04.11.: Mundlos und Böhnhardt erschossen aufgefunden: Nach einem Banküberfall finden Polizeibeamte gegen Mittag in Eisenach die Leichen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in einem brennenden Wohnmobil. Dabei entdecken sie neben der Beute auch zahlreiche Schusswaffen.
Explosion in Zwickau: Gegen 15 Uhr zündet Beate Zschäpe die gemeinsam mit Böhnhardt und Mundlos genutzte Wohnung in der Frühlingsstraße 26 an und flieht.
07.11.: Polizeiwaffen gefunden: Das LKA Baden-Württemberg teilt mit, dass die beiden im Wohnmobil gefundenen Dienstwaffen der am 25. April 2007 in Heilbronn erschossenen Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter und ihrem damals schwerverletzten Kollegen gehören.
Die Ämter für Verfassungsschutz hatten maßgeblichen Anteil daran, dass das „Terror-Trio“, das sich selbst „Nationalsozialistischer Untergrund“ nannte, 1998 abtauchen konnte und bis zum November 2011 unentdeckt blieb. Für ihr Versagen werden sie nun mit dem Ausbau ihrer Macht belohnt.
Neun Gewerbetreibende türkischer bzw. griechischer Herkunft, die zwischen 2000 und 2006 regelrecht hingerichtet wurden; eine getötete Polizistin und ihr Kollege, der bei dem Anschlag in Heilbronn 2007 nur knapp mit dem Leben davon kam; zwei Bombenanschläge 2001 und 2004 in Köln mit vielen Verletzten; vierzehn Überfälle auf Banken und Sparkassen – das ist die Bilanz der Straftaten des „Nationalsozialistischen Untergrunds“, die sich seit dem 4. November, seit dem Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in ihrem Wohnmobil in Eisenach und seit dem von Beate Zschäpe gelegten Brand in der gemeinsamen Wohnung in Zwickau herauskristallisiert hat. Aktionismus statt Aufklärung – Der neue staatliche „Kampf gegen Rechts“ weiterlesen →
Das Bundesverfassungsgericht möge „feststellen“: „Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) ist verfassungswidrig“. So hatte der Antrag der höchsten bundesdeutschen exekutiven und legislativen Instanzen – der Bundesregierung, des Bundestags und des Bundesrats – gelautet. „Im Namen des Volkes“ hat das Gericht am 18. März 2003 „beschlossen: die Verfahren werden eingestellt.“[1]
Ob das höchste deutsche Gericht mit diesem Beschluss eine „der peinlichsten Schlappen der deutschen Innenpolitik“ besiegelt hat, kann füglich dahin gestellt bleiben.[2] Die Diskussion über das Verbot hat monate-, ja jahrelang die mehrheitlich verbotswilligen, minderheitlich verbotsgegnerischen Gemüter bewegt. „Das Gericht“ – so kommentierte zurecht die FAZ – habe, „mit seinem Beschluss, das NPD-Verbotsverfahren endgültig einzustellen, die Anständigen im Regen stehen lassen.“ Wer aber sind die „Anständigen“, von denen FAZ-Autor Gerd Roellecke redet? „Der mündige Bürger erinnert sich gut an den staatlich organisierten Aufstand der Anständigen gegen rechts, bei dem die Anständigen unter Führung der Spitzen von Staat und Parteien die Berliner Flaniermeile gen Westen gezogen sind.“[3]Keine Freiheit den Feinden der Freiheit? Die NPD, der Verfassungsschutz und das Verfassungsgericht weiterlesen →
Seit Mitte Januar wird über sie geredet: Zuerst war’s einer. Dann wurden es zwei, drei, schließlich fünf. Gemeint sind die V-Leute, die angeblich strikt im Sinne der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes die NPD ausspähten. Dazu waren und sind diese in der Wolle gefärbten NPD-Schafe trefflich geeignet.
In der Zwischenzeit weiß man eines ganz genau: dass nämlich niemand die Zahl der doppelten Lottchen, der gleichzeitigen V- und NPD-Leutchen ganz genau kennt. Und niemand scheint mehr genau zu wissen, worin nun der Skandal besteht. Darin, dass V-Leute als ‚gestandene‘ NPD-Leute „enttarnt“ wurden; darin, dass dem Verfassungsgericht diese ‚beiläufige‘ Information nicht weitergeben wurde; darin, dass selbst der zuständige Innenminister keine Ahnung hatte; darin, dass V-Leute im amtlichen Verfassungsschutz eine solche Rolle spielen; darin, dass NPD und Verfassungsschutz V-Leute-kräftig zusammenarbeiten; darin, dass ein solcher in seinen V-Leuten und nationaldemokratischen Verflechtungen unübersichtlicher „Verfassungsschutz“ die Verfassung als demokratisch grundrechtliche nicht schützen kann; oder darin – das ist die größte Sorge der BefürworterInnen und BetreiberInnen des NPD-Verbotsantrags –, dass das Verbot der NPD durch diese Affäre gefährdet werden könnte?Die arme Verfassung – Verfassungsschutz, V-Leute und NPD-Verbot weiterlesen →
Zu den reflexartigen Reaktionen auf die Anschläge vom 11. September gehörte der Ruf nach einem Ausbau der Nachrichtendienste und nach mehr geheimdienstlichen Kompetenzen. Die das fordern, gehen dabei regelmäßig der naheliegenden Frage aus dem Weg, welche Erfolge des geheimdienstlichen „Kampfes gegen den Terrorismus“ dafür sprechen, (wieder) in die Dienste zu investieren.
Die lange und gut vorbereiteten Anschläge in den USA sind mit Recht als ein Indiz für das Versagen der Nachrichtendienste bewertet worden. Das gilt nicht allein für die deutschen, sondern auch für die angeblich führenden Geheimdienste CIA und Mossad. Der Vorwurf wiegt um so schwerer, wenn man berücksichtigt, dass seit Ende des Kalten Krieges die Sicherheitsexperten des Westens die größten Gefahren für die „freie Welt“ im Extremismus und Terrorismus islamisch motivierter Gruppen verortet haben. Vor diesem Hintergrund lässt der 11. September nur zwei Schlussfolgerungen zu: Entweder haben die Dienste ihren eigenen Feindbildern nicht getraut, d.h. die Szenarien der islamistischen Bedrohung waren für die Öffentlichkeit gedachte Inszenierungen. Oder die Dienste haben sich schlicht als unfähig erwiesen, auf ihre eigene Diagnose zu reagieren. Keine dieser Alternativen wäre ein zureichender Grund, umstandslos gerade auf diese Behörden zu setzen, die am offenkundigsten versagt haben. Ein Blick auf den Anti-Terrorismus der deutschen Geheimdienste zeigt, dass diese Skepsis jenseits des Einzelfalles für jede Form nachrichtendienstlicher „Terrorbekämpfung“ gilt. Geheimdienste aufrüsten? Elemente einer abschreckenden Bilanz weiterlesen →
Sowohl in der öffentlich zugänglichen Begründung des Verbotsantrags als auch in den nach wie vor als Verschlusssache behandelten Materialien präsentiert sich der Verfassungsschutz vor allem als Zeitungsausschnittdienst, der die ideologischen Irrungen und Wirrungen der NPD en detail nachvollzieht. Selbst die „Behördenzeugnisse“, die die geheimen Aktivitäten des Geheimdienstes abdecken, beziehen sich meist auf Äußerungen und nicht auf Handlungen der Partei.
