der DDR konnten so gemäß Artikel 23 GG zum Grundgesetz beitreten und die Legitimation des Einigungsvorgangs repräsentativ perfekt machen. In Art. 5 des „Einigungsvertrages“ wurden mögliche Verfassungsänderungen auf die Zeit nach der Einigung verschoben. Vereinigte deutsche Sicherheit – oder die mehrfach verkürzte Verfassungsdebatte weiterlesen

Datenchaos aus dem „Wilden Osten“ – zur Überführung der Vopo-Datensammlungen in die geordnete INPOL-Welt

von Lena Schraut

40 Jahre getrennte Entwicklung haben in den beiden Teilen Deutschlands so nachhaltige Spuren hinterlassen, daß – nach der politischen Vereinigung – die direkte Zusammenführung tagtäglich mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert wird. Wie in zahlreichen anderen Bereichen, so fügt sich auch die Datenverarbeitung made in DDR nicht so recht in die bundesrepublikanische Informations- und Kommunikationstechnologie ein. Dabei ist die technische Inkompatibilität noch das geringste Problem. Datenchaos aus dem „Wilden Osten“ – zur Überführung der Vopo-Datensammlungen in die geordnete INPOL-Welt weiterlesen

Tödlicher Schußwaffeneinsatz 1990

von Otto Diederichs

Im letzten Jahr kamen in Gesamt-Deutschland mindestens 13 Menschen als Folge polizeilichen Schußwaffeneinsatzes ums Leben, darunter ein polizeilicher Untergrundfahnder, der bei einem inszenierten Fluchtversuch von einem nicht eingeweihten Kollegen erschossen wurde.

Zu den üblichen Problemen bei der genauen Zählung tödlich verlaufender Polizeischüsse (siehe CILIP 31 und 35) kam diesmal infolge der Vereinigung ein weiteres hinzu: Tagesgeschehen orientiert sich selten am politischen Terminkalender. Ab welchem Zeitpunkt sollten nun den Todesschüssen der alten Bundesrepublik jene der fünf neuen Ländern hinzugezählt werden? Wir haben uns entschlossen, sämtliche Fälle des Jahres 1990 unabhängig vom offiziellen Vereinigungsdatum in die Statistik aufzunehmen, sie jedoch gesondert auszuweisen. Tödlicher Schußwaffeneinsatz 1990 weiterlesen

Staatsschutz – Plädoyer für die Auflösung der Staatsschutzabteilungen bei Polizei und Staatsanwaltschaft

Von Thilo Weichert

Vor gut einem Jahr – also vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik – forderte Bundeskanzler Kohl die Auflösung des DDR-Staatssicherheitsdienstes; in seinem 10-Punkte-Programm zur DDR gar die Abschaffung des politischen Strafrechts insgesamt. Nur auf die Länder des ehemaligen Ostblocks zu starren, dazu besteht allerdings kein Grund. Daß die politische Überwachung, Bespitzelung und Gesinnungsverfolgung nicht ausschließlich ein Problem stalinistischer Staaten ist, demonstriert nicht nur die Geschichte der Bundesrepublik, sondern zeigt sich auch bei einer Vielzahl neuerer Nachrichten aus der bisher als liberal gepriesenen Schweiz und aus Österreich. Es ist höchste Zeit, sich auch in der Bundesrepublik dieser Altlasten obrigkeitsstaatlichen Denkens und des „Kalten Krieges“ zu entledigen. Staatsschutz – Plädoyer für die Auflösung der Staatsschutzabteilungen bei Polizei und Staatsanwaltschaft weiterlesen

Ein grüner Polizeipräsident in Brandenburg?

von Otto Diederichs

Grüne Regierungsbeteiligungen hat es auch vor dem Wahlergebnis in Brandenburg – und der daraus resultierenden „Ampelkoalition“ – bereits gegeben. Nach Hessen (1985-87), Berlin (1989-90) und Niedersachsen (1990- ) ist Brandenburg bereits das vierte Bundesland, in dem die einst traditionellen Regierungskonstellationen aufgebrochen wurden. Trotz der (zumindenst theoretischen) Möglichkeit eines langsamen Gewöhnungsprozesses tun sich die Sicherheitsbehörden immer noch äußerst schwer, grünes Gedankengut auch in ihren Reihen zu akzeptieren. Solchen Berührungsängsten droht gegenwärtig der Mitbegründer und einstige Sprecher der Bundesarbeitsgruppe „Kritische Polizisten und Polizistinnen“, Manfred Such, zum Opfer zu fallen. Ein grüner Polizeipräsident in Brandenburg? weiterlesen

Geheimdienstgesetze – Niederlage für die Bürgerrechte und Spott auf den Datenschutz

Nach vierjähriger Auseinandersetzung um neue Geheimdienstgesetze und ein Datenschutzgesetz sowohl inner- wie außerhalb des Parlaments einigten sich die Bonner Koalitionsparteien und die SPD am 12. September vergangenen Jahres im Vermittlungsausschuß auf ein Verfahren, das der SPD für die Zustimmung reichte. Der Bundestag billigte den gefundenen Kompromiß am 19. September 1990, der Bundesrat zwei Tage später. Es dauerte dann noch einmal über drei Monate, bis die Gesetze als Artikelgesetz „zur Fortentwicklung des Datenschutzes und der Datenverarbeitung“ am 29. Dezember im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurden und damit in Kraft traten. Geheimdienstgesetze – Niederlage für die Bürgerrechte und Spott auf den Datenschutz weiterlesen

