Archiv der Kategorie: Meldungen Inland

Die Inlandsmeldungen unserer Hefte sind schon vor Druck des Heftes online verfügbar.

Polizei verstößt regelmäßig gegen Datenschutzrechte

Anna-Lena Schmierer

Der oft mangelhafte bis rechtswidrige Umgang der Polizei mit personenbezogenen Daten ist im Jahr 2022 nicht zurückgegangen. Das zeigen die Tätigkeitsberichte mehrerer Landesdatenschutzbehörden.[1] Allein in Sachsen standen nach Angaben der Landesdatenschutzbeauftragten Juliane Hundert „in ca. 75 Prozent der Ordnungswidrigkeitsverfahren Bedienstete der sächsischen Polizei im Verdacht, unbefugt personenbezogene Daten abgerufen und unerlaubt verarbeitet zu haben.“ Diese Fälle sind weder selten noch neu. Nach Angaben des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten Thomas Fuchs ist es inzwischen „geübte Praxis …, ohne weitere Zwischenschritte Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten“. Denn die Rechts­lage bestimmt, dass Polizist*innen nur aus dienstlichen Zwecken zur Erfüllung einer konkreten Aufgabe auf die Daten zugreifen dürfen. Polizei verstößt regelmäßig gegen Datenschutzrechte weiterlesen

Zwischenbericht zur Polizeistudie MEGAVO veröffentlicht

Nach hitzigen Diskussionen stimmte im Jahr 2020 der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer der Förderung einer Polizeistudie zu. Damals wurde im Kontext der Veröffentlichung rechtsextremer Polizeichatgruppen eine Studie über Rassismus innerhalb der Behörden gefordert. Letztendlich einigte sich die große Koalition darauf, nicht explizit Rassismus, sondern allgemein den Arbeitsalltag deutscher Polizeibeamt*innen zu untersuchen. Gefördert wurde daraufhin die Studie „Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten“ (MEGAVO) unter der Leitung der Strafrechtsprofessorin Anja Schiemann, die nun ihren ersten Zwischenbericht vorlegt.[1] Zwischenbericht zur Polizeistudie MEGAVO veröffentlicht weiterlesen

Medienaufsicht unterstützt BKA bei Internetkontrolle

Am 24. Mai 2023 meldeten die Landesmedienanstalten, dass sie ab sofort enger mit dem Bundeskriminalamt (BKA) zusammenarbeiten, um „Hassrede“ im Internet zu bekämpfen.[1] Dazu sollen Verdachtsfälle an die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet beim BKA (ZMI BKA) gemeldet werden. Die 14 Landesmedienanstalten sind zuständig für die Aufsicht über Rundfunk und Telemedien und verfolgen auf Grundlage des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages u. a. Volks­verhetzung, Gewaltverherrlichung, NS-Propaganda und Pornographie im Netz. Dafür durchforstet die nordrhein-westfälische Medienanstalt schon seit Mai 2021 mit der „intelligenten“ Software KIVI automatisiert das Internet und meldet verdächtige Inhalte an das BKA. Nachdem der KIVI-Einsatz bereits letztes Jahr auf die anderen Medienanstalten ausgeweitet worden war, ziehen diese nun auch bei der Zusammenarbeit mit dem BKA nach.[2] Medienaufsicht unterstützt BKA bei Internetkontrolle weiterlesen

Zentraldateien der Polizei mit Millionen Datensätzen

Die deutschen Polizeien verfügen über Millionen Datensätze zur Identifizierung von unbekannten Tatverdächtigen. Im „Automatisierten Fingerabdruck-Identifizierungs-System“ (AFIS) waren mit Stand 8. April 2023 in der Datei „AFIS-P“ 3,4 Millionen Personendatensätze von Tatverdächtigen enthalten, die mit Tatortspuren abgeglichen werden können. Deutlich größer ist die Zahl der in AFIS-A gespeicherten Personendatensätze von 5,6 Millionen. Hier handelt es sich nicht um Tatverdächtige oder Beschuldigte, sondern um schutzsuchende Menschen und solche, die ohne Aufenthaltstitel von der Polizei festgestellt wurden. Sie wird nur übertroffen von der Datei digitaler Lichtbilder DIGIBILI, die 6,7 Millionen Porträtaufnahmen (aus erkennungsdienstlichen Behandlungen) enthält. Die nach Personendatensätzen deutlich größte Zentraldatei ist der „Erkennungsdienst“, wo neben „Haut­leistenbildern“ (Fingerabdrücke, Handflächenabdrücke) auch Licht­bilder, Personenbeschreibungen und Handschriftenproben enthalten sind und die 9,8 Mio. Datensätze enthält. Die Datei zur Vorhaltung von DNA-Mustern von Tatverdächtigen und offenen Tatortspuren enthält gut 0,8 Mio. Personendatensätze, die sowohl von den deutschen als auch den europäischen Polizeibehörden zum Abgleich zur Verfügung stehen. Die Fahndungsdateien enthalten 0,85 Mio. Datensätze zur Personenfahndung und 15,5 Mio. zur Sachfahndung.[1] Zentraldateien der Polizei mit Millionen Datensätzen weiterlesen