Wer wie er Abhörprotokolle gelesen hätte, könne an der aggressiv-kämpferisch gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Haltung der NPD keine Zweifel mehr haben, aber auch das offen gelegte Material sei als Beweis ausreichend. So erklärte der bayerische Innenminister Günter Beckstein am 15. November 2000 vor dem Innenausschuss des Bundestages, wo er als Urheber der NPD-Verbotsforderung auftrat.[1]Wissen unter dem Schlapphut – Der Beitrag des Verfassungsschutzes zum NPD-Verbotsantrag weiterlesen →
„Hinsichtlich der als V-Mann anzuwerbenden Personen gibt es kaum rechtlich verbindliche, die eine oder andere Personengruppe … ausschließende Kategorien.“ So heißt es in einem führenden Kommentar zum Recht der Nachrichtendienste.[1] Dessen Autor, Helmut Roewer, wurde im Juni vom Posten als Chef des Thüringer Verfassungsschutzes suspendiert. Das Amt – so ein Bericht des ZDF-Politmagazins Kennzeichen D vom 7. Juni – hatte über Jahre hinweg den Neo-Nazi Thomas Dienel als V-Mann geführt.
Wie Innenminister Christian Köckert (CDU) am Tage nach der Kennzeichen D-Sendung bestätigte, hat Dienel 1996-97 insgesamt 25.000 DM Honorar für die Informationen erhalten, die er dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) bei rund 80 Kontakten lieferte. Dienel selbst ließ verlauten, das Geld, das er stets als Spende verstanden habe, u.a. für die Herstellung von Propagandamaterial der rechtsextremen Szene verwendet zu haben. Darüber hinaus habe er Informationen über Polizeieinsätze und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erhalten. Man habe ihm auch Unterstützung bei laufenden Gerichtsverfahren zugesichert. Rechte Spitzel des Verfassungsschutzes – Nicht nur in Thüringen weiterlesen →
In der Nacht vom vierten auf den fünften Juni 1974 wurde im Berliner Grunewald der Student Ulrich Schmücker erschossen. Im Februar 1976 begann dann das Verfahren um die Tötung Schmückers vor dem Moabiter Landgericht. Was zunächst wie ein ganz normaler Mordprozeß begann, entwickelte sich binnen kurzem zum längsten und skandalreichsten Strafverfahren in der deutschen Justizgeschichte. Vier Verfahrensdurchgänge 1 mit insgesamt 591 Verhandlungstagen waren nötig, bevor am 28. Januar 1991 eine Jugendstrafkammer beim Landgericht Berlin den Mut fand, den Prozeß durch Urteil einzustellen. Schmücker-Verfahren endgültig eingestellt – kein Schlußwort weiterlesen →
Nach vierjähriger Auseinandersetzung um neue Geheimdienstgesetze und ein Datenschutzgesetz sowohl inner- wie außerhalb des Parlaments einigten sich die Bonner Koalitionsparteien und die SPD am 12. September vergangenen Jahres im Vermittlungsausschuß auf ein Verfahren, das der SPD für die Zustimmung reichte. Der Bundestag billigte den gefundenen Kompromiß am 19. September 1990, der Bundesrat zwei Tage später. Es dauerte dann noch einmal über drei Monate, bis die Gesetze als Artikelgesetz „zur Fortentwicklung des Datenschutzes und der Datenverarbeitung“ am 29. Dezember im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurden und damit in Kraft traten. Geheimdienstgesetze – Niederlage für die Bürgerrechte und Spott auf den Datenschutz weiterlesen →
In der Nacht des 04. Juni 1974 wurde im Berliner Grunewald der Student Ulrich Schmücker als mutmaßlicher Verfassungsschutzspitzel erschossen. Seit nunmehr 16 Jahren wird dieser Fall seither von der Berliner Justiz verhandelt – mittlerweile im vierten Durchgang. Damit ist der Schmücker-Prozeß der längste und teuerste Prozeß in der deutschen Justizgeschichte. Der Mordfall Schmücker – Ein Verfahren ohne Ende weiterlesen →
Seit 1978 Berichte, Analysen, Nachrichten zu den Themen Polizei, Geheimdienste, Politik „Innerer Sicherheit“ und BürgerInnenrechte.