Corona-Tagebuch April 2020

30. April

Die Landesregierung in Hessen will nun doch keinen Einsatz einer Corona-Analyse-Software der US-Firma Palantir. Zwar seien erste Gespräche mit Palantir geführt worden, als ein dramatisches Szenario gedroht habe, der Sozialminister Kai Klose (Grüne) habe sich aber nun gegen einen Einsatz entschieden. Die bisherige Nutzung wird als „Test“ bezeichnet.

Das OVG Berlin bestätigt, dass ein Autokorso am 1. Mai wie beantragt mit 20 Teilnehmer*innen in acht in Grunewald stattfinden kann. Die Polizeipräsidentin hatte die Anmeldung als Versammlungsbehörde abgelehnt, da die Berliner Coronaverordnung lediglich ortsfeste Versammlungen vorsehe. Zuerst hatte daraufhin das VG Berlin eine einstweilige Anordnung für die Zulassung einer Ausnahme erlassen.

Angela Merkel nach der Konferenz mit den Bundesländern am 30. April.

In einer Videokonferenz einigen sich die Ministerpräsident*innen der Länder und die Bundeskanzlerin auf einige weitere Lockerungen der Corona-Auflagen. Neben Spielplätzen und Kultureinrichtungen sollen auch Gotteshäuser wieder öffnen. Einzelheiten sollen die Bundesländer individuell entscheiden. Über eine eventuelle Wiederaufnahme des Spielbetriebs der Bundesliga und der 2. Bundesliga wird keine Entscheidung getroffen.

Neun CDU-Bundestagsabgeordnete aus den Grenzregionen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz fordern, die Grenzen zu Frankreich, Luxemburg und der Schweiz wieder zu öffnen. Der ebenfalls aus Baden-Württemberg stammende CDU-Innenpolitiker Armin Schuster stellt sich dagegen hinter den Bundesinnenminister, der die Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich, Österreich, Dänemark, Luxemburg und der Schweiz bis zum 15. Mai verlängert hat.

Französische Schüler*innen aus dem Elsass dürfen ab Montag für den Schulbesuch in Deutschland wieder die Grenze passieren. Wie Berufspendler*innen benötigen sie hierfür einen Passierschein. Die Regelung gilt auch für Schulbusse.

Der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Ulrich Kelber veröffentlicht eine kritische Stellungnahme zur von der Bundesregierung geplanten exzessiven Ausweitung von Meldepflichten im COVID-19-Verdachtsfall und zum geplanten Immunitätsausweis.

29. April

Ein Mann aus Landshut wird zum dritten Mal in Gewahrsam genommen, weil er die Ausgangsbeschränkungen ignoriert haben soll. Ein Richter ordnete Haft bis zum 4. Mai an. Der Mann soll in der Vergangenheit bereits mehrfach gegen das Infektionsschutzgesetz verstoßen haben und dafür zwei Mal in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) gesessen haben. Außerdem muss ein 15-Jähriger aus Illertissen, der zum wiederholten Mal Auflagen verletzt haben soll, bis zum 29. April in einer JVA bleiben. Er ist außerdem als vermisst gemeldet gewesen. Insgesamt befinden sich laut der BILD-Zeitung sieben Menschen für bis zu zwei Wochen in Bayern im Gefängnis, weil sie sich nicht an Corona-Regeln gehalten hätten.

Die am 18. April von Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln ausgeflogenen Kinder und Jugendlichen werden nach ihrer Quarantäne ab dem 1. Mai auf verschiedene Bundesländer verteilt. Die Auswahl folgt zum Teil bestehenden familiären Bindungen.

Ab dem 1. Mai dürfen Zweitwohnungen in Mecklenburg-Vorpommern wieder bezogen werden, dasselbe gilt für Dauercamper*innen mit Zweitwohnsitz. In Schleswig-Holstein gilt die Regelung ab Montag. In beiden Bundesländern ist dies aber nur zur Eigennutzung erlaubt.

Das Verwaltungsgericht (VG) Dresden gibt einer kurz vor der Entbindung stehenden Asylbewerberin recht, dass diese nicht weiter in der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Dresden wohnen muss. Aufgrund des hohen Infektionsrisikos wird die Landesdirektion Sachsen verpflichtet, die Wohnsitzverpflichtung aufzuheben. Ähnlich entschied das VG Leipzig im Eilverfahren zugunsten eines Asylsuchenden, wonach die Grundsätze der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung auch für Asylunterkünfte gilt und dort der Mindestabstand zu anderen Personen eingehalten werden muss. In der Unterkunft in Dölzig, wo der Kläger lebt, ist dies unmöglich. Drei weitere Geflüchtete haben Anträge gegen die Unterbringung in sächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen eingereicht, Anfang der Woche ordnete das VG Dresden bereits die Entlassung einer 20-jährigen Geflüchteten aus Gaza an.

In Pirna (Sachsen) löst die Polizei eine Versammlung von rund 350 Personen auf. Aufgerufen hatten „Stadträte verschiedener Parteien“ auf Facebook, die Veranstaltung wurde als „Spaziergang“ bezeichnet. Auch Gastronomen hätten sich angeschlossen. Vermutet wird ein Zusammenhang mit einer ähnlichen Aktion am Mittwoch, die der AfD-Kreisrat und ein Polizist organisiert hatten.

Gottesdienste müssen auch in der Coronakrise stattfinden können, entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Statt einem pauschalen Verbot müsse im Einzelfall entschieden werden, ob eine Ausnahmegenehmigung möglich ist. Geklagt hatte ein muslimischer Verein aus Niedersachsen mit 1300 Mitgliedern, der während des Ramadan das Freitagsgebet ausrichten wollte und Sicherungsmaßnahmen versprach. In Sachsen und Thüringen sind religiöse Zusammenkünfte unter Auflagen schon jetzt wieder erlaubt, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Hessen folgen ab dem 1. Mai.

Die deutsche „Corona-Tracing-App“ wird nun federführend von den Firmen SAP und Deutsche Telekom entwickelt. Diese sollen der Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) zufolge entscheiden, welches technische Konzept dabei zum Einsatz kommt. Die beiden Konzerne sollen auch mit Apple und Google „auf Augenhöhe“ darüber sprechen, wann diese eine für die Nutzung der App benötigte Schnittstelle bereitstellen. Zuvor hatte die Bundesregierung nach wochenlanger Kritik durch Bürgerrechtsorganisationen einen Kurswechsel zu einer „dezentralen Lösung“ vollzogen. Einen konkreten Zeitplan für die Entwicklung der App hat die Bundesregierung nicht, auch ein Vertrag mit SAP und Telekom sei noch nicht unterzeichnet. Deshalb gebe es auch keine Kostenschätzung. Für die Arbeit an einem Prototypen im Rahmen des Projekts PEPP-PT seien 600.000 Euro an die Fraunhofer-Gesellschaft geflossen. Dabei wurde jedoch die mittlerweile abgelehnte „zentrale Lösung“ entwickelt.

28. April

Die Bundesregierung beschließt eine „Formulierungshilfe“ für die Koalition zur ABfassung eines Gesetzentwurfs zur Einführung eines Corona-Immunitätsausweises. Das Dokument sei laut dem Bundesgesundheitsminister eine Chance, dass Bürger*innen „unbeschwerter“ bestimmten Tätigkeiten nachgehen könnten. Möglich wäre dem Entwurf zufolge auch, „bestimmte Orte oder öffentliche Orte“ nur mit dem Immunitätsausweis betreten zu können. Die Weltgesundheitsorganisation warnt vor solchen Maßnahmen, da eine Immunität bisher nicht medizinisch nachgewiesen werden könne. Deshalb soll auch die Passage zum deutschen Immunitätsausweis erst wirksam werden, nachdem wissenschaftliche Beweise für eine Immunität gefunden werden.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe ergänzt seine „Notfall-Informations- und Nachrichten-App“ (NINA) mit Informationen zum Thema Corona.

„Im Interesse der Integrität [der] Behörde“ gelöschter Tweet der Polizei in Emsland.

Die Polizei Emsland (Niedersachsen) löscht Beiträge auf Facebook und Twitter, bei denen die abgebildeten Polizist*innen Masken mit dem Landeswappen trugen. In der Antwort auf eine Informationsfreiheitsanfrage heißt es, die „im Nachhinein erfolgte rechtliche Bewertung des Masken-Beitrages“ tendiere zu einer „artfremden“ Verwendung des Wappens, die „als nicht erlasskonform und damit als unzulässig anzusehen“ sei.

Wie die taz heute berichtet, wurden am 17. April sechs Asylsuchende zur Durchsetzung ihrer Quarantäne in der Abschiebungshaftanstalt Büren (Nordrhein-Westfalen) untergebracht. Ein Richter hatte diese Maßnahme angeordnet. Die sechs Geflüchteten waren zuvor in einer Sammelunterkunft, hätten aber nach Ansicht des Gerichts „nachhaltig und in aggressiver Weise gegen Quarantäneauflagen verstoßen“. Zwei sind nach negativen Tests mittlerweile wieder entlassen worden, auch bei den anderen vier wird ein negatives Testergebnis erwartet. Der Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“ vermutet, dass noch mehr Geflüchtete in der Abschiebungshaftanstalt zur Quarantäne abgesondert werden.

Dem Verwaltungsgericht (VG) Hamburg zufolge verletzt die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht das Allgemeine Persönlichkeitsrecht. Die Verpflichtung sei hingegen geeignet, dem Lebens- und Gesundheitsschutz zu dienen, die Tragepflicht sei außerdem auf wenige öffentliche Orte beschränkt. Ähnlich entscheidet das VG Mainz zur Pflicht für eine Mund-Nasen-Bedeckung beim Einkaufen und bei der Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs in Rheinland-Pfalz. Die Maskenpflicht verfolge demnach den legitimen Zweck, die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.

Die Heidelberger Sonderermittlungsgruppe hat 32 Teilnehmer*innen einer Versammlung identifiziert, die sich am 15. April in Solidarität für die „Coronoia-Anwältin“ unangemeldet vor dem Polizeigebäude versammelt haben. Sie erhalten Anzeigen wegen Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz. Um zu beweisen, dass die Personen gegen das Mindestabstandsgebot verstoßen haben, hat die Kriminaltechnik den Platz im 3D-Format vermessen.

Laut dem Verfassungsgerichtshof (VerfGH) Saarbrücken müssen die Ausgangsbeschränkungen im Saarland gelockert und Treffen mit Familienangehörigen sowie der Aufenthalt im Freien erlaubt werden. Zwar seien die zur Eindämmung der Corona-Pandemie getroffenen Maßnahmen wegen der Grenzlage zu dem besonders schwer betroffenen Frankreich geboten, die Grundrechtseingriffe müssten aber stets auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft werden.