NRW unterstützt Brandenburg beim Aufbau seiner Polizei

Dokumentation:

Die künftige Gliederung der Polizei des Landes Brandenburg steht noch nicht abschließend fest. Neben der Polizeiabteilung im Innenministerium wird es voraussichtlich eine Landeskriminaldirektion, ein Wasserschutzpolizeipräsidium, eine Bereitschaftspolizeiabteilung, eine Zentrale Beschaffungsstelle und eine Fortbildungseinrichtung geben. Man diskutiert für die Ortsebene noch verschiedene Organisationsmodelle. Die bisherigen Volkspolizei-Kreisämter sind jedenfalls keine geeignete Basis. NRW unterstützt Brandenburg beim Aufbau seiner Polizei weiterlesen

Redaktionelle Vorbemerkung

von Otto Diederichs

Die in der vorigen Ausgabe angekündigten Veränderungen bei Bürgerrechte& Polizei/CILIP sind mit dem vorliegenden Heft umgesetzt. Nach mehrjährigem heftigen Engagement für dieses Blatt hat sich Falco Werkentin, etwas „amtsmilde“ geworden, zum Jahresbeginn aus der unmittelbaren redaktionellen Verantwortung zurückgezogen. Sein „Kind“ ist in der Zwischenzeit groß geworden. Daß CILIP heute ein anerkanntes Fachblatt ist, das selbst in Sicherheitskreisen beachtet und aufmerksam gelesen wird, ist in hohem Maße sein Verdienst. Hiefür danken ihm die Redaktion (der er weiterhin angehören wird) und die Herausgeber.

Wir haben den Wechsel in der Redaktionsleitung zugleich auch als Möglichkeit für weitere Änderungen im Erscheinungsbild von Bürgerrechte & Polizei/CILIP verstanden. Dies gilt nicht nur für den äußeren Eindruck, sondern ebenso für den Inhalt. Mit der jetzt vorliegenden Nummer 38 (1/91) soll jede Ausgabe, konsequenter als bisher, künftig einen (möglichst) aktuellen Schwerpunktteil erhalten. Zudem ist vorgesehen, durch Debattenbeiträge den „Gebrauchswert“zu erhöhen.

Ob dies gelungen ist, darüber entscheiden nun die LeserInnen. Damit sind die Neuerungen rund um CILIP allerdings noch nicht abgeschlossen. Wie aus dem beiliegenden Aufruf näher zu ersehen ist, bemühen wir uns derzeit, die seit Jahren bestehende „Arbeitsgruppe Bürgerrechte“ in ein, der Freien Universitdt Berlin angegliedertes Institut umzuwandeln. Erste Schritte in diese Richtung sind unternommen. Inwieweit sie Erfolg haben werden, muß sich nun erweisen. Wir würden uns freuen, in diesem Bemühen bei unserer Leserschaft auf Interesse und rege Unterstützung zu treffen.

Zum Schwerpunkt:

Was sich gegenwärtig – von der Öffentlichkeit unbeachtet – beim Aufbau neuer Polizeien in den Ländern der früheren DDR vollzieht, ist nicht nur eine der größten Unternehmungen im Bereich Innerer Sicherheit. Es ist zugleich auch eine der größten verpaßten Chancen, das Sicherheitskonzept der Bundesrepublik neu zu überdenken.

In welch hohem Maße die Polizei im „Beitrittsgebiet“, wie es unterdessen amtsoffiziell heißt, westgemacht wird, ist stellenweise verblüffend. Der „Ossi“ – ob als Bürger, künftiger Polizeibeamter oder amtierender Minister – spielt häufig nur noch eine Statistenrolle. Teilweise konnte man in hiesigen Polizeiblättern bereits lesen, war in den Ministerien der östlichen „Patenkindern“ Monate später im Entwurf vorgelegt wurde. So sehr wir uns auch bemüht haben, möglichst umfassend alle greifbaren Informationen zusammenzutragen; ganz ist dies leider nicht gelungen. So fehlen bedauerlicherweise direkte Berichte aus der einstigen Vopo. Der Autor, den wir hierfür gewonnen hatten, bekam im letzten Moment „kalte Füße“. Schade.

Die nächste Ausgabe von Bürgerrechte & Polizei/CILIP (erscheint Ende August) wird sich schwerpunkmäßig mit der „Organisierten Kriminalität“ auseinandersetzen. Dieses Thema rückt seit Jahren kontinuierlich immer weiter in den Vordergrund, so daß wir eine eigene Befassung mit der „OK“ für längst überfällig halten.

Zum Schluß nun noch eine Bitte der Redaktion an die Planer in den Ministerien. Wenn wir mit dem Ergebnis auch alles andere als zufrieden sind, so hoffen wir doch, daß mit dem gegenwärtigen Verfarsungsschutzgesetz (BVerfschG) die Flut der Gesetzesentwürfe endlich ein Ende gefunden hat.

Führen sie – da Positives ohnehin nicht zu erwarten ist – doch einzig dazu, durch die notwendige Dokumentation und Kommentierung (siehe CILIP 21, 23, 29, 32, 36) in der Redaktion Kräfte zu binden, die wir eigentlich gern nutzbringender einsetzen würden. Eine Gesetzesänderung, hin zu einer Stärkung der Bürgerrechte allerdings, würden wir mit Freuden einmal besprechen.

Otto Diederichs ist Redakteur und Mitherausgeber von Bürgerrechte & Polizei/CILIP