Kriminalpolizeiliche personenbezogene Sammlung (KpS) hier: SPUDOK-Datei „Rostock“ – Dokumentation

Hiermit verfüge ich die Errichtung der SPUDOK-Datei „Rostock“.

1.  Bezeichnung der Datei
Die Datei trägt die Bezeichnung „Rostock“.
Sie wird als automatisierte Datei im SPUDOK-Verfahren bei der Polizeidirektion Rostock geführt.

2.  Rechtsgrundlagen und Zweck der Datei
2.1  Rechtsgrundlage ist § 163 StPO.
2.2  Die Datei dient der temporären Dokumentation und Recherche von:
–  Hinweisen,
–  ermittlungsrelevanten Spuren,
–  polizeilichen Maßnahmen,
–  Ermittlungsergebnissen,
–  Asservatennachweisen
zum Zwecke koordinierter Ermittlungsführung. Kriminalpolizeiliche personenbezogene Sammlung (KpS) hier: SPUDOK-Datei „Rostock“ – Dokumentation weiterlesen

Der weggetauchte Staat – Staatliche (Nicht-)Reaktionen auf rassistische Gewalttaten

von Wolfgang Wieland

Vor dem Anschlag in Mölln hatte sich die Öffentlichkeit an Anschläge von Rechtsaußen gewöhnt wie an die tägliche Wasserstandsmeldung: 1992 1.600 Gewalttaten von Rechts, darunter 500 Brand- und Sprengstoffanschläge. 800 Verletzte und 13 Tote. Noch nach Rostock geschahen in diesem Zusammenhang 10 Straftaten täglich. Ca. 40.000 Neo-Nazis führten den Rechtsstaat offenbar nach Belieben vor. Politiker verharmlosten, gaben Stichworte oder sympathisierten offen mit dem Terror. Angefangen mit dem Kanzlerwort vom „Staatsnotstand“ angesichts von 420.000 Flüchtlingen im Jahr 1992 – was nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung ausmacht – war man eifrig bemüht, eine Stimmung des ‚Not kennt kein Gebot‘ aufkommen zu lassen. Die nächtlichen Brandleger mußten sich geradezu anerkannt fühlen, in einer Art ‚Amtshilfe‘ für den überforderten Staat zu handeln. „Es ist, als würde man die Leute ermuntern, mehr Brandsätze zu werfen: Täglich können sie ihre Erfolge an immer verrückteren Vorschlägen zur Asylpolitik ablesen“,[1] so Ignatz Bubis, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland. Es waren die Politikerworte von Asylantenfluten, Schmarotzern und Betrügern, die da zu Steinen und Brandsätzen wurden. Der Asyl- und Schutzbegehrende als Vogelfreier in der öffentlichen Wahrnehmung, dies war das verheerende Resultat einer politischen Kampagne, ohne die das Phänomen des explosionsartigen Terrors von Rechts nicht zu verstehen ist.

Nun hört indes nach Mölln die Asyldebatte nicht auf. Auch mit der Grundgesetzänderung und der Abschottung der Bundesrepublik gegen Flüchtlinge wird sie wohl nicht verschwunden sein, sondern als Debatte über dann illegal hier Aufhältliche fortgesetzt werden. Wenn dennoch seit Mölln die Welle rechtsradikaler Gewalt spürbar und zählbar zurückgegangen ist, muß dies andere Gründe haben. Zuerst ist dabei die gesellschaftliche Gegenbewegung zu nennen, die Lichterketten, Demonstrationen, Rockkonzerte. Sie kam allerdings mit unfaßbarer Verspätung. Daneben spielte auch repressives staatliches Eingreifen eine Rolle, aber nur subsidiär und an zweiter Stelle. Dies soll nicht vergessen werden. Der weggetauchte Staat – Staatliche (Nicht-)Reaktionen auf rassistische Gewalttaten weiterlesen

Symbolische Politik gegen Rechts – Alibi für generelle Strafrechtsverschärfungen

von Wolfgang Gast

Nach dem Brandanschlag in Mölln am 23. November 1992, bei dem eine türkische Frau und zwei türkische Mädchen ums Leben kamen, überboten sich in Bonn die Politiker, Gesetzesverschärfungen zu fordern: Unter dem Eindruck der Vielzahl rechtsradikaler Überfälle auf AusländerInnen und Asylsuchende beantragte das Bundeskabinett beim Bundesverfassungsgericht, zwei führenden Neonazis die bürgerlichen Rechte abzuerkennen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wollte Nazi-Rockgruppen wegen Aufrufs zum Mord verfolgen lassen. Und für die Sozialdemokraten schlug deren Wehrexperte Erwin Horn vor, 70.000 Soldaten zur Bekämpfung des Rechtsextremismus an den Bundesgrenzschutz abzukommandieren. Parteiübergreifend wurde ein weiteres, vermeintlich probates Mittel zur Radikaleneindämmung aus der Tasche gezogen. Ob der FDP-Abgeordnete Jürgen Starnick, der SPD-Innenexperte Günther Graf oder der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Erwin Marschewski – alle erkannten: „Der Radikalenerlaß, wie er in den 70er Jahren für die Linksradikalen galt, könnte ein geeignetes Mittel sein, Neonazis aus dem öffentlichen Dienst fernzuhalten“.

Noch im November und Dezember 1992 verbot das Innenministerium die ‚Nationalistische Front (NF)‘, die ‚Deutsche Alternative (DA)‘ und die ‚Nationale Offensive (NO)‘. Die Karlsruher Bundesanwaltschaft reagierte ähnlich. Hatte der oberste Ankläger der Republik, Generalbundesanwalt Alexander von Stahl, im Vorfeld des Möllner Brandanschlages stets dementiert, daß im rechtsextremen Lager bereits die konstituierenden Bedingungen für kriminelle oder terroristische Vereinigungen gegeben seien – nach dem Anschlag ermittelte er gegen die Attentäter wegen der Bildung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a des Strafgesetzbuches. Symbolische Politik gegen Rechts – Alibi für generelle Strafrechtsverschärfungen weiterlesen

Rassismus: Kein Thema für die deutsche Polizei? Gedanken zu einem Tabu

von Albrecht Funk

Wenn leitende Polizei- oder Ministerialbeamte der Innenministerien zur Ausländerfeindlichkeit in der Polizei öffentlich Stellung nehmen, ist allenfalls von einigen „faulen Äpfeln“ die Rede, die es in jeder Sparte gäbe. Angesprochen auf das Thema Rassismus in der Polizei fallen allenfalls Begriffe wie Rodney King und Los Angeles. Vorkommnisse auf deutschen Polizeirevieren scheint es – zumindest offiziell – nicht zu geben. Die Indikatoren eines gesetzestreuen Vollzugsdienstes „ohne Ansehen der Person“ geben den Verwaltern der offiziellen Polizeiwirklichkeit zunächst recht. Die ohnehin schon geringe Zahl an Strafanzeigen aufgrund polizeilicher Übergriffe verschwindet da, wo es um verbale Übergriffe auf ‚Ausländer‘ geht, nahezu völlig.

Auch in der überregionalen Presse tauchten in den 70er und 80er Jahren nur sporadisch einige Fälle auf, wie der dreier Bonner Polizisten, die nach einem Kneipenbummel zwei Türken beschimpft und krankenhausreif geschlagen hatten – immerhin außerhalb der Dienstzeit.[1] Erst seit einem Jahr finden sich im Redaktionsarchiv vermehrt Meldungen über polizeiliche Diskriminierungen und Übergriffe auf ausländische Mitbürger: Rassismus: Kein Thema für die deutsche Polizei? Gedanken zu einem Tabu weiterlesen

Berliner Polizei und Rechtsextremismus – Versuch einer Situationsbeschreibung

von Eckhardt Lazai

Im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Diskussion um eine effektive Bekämpfung des Rechtsextremismus und damit einhergehender Gewalttaten kommt der Frage nach der Rolle, welche die Polizei dabei wahrnehmen kann und soll, von Anfang an eine zentrale Bedeutung zu. Es ist festzustellen, daß diese hierbei oftmals stark überschätzt wird. Rufe nach dem starken Staat, nach mehr Befugnissen und besserer Ausrüstung für die Polizei sowie nach schärferen Gesetzen lassen außer acht, daß polizeiliches Handeln nur die Symptome, nicht aber die Ursachen für den Rechtsextremismus bekämpfen kann.

Natürlich muß in der gegenwärtigen Situation diskutiert werden, welche Funktion dem Instrument des ‚Strafens‘ in unserer Gesellschaft zukommt. Auch muß die Polizei organisatorisch, personell, materiell und rechtlich in der Lage sein bzw. versetzt werden, ihrem gesetzlichen Auftrag – hier dem Schutz der Menschenrechte ausländischer Mitbürger sowie der Strafverfolgung – nachzukommen. Berliner Polizei und Rechtsextremismus – Versuch einer Situationsbeschreibung weiterlesen

Die Erfassung rechtsextremistischer Straftaten – Wirrwarr auf ganzer Linie

von Kea Tielemann

In den zurückliegenden Wochen und Monaten wurden von Verfassungsschutz und Polizei diverse Abhandlungen und Statistiken veröffentlicht, die die reale Zunahme rechtsextremer Gewalttaten für die Jahre 1991 und 1992 dokumentieren sollen. Vergleicht man diese Statistiken miteinander, so ergeben sich trotz einer unterdessen eingeführten bundeseinheitlichen Definition z.T. erhebliche Widersprüche, da die erfaßten Delikte unterschiedlich zugeordnet werden.[1]

Seit dem März 1992 werden unter „fremdenfeindlichen Straftaten“ bundesweit einheitlich jene Tatbestände verstanden, „die in der Zielrichtung gegen Personen begangen werden, denen der Täter (aus intoleranter Haltung heraus) aufgrund ihrer

  • Nationalität, Volkszugehörigkeit,
  • Rasse, Hautfarbe,
  • Religion, Weltanschauung,
  • Herkunft oder
  • aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes ein Bleibe- oder Aufenthaltsrecht in seiner Wohnumgebung oder in der gesamten Bundesrepublik Deutschland bestreitet.

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Ausländerbeauftragte bei der Potsdamer Polizei – Mut zur Entpolizeilichung

von Frauke Postel

Nach den Rostocker Pogrom-Nächten führte eine Überprüfung der Asylbewerberheime in Brandenburg zu der erschreckenden Erkenntnis, daß die Sicherheitsmaßnahmen hier bei weitem nicht ausreichend waren. In der Folge entstand in Potsdam, einem der fünf Polizeipräsidien Brandenburgs, ein unerwartetes Konzept: Mit den Asylbewerbern sollte eine Zusammenarbeit zustande kommen, die es diesen erlaubte, Vertrauen in die Polizei zu entwickeln. Deshalb wurden Sicherheitsberater gebraucht, die – und das läßt aufmerken – als Ansprechpartner auch für die gefährdeten Asylbewerber Beratung anboten. Zudem sollte der Versuch unternommen werden, Asylbewerber über Verhaltensweisen aufzuklären, die gegen die Normen und Ordnungsvorstellungen ihrer deutschen Umgebung verstoßen, um damit zu einer besseren Akzeptanz beizutragen.

Entwickelt wurde das Konzept vor ungefähr einem halben Jahr von dem Potsdamer Polizeipräsidenten Detlef von Schwerin und seinem Leiter ‚Einsatz (E)‘, dem Leitenden Polizeidirektor Peter Schultheiß. Ausländerbeauftragte bei der Potsdamer Polizei – Mut zur Entpolizeilichung weiterlesen

Sonderkommission Rechtsextremismus: „Soko Rex“ – Polizeiliche Bekämpfung des Rechtsextremismus in Sachsen

von Otto Diederichs

Polizeiliche Sonderdezernate oder -arbeitsgruppen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus gibt es mittlerweile in nahezu allen Bundesländern. In den meisten Fällen handelt es sich dabei jedoch um nicht sehr viel mehr als reinen Aktionismus. Lediglich die beim sächsischen Landeskriminalamt (LKA) in Dresden eingerichtete ‚Soko Rex‘ hat bislang beachtenswerte Erfolge vorzuweisen. Wenn man Konzept und Arbeit der seit eineinhalb Jahren arbeitenden ‚Soko Rex‘ indes etwas genauer betrachtet, hat auch ihr Vorgehen einige Schönheitsfehler.

„14 Tage vor meinem Kommen wurde Jorge Gomondai aus der Straßenbahn geprügelt, daß er zu Tode kam. Vor mir breitete sich ein rechtsorientiertes Gewaltphänomen aus: Das kann ja wohl nicht sein!, sagte ich mir. Es galt konsequente Strafverfolgung aufzuziehen, damit die Täter nicht ermuntert wurden. Hier mußten Spezialisten ran, die wußten, wie man mit diesem Klientel umgeht“,[1] beschreibt der Präsident des LKA Sachsen und geistige Vater der ‚Soko Rex‘, Peter Raisch, den Ursprung der Sonderkommission. Alles weitere ging dann erstaunlich schnell. Am 15. April 1991 übernahm Raisch die Leitung des Aufbaustabes für das LKA, schlug dem Innenministerium die Einrichtung einer Sonderkommission zur Bekämpfung des Rechtsextremismus vor, und bereits am 1. Juli wurde die ‚Soko Rex‘ gegründet. Zwei Wochen später begann sie ihre Arbeit.[2] Als Aufgaben wurden ihr die „Durchführung der Strafverfolgung im deliktspezifischen Bereich sowie Vorbereitung von Präventionsmaßnahmen“[3] zugewiesen. Sonderkommission Rechtsextremismus: „Soko Rex“ – Polizeiliche Bekämpfung des Rechtsextremismus in Sachsen weiterlesen

Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.