27. April

Neun Mitgliedsstaaten fordern von der EU-Kommission einen Plan zur Milderung der finanziellen Auswirkungen der Coronakrise für den Tourismus. Der kroatische Tourismusminister Gari Cappelli fordert einen „COVID-19-Reisepass“, der einen Nachweis über Tests auf das Virus enthält. Der griechische Tourismusminister Charis Theocharis schlägt vor, dass das Dokument nach einem Test in dem Land ausgestellt werden soll, aus dem der Urlaub angetreten wird. Zu den weiteren Vorschlägen gehören Vereinbarungen auf bilateraler Ebene zur Einrichtung von „Tourismuskorridoren“.

Mehrere Unternehmen und Institute arbeiten mit dem Gesundheitsamt Köln an einem digitalen Gesundheitszertifikat, das Ergebnisse aus Antikörperbestimmungen oder den Impfstatus enthält. Der Bundesregierung zufolge könnte eine solche „Immunstatusdokumentation“ eine Voraussetzung sein, keine Grundrechtseinschränkungen gemäß dem Infektionsschutzgesetz erdulden zu müssen. Das „digitale Tagebuch“ soll einen „schnellen Neustart der Wirtschaft“ ermöglichen. Die verarbeiteten Daten könnten in einer Blockchain gespeichert werden. An dem Projekt beteiligt sind etwa die Bundesdruckerei, Lufthansa Industry Solution und die Universitätsklinik Köln. Die Anwendung soll in zwei bis drei Wochen erprobt werden.

Der Senat in Berlin beschließt als letztes Bundesland eine Maskenpflicht auch für den Einzelhandel. Die Regelung soll ab morgen auch in Einkaufszentren gelten. Die Stadt will in den Bezirken Masken an Bürger*innen verteilen. Auch in Schleswig-Holstein ist eine „Mund-Nasen-Bedeckung“ ab morgen Pflicht, der Beschluss der Verordnung erfolgte bereits am Freitag.

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) erklärt, im Lockdown der Coronakrise würden in Deutschland möglicherweise Menschen gerettet, die aufgrund ihres Alters oder Vorerkrankungen „in einem halben Jahr sowieso tot wären“. Kritik kommt von Parteikolleg*innen, eine Entschuldigung lehnt Palmer ab, er rudert später aber halbherzig zurück. Er spricht sich im Gegensatz zur Partei außerdem für eine verpflichtende „Corona-Tracing-App“ aus.

Der Berliner Bürgermeister und Senator für Kultur und Europa Klaus Lederer (Linkspartei) erklärt in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel, dass die erste Corona-Beschränkungsverordnung vom 22. März „unter extremem Zeitdruck“ entstand und der Senat demnach „in mancher Frage zu weit gegangen“ ist. „Manches haben wir schnell korrigiert, wie die Ausweispflicht und die unklare Lage beim Sitzen auf der Parkbank“. Die neue Verordnung trage auch der Versammlungsfreiheit „deutlich angemessener Rechnung als anfangs verantwortbar schien“.

26. April

„Empfang“ von 10 Millionen Schutzmasken ohne Mindestabstand – und ohne Schutzmasken.

Mit einer Antonow 225, dem weltweit größten Transportflugzeug, landen über 10 Millionen Schutzmasken aus China am Flughafen Leipzig/Halle. Pressewirksam wird die Lieferung von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) mit Dutzenden Journalist*innen erwartet. Ein Mindestabstand wird nicht eingehalten, auch Schutzmasken tragen nur Wenige.

Im Berliner Innenausschuss berichtet die Polizeipräsidentin Barbara Slowik über einen allgemeinen Rückgang der Kriminalität um 23 Prozent, bei Rohheitsdelikten um knapp 20 Prozent, bei Diebstahl um 33 Prozent, bei Sexualdelikten um 41 Prozent. Notrufe wegen häuslicher Gewalt hätten jedoch mit 34 Prozent deutlich zugenommen, in der Woche nach Ostern sogar um 40 Prozent.

Rund 500 Menschen demonstrieren mit einer Menschenkette in Hamburg gegen die EU-Flüchtlingspolitik. Verteilt auf einer Strecke von etwa vier Kilometern bilden die Teilnehmer*innen kleine Mahnwachen und halten Transparente. Die von der Seebrücke organisierte Versammlung hatte die Stadt erlaubt.

Weil Apple und Google mauern? Bundesregierung plötzlich doch für dezentrale „Corona-App“, allerdings mit freiwilliger Zusatzfunktion.

Die Bundesregierung vollzieht einen radikalen Kurswechsel zur geplanten „Corona-Tracing-App“. Laut dem Chef des Bundeskanzleramts, Helge Braun, soll diese nun doch auf einer dezentralen Architektur aufbauen. Bislang hatte die Bundesregierung auf einer zentralen Speicherung einiger Daten bestanden und dies auch gegenüber Google und Apple durchsetzen wollen. Die Konzerne setzen jedoch ebenfalls auf ein dezentrales Verfahren. Die deutsche App soll als weiteres Feature eine „epidemiologische Qualitätssicherung“ enthalten, wonach Nutzer*innen „freiwillig in pseudonymisierter Form“ Daten an das RKI übermitteln können.

In Grevenbroich (Nordrhein-Westfalen) wird ein Hochhauskomplex abgeriegelt und alle 450 Bewohner*innen der 117 Wohnungen auf Corona-Infektionen untersucht. Zuvor hatten zwei Familien wiederholt gegen Quarantäne-Auflagen verstoßen, dies sei laut Medienberichten „bei Kontrollanrufen“ des Ordnungsamtes offenkundig geworden. Wer sich nicht freiwillig von Gesundheitsamt und Rotem Kreuz testen lässt, muss 14 Tage in Quarantäne bleiben. Das Ordnungsamt wird hierfür die Ein- und Ausgänge kontrollieren.

25. April

In einem Brief des Deutschen Landkreistages an den Gesundheits- und den Kanzleramtsminister fordern die deutschen Kommunen Zugriff auf alle Daten, die von der geplanten „Corona-App“ erhoben werden. Dies beträfe offenbar nicht nur die Infizierten, sondern auch deren Kontaktpersonen. Die örtlichen Gesundheitsämter sollen auf diese Weise erfahren, wenn Personen Kontakt mit Infizierten hatten, um dann Quarantäne-Auflagen gegen diese zu verhängen und zu kontrollieren. Auch die „jeweiligen örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten“ würden bei der Weitergabe der Daten erfasst. Der Datenschutz soll laut den Kommunen zwar berücksichtigt werden, aber „aufhalten dürfen solche Fragen die Entwicklung nicht“. Auch die Freiwilligkeit der App wird infrage gestellt. Auch einige Städte teilen laut einem Bericht der F.A.S. die Position.

Die Berliner Volksbühne protestiert gegen die „Hygienedemonstration“ am 25. April.

Nach unterschiedlichen Berichten finden sich bis zu 1.000 Personen rund um die fünfte „Hygienedemonstration“ in Berlin ein. Die von den Autoren Hendrik Sodenberg und Anselm Lenz gestartete Initiative zieht zunehmend rechte, rechtsextreme und verschwörungsgläubige Teilnehmer*innen an, erstmals gab es deshalb eine linke Gegenkundgebung. Wegen zahlreicher Verstöße gegen die Corona-Verordnung stellt die Polizei nach kurzzeitiger Festnahme von rund 100 Personen die Personalien fest. Einige erhielten Strafanzeigen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, tätlichen Angriffs, Körperverletzung und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Gesundheitsämter in Sachsen-Anhalt haben Daten von mindestens 915 Personen unter Quarantäne an alle Polizeidirektionen und das Landeskriminalamt übermittelt. Dort wurden sie auf Anordnung des Innenministeriums in der „Personenfahndung mit der Anlass-Zweck-Kombination“ gespeichert. Betroffen waren auch Kontaktpersonen von Infizierten sowie Rückkehrer*innen aus Risikogebieten. Die Personendaten sollen unter anderem zur Strafverfolgung von Quarantäneverstößen genutzt werden. Die Praxis wurde erst durch eine parlamentarische Anfrage bekannt, zuvor hatte das Innenministerium mehrfach erklärt, solche Listen nicht wie in Niedersachsen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg zu verarbeiten. Mehrere Bürgermeister*innen und Landrät*innen sowie der Landesdatenschutzbeauftragte Harald von Bose halten die Anordnung für problematisch, der Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) nimmt diese daher zurück.

Der Deutsche Hebammenverband kritisiert die in einigen Städten und Kommunen immer noch verhängten Kreißsaalverbote für werdende Väter. Die Trennung der Familie während und nach der Geburt habe weitreichende Folgen. Kritik kommt auch von der Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes.

24. April

Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Berlin, Brandenburg und Bayern wollen ab Anfang Mai wieder Gottesdienste zulassen, in Sachsen sind sie mit bis zu 15 Besuchern bereits seit dieser Woche möglich. Weitere Absprachen sollen am 30. April bei der Telefonkonferenz der Ministerpräsident*innen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel getroffen werden. Auch Moscheen und Synagogen sollen schrittweise wieder öffnen. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz schlägt vor, Gottesdienste auf die Hauptschiffe der Kirchen zu beschränken, Weihwasserbecken blieben demnach leer, auch auf Körbe für die Kollekte würde verzichtet. Die Evangelische Kirche macht ihr Konzept für die Wiedereinführung von Gottesdiensten zunächst nicht öffentlich.

Am 17. April erhielt die Bundespolizei einen Erlass vom Bundesinnenministerium, wonach eine Reise zu einem Familienangehörigen an der deutsch-französischen Grenze als triftiger Einreisegrund gilt. Bekannt wird die Regelung aber erst heute. Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland wurden nicht informiert. Auch mit der französischen Regierung ist die Änderung offenbar nicht abgesprochen.

Tschechien will ab Montag die Grenzen für Geschäftsreisende öffnen, wenn deren Aufenthalt auf 72 Stunden begrenzt bleibt. Auch Saisonarbeiter*innen dürfen nach Angaben des Außenministeriums mit Quarantäne-Auflagen einreisen.

Das gerichtlich bestätigte Verbot der Demonstration „Wir wollen raus! Staatliche Willkür beenden!“ von „Pro Chemnitz“ wird von bis zu 120 Personen ignoriert, die Polizei stellt einzelne Personalien fest. Die Stadt Chemnitz hatte die für 500 Personen angemeldete Versammlung untersagt, das VG Chemnitz kassierte die Entscheidung und erlaubte maximal 15 Teilnehmer*innen. Das endgültige Verbot erfolgt heute durch das OVG, in der Begründung wird auf die Demonstration am Montag Bezug genommen. Dort seien auch nur 15 Teilnehmende erlaubt worden, aber mehrere Hundert gekommen, die sich überdies gegenüber der Polizei uneinsichtig gezeigt hätten.