Sicherheits- und Ordnungsgesetz MV verfassungswidrig

Nachdem in den Jahren ab 2017 in den meisten Bundesländern die Polizeigesetze verschärft wurden, erhoben einige Protestbündnisse Verfassungsbeschwerden gegen die Gesetze. Anfang Februar 2023 veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Entscheidung zur Beschwerde des Bündnisses SOGenannte Sicherheit sowie der NGO Gesellschaft für Freiheitsrechte gegen das Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (SOG MV).[1] Das Gesetz enthielt eine Vielzahl von Regelungen zur verdeckten Datenerhebung, die das BVerfG nun beanstandete. Unter anderem ging es um die polizeilichen Befugnisse zur Observation von Personen, zur Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen, zum Einsatz von Vertrauenspersonen und verdeckten Ermittler*innen, zur Überwachung von Wohnräumen und Telekommunikation sowie zur Online-Durchsuchung. Sicherheits- und Ordnungsgesetz MV verfassungswidrig weiterlesen

Brandenburg bekommt Polizeibeauftragte

Nach zwei Jahren zäher Verhandlungen hat die rot-schwarz-grüne Koalition in Brandenburg am 16. Dezember 2022 ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt und ein Gesetz zur Einrichtung einer Polizeibeauftragtenstelle verabschiedet.[1] Damit wird Brandenburg nun das siebente Bundesland mit einer solchen Ombudsperson. Anders als in den anderen Ländern, wo die Stellen zusätzlich als Bürger- oder Feuerwehrbeauftragte immer auch andere Aufgaben haben, wird sie in Brandenburg ausschließlich für Polizeithemen zuständig sein. So wie die bereits existierenden Beauftragten ist aber auch die Stelle in Brandenburg Hilfsorgan des Landtags bei der parlamentarischen Kontrolle, soll die Bevölkerung im „Dialog“ mit der Polizei unterstützen und auf eine einvernehmliche Erledigung von Beschwerden hinwirken; zugleich ist sie zuständig für Eingaben aus der Polizei. Dafür verfügt die*der Beauftragte über umfassende Auskunfts-, Akteneinsichts-, Anhörungs- und Betretungsrechte. Brandenburg bekommt Polizeibeauftragte weiterlesen

Handyauswertung durch BAMF war rechtswidrig

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig sieht das regelmäßige Auslesen von Mobiltelefonen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht vom Gesetz gedeckt. Die bei fehlenden Pässen oder Passersatzpapieren angeordnete Maßnahme müsse unter hinreichender Berücksichtigung sonstiger vorliegender Erkenntnisse und Dokumente erfolgen, argumentierte das Gericht in einem Urteil vom 16. Februar (Az. 1 C 19.21) und gab der Klage einer 44-Jährigen aus Afghanistan statt. Die Frau war mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) vor zwei Jahren gegen die Handyauswertung vor das Verwaltungsgericht (VG) in Berlin gezogen. Schon das VG hielt die Maßnahme für rechtswidrig. Weil die Praxis die Grundrechte Tausender Geflüchteter auch in anderen Bundesländern betrifft und die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, hatte das VG mit Einverständnis der GFF die Sprungrevision zu zugelassen. Handyauswertung durch BAMF war rechtswidrig weiterlesen

Razzia bei „Radio Dreyeckland“

Die Polizei hat am 17. Januar das „Radio Dreyeckland“ in Freiburg durchsucht und dabei mehrere Durchsuchungsbeschlüsse der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vollstreckt.[1]  Zehn Beamt*innen durchsuchten dabei die Redaktionsräume des ältesten deutschen Freien Radios, außerdem die Wohnsitze von zwei Redakteuren. Dort wurden unter anderem USB-Sticks und Mobiltelefone beschlagnahmt. Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren wegen des „Verdachts eines Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot“. Die Webseite des Rundfunkkollektivs hatte einen Artikel veröffentlicht, der auf „Linksunten Indymedia“ verlinkt. Darin wurde über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ gegen „Linksunten“ berichtet. Die Internetplattform war 2017 vom damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach dem Vereinsgesetz verboten worden, da sich ihr Zweck und ihre Tätigkeiten „gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten“. Razzia bei „Radio Dreyeckland“ weiterlesen