von Christine Hohmeyer
„Wer Musikschulen schließt, gefährdet die innere Sicherheit“ – für diesen Satz seiner Amtseinführungsrede bekam Innenminister Otto Schily Beifall aus allen Bundestagsfraktionen.[1] Die breite Zustimmung zu der pointierten These zeigt eine Tendenz, die derzeit die politischen Diskurse überzieht: Angesichts leerer Kassen werden Bildungs- und Sozialpolitik, die für eine ökonomische Verwertung nicht taugen, auf ihren Nutzen für Sicherheit und Ordnung abgeklopft. Kriminalitätsbekämpfung wird zum dominierenden Zweck, Prävention zum Schlagwort. Die neue Legitimationsformel verändert nicht nur das Selbstverständnis kultureller und sozialpädagogischer Arbeit, sie stärkt auch den Einfluß der Polizei auf ehemals polizeiferne Bereiche.
Die „Prävention zur Verhinderung von Fehlentwicklungen Jugendlicher“[2] steht offensichtlich im Mittelpunkt der einschlägigen Debatte. „Jugendkriminalität muß ursachenorientiert bekämpft werden: das ist das A und O …“, lautet mittlerweile auch der Anspruch der Polizei.[3] Bei solcher Rede gerät leicht aus dem Blick, daß eine ursachenorientierte Prävention dem Einflußbereich der Polizei entzogen bleibt – nicht allein, weil diese die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht verändern kann, sondern auch, weil die Fülle von Phänomenen, die der Begriff „Jugendkriminalität“ faßt, schlichtweg nicht auf generelle Ursachen zurückzuführen ist. Was bleibt, sind isolierte Maßnahmen zur Tatverhinderung, Resozialisierung und Beeinflussung von Einzelnen oder Gruppen sowie eine Rhetorik, die den Nutzen von Prävention voraussetzt, Risiken und Nebenwirkungen aber nahezu unerwähnt läßt. Risiko Prävention – Zur polizeilichen Vorbeugung von Jugendkriminalität weiterlesen