Innenminister Peter Beuth (CDU) rechtfertigt im Innenausschuss des Hessischen Landtags die polizeiliche Auflösung der „Seebrücke“-Demonstration am 5. April in Frankfurt. Die Versammlung sei mit 400 Teilnehmer*innen sei zu groß gewesen, um dem Infektionsschutz gerecht werden zu können. Auch das Vorgehen der Polizei gegen eine freie Journalistin sei gerechtfertigt gewesen, dieser würden „Widerstandshandlungen“ vorgeworfen. Die Polizei verfolgt insgesamt fünf Anzeigen, in drei weiteren Fällen wird wegen Beleidigung von Polizeibeamt*innen ermittelt sowie einmal wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Urheberrecht. Unterstützung erhält der Minister aus der Fraktion der Grünen, Kritik kommt von der Linken. Die Demonstrant*innen hatten demnach Markierungen angebracht, um den Mindestabstand von zwei Metern zueinander zu wahren. Alle hätten Mundschutz und Handschuhe getragen, aber nicht die Polizei. Dies sei eine „Zumutung für die Demokratie“.

Das Gesundheitsamt Hagen (Nordrhein-Westfalen) hebt die Quarantäne zweier Mehrfamilienhäuser wieder auf, nachdem die erneuten Corona-Untersuchungen ursprünglich positiv getesteter Personen negativ ausfallen. Die Häuser wurden von Ordnungsamt und Polizei auf die Einhaltung der Quarantäne überwacht, nachdem drei Bewohner*innen positiv getestet wurden und sich nicht an das Kontaktverbot hielten.

Auf Bitten der Grünen-Abgeordneten Canan Bayram fertigen die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages drei Gutachten zu politischen, technischen und rechtlichen Aspekten von „Corona-Tracing-Apps“ an (1 | 2 | 3). In einer der Ausarbeitungen kommen die Jurist*innen zu dem Schluss, dass deren Nutzung auch nach einer gesetzlichen Regelung angeordnet werden könnte. Zwar liege dann ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor, allerdings in einer „geringen Eingriffstiefe“. Denkbar sei „ein gestuftes Vorgehen“: Zunächst freiwillig, aber verpflichtend, „wenn eine freiwillige Nutzung nicht zu einer weiteren Senkung der Infektionszahlen geführt hat“. Möglich wäre dies aber nur für Personen, „die über ein entsprechendes Gerät mit der notwendigen Bluetooth Low Energy-Technologie verfügen“.

23. April

Eigentümer*innen von Ferienwohnungen und Dauercamper*innen können ab 1. Mai an wieder nach Mecklenburg-Vorpommern reisen. Voraussetzung ist, dass die Liegenschaften als Zweitwohnsitze registriert sind. Weitere Lockerungen sollen am 5. Mai beraten werden.

Laut einem Bericht der Senatsgesundheitsverwaltung und der Polizei in Berlin registrieren die Behörden eine steigende Zahl von Notrufen wegen häuslicher Gewalt. Vom 16. März bis zum 19. April seien 1.519 Funkwageneinsätze erfolgt, im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von rund 33 Prozent. Auch das bundesweite Beratungstelefon „Gewalt gegen Frauen“ verzeichnet einem Bericht der „Berliner Zeitung“ zufolge einen Anstieg von rund 20 Prozent. Hingegen stagniert die Zahl der Anzeigen.

In der Bremer Erstaufnahmestelle für Asylbewerber*innen und unerlaubt Eingereiste gibt es laut der Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) 120 bestätigte Corona-Fälle. Alle 374 Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen sind vorsorglich getestet worden. Auch vier Angestellte der Arbeiterwohlfahrt seien infiziert. Die Unterkunft steht komplett unter Quarantäne. Stahmann kündigt bauliche und organisatorische Verbesserungen an, unter anderem soll die Zahl der Bewohner*innen reduziert werden.

Die Abstandsregeln zur Eindämmung des Coronavirus müssen laut dem Verwaltungsgericht Leipzig auch in Flüchtlingsunterkünften eingehalten werden können. Demnach kann die zuständige sächsische Landesdirektion den asylsuchenden Antragsteller nicht dazu verpflichten, in der Aufnahmeeinrichtung in Dölzig zu wohnen. Laut dem Gericht gehört der Mann zudem zu einer Altersgruppe, in der Infektion einen kritischem Verlauf nach sich ziehen kann.

Die Bundesregierung entscheidet sich angeblich für eine „Corona-Warn-App“ mit der im PEPP-PT entwickelten Technik. Das europäische Projekt setzt inzwischen auf eine zentrale Speicherung von Daten auf einem Server bei der Bundesregierung. Einige der an einem „dezentralem Strang“ forschende Wissenschaftler*innen hatten das PEPP-PT kürzlich aus Protest verlassen. Gestern hatte das Gesundheitsministerium gegenüber Abgeordneten noch erklärt, neben PEPP-PT auch den dezentralen Ansatz und eine Software der Firma Accenture zu prüfen. Der digitalpolitische Sprecher der CDU nennt die Diskussion um die zentrale oder die dezentrale Speicherung nun einen „technologischen Schönheitswettbewerb“.

Das BMG und der Bundesdatenschutzbeauftragte widersprechen einander zur Frage, ob bereits eine Datenschutzfolgenabschätzung für die in PEPP-PT entwickelte Lösung vorliegt.

Das Bundeskanzleramt verhandelt mit Apple über eine Schnittstelle für PEPP-PT, der US-Konzern soll die dort favorisierte zentrale Lösung unterstützen. Apple und Google arbeiten hingegen an einer dezentralen Speicherung, die in einigen Monaten im Betriebssystem implentiert werden soll. Angeblich ist Google möglicherweise bereit, seine Schnittstelle für PEPP-PT zu öffnen.

Alle Bundesländer oder auch Städte und Kommunen haben Ausgehverbote für Bewohner*innen in Pflegeheimen bzw. Besuchsverbote für deren Angehörigen angeordnet.

Die neuen Corona-Verordnungen einiger Bundesländer enthalten auch Bestimmungen zu Versammlungen. So sind in Thüringen ab heute auch Demonstrationen bis 50 Personen und Kirchgänge bis 30 Personen möglich, wenn die Auflagen des Infektionsschutzes beachtet werden. In Berlin sind Versammlungen mit bis zu 50 Menschen ab dem 4. Mai „grundsätzlich genehmigungsfrei“.

Die Polizei und das Ordnungsamt in Köln überwachen mit Material aus der Videoüberwachung öffentlicher Plätze, ob sich Menschen an Corona-Maßnahmen und das Kontaktverbot halten. In Düsseldorf und Dortmund setzt die Polizei in Pilotprojekten auch kleine Drohnen ein, für Köln ist dies derzeit nicht geplant.

Die Polizeidirektion Dresden ermittelt gegen einen 49-jährigen Polizisten wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Der Mann hatte gestern Abend zu einem unangemeldeten „Spaziergang“ auf dem Marktplatz in Pirna aufgerufen. Die Polizei schritt nicht ein, da zunächst „kein Versammlungscharakter“ vorgelegen habe. Erst als etwa 180 Personen an der Versammlung vor dem Rathaus teilnahmen, drohte die Polizei via Lautsprecher Maßnahmen an. Daraufhin wurde die Versammlung beendet, die „ehemaligen Teilnehmer“ entfernten sich laut der Polizei „rasch vom Ort“. Neben strafrechtlichen Ermittlungen wird gegen den Beamten disziplinarrechtlich ermittelt. Die Polizeidirektion prüft außerdem, ob ihm ein Verbot des Führens der Dienstgeschäfte ausgesprochen wird.

22. April

Ein Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags kommt zu dem Schluss, dass sich die Bundesregierung in der Coronakrise Kompetenzen angeeignet hat, mit denen die Bundesländer entmachtet werden und die deshalb der föderalen Ordnung widersprechen. Nach Artikel 65 des Grundgesetzes verfügt die Bundeskanzlerin zwar über eine „Richtlinienkompetenz“, damit könne sie aber keine Vorschriften machen, sondern nur Leitlinien entwerfen.
Beantragt wurde der Sachstand vom FDP-Politiker und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki, der die Telefonkonferenzen der Kanzlerin mit den Ministerpräsident*innen zum gemeinsamen Vorgehen, in denen auch Entscheidungen getroffen werden, kritisiert. Dass Merkel dort über die Bundesländer hinweg entschieden hat, ist aber nicht bekannt. Tatsächlich hatten die Beschlüsse den Charakter von Leitlinien, die von den Ländern unterschiedlich ausgelegt werden.
Nach Artikel 84 GG kann der Bundesregierung außerdem durch ein Bundesgesetz die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Das Infektionsschutzgesetz enthalte diese laut den Wissenschaftlichen Diensten allerdings nicht. Auch der Bundesgesundheitsminister kann den Ländern keine Weisungen erteilen, sondern nur Empfehlungen abgeben.

Der Gesundheitsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Harry Glawe (CDU) hat seine Anweisung zurückgezogen, wonach Gesundheitsämter täglich eine Liste von Infizierten an die örtliche Polizeibehörde liefern müssen. Es reiche, wenn die Polizei dort vor Einsätzen Personendaten abfrage, stellt er in einem Rundschreiben klar. Gegen die Maßnahme hatten Ende März die kommunalen Gesundheitsämter, die Landesärztekammer und Rostocks Sozialsenator Steffen Bockhahn (LINKE) protestiert.

Das Wirtschaftsministerium in Mecklenburg-Vorpommern hat nach viel Protest entschieden, Autokinos nun doch zu genehmigen.
Bislang waren sie als Freizeiteinrichtungen verboten. In den Fahrzeugen dürften Personen nur allein oder mit im selben Haushalt lebenden Menschen und einer weiteren Person sitzen.

Auch Sachsen erlaubt Gefangenen „virtuelle Besuche“ per Videotelefonie. In den zehn Justizvollzugsanstalten (JVA) wurden 33 „Videobesuchsplätze“ eingerichtet. Die Verbindungen werden von Justizvollzugsbediensteten von einem Notebook hergestellt, die Gefangenen nutzen dann einen zusätzlichen Monitor mit integrierter Webcam und Headset. Das Verfahren wurde zuvor in der JVA Zeithain getestet.

Auch Brandenburg und Nordrhein-Westfalen führen eine Maskenpflicht ein. In Brandenburg soll sie nur im ÖPNV gelten, in NRW auch beim Einkaufen. Als noch fehlende Bundesländer kündigen im Lauf des Tages schließlich auch Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Hessen eine Maskenpflicht im ÖPNV sowie in Geschäften an.

21. April

Der COVID-19-Krisenstab in Hessen will die Anwendung „Foundry“ des US-Konzerns Palantir nutzen, um damit die Verteilung von Infektionen, Bettenkapazitäten oder die Versorgung mit Schutzausstattung in einem Lagebild darzustellen. Die Software wurde von der Firma für Unternehmen entwickelt, um etwa Lieferketten zu analysieren. In Hessen soll sie nicht auf „individualisierte Person- oder Patientendaten“ zugreifen. Palantir wurde mit Geld aus dem Investment-Arm der CIA gegründet und arbeitet für US-Militär und Geheimdienste. Hessen nutzt außerdem die Palantir-Software „Gotham“ für die alltägliche Polizeiarbeit.

