Archiv der Kategorie: Artikel

Artikel im Heft widmen sich dem jeweiligen Schwerpunkt sowie weiteren Themen. Von aktuellen Ausgaben stellen wir gewöhnlich drei ausgewählte Artikel sofort online.

Stellungnahme zum BND-Gesetz-Entwurf vom 6.4.1989

1. Generelle Anmerkungen

Mit ca. 6.000 Mitarbeitern ist der BND der größte der drei Geheimdienste des Bundes. Seine Geschichte führt unmittelbar in den deutschen Faschismus zurück. Als Abt. „Fremde Heere Ost“ operierte unter General Gehlen eine wehrmachtseigene Geheimdienstabteilung in der Sowjetunion. Bei der Flucht aus der Sowjetunion achtete Gehlen weitsichtig darauf, daß die Materialien dieser Abteilung über die Sowjetunion verfilmt und mitgeführt wurden in der Absicht, seine Organisation und ihre Kenntnisse den Amerikanern anzubieten – mit Erfolg. Ab 1945 wurde die nun „Organisation Gehlen“ genannte Truppe von den Amerikanern finanziert. Im Jahre 1956 wurde Gehlens Geheimdienst von der Bundesregierung als Auslandsspionage-Dienst übernommen.

So wurde die Generalstaabsabteilung „Fremde Heere Ost“ dialektisch aufgehoben, d.h. nominell beseitigt, real bewahrt. Stellungnahme zum BND-Gesetz-Entwurf vom 6.4.1989 weiterlesen

Was ist NADIS?

1. Was ist NADIS?

NADIS, das nachrichtendienstliche Informationssystem, ist ein in erster Linie durch die VfS-Ämter genutztes Datensystem. Die Zentrale des Systems steht beim BfV, die Landesämter kÖnnen direkt eingeben und abfragen (online-Verbund).

2. Welche Dateiformen gibt es in NADIS?

Es sind grundsätzlich zwei Dateiformen, die zwischen den VfS-Ämtern als Verbunddateien betrieben werden:

a) Hinweisdateien
Die wichtigste ist die Personenzentraldatei (PZD), in der jeweils die Personengrunddaten sowie weitere sog. Formatdaten (Bankkonto, Auto-Kennzeichen etc.) erfaßt werden. Darüber hinaus enthält der PZD-Datensatz eine Kennummer, über die einerseits der Zugang zu den entsprechenden Akteninhalten und Vorgängen mÖglich ist, die aber zweitens auch bereits ohne Kenntnis des Akteninhalts Aufschluß über den Bereich verfassungsschützerischer Arbeit gibt, in dem die Akten angefallen sind. Die PZD ist die wichtigste VfS-Datei, da eine Anfrage in ihr den ersten Aufschluß über die jeweils in Frage kommende Person gibt. Neben der PZD existiert eine weitere Hinweisdatei auf „Objekte“. Was ist NADIS? weiterlesen

„Sicherheits“-Gesetzgebung in der 11. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages, Stand: Mai 1989

Bisher wurden verabschiedet:

* „Entwurf eines Gesetzs zur Änderung des StGB, der StPO und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten“ (BT-Drs. Nr.: 11/2834) in der Fassung der „Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses vom 18.4.89“ (BT-Drs. Nr.: 11/4359); verabschiedet am 21.4.88 (vgl. Kommentierung in dieser Ausgabe)
* „Entwurf eines Gesetzes zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (PostStruktG)“ (BT-Drs. Nr.: 11/2854) in der Fassung der „Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für das Post- und Fernmeldewesen“ (BT-Drs. Nr.:11/4316); verabschiedet am 20.4.88 (vgl. Kommentierung der mit diesem Gesetz verbundenen Novellierungen des G-10-Gesetzes und des 100 StPO in dieser Ausgabe) „Sicherheits“-Gesetzgebung in der 11. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages, Stand: Mai 1989 weiterlesen

Stellungnahme zum MAD-Gesetz-Entwurf vom 6.4.1989

1. Generelle Anmerkungen

Der MAD entstand 1956 nach Gründung der Bundeswehr durch einen Organisationsakt des Bundesverteidigungsministers, dem dieser Geheimdienst unterstellt ist. Im Zuge dieses Organisationsaktes wurden das „Amt für die Sicherheit der Bundeswehr“ (ASBw) und sechs regionale Untergliederungen des MAD in den Wehrbereichen geschaffen. Das ASBw wurde 1984 nach dem Wörner-/Kießling-Skandal in MAD-Amt umbenannt. Der militärische Geheimdienst der Bundesrepublik verfügt über ein Personal von ungefähr 2.000 Bediensteten.

Legitimiert wird die Tätigkeit des MAD mit der Notwendigkeit, die „Funktionsfähigkeit der Streitkräfte“ zu sichern. Ein Auftrag, dem das Bundesverfassungsgericht in mehreren Urteilen Verfassungsrang verliehen hat (BVerfGE, 28, 243 ff.; 48, 127 ff.). Stellungnahme zum MAD-Gesetz-Entwurf vom 6.4.1989 weiterlesen

Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sowie der Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz vom 5./6. April 1989 zu den Änderungen des Gesetzes zu Art.10 GG und der Strafprozeßordnung im Rahmen der Poststrukturreform

Der im Rahmen der Ausschußberatungen zur Poststrukturreform aus den Reihen des Bundestages eingebrachte Entwurf zur Änderung des Gesetzes zu Art.10 GG (Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses) soll die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, den Militärischen Abschirmdienst und den Bundesnachrichtendienst u.a. dazu ermächtigen, den Fernmeldeverkehr zu überwachen und aufzuzeichnen. Bisher war den Diensten nach dem Gesetz zu Art.10 GG nur gestattet, „den Fernschreibverkehr mitzulesen, den Fernmeldeverkehr abzuhören und auf Tonträger aufzunehmen“. Auch die Überwachungsvorschriften der Strafprozeßordnung ( 100a, 100b) sollen entsprechend geändert werden. Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sowie der Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz vom 5./6. April 1989 zu den Änderungen des Gesetzes zu Art.10 GG und der Strafprozeßordnung im Rahmen der Poststrukturreform weiterlesen

Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder und der Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrensrechts (Strafverfahrensänderungs-Gesetz vom 03.11.1988)

Die Konferenz begrüßt, daß ein Entwurf zur Regelung des Datenschutzes im Strafverfahrensrecht vorgelegt worden ist und daß darin für die besonderen Ermittlungs- und Fahndungsmethoden eigenständige Befugnisnormen vorgesehen sind sowie Regelungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten und zur Akteneinsicht in die Strafprozeßordnung aufgenommen werden sollen.

Die im Entwurf vorgesehenen Datenschutzregelungen sind an den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Normenklarheit zu messen. Weil im Bereich der Grundrechtsausübung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts alle wesentlichen Entscheidungen vom Ge-setzgeber selbst zu treffen sind, ist die gesamte Informationsverarbeitung wegen ihres Eingriffscharakters in der Strafprozeßordnung präzise und umfassend gesetzlich zu regeln.

Der vorliegende Entwurf entspricht den sich aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ergebenden Anforderungen noch nicht; er ist im übrigen unvollständig. Die Datenschutzkonferenz hebt deshalb unter gleichzeitiger Bezugnahme auf ihren Beschluß vom November 1986 folgende Kritikpunkte hervor: Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder und der Datenschutzkommission Rheinland-Pfalz zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrensrechts (Strafverfahrensänderungs-Gesetz vom 03.11.1988) weiterlesen

Perspektiven?

Der Streit gegen diese Gesetze scheint ein Kampf gegen Windmühlenflügel zu sein. Der diesen Gesetzen unterliegende strukturelle Wandel staatlicher Politik sowie der Ausstattung und Verfahrensformen der „Sicherheits“-Apparate ist längst vollzogen. Daß der „Präventionsstaat“ die ihm gemäßen unbestimmten Eingriffsbefugnisse komplettiert, scheint nur noch eine Frage der Zeit.
Gleichwohl ist dies kein zwangsläufiger Prozeß. Über ihn ist in der Vergangenheit entschieden worden, so wie über künftige Entwicklungen jeweils neu zu entscheiden sein wird.

In anderen Politikbereichen zeigt der langjährige öffentlicher Protest inzwischen deutliche Früchte. Die großen Symbole der Atomenergie-Politik – das AKW Kalkar und die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf – werden wohl nie in Betrieb gehen. Das öffentliche Vertrauen in staatliche Sicherheitsversprechungen, soweit es Kernkraftanlagen betrifft, ist grundlegend erodiert. Perspektiven? weiterlesen

Zur Gesetzgebungsgeschichte der Geheimdienstgesetze

Daß das Bundesamt für VfS und die parallelen Landesämter personenbezogene Informationen nicht nur aus eigener Ermittlungstätigkeit gewinnen, sondern ihre staatsschützerische Neugier auch mit Informationen befriedigen, die die Länderpolizeien, die Grenzkontrollbehörden (Bundesgrenzschutz, Bayer. Grenzschutz, Zoll), Staatsanwaltschaften etc. liefern, prägte die Arbeit dieser Ämter von Beginn an. In verschiedenen untergesetzlichen Regelungen, beginnend mit den sog. Unkeler Richtlinien von 1953, fortgesetzt u.a. mit den „Zusammenarbeitsrichtlinien“ von 1973, sind die beteiligten Staatssicherheitsbehörden auch entsprechend „in die Pflicht“ genommen worden. Zur Gesetzgebungsgeschichte der Geheimdienstgesetze weiterlesen