Schlagwort-Archive: Datenschutz

Auskunft über die eigenen Daten? Erfahrungen mit einem Grundrecht

von der Datenschutzgruppe der Roten Hilfe Heidelberg

Wer von Sicherheitsbehörden Auskunft über die eigenen Daten will, stößt auf eine Serie von rechtlichen Beschränkungen und praktischen Abschreckungsmechanismen.

19 Absatz 1 Bundesdatenschutzgesetz garantiert „Betroffenen“, dass ihnen auf Antrag Auskunft erteilt wird über zu ihrer Person gespeicherten Daten, deren Herkunft, die EmpfängerInnen etwaiger Übermittlungen und, ganz wichtig, den Zweck der Speicherung. Die Absätze 2 bis 6 schränken das Recht gleich wieder ein: Bei Gefährdung der „öffentlichen Sicherheit oder Ordnung“ etwa kann die Auskunft verweigert werden. Auskunft über die eigenen Daten? Erfahrungen mit einem Grundrecht weiterlesen

Personengebundene Hinweise: Ein Anfragen-Krimi zu stigmatisierenden Speicherungen

von Matthias Monroy und Christian Schröder

Eine Serie parlamentarischer Anfragen in Bund und Ländern brachte mehr Klarheit über die Nutzung zweifelhafter Kategorien in polizeilichen Informationssystemen. Nun befasst sich die Innenministerkonferenz mit weiteren Änderungen.

„Personengebundene Hinweise“ (PHW) in Datenbanken dienen offiziell dem Schutz der einschreitenden Polizeikräfte im Arbeitsalltag. Sie erscheinen im Zuge jeder personenbezogenen Datenabfrage im bundesländerübergreifenden Informationssystem der Polizeien (INPOL) oder in den entsprechenden Datenbanken der Länderpolizeien als „Warnhinweis“ für die Einsatzkräfte. Die Erfassung von PHW in INPOL in der heutigen Form geht auf Beschlüsse der Innenministerkonferenz (IMK) aus den Jahren 1988 bis 1990 zurück. 2005 wurden die PHW mit weiteren Datenbanken verknüpft, darunter die Anwendungen „Personenfahndung“, „Erkennungsdienst“ und „Kriminalaktennachweis“. Personengebundene Hinweise: Ein Anfragen-Krimi zu stigmatisierenden Speicherungen weiterlesen

(K)ein Grund zur Panik? Staatliche Überwachung und bürgerrechtliche Kritik

Interview mit drei unabhängigen Datenschützern

Seit die ersten Mainframe-Computer in den 70er Jahren im Rechenzentrum des Bundeskriminalamtes in Betrieb gingen hat der informationstechnische Fortschritt die Polizeiarbeit revolutioniert. Atemlos eilen Recht und Datenschutz dem wachsenden Potenzial zur unkontrollierten Überwachung hinterher. Was sich verändert hat, welche Gefahren sich daraus ergeben und wie die Chancen stehen, die Entwicklung bürgerrechtlich einzuhegen, diskutierten Markus Dengel, Sönke Hilbrans und Constanze Kurz. Die Fragen stellte Eric Töpfer. (K)ein Grund zur Panik? Staatliche Überwachung und bürgerrechtliche Kritik weiterlesen

Namens- oder Nummernschilder – Erneute Debatte, alte Argumente

von Tobias Peter

Zwei Bundesländer haben die individuelle Kennzeichnung von PolizistInnen beschlossen, in einigen anderen wird sie diskutiert. Die GegnerInnen von Namens- oder Nummernschildern scheuen dabei auch vor absurden Argumenten nicht zurück.

Die jährlich rund 2.000 Ermittlungsverfahren gegen PolizistInnen wegen Körperverletzung im Amt werden fast ausnahmslos eingestellt – unter anderem, weil die mutmaßlichen TäterInnen nicht identifizierbar sind.[1] „Täter unbekannt“ hieß ein umfassender Bericht, mit dem Amnesty International (AI) im vergangenen Jahr erneut auf dieses Problem aufmerksam machte.[2] Mit der anschließenden Kampagne „Mehr Verantwortung bei der Polizei“ propagierte die Menschenrechtsorganisation eine Kennzeichnungspflicht für PolizistInnen. Es ist eine alte Forderung: Bereits im Juli 1968 hatte die Humanistische Union in allen damals elf Landesparlamenten Petitionen für entsprechende Änderungen der Polizeigesetze eingereicht.[3] Es war der erste aus einer langen Serie parlamentarischer und außerparlamentarischer Vorstöße. Damals wie heute reagieren viele PolizistInnen, die Polizeigewerkschaften und vor allem die Unionsparteien auf die Forderungen mit Unverständnis, Ablehnung und falsch verstandener Klientelpolitik. Namens- oder Nummernschilder – Erneute Debatte, alte Argumente weiterlesen

Kooptierte Kameras – Hybride Netzwerke der Videoüberwachung

von Eric Töpfer

Im Vergleich zu zahlreichen anderen Ländern nimmt sich die polizeiliche Videoüberwachung in der BRD bescheiden aus. Der Blick auf die Zahl polizeieigener Kameras verschleiert aber den Umstand, dass die Nutzung fremder Überwachungssysteme durch die Polizei vielfältige Formen hat und undurchsichtige technische und informelle Netzwerke der Überwachung im Wachstum begriffen sind.

Die Aufnahmen, die die bewaffnete Verlegertochter Patricia Hearst beim Überfall der „Symbionese Liberation Army“ auf die Hibernia Bank in San Francisco 1974 zeigen, sind eine „Ikone“ aus den frühen Tagen der Kameraüberwachung. Dass sie erhalten geblieben sind, ist nicht nur den Investitionen der Bank zu verdanken, sondern auch den gesetzlichen Auflagen, die die Installation von Videokameras für US-amerikanische Geldinstitute bereits in den 60er Jahren zur Pflicht machten.[1] Kooptierte Kameras – Hybride Netzwerke der Videoüberwachung weiterlesen

TSC, FACI & TCS – Privatisierte Sicherheit im globalen Kontext

von Norbert Pütter

Dass neue, nicht-staatliche Akteure auf dem Sicherheitsmarkt auftauchen, ist ein internationales Phänomen. Ihre grenz­über­schreitende Natur verschärft die mit ihnen verbundenen Probleme: fehlende Öffentlichkeit, rechtliche und politische Unkontrollierbarkeit, Abhängigkeit von den Aufraggebern und – in wechselnden Konstellationen – Arbeit mit, neben oder gegen staatliche Sicherheitsapparate.

Die öffentliche und wissenschaftliche Aufmerksamkeit beschränkt sich nach wie vor auf zwei Bereiche der Privatisierung von Sicherheit: die Übertragung militärischer Aufgaben auf privatwirtschaftlich ausgerichtete Unternehmen auf der einen, die Wahrnehmung einfacher polizeilicher Tätigkeiten wie Streifendiensten oder Bewachungsaufgaben auf der anderen Seite. Zwischen diesen Polen und teilweise sie überlappend existiert und entwickelt sich ein unübersichtliches Feld von „Sicherheitsanbietern“, die mit spezifischen Dienstleistungen „Sicherheit“ für jene zu produzieren versprechen, die dafür zahlen können. Insgesamt ist über diese Märkte wenig bekannt: Anbieter und Nachfrager, Aufgaben und Methoden, Erfolge und Gefahren, Zusammenarbeit mit der oder Konkurrenz zur staatlichen Polizei, Folgen für Gemeinwesen und Bürgerrechte – nur exemplarisch sind bisher einige Aspekte einer neuen „globalen Sicherheitsarchitektur“ kritisch gewürdigt worden. TSC, FACI & TCS – Privatisierte Sicherheit im globalen Kontext weiterlesen

33.541 Personen unter Überwachung – Polizeiliche Beobachtung mit Hilfe des SIS

von Ben Hayes

In ihrem Bericht vom Dezember 2007 zeigt die Gemeinsame Kontrollinstanz (GKI), die für das Schengener Informationssystem (SIS) zuständige Datenschutzgruppe, erstmals genauer, wie die beteiligten Staaten mit dem Instrument der „verdeckten Registrierung“ und „gezielten Kontrolle“ umgehen.[1]

Mit Art. 99 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) existiert auf EU-Ebene ein Überwachungsinstrumentarium, das im Wesentlichen der „polizeilichen Beobachtung“ nach § 163e der deutschen Strafprozessordnung oder den jeweiligen Regelungen der Landespolizeigesetze entspricht. Der Artikel erlaubt es den Schengen-Staaten, Personen und Fahrzeuge im SIS zur „verdeckten Registrierung“ oder „gezielten Kontrolle“ (Durchsuchung) auszuschreiben. Wenn sie an der Grenze oder im Inland eines anderen Schengen-Staates angetroffen werden, dann erhält die ausschreibende Behörde über die nationalen Kontaktstellen, die so genannten SIRENE-Büros, eine Rückmeldung. Übermittelt werden sollen Ort, Zeit oder Anlass der Überprüfung, Reiseweg und -ziel, die Daten des mitgeführten Fahrzeugs, Begleitpersonen bzw. Insassen des Fahrzeugs und weitere „Umstände des Antreffens“. „Bei der Erhebung dieser Daten ist darauf zu achten, dass der verdeckte Charakter der Maßnahme nicht gefährdet wird“, heißt es in Absatz 4 des Artikels. 33.541 Personen unter Überwachung – Polizeiliche Beobachtung mit Hilfe des SIS weiterlesen

Datenschutz im Sicherheitsbereich – Möglichkeiten und Grenzen

von Thilo Weichert

Anders als die ständige Ausweitung polizeilicher und geheimdienstlicher Befugnisse erwarten lässt, kann der Datenschutz auch im Sicherheitsbereich durchaus etwas ausrichten. Dazu hat nicht nur die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beigetragen. Dreißig Jahre nach den Anfängen stellen vernünftige VertreterInnen von Polizei und Geheimdiensten die Geltung des Datenschutzes nicht mehr in Frage.

Wer das Verhältnis von Sicherheitsbehörden zum Datenschutz in den letzten dreißig Jahren Revue passieren lässt, erinnert sich an die Auseinandersetzungen des ersten Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Hans-Peter Bull, mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Bundeskriminalamt über NADIS, INPOL und die Richtlinien über kriminalpolizeiliche Sammlungen (KpS-Richtlinien), hat die Konflikte seiner spitzzüngigen baden-württembergischen Kollegin Ruth Leuze mit ihrem Gegenspieler Alfred Stümper vor Augen und denkt an die Terrorismushetze und die Rasterfahndung des BKA-Präsidenten Horst Herold, an den Lauschangriff seit 1975 gegen Klaus Traube oder an die Stammheimaffäre, die auch eine Abhöraffäre war. Datenschutz im Sicherheitsbereich – Möglichkeiten und Grenzen weiterlesen