Archiv der Kategorie: CILIP 057

(2/1997) Reform der „Politik Innerer Sicherheit“

Vierzehn Thesen zur Inneren Sicherheit – Vom eminent praktischen Sinn grundsätzlicher Überlegungen

In unsicheren Zeiten hat der ‚Ruf nach Sicherheit und Ordnung‘ Konjunktur. Ohne Umschweife werden dann die Sicherheitsexperten ins Spiel gebracht: Von ‚durchgreifenden Maßnahmen‘ ist schnell die Rede; schärfere Gesetze und eine Polizei, die der Unsicherheiten Herr werden soll, werden gefordert. Diese schlichten Formeln aus dem Standardrepertoire populistischer Politik dienen den Interessen der Sicherheitsbürokratien. Sie zielen auf einen die Gesellschaft überziehenden Schleier staatlicher Sicherheitsvorkehrungen, der Sicherheit verspricht, aber neue Unsicherheiten produziert.

Theoretische Grundlagen sind ebenso wie Begriffe oder wie Werte nicht unmittelbar praktisch. Aus ihnen können in der Regel keine direkten Schlußfolgerungen in Richtung dessen gezogen werden, was zu tun sei.
Will man sich indes nicht in hektischer Betriebsamkeit erschöpfen, sollen sterile Aufgeregtheiten vermieden werden, soll nicht nur das Lob der politischen Routine gesungen werden – dann ist praktisch gerichtete Theorie Voraussetzung aller Praxis. Daß theoretische Einsichten nicht umstandslos ‚praktikabel‘ sind, mag gegen diese Einsichten sprechen. Sie mögen zu abstrakt, zu ‚akademisch‘ sein. Der umgekehrte Fall ist gleicherweise denkbar und angesichts heutiger Politik ungleich häufiger: Weil die Praxis so miserabel ist und weil diejenigen, die sie betreiben, zukunftslos im gegenwärtigen Interessensumpf stecken, lassen sich andere, die Probleme vermutlich besser lösende Theorien nicht umsetzen. Vierzehn Thesen zur Inneren Sicherheit – Vom eminent praktischen Sinn grundsätzlicher Überlegungen weiterlesen

Neuerscheinungen

Lisken, Hans/Denninger, Erhard (Hg.): Handbuch des Polizeirechts, (Beck) München 1996 (2. Auflage), 998 S., DM 226,-Warum nach nur vier Jahren eine neubearbeitete und erweiterte Auflage des fast 1.000 Seiten umfassenden Handbuchs erforderlich wurde, wird bereits beim kursorischen Blick durch seine Beiträge deutlich: Von der Neuauflage des ‚Programms Innerer Sicherheit‘ der Innenministerkonferenz (1993) bis zur Novellierung der Polizeigesetze in Sachsen und Bayern (beide 1994), von den StPO-Erweiterungen durch das OrgKG (1992) und das Verbrechensbekämpfungsgesetz (1994) bis zum Geldwäschegesetz (1993), vom neuen BGS-Gesetz (1994) bis zum Inkrafttreten von ‚Schengen‘ (1995) und dem Aufbau von Europol (seit 1994). Die das Polizeirecht und die polizeiliche Praxis mitbeeinflussenden rechtlichen und institutionellen Vorkehrungen haben in wenigen Jahren (weitere) Veränderungen erfahren, die nicht nur quantitativ, sondern auch wegen ihrer Bedeutung eine erweiterte Neuauflage rechtfertigen. Über die ‚Polizeiliche Zusammenarbeit in Europa‘ (Mokros) wurde ein neues Kapitel hinzugefügt. Neuerscheinungen weiterlesen

Summaries

An Editorial Comment
by Otto Diederichs
It is almost traditional the public discussion of crime rates and the war on crime are the exclusive realm of the political rightwing. Representative of the leftwing and the liberal elements of the political spectrum have traditionally proven themselves at a loss to cope with such questions and have generally limited their activities to little more than appeals or protests to uphold civil rights and liberal freedoms. The present issue of CILIP attempts to strengthen these voices and to formulate new policies on ‚Domestic Security‘ so direly needed at present against the popular current. Summaries weiterlesen

Reformen Innerer Sicherheit – Über die Notwendigkeit von Veränderungen

von Norbert Pütter

Noch nie schien sie so wichtig wie heute – und noch nie waren ihr Scheitern und ihre verheerenden Folgen so offensichtlich: ‚Innere Sicherheit‘ ist längst in den Strudel vordergründiger politischer Kampagnen geraten, in denen der Knüppel staatlicher Repression zum Allheilmittel gesellschaftlicher Probleme gekürt wird. Während die Schar der WählerInnenfänger ausschwärmt und die immergleiche Melodie vom starken Staat, vom Durchgreifen, von der sprichwörtlichen Ruhe und Ordnung etc. pfeift, wird eine demokratisch-bürgerrechtlich orientierte ‚Politik Innerer Sicherheit‘ nötiger denn je.

Wer den Blick in die Tagesnachrichten noch wagt, wird nicht enttäuscht. Die Regierenden bleiben sich treu. Die Beispiele könnten Seiten füllen. Ob der Justizminister höhere Strafen für Jugendliche fordert oder der Drogenbeauftragte der Bundesregierung Eduard Lintner die kontrollierte Heroinabgabe an Süchtige ablehnt, ob Bundesinnenminister Manfred Kanther beim PKK-Verbot bleibt oder der strafrechtliche und polizeiliche Kampf gegen Korruption, Schleuser, Schwarzarbeiter, Graffiti-Sprayer forciert werden soll: Bedrohungsszenarien und Kriminalisierungsforderungen überziehen das Land. Einer alten Tradition gemäß proben Sozialdemokraten die entsprechende Profilierung. Gerhard Schröders Parole zum Umgang mit straffällig gewordenen Ausländern zeigt, welche Alternativlosigkeit eine Regierung unter seiner Verantwortung verspricht. Reformen Innerer Sicherheit – Über die Notwendigkeit von Veränderungen weiterlesen