Die Macher der „Datenspende“-App sehen den Gesundheitsminister als „Heiland“, „Jesus“ und ‚Messias“.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) verstößt mit der App für eine freiwillige „Datenspende“ gegen seine eigene Datenschutzerklärung, schreibt der Chaos Computer Club (CCC) in einer Analyse. Demnach werden Fitnessdaten vom RKI direkt beim Anbieter von Fitnesstrackern oder bei Google Fit abgefragt. Der CCC bemängelt sieben technische Aspekte, darunter eine mangelhafte Pseudonymisierung und ein schlechter Schutz der Zugangsdaten, und meldet „Zweifel an der sauberen Umsetzung der DSGVO-Maßnahmen“ an. Die Anwendung stammt von der Firma Thryve, deren Gründer den Gesundheitsminister im Herbst als „Heiland“, „Jesus“ und ‚Messias“ bezeichneten. Für die „Datenspende“-App erhielt die Firma 450.000 Euro.

Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) veröffentlicht zwei neue Leitlinien zum Datenschutz während der Pandemiebekämpfung. Darin gibt der EDSA Hinweise zum Umgang mit Gesundheitsdaten für Forschungszwecke sowie zu Grundsätzen von TracingApps und verweist darauf, dass die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) forschungsfreundlich gestaltet ist.

Der EU-Industriekommissar Thierry Breton deutet an, dass die wegen der Coronakrise geschlossenen Binnengrenzen im Schengen-Raum vermutlich auch im Sommer kontrolliert werden.

Die Große Koalition plant ein „Zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ im Eilverfahren. Demnach sollen verstärkt Coronatests in Pflegeheimen durchgeführt werden, gesetzliche Krankenversicherungen sollen Kosten für Tests auch ohne Symptomatik übernehmen. Dadurch würden auch Massentests ermöglicht, ausnahmsweise sollen diese auch von Tierärzt*innen analysiert werden. Labors und Ärzt*innen unterlägen außerdem einer strengeren Meldepflicht. Der Entwurf enthält auch Vorkehrungen für die kommende Grippesaison.

Der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) Berlin lehnt den Antrag eines FDP-Abgeordneten auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Berliner Corona-Verordnung ab. Der Mann hatte seine Abgeordnetentätigkeit in Gefahr gesehen, wenn er Ordnungsbehörden bei der Befragung zum Zweck des Verlassens seiner Wohnung geschützte Informationen preisgeben müsste. Ähnlich hatte bereits ein Rechtsanwalt argumentiert, dessen Eilantrag gegen die Corona-Verordnung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erfolglos war. Laut dem Gericht genüge es indes, wenn der Anwalt und der Abgeordnete sich ausweisen und versicherten, dass sie mandatsbezogen die Wohnung verlassen.

In einem Bericht an den Innenausschuss in Nordrhein-Westfalen stellt der auch für Verfassungsfragen zuständige Innenminister Herbert Reul (CDU) Versammlungen grundsätzlich infrage. Er habe „keinerlei Verständnis dafür, dass ausgerechnet Versammlungen und Demonstrationen stattfinden dürften“. Für eine Privilegierung der Grundrechtsausübung nach Artikel 8 des Grundgesetzes gebe es „keinen Grund“.

Baden-Württemberg, Berlin und Hamburg beschließen eine Maskenpflicht für Geschäfte (nicht in Berlin) und den Nahverkehr, sie soll ab 27. April gelten. Auch Sachsen-Anhalt verpflichtet alle Einwohner*innen, beim Einkaufen sowie in Bussen und Bahnen ab Donnerstag eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen. Schließlich kündigt auch Schleswig-Holstein eine Maskenpflicht 29. April an, das Kabinett will darüber morgen beschließen.

Auch weitere Städte bzw. Kreise führen eine Maskenpflicht ein, darunter ab heute der Kreis Nordhausen (Thüringen). In einem „dringenden Appell an das Land und die Kommunalen Verbände, sich anzuschließen“ fordert zudem die Stadt Frankfurt/ Main (Hessen) einen „obligatorischen Nasen- und Mundschutz“ für öffentliche Verkehrsmittel und zum Einkaufen. Da spätestens nächste Woche die Stadt wieder voller werde, komme man um „zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen“ nicht herum.

Das RedaktionsNetzwerk Deutschland schreibt über Einwohner*innen Niedersachsens, die wegen ihres auswärtigen Autokennzeichens von Einheimischen bepöbelt oder deren Fahrzeuge beschädigt werden. Im Wangerland an der Nordseeküste stellt die Gemeinde deshalb sogenannte „Nachweispapiere“ für Hauptwohnsitze aus, die hinter die Scheibe gelegt werden können. Die Nachfrage sei groß gewesen. Ähnliche Vorfälle werden von der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern berichtet. In Malchin habe das Ordnungsamt habe regelrecht Jagd auf Menschen gemacht, deren Nummernschild nicht aus der Region stammt. “Bitte habt euch lieb”, habe die Polizei in Greifswald appelliert.

20. April

Offensichtlich erst nach bundesweiter Kritik hat die Stadtverwaltung Dresden ihre Auflagen für die heute Abend geplante Pegida-Kundgebung korrigiert. Laut Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) werden zu der Kundgebung nur noch 15 Personen zugelassen, ursprünglich hatte das Gesundheitsamt die Versammlung wie angemeldet für 80 Teilnehmer*innen genehmigt. Mit dem Motto „80 für 80 Millionen“ bezieht sich Pegida auf den heutigen Hitler-Geburtstag. Die Stadt wollte dies bei der der ursprünglichen Erlaubnis der Versammlung nicht berücksichtigen. Die Änderung der Auflagen begründet Hilbert mit der Ausübung der Religionsfreiheit, die ebenfalls auf 15 Personen beschränkt sei, laut dem Oberbürgermeister „herrscht [nun] eine Gleichbehandlung beider Grundrechte“.

Auch in Chemnitz demonstrieren Rechtsextreme gegen eine „Corona-Diktatur“. Eine von der Stadt untersagte Versammlung hat das Verwaltungsgericht Chemnitz genehmigt, wenn der Beginn um eine Stunde nach vorn verlegt und die Teilnehmer*innenzahl auf 15 beschränkt wird

Von Polizei tolerierte Kundgebung von Rechten in Heidelberg am 15. April.

Nach einer unter anderem von Rechten organisierten Solidaritätskundgebung für die Heidelberger „Coronoia“-Anwältin am Mittwoch hat das Polizeipräsidium Mannheim auf Weisung des Polizeipräsidenten eine „zwölfköpfige Ermittlungsgruppe“ des Staatsschutzes eingerichtet. Sie soll „die Vorgänge“ und die Teilnehmer*innen der Versammlung identifizieren. Obwohl Proteste in Baden-Württemberg grundsätzlich verboten sind, ließ die Polizei 150 Personen am Mittwoch unangemeldet und ohne Auflagen demonstrieren und wollte auch keine Personalien aufnehmen. In die Ermittlungen sind dem „Mannheimer Morgen“ zufolge „Spezialisten der forensischen Videoauswertung“ eingebunden.

Am Mittwoch hatte Merkel mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) der Öffentlichkeit erste Ideen für eine gemeinsame Strategie von Bund und Ländern vorgestellt, dennoch streben die Bundesländer in unterschiedliche Richtungen. Bereits in der Videokonferenz zur Einigung soll es zum Eklat zwischen der Kanzlerin und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gekommen sein, da dieser auch Geschäfte mit mehr als 400 Quadratmetern öffnen wollte. Gestern legte er mit erneuten Forderungen nach öffentlichen Gottesdienten nach und erlaubt Geschäftsöffnungen. Laschet appellierte auch daran, nicht nur auf Virolog*innen zu hören. Die GRÜNEN kritisierten die Maßnahmen in NRW als Wahlkampf. Stimmen aus der SPD appellierten an Verantwortung und warnten angesichts der geplanten Schulöffnung davor, Schüler*innen als „Testobjekt“ zu nutzen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) rief den „Hühnerhaufen“ zur Ordnung.

Hinsichtlich der Lockerung von Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verschärft sich der Tonfall, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht von „Öffnungsdiskussionsorgien“.

Rheinland-Pfalz ermöglicht mit der neuen Landesverordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ab heute „mehr Freiraum für sportliche Aktivitäten“ allein, zu zweit oder mit Personen des eigenen Hausstands im Freien. Auch Sportanlagen können wieder benutzt werden, Mannschaftssportarten bleiben aber untersagt.

Söder (ohne Maske) erklärt die bayerische Maskenpflicht.

Auch in Thüringen sollen Masken im öffentlichen Raum bald Pflicht werden. Bislang gilt eine solche Regelung nur in Sachsen sowie in einzelnen Städten, ab nächste Woche folgen Bayern für Geschäfte, Busse und Bahnen sowie Mecklenburg-Vorpommern für den Nahverkehr. Als erste nord-rhein-westfälische Stadt führt Münster eine Maskenpflicht ein, in Brandenburg nur Potsdam, seit heute ist das Tragen auch in Hanau (Hessen) und Wolfsburg (Niedersachsen) Pflicht, dort auch in öffentlichen Gebäuden, Arztpraxen, medizinischen Einrichtungen. Braunschweig folgt ab dem 25. April.

Die von Google und Apple geplante Archtitektur für Corona-Warn-Apps kann laut einem Analysten, den die „Financial Times“ zu Wort kommen lässt, auf vielen älteren Smartphone-Modellen nicht umgesetzt werden, weil diese kein „Bluetooth Low Energy“ unterstützen.Viele Menschen hätten außerdem nur ein einfaches Handy oder gar kein Mobiltelefon.

19. April

Mehr als 280 Forscher*innen aus der ganzen Welt unterzeichnen einen offenen Brief gegen eine zentrale Speicherung von Kontakten bei der Umsetzung von Corona-Apps. Stattdessen sollten die Kontakte lediglich auf dem eigenen Handy gespeichert bleiben. Die Wissenschaftler*innen begrüßen, Bluetooth-Technologie statt Standortdaten zu nutzen. Angeblich weigert sich auch Apple, Lösungen mit einer zentralen Speicherung der Kontakte technisch zu unterstützen. Damit erteilt der Konzern dem europäischen Projekt „Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing“ (PEPP-PT), das sich offenbar von einem dezentralen Ansatz verabschiedet hat, eine Absage. Apple und Google haben die Entwicklung einer eigenen Tracing-Technik angekündigt, die mit dem DP3T-Protokoll auf eine dezentrale Speicherung setzt.

Im ZDF spricht der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) davon, eine „Corona-App“ auch zur „Kontrolle der Quarantäne“ nutzen zu wollen. Bislang hieß es stets, dass eine solche Anwendung lediglich im Falle einer Infektion zur Nachverfolgung von Kontakten genutzt werden soll. Diese deutsche „Corona-App“ soll erst „im Laufe des Mai“ fertiggestellt sein.

Die F.A.Z. berichtet über ein „Konzeptpapier zum Neustart des Flugverkehrs“, das mit Fluggesellschaften und Flughäfen abgestimmt sein soll. Dort ist die Rede von einer „Verpflichtung des Passagiers, eine Schutzmaske mitzuführen und aufzusetzen“. Beim Online-Check-In sollen Passagiere „ihre Gesundheit bestätigen“, „wo möglich und zielführend“ soll ein „Temperaturscreening“ erfolgen.

In Hagen (Nordrhein-Westfalen) riegeln Polizei und Ordnungsamt zwei Mehrfamilienhäuser ab, nachdem sich einige der 60 Bewohner*innen nicht an Quarantäne-Auflagen hielten. Deshalb werden zunächst alle auf das Coronavirus getestet. Vor den Häusern steht ein Wagen des Ordnungsamtes und überwacht die Einhaltung der Quarantäne, Unterstützung kommt von der Polizei.

Eine Hamburger Aktivistin berichtet, dass sie 150 Euro bezahlen soll, weil sie in der Schlange beim Brötchen holen wie viele andere ein Schild getragen hatte, das zur Solidarität mit Geflüchteten aufruft. Hamburgs Versammlungsbehörde behandelt Anmeldungen rigide. Gestern durfte allerdings eine kleine Mahnwache für Geflüchtete mit 60 Teilnehmer*innen an vier Standorten abgehalten werden.

18. April

Nach Verbot schließlich erlaubte Kundgebung von „Halle gegen Rechts“ am 18. April.

Rund 50 Menschen demonstrieren in Halle (Sachsen-Anhalt) für eine Schließung der zentralen Erstaufnahme für Geflüchtete in Halberstadt. Die Polizeiinspektion als Versammlungsbehörde hatte die Kundgebung zuvor verboten, das Verwaltungsgericht Halle gab gestern einem Eilantrag dagegen statt. Die Stadt habe versäumt, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen, „die auch die hohe Bedeutung der grundrechtlich garantierten Versammlungsfreiheit“ berücksichtigt. Die Anmelder*innen hatten ein umfangreiches Konzept zur Einhaltung von Hygiene- und Abstandsvorschriften vorgelegt, das nach Auffassung des Gerichts dem Gesundheitsschutz bzw. Infektionsrisiken hinreichend Rechnung trägt.

Mehrere Hundert Menschen, darunter auch rechte Aktivist*innen, versammeln sich zum vierten Mal vor der Volksbühne in Berlin zur „Hygienedemo“, die Polizei nimmt Personalien von 79 Personen auf. In einer Mobilisierungszeitung hatten die Aufrufer*innen als Redaktionsadresse die Volksbühne angegeben. Das Theater erklärt dazu, „in keinerlei Verbindung zu diesem Verein“ zu stehen und prüft laut einem Medienbericht rechtliche Schritte. In anderen Städten ist die Beteiligung an den unter dem Hashtag #nichtohneuns abgehaltenen Versammlungen gering, in Hamburg demonstrieren rund 50 Personen, ebenso in Stuttgart. Dort hatte das Bundesverfassungsgericht ein Verbot der Kundgebung gestern aufgehoben.

47 unbegleitete Kinder und Jugendliche aus griechischen Flüchtlingslagern (Lesbos, Samos und Chios) kommen wie angekündigt in Hannover (Niedersachsen) an. Alle wurden vor ihrer Abreise auf eine mögliche COVID-19-Infektion getestet. Trotzdem sollen sie eine zweiwöchige Quarantäne durchlaufen, bevor sie auf die Bundesländer verteilt werden. Insgesamt hatten sich zehn EU-Mitgliedstaaten zur Aufnahme bereit erklärt, „wegen der innerstaatlichen Herausforderungen im Umgang mit der Corona-Pandemie“ kommt es laut dem Bundesinnenministerium in einigen Ländern „derzeit zu Verzögerungen“. 12 unbegleitete Kinder und Jugendliche waren am Mittwoch in Luxemburg eingetroffen.

Von 403 Anträgen auf Amtshilfe hat die Bundeswehr bislang 184 abgelehnt, 63 wurden zurückgezogen.

Die Plattform „Frag den Staat“ veröffentlicht das aktuelle Lagebild des Corona-Krisenstabs der Bundesregierung, der als „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft ist. Neben den aktuellen Zahlen zu Infizierten und Intensivbetten enthält das Dokument Angaben zur Bundeswehr, die demnach rund 32.000 Einsatzkräfte bereit hält. Von aktuell 403 Amtshilfeersuchen wurden fast die Hälfte abgelehnt.

Die Krise im Projekt „Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing“ (PEPP-PT) weitet sich aus. Mehrere Entwickler*innen, darunter neben den Universitäten ETH Zürich und EPF Lausanne angeblich auch das deutsche Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit, haben das Projekt verlassen und wollen den dezentralen Ansatz einer Corona-App-Architektur (DP3T) teilweise auf eigene Faust weiterentwickeln. Zuvor hatte es geheißen, dass das europäische Konsortium unter deutscher Dominanz auf einen zentralen Ansatz setzt, wonach eine potentielle Benachrichtung zu infizierten Kontakten über einen zentralen Server erfolgen soll. Einer der Projektbeteiligten dementiert diese angebliche Festlegung.

17. April

Das Amtsgericht Altenburg verschafft einem evangelischen Theologen Zugang zu einem Palliativ-Pflegeheim in Jena. Die Einrichtung hatte dies mit Verweis auf die Corona-Verordnung der Stadt Jena verwehrt und laut einem Medienbericht höchstens sechs bis zehn Stunden für den „Sterbeprozess“ in Aussicht gestellt. Das Gericht postuliert ein Recht auf Seelsorge, auch da die Frau seit über 30 Jahren Mitglied in der Kirchengemeinde des Pfarrers ist. Bei Zuwiderhandlung drohen dem Heim bis 250.000 Euro Strafe.

Das Bundesverfassungsgericht weist das Verbot einer für morgen in Stuttgart geplanten Versammlung zurück und verpflichtet die Stadt, über deren Zulässigkeit neu zu entscheiden. Laut den Richter*innen hat die Versammlungsbehörde den Zulassungsvorbehalt gemäß der Corona-Verordnung fälschlich als grundsätzliches Verbot ausgelegt und außerdem „keinerlei eigene Überlegungen zur weiteren Minimierung von Infektionsrisiken angestellt“. Die Stadt habe das Verbot auch nur telefonisch mitgeteilt und die Übersendung eines ablehnenden Bescheids verweigert.

Laut einem Medienbericht hat ein AfD-Bundestagsabgeordneter die Domain www.coronaLeaks.de registriert. Die Homepage ist zwar derzeit offline, sollte aber offenbar für ein internes „Strategiepapier“ des Bundesinnenministeriums genutzt werden, das die Plattform „Frag den Staat“ Ende März veröffentlicht hatte. Im Google-Cache ist eine entsprechende Seite noch abrufbar, dem Titel des Dokuments zufolge sollte der „Leak“ einen Tag nach der Veröffentlichung von „Frag den Staat“ erfolgen.

Erst unmittelbar vor einer angemeldeten Lesung mit zwölf Beteiligten erlaubt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Versammlung. Die Richter*innen weisen eine Beschwerde der Stadt München ab, die zuvor keine Sondergenehmigung erteilt hatte. Die um 12.00 Uhr unter Einhaltung des Mindestabstands durchgeführte Veranstaltung wird nach etwa 15 Minuten aufgelöst.

Brandenburg beschließt Lockerungen für Kontaktsperren. Neben der Öffnung von Läden mit bis zu 800 Quadratmetern Verkaufsfläche wird auch das Demonstrationsverbot wieder aufgehoben. Versammlungen unter freiem Himmel können mit bis zu 20 Menschen genehmigt werden. Bei Taufen und Bestattungen sind ebenfalls bis zu 20 Teilnehmende erlaubt.

Die Stadt Halle erlaubt es wieder, sich auf Wiesen und Bänke zu setzen, um ein Buch zu lesen. Der Vorsitzende der Landes-Grünen hatte einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt und wollte die Anordnung gerichtlich überprüfen lassen. Die Stadt gestand daraufhin die eigene Fehleinschätzung ein und kam damit einem Urteil zuvor. Mit dem Verbot ging die Regelung in Halle über die Verfügungen des Landes Sachsen-Anhalt hinaus.

Als erste Bundesländer führen Sachsen und Mecklenburg ab Montag eine Mund-Nasen-Schutz-Pflicht für den öffentlichen Nahverkehr und den Einzelhandel ein. Hierfür genüge laut Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) auch ein Tuch oder ein Schal. Die dortige Landesregierung erlaubt auch Gottesdienste mit bis zu 15 Teilnehmer*innen.

Gottesdienste könnten bald wieder stattfinden, nachdem sich Religionsgemeinschaften, Bund und Länder auf ein Konzept für eine gemeinsame Lösung geeinigt haben. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, fordert, religiöse Veranstaltungen möglichst bald nach dem 30. April 2020 wieder zuzulassen. Die „BILD“-Zeitung behauptet hingegen, die Bundesregierung erwarte ein „Chaos“ beim nächste Woche beginnenden Ramadan, weshalb „aus Sorge“ auch Kirchen bis 23. Mai geschlossen bleiben sollten.

Nach Nordrhein-Westfalen und Hamburg berichteten weitere Bundesländer von Betrug mit staatlichen Corona-Soforthilfen, Verdachtsmomente soll es zudem in Bayern und Baden-Württemberg geben. In Sachsen, Bremen und Hamburg sollen gefälschte Internetseiten eingerichtet worden sein. Auch in Berlin hat die Investitionsbank Berlin bereits eine Reihe mutmaßlicher Betrugsversuche bei Corona-Soforthilfen festgestellt. Das Landeskriminalamt bearbeite laut der Generalstaatsanwaltschaft 41 Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetruges. In einigen Fällen seien „vermögenssichernde Maßnahmen“ ergriffen worden. Einsatzkräfte der Polizei durchsuchen die Wohnung eines Verantwortlichen „im Islamistenmilieu“ und beschlagnahmen 18.000 Euro sowie „elektronisches Gerät“. Unter falschen Angaben soll der Mann die gleiche Summe erschlichen haben.

Laut der Polizeidirektion Lahn-Dill gibt es im Landkreis vermehrte Anrufe zur Meldung vermeintlicher Verstöße gegen das Kontaktverbot. In der Hälfte aller Fälle stellten diese als Zusammenkünfte von Personen aus einem Haushalt heraus.

In einem Aufruf fordern zahlreiche Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen aus Berlin und Brandenburg die Auflösung der Sammelunterkünfte für Geflüchtete, um die Bewohner*innen vor der Ausbreitung des Corona-Virus zu schützen.

In einem Hilfsappell wenden sich die im überfüllten Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos festsitzenden Geflüchteten an die Regierungen der Europäischen Union. Das Coronavirus im Lager sei „ein Todesurteil“ für Alte, Kranke und andere schutzbedürftige Personen. „Wir brauchen Europa, um zu überleben“, schreiben die Initiativen „Moria Corona Awareness Team“ und „Moria White Helmets“ stellvertretend für die Asylsuchenden.

Die 146 auf der „Alan Kurdi“ verblieben Geflüchteten, die am 6. April in der libyschen Seenotrettungszone gerettet worden waren, sind zusammen mit der Besatzung auf eine italienische Fähre verlegt worden. Sie sollen dort eine zweiwöchigen Quarantäne verbringen. Für die Einhaltung der Sicherheits- und Hygienevorschriften sorgen das Rote Kreuz und der italienische Zivilschutz.

Das Magazin German Foreign Policy verweist auf eine „Welle antichinesischer Stimmungsmache“, deren Beginn auf Mitte März datiert wird. Die Springer-Presse verstärke etwa zum Ausbruch der COVID-19-Pandemie Schuldzuweisungen und formuliere mit „Was China uns jetzt schon schuldet“ und „Muss China betroffenen Staaten Schadensersatz zahlen?“ Entschädigungsforderungen. Auch in der F.A.Z. sei von China als „Verursacher der Krise“ die Rede gewesen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte mit Blick auf die Provinz Hubei von einer „anhaltenden globalen Schlacht der Narrative“ gesprochen, diese seien auch „Zeichen eines Kampfes um Einfluss“.

Anlässlich der gestern von der EU-Kommission veröffentlichten Mitteilung zur Bedeutung von COVID-19 in der Asylpolitik kritisiert PRO ASYL die Regelung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, für Dublin-Rückschiebungen die Überstellungsfristen auszusetzen. Die Behörde will damit verhindern, dass die Verantwortung für die Asylsuchenden nach Fristablauf auf Deutschland übergeht. PRO ASYL hält dies für rechtswidrig, da die Dublin-III-Verordnung eine solche Aussetzung nicht vorsieht und sie dem zugrundliegenden Beschleunigungsgebot widerspricht. Diese Ansicht werde von der Kommission gestützt. Entsprechend müssten die Fristen weiterlaufen.

Die saarländische Staatskanzlei kündigt die Öffnung weiterer Grenzübergänge zu Frankreich und Luxemburg an. Diese werden allerdings nach dem jüngsten Erlass des Bundesinnenministeriums weiter kontrolliert. Laut Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) gibt es trotz der strengen Ausgangssperre in Frankreich Zurückweisungen „im dreistelligen Bereich“. Seit Beginn der Grenzkontrollen am 16. März sollen 16.000 Menschen zurückgewiesen worden sein, schreibt die CDU-Fraktion. Laut dem Bürgermeister der Grenzgemeinde Gersheim hat sich auf deutscher Seite eine „gewisse Feindseligkeit gegenüber unseren französischen Freunden breitgemacht“. Einwohner*innen aus Frankreich seien beschimpft oder auf der Straße angehalten worden. Auch ein Polizist soll einen Franzosen beleidigt haben.

Die vom Robert-Koch-Institut entwickelte „Corona-App“ wird doch nicht in dieser Woche vorgestellt, sondern erst im Mai. Das sagt der Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der Bundespressekonferenz. Es dauere demnach „eher vier als zwei Wochen“. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz fordert die Herausgabe des Quellcodes für eine datenschutzrechtliche Prüfung.

16. April

Die Polizei in Berlin stellt für den Zeitraum vom 16. März bis 12. April bei fast allen Delikten im öffentlichen Nahverkehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Rückgang um 37,7 Prozent auf 748 Fälle fest. Gewalttaten seien um 32 Prozent zurückgegangen, Sachbeschädigungen, Diebstähle und Beleidigungen um fast 40 Prozent.

Tweet der Polizei Magdeburg zum Diebstahl von zehn Rollen Klopapier am 16. April.

Die Polizei berichtet, dass in der Stadt Halberstadt (Sachsen-Anhalt) zehn Rollen Toilettenpapier aus dem Keller eines Mehrfamilienhauses gestohlen wurden. Zwar sei nur ein Vorhängeschloss geknackt worden, ermittelt wird aber wegen Diebstahls „im besonders schweren Fall“.

Ein Konsortium um die Bundesdruckerei und Lufthansa Industry Solutions beginnt mit dem Aufbau der Infrastruktur für einen „digitalen Corona-Impfpass“. Deren Inhaber*innen sollen damit nachweisen können, wie sie auf das neuartige Coronavirus getestet wurden. Die Informationen werden in einer Blockchain verarbeitet. Bei „heise online“ firmiert die Anwendung als „Seuchenpass“, der laut den Herstellern für Zutrittskontrollen bei Behörden, Krankenhäusern, Flughäfen oder Großveranstaltungen genutzt werden kann. Die Möglichkeit zum Nachweis eines negativen Testergebnisses kann den Firmen zufolge „als Katalysator dienen, um das gesellschaftliche Leben und die Wirtschaft wieder hochzufahren“.

Die EU-Kommission gibt eine Leitlinie zum Datenschutz für Apps, die „den Kampf gegen die Corona-Pandemie unterstützen“, heraus. Sie ergänzt den gestern vorgelegten „Werkzeugkasten“ und fordert etwa, dass die Anwendungen freiwillig sein müssen. Nutzer*innen müssten stets die „vollständige Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten“ behalten, diese dürften nur begrenzt verarbeitet und gespeichert werden.

Das europäische Konsortium „Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing“ (PEPP-PT), das die Architektur für eine Corona-App entwickeln will, entfernt offenbar Informationen über einen dezentralen Ansatz von seiner Webseite. Zuvor wurde dort erklärt, sowohl zentrale als auch dezentrale Ansätze unterstützen zu wollen. Dabei werden Daten entweder auf einem Server oder nur auf dem Telefon gespeichert. Während für das dezentrale Protokoll offenbar ein erster Quellcode unter freien Lizenzen zur Prüfung vorliegt, sollen diese Informationen zum zentralisierten Ansatz laut Medienberichten fehlen. Auch die von Google und Apple kürzlich angekündigte Schnittstelle für eine Corona-App soll mit dem dezentralen Protokoll kompatibel sein. Laut einem der deutschen Entwickler verfolgt PEPP-PT als zweites Ziel, „diese Lösung zu einem Exportschlager zu machen“.

Die Kommissarin für Menschenrechte des Europarates, Dunja Mijatovic, ruft die Mitgliedsstaaten angesichts der Situation auf dem Mittelmeer auf, auf jeden Notruf auf See zu reagieren, notwendige Rettungskapazitäten rechtzeitig zu entsenden und effektiv zusammenzuarbeiten, um einen sicheren Ort zur Ausschiffung geretteter Geflüchteter zu finden. Die italienische und maltesische Schließung von Häfen für Schiffe von Nichtregierungsorganisationen hätten „die bestehenden Lücken“ in den Rettungsoperationen weiter verschärft. Eingedenk der Notlage Italiens und Maltas werden alle Mitgliedstaaten des Europarates aufgefordert, „wirksame Unterstützung und Hilfe bei der Suche nach raschen Lösungen (einschließlich vorübergehender Lösungen, falls erforderlich) zu leisten“.

Nach zehn Tagen spitzt sich die Lage auf dem deutschen Rettungsschiff „Alan Kurdi“ mit 149 Geflüchteten an Bord weiter zu, nachdem wegen der Coronakrise weder Malta noch Italien die geretteten Geflüchteten von Bord gehen lassen wollen. Zwar wird das Schiff von der italienischen Küstenwache mit Nahrungsmitteln versorgt. Als sich deren Einheiten näherten, soll es zuletzt jedoch „dramatische Szenen“ gegeben haben. Geflüchtete hätten angedeutet, ins Wasser springen zu wollen, um die Küstenwachschiffe zu erreichen. Ein Mann habe versucht, sich das Leben zu nehmen, ein anderer habe sich selbst verletzt. Drei Personen wurden schließlich evakuiert.

Die Zahl unerlaubter Grenzübertritte in die Europäische Union ist laut der EU-Grenzagentur Frontex im März deutlich zurückgegangen. Insgesamt seien etwa 4.650 Fälle registriert worden, im Februar waren es noch 6.200. Im gesamten ersten Quartal betrug die Zahl der undokumentierten Übertritte 24.500, rund ein Viertel mehr als im Vorjahreszeitraum.

Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie sind die Armeen der NATO-Mitgliedstaaten bis dato mehr als 100 Missionen geflogen, um „medizinisches Personal, kritische Güter und Behandlungsmöglichkeiten“ zu transportieren. So steht es in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums über die gestrige Videokonferenz der NATO-Verteidigungsminister*innen. Zudem hätten sie den Bau von 25 Feldkrankenhäusern ermöglicht, mehr als 25.000 Behandlungsbetten bereitgestellt und mehr als 4.000 Militärmediziner*innen zur Unterstützung ziviler Kräfte eingesetzt. Eine zusätzliche Herausforderung sind Generalsekretär Jens Stoltenberg zufolge „Desinformationen und Fake News von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren“. Dagegen arbeite man „nun noch enger mit den Bündnispartnern und der Europäischen Union zusammen“.

Untersagte, zwischenzeitlich erlaubte und schließlich verbotene Versammlung auf dem Rathausmarkt am 16. April.

In Hamburg kann eine zunächst untersagte, dann wieder erlaubte Demonstration auf dem Rathausmarkt letztendlich doch nicht stattfinden. Das Verbot der Versammlung „Abstand statt Notstand – Verwaltungsrechtler*innen gegen die faktische Aussetzung der Versammlungsfreiheit“ war am Vormittag vom Verwaltungsgericht zunächst aufgehoben worden. Denn laut den Richter*innen seien die Regelungen der Hamburger Corona-Verordnung „mit hoher Wahrscheinlichkeit mit den verfassungsrechtlich gebotenen Anforderungen an eine Beschränkung des Grundrechts unvereinbar“. Kritisiert wurde unter anderem das „präventive Verbot für Versammlungen mit Ausnahmevorbehalt“. Die Stadt legte gegen die Erlaubnis der Versammlung beim Oberverwaltungsgericht mit Erfolg Beschwerde ein (AZ 5 Bs 58/20). In der Folge wurde die Versammlung, die inzwischen schon im Gange war, von der Polizei aufgelöst.

Zur G20-Berufungsverhandlung gegen einen Aktivisten aus Kiel erlaubt die Versammlungsbehörde eine Kundgebung für 10 Personen vor dem Gericht. Gegen weitere Unterstützer*innen auf der anderen Straßenseite erteilt die Polizei Platzverweise und beschlagnahmt Fahnen und Transparente.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erlässt gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Gießen und des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs erstmals eine versammlungsfreundliche einstweilige Anordnung. Aktivist*innen hatten in der Gießener Innenstadt eine mehrtägige Versammlung „Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen – Schutz vor Viren, nicht vor Menschen“ angemeldet, die hessischen Gerichte hatten ein Versammlungsverbot der Stadt Gießen zunächst bestätigt. Dem Widerspruch eines Beschwerdeführers gegen die Verbotsverfügung gab das BVerfG unter anderem deshalb statt, da die hessische Corona-Verordnung kein generelles Verbot von Versammlungen von mehr als zwei Personen enthält. Daher sei die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit verletzt. Die Kläger*innen rufen für morgen zum Protest auf, die Stadt Gießen hat die Versammlungen mit Auflagen genehmigt. Die Kundgebung ist auf eine Stunde und die Teilnehmer*innenzahl auf 15 begrenzt. Alle müssten Mundschutz tragen und mindestens 1,5 Meter Abstand zueinander halten. Die in der Coronakrise vergleichsweise versammlungsfreundliche Entscheidung des BVerfG gilt Bürgerrechtsorganisationen und Jurist*innen als „weit über den Einzelfall hinaus von Bedeutung“.

15. April

Die unbegleiteten, minderjährigen Geflüchteten aus Lagern in Griechenland sollen am Samstag in Hannover (Niedersachsen) eintreffen. Laut dem Bundesinnenministerium handele es sich inzwischen um 58 Personen, vorher war stets von 50 die Rede. Insgesamt will die Bundesregierung 350 bis 500 unbegleitete Minderjährige aufnehmen, der Fokus liege auf Kindern unter 14 Jahren, kranken Kindern und Mädchen. Neben Deutschland haben sich auch Frankreich, Luxemburg, Portugal, Irland und Finnland zur Aufnahme von insgesamt rund 1.500 unbegleiteten Minderjährigen bereit erklärt.

Die Bundeswehr hat mehrere Amtshilfeersuchen zur Unterstützung von Erstaufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete bewilligt. In Doberlug-Kirchhain (Brandenburg) lässt die Zentrale Ausländerbehörde von Luftwaffensoldaten aus dem Hubschraubergeschwader vier Zelte errichten, um dort längere Zeit abwesende Bewohner*innen unterzubringen. Auch in Baden-Württemberg soll die Bundeswehr auf Antrag des Landes in vier Einrichtungen unterstützen, darunter in Schwetzingen. Hoheitliche Befugnisse sollen die Soldat*innen dabei nicht ausüben.

Rund 100 Soldat*innen sollen zehn Gesundheitsämter in Brandenburg mit der Durchführung von Telefoninterviews bei der Rekonstruktion von Infektionsketten unterstützen. Auch in Sonthofen (Bayern) sollen zwei Sanitätsstabsoffiziere bei der Nachverfolgung helfen. Den verstärkten Einsatz der Bundeswehr zur „Kontaktnachverfolgung und -betreuung“ in besonders betroffenen Gebieten hatten Bund und Länder heute auch in der gemeinsamen Videokonferenz verabredet.

Nach einer Telefonkonferenz einigen sich die Bundeskanzlerin Angela Merkel und die 16 Ministerpräsident*innen auf eine schrittweise Lockerung einiger Corona-Regelungen. Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern sollen ab Montag wieder öffnen, Friseur*innen ab 4. Mai. Auch an weiterführenden Schulen soll der Betrieb ab 4. Mai teilweise wieder beginnen (in Bayern aber erst ab dem 11. Mai), Grundschulen und Kitas bleiben aber geschlossen. Die Kontaktbeschränkungen werden bis mindestens 3. Mai verlängert. Das Versammlungsverbot in Gotteshäusern bleibt bestehen, Restaurants bleiben geschlossen, Großveranstaltungen sind sogar bis 31. August untersagt. Am 30. April soll erneut über mögliche Lockerungen von Maßnahmen beraten werden. In der Telefonkonferenz wird auch eine Contact Tracing App als „zentral wichtige Maßnahme“ betont. Die Bundesregierung spricht sich explizit für die europäische Initiative eines „Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing“ aus. Alle, die an Tracing-Apps arbeiten, werden „eindringlich gebeten, das zugrundeliegende Architekturkonzept zu nutzen, damit alle Angebote kompatibel sind“.

EU-Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 mit Stand vom 15. April (EU-Kommission).

Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen präsentiert einen „Fahrplan“ zur Lockerung der Corona-Auflagen. Hierzu gehört schrittweise Aufhebung der eigentlich kontrollfreien Schengen-Grenzen in Gebieten mit geringem Risiko. Mit einem schnellen Ende aller Kontrollen rechnet von der Leyen nicht, Nachbarstaaten sollen sich hierzu aber eng abstimmen. Erst in einer zweiten Phase sollten die EU-Außengrenzen wieder geöffnet werden. Auch Versammlungen sollen schrittweise wieder möglich sein. Die Kommission spricht sich außerdem abermals dafür aus, Infektionsketten mit Smartphone-Apps zu verfolgen. Diese sollten aber nicht zum Tracking genutzt werden können. Eine weitere EU-Strategie enthält Vorschläge für großangelegte Coronavirus-Tests.

Auch das eHealth-Netzwerk für elektronische Gesundheitsdienste, dem 14 EU-Mitgliedstaaten angehören, spricht sich für EU-einheitliche Corona-Apps aus und schlägt einen „Werkzeugkasten“ vor. Die Anwendungen sollten auf der von Google und Apple angekündigten Programmierschnittstelle aufbauen. In mindestens zwölf EU-Staaten sind Apps zur Corona-Bekämpfung in Vorbereitung.

Der Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ordnet die Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen für weitere 20 Tage an. Dies betrifft Übergänge zu Österreich, Frankreich, Luxemburg, Dänemark und der Schweiz. Aus „migrations- und sicherheitspolitischen Gründen“ werden darüber hinaus die Kontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze „für einen sechsmonatigen Zeitraum“ neu angeordnet. Grundlage ist der Artikel 25 bis 27 des Schengener Grenzkodex. In der Begründung ist die Rede von einer „fortbestehenden höchst fragilen Situation an der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland“. Wegen eines „fortbestehenden illegalen Migrationspotentials auf der Balkanroute“ seien die geschlossenen Grenzen „unverändert erforderlich“. Nur nach Belgien und in die Niederlande wird derzeit nicht kontrolliert, hierfür hatte sich Nordrhein-Westfalen ausgesprochen. Dort hat die Bundespolizei allerdings die Überwachung im 30-Kilometer-Grenzraum intensiviert.

Seit Beschluss der Berliner Corona-Verordnung am 14. März hat die Polizei 2.291 Objekte überprüft, 7.310 Überprüfungen im Freien durchgeführt und in 870 Fällen Geschäfte geschlossen. Außerdem wurden 1.064 Straftaten und 1.578 Ordnungswidrigkeiten wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz festgestellt.

Der Auswärtige Dienst der Europäischen Union richtet eine vorübergehende Task Force für den Informationsaustausch über Militärhilfe zur gegenseitigen Unterstützung ziviler Behörden durch einzelne Mitgliedstaaten ein. Mitglieder sind der EU-Militärstab „und andere Dienste“. Bei Bedarf wird das Koordinierungszentrum für Notfallmaßnahmen (ERCC) unterstützt, eine Kooperation erfolgt auch mit der NATO. Die Task Force soll außerdem die existierenden Maßnahmen besser bekannt machen. Unterstützung durch Soldat*innen der Mitgliedstaaten erfolgte bislang bei der Rückholung von EU-Staatsangehörigen aus dem Ausland, zur medizinischen Ausrüstung und dem Transport von Infizierten in andere Länder.

Die Dresdener Polizei beendet am 15. April eine Papp-Demonstration.

Nach wenigen Minuten beendet die Polizei in Dresden eine „Demonstration“ von Figuren aus Pappe und anderen Materialien, die mit Plakaten, Schildern und Parolen Solidarität mit Geflüchteten fordern. Die Installation am Jorge-Gomondai-Platz wird daraufhin vollständig entfernt.

Das „Bündnis gegen das Polizeigesetz“ in Schleswig-Holstein kritisiert mit einer „Online-Demo“ die geplanten Änderungen des Polizeirechts wie die Einführung von Tasern und Fußfesseln. Die Teilnehmer*innen statten dem Innenministerium und den Abgeordneten der Regierungskoalition im Innen- und Rechtsausschuss „telefonisch oder schriftlich einen Besuch“ ab. Eine ursprünglich für den 28. März geplante Demonstration war wegen der Coronakrise abgesagt worden.

Die Polizei in Heidelberg lässt mehr als 100 teils rechte Coronaleugner*innen ohne Abstandsregelungen eine unangemeldete Kundgebung abhalten. Anhänger*innen der „Reichsbürger“ und der AfD versammelten sich vor einer Polizeistation, wo die gestern aus der Psychiatrie entlassene „Coronoia-Anwältin“ zu einer Anhörung wegen verbotenen Aufrufens zu Demonstrationen erscheinen musste.

Die Webseite Freiheitsfoo veröffentlicht den Erlass „Einsatzmaßnahmen der Polizei aus Anlass von Versammlungen“ des nordrhein-westfälischen Innenministeriums, über den Medien vergangene Woche berichtet hatten. Bezugnehmend auf die Corona-Verordnung wird betont, dass Versammlungen „grundsätzlich strikt untersagt bleiben sollen“. Abgewichen werden könne nur „unter strenger Beachtung des Ausnahmecharakters“. Die Polizeibehörden werden außerdem angewiesen, dass Auflagen nicht das Vermummungsverbot unterlaufen dürften und deshalb „keine Schutzmaskenpflicht angeordnet werden sollte“.

Der Deutsche Richterbund dringt auf eine zeitliche Begrenzung und die Einhaltung der Verhältnismäßigkeit aller neuen Corona-Maßnahmen. Es müsse laut dem Bundesgeschäftsführer fortlaufend geprüft werden, ob weniger tiefe Einschnitte „in die Freiheit von Bürgern und Unternehmen möglich sind“. Alle Ausnahmeregelungen müssten eng befristet sein und jeweils neu legitimiert werden.

14. April

In einem an mehrere Medien verschickten und bei Indymedia veröffentlichten Schreiben verkündet eine „Vulkangruppe shut down the power“ am Morgen in Berlin einen Schacht mit Kommunikationskabeln zum Heinrich-Hertz-Institut (HHI) in Brand gesetzt zu haben. Damit sollte eine an der Entwicklung der „Corona-App“ beteiligte Institution getroffen werden. In der Erklärung wird der womöglich spätere Verzicht auf die Freiwilligkeit kritisiert. Die Verfasser*innen setzen das Tracking von Infizierten bzw. deren Kontaktpersonen in anderen Ländern mit dem Tracing der vom HHI mitentwickelten App gleich. Diese könne später aktivierbare „Überwachungsmöglichkeiten“ enthalten, was nicht überprüfbar sei. Angegriffen wird auch eine „digitale Zurichtung“ der Bevölkerung. Diese erlebe gerade eine „weltweite Bürgerkriegsübung für zukünftige Krisen- und Kriegsfälle“.

Nach Google veröffentlicht auch Apple Informationen zu „Mobilitätstrends“, um den Erfolg von Ausgangsbeschränkungen zu bewerten. Die am 13. Januar beginnenden Daten stammen aus dem Kartendienst, protokolliert wird darin die Anzahl der Anfragen nach Wegbeschreibungen. Erfasst werden größere Städte sowie 63 Länder und Regionen. Daraus geht etwa hervor, dass der Autoverkehr in Berlin um 54 Prozent und in München um 64 Prozent gesunken ist.

Der Außenminister Heiko Maas (SPD) spricht sich für eine „einheitliche Corona-App“ als wichtigen Teil einer Exit-Strategie in der Europäischen Union aus. Die EU-Mitgliedstaaten dürften nicht „bei einem Flickenteppich aus 27 Corona-Apps und 27 Datenschutzregimen landen“, zitiert die Funke Mediengruppe. Auf diese Weise könnten auch Reisebeschränkungen und Grenzkontrollen in der EU „schnell und dauerhaft“ wieder abgebaut werden.

Mehrere Datenschutz- und Bürgerrechtsorganisationen haben bereits Stellungnahmen zu den verschiedenen „Corona-Apps“ verfasst. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte steht den Anwendungen positiv gegenüber, sofern diese freiwillig genutzt werden, auf Technologie Bluetooth Low Energy basieren und keine personenbezogenen Daten übermitteln. Der Chaos Computer Club hat mit einer ähnlichen Stoßrichtung „10 Prüfsteine für die Beurteilung von ‚Contact Tracing‘-Apps'“ veröffentlicht. Das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) warnt hingegen vor einer zu großen Technikgläubigkeit und dem Problem fälschlich registrierter Ereignisse. Die Digitale Gesellschaft e.V. fordert für die Apps eine vollständige Datenschutzprüfung und deren Veröffentlichung. Auch die Datenschutz-Grundverordnung schreibe in Artikel 35 vor, dass für Datenverarbeitungen, die mit hohen Risiken für die Grundrechte von Betroffenen einhergehen, vorab eine Datenschutz-Folgenabschätzung durchzuführen ist. Reporter ohne Grenzen drängen als Mindestanforderungen auf die Gewährleistung von Anonymität und Quellenschutz. Eine weitergehende Kritik und Fragen formulierte der Verein Digitalcourage Mit dem Text „Die ‚freiwillige‘ Corona-App“ hat sich auch das Kollektiv Capulcu kritisch geäußert.

In einer Stellungnahme fordert der deutsche Anwaltverein (DAV), die Bekämpfung des neuartigen Coronavirus mithilfe einer App müse sich an den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen orientieren. Der Quellcode müsse wenigstens „bestimmten Stellen gegenüber“ offengelegt werden, genannt werden der Chaos Computer Club und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Die Anwält*innen fordern außerdem ein Verwendungs- und Verwertungsverbot für staatliche Zwecke.

Im dritten Anlauf beschließt der Landtag in Nordrhein-Westfalen ein Pandemiegesetz. Es sieht weitreichende Befugnisse bei „epidemischen Lagen von landesweiter Tragweite vor“. Gestrichen wurde die Zwangsverpflichtung von medizinischem Personal, stattdessen gibt es ein Freiwilligenregister. Das Gesundheitsministerium kann aber Krankenhausträger verpflichten, zusätzliche Behandlungskapazitäten zu schaffen. Behörden dürfen außerdem Medikamente oder medizinische Apparate beschlagnahmen, allerdings nicht bei Privatpersonen. Das Gesetz ist bis zum 31. März 2021 befristet. Die Regierungsfraktionen von CDU und FDP stimmen ebenso wie die Oppositionsfraktionen von SPD und Grünen dafür, die AfD dagegen.

Im Rahmen der Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen nimmt die Zollverwaltung gemäß der Verordnung über die Übertragung von Bundespolizeiaufgaben nunmehr grenzpolizeiliche Aufgaben wahr. Das teilt das Finanzministerium in der Antwort auf eine Schriftliche Frage vom 31. März mit, die allerdings jetzt erst öffentlich wird. In den letzten beiden Märzwochen waren demnach 14 Grenzübergangsstellen rund um die Uhr ausschließlich durch den Zoll besetzt. Insgesamt seien 100 Zollbedienstete „dauerhaft mit grenzpolizeilichen Aufgaben betraut“. Bei der Generalzolldirektion wurde am 27. Februar eine „Kontaktgruppe Corona“ eingerichtet.

YouTube-Trailer der Bundeswehr „Einsatz gegen Corona“.

Die Bundeswehr veröffentlicht einen Trailer zur neuen „Bundeswehr Exclusive Dokumentation“ mit dem Hashtag #EinsatzGegenCorona. In verschiedenen Folgen will das Militär den Einsatz gegen die Pandemie „Seite an Seite mit Behörden und Helfern“ darstellen. Die ersten zwei Beiträge dokumentieren eine Abstrichstation und das Institut für Mikrobiologie.

Wie erst jetzt bekannt wird, hat die Stadt München eine Ausnahmegenehmigung zur Genehmigung einer Versammlung unter freiem Himmel mit maximal 10 namentlich bekannten Teilnehmer*innen erteilt. Diese sollte am 9. April zum Thema „Versammlungsfreiheit auch während der Coronakrise schützen“ stattfinden und wurde zunächst untersagt. Das Verwaltungsgericht (VG) München hat das Verbot wegen einer „infektionsschutzrechtlichen Gefahrenlage“ bestätigt, zwei Eilanträge in dieser Sache vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterten. Eine vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde gegen den Beschluss des VG München hatte hingegen teilweise Erfolg, da das Gericht keine ermessensfehlerfreie Entscheidung vorgenommen und dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht ausreichend Rechnung getragen habe. Nach einer Neubescheidung durch die Stadt München hat die Versammlung schließlich stattgefunden.

Das niedersächsische Justizministerium hat acht Erlasse zum „Umgang mit der aktuellen Corona-Lage“ verfasst, macht aber keinen davon öffentlich. Einer davon betrifft die Erledigung von anwaltlichen Aktenersuchen, wonach derzeit nur „Eilsachen“ bearbeitet werden. Ein Anwalt, der diese Erlasse sehen wollte, wird abgewiesen. Diese würden „innerdienstliche Vorgaben an die Gerichtsverwaltung im Umgang mit der Corona-Pandemie“ betreffen, sagt eine Sprecherin des Amtsgerichts Osnabrück.

In einem Beschluss verpflichtet das Sozialgericht Düsseldorf das Jobcenter Wuppertal per einstweiliger Anordnung, einem obdachlosen Portugiesen vorerst Hartz IV auszuzahlen. Der Mann lebt seit Jahren in Deutschland und hat teilweise in die Rentenversicherung einbezahlt. In der Begründung trifft das Gericht auch eine allgemeingültige Aussage zur Coronakrise: „Einem ausländischen Obdachlosen, der wegen geschlossener Grenzen in Europa derzeit auch nicht in sein Heimatland zurückreisen kann, um gegebenenfalls dort Sozialleistungen zu beantragen, ist nach Auffassung des Gerichts nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch hier von deutschen Behörden ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewähren, das sein Überleben in dieser Zeit sichert, zumal aufgrund der Einschränkungen des öffentlichen Lebens es derzeit für Obdachlose mehr als schwierig sein dürfte, auf der Straße Leistungen gegebenenfalls zu erbetteln“ (Aktenzeichen S25 AS 1118/20 ER).

Installation der Seebrücke Göttingen am 14. April.

In Göttingen stellen drei Aktivist*innen Schuhe und Schilder an einer Grünanlage auf, um auf die Situation von Geflüchteten aufmerksam zu machen. Nach kurzer Zeit wird die Installation von der Polizei beendet, die zu einem Haushalt gehörenden Personen müssen „zur Gefahrenabwehr“ ihre Personalien abgeben.

13. April

Mittlerweile ist die Hälfte aller Geflüchteten in der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Ellwangen (Baden-Württemberg) positiv auf das Coronavirus getestet worden. Die Bewohner*innen werden bis mindestens 19. April in einem Quarantäne-Bereich isoliert und dort von der Polizei überwacht. Wegen fehlender Kapazitäten hat der Landrat ein Quarantänezentrum in Althütte eingerichtet, in das seit Samstag 60 infizierte Insassen vorübergehend gebracht werden. Unter dem Personal sollen 20 Personen infiziert sein.

Die Forscher*innen der „Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina“ mit Sitz in Halle veröffentlichen ihre dritte „Ad-hoc-Stellungnahme“ zur „allmählichen Rückkehr in die Normalität“. Dort ist unter anderem davon die Rede, mit dem Tragen eines Mundschutzes „dienstliche und private“ Reisen zu erlauben. Dem „Spiegel“ sagt Leopoldina-Präsident Gerald Haug, dies betreffe Bahn-, Flugzeug- und Busreisen. Die Beförderungsunternehmen müssten Abstandsregeln in ihren Reservierungssystemen etablieren, damit Sitzreihen zwischen Passagieren frei blieben. Die Forscher*innen schlagen Smartphone-Apps vor, die wie in Südkorea auch „freiwillig bereitgestellte GPS-Daten in Kombination mit Contact-Tracing“ beinhalten sollten. Damit soll nachvollzogen werden, mit welchen Personen Neuinfizierte Kontakt hatten. Alle Daten müssten nach vier Wochen gelöscht werden.

Die Einwohner*innen in Deutschland sind im Vergleich zum März trotz Ausgangsbeschränkungen deutlich öfter außerhalb ihrer Wohnungen unterwegs. Das zeigen Bewegungsprofile von Handybesitzer*innen, die von der Firma Teralytics ausgewertet wurden. Die Abnahme der Mobilität betrug demnach Ende März 37 Prozent, am besonders warmen Ostersonntag nur noch 22 Prozent. Als Bewegung wurde gezählt, wenn ein Telefon eine Funkzelle verlässt und die neue Position für mindestens 15 Minuten nicht ändert.

In Berliner Gefängnissen können Inhaftierte ab Dienstag in „Video-Räumen“ mit Angehörigen kostenlos per Skype telefonieren. Bedienstete stellen die Verbindung her, die Gefangenen kommunizieren dann allein. In einigen Anstalten soll bereits eine Testphase erfolgt sein, darunter im Männergefängnis Heidering. Dort seien an drei Stationen 33 „Video-Besuche“ pro Tag ermöglicht worden. Mit der Maßnahme will der Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) angesichts der verhängten Besuchsverbote Aufständen wie in Italien und Frankreich vorbeugen.

Die „Coronoia-Anwältin“ genannte Heidelberger Juristin wird von der Polizei zur Begutachtung in eine Psychiatrie gebracht, nachdem sie vorbeifahrende Autofahrer*innen wegen Angst vor „Killern“ um Hilfe gebeten hatte. Mehrfach habe sie einen der eingetroffenen Beamten getreten. Gestern hatte sie eine eigene „Corona-Auferstehungsverordnung“ zur Abschaffung aller Einschränkungen verfasst und auch „beschlossen“. Auf der Webseite kündigt die Anwältin nun einige Wochen Auszeit an. Laut einer veröffentlichten Tondatei wähnt sie sich mit Handyortung überwacht, in der Anstalt jedoch in Sicherheit „vor ganz dunklen Mächten“. An Corona sei „noch kein Mensch gestorben“.

In einer Pressemitteilung kritisiert der Ermittlungsausschuss Hannover die Abschaffung der Versammlungsfreiheit während der Corona-Pandemie. Bei einer Versammlung am 11. April habe die Polizei „sich, Passant*innen und Demonstrant*innen in Gefahr [gebracht], als sie eine Protestaktion an der Limmerstraße gewaltsam unterband“. Ungefähr 50 Demonstrierende hätten sich mit Mundschutz in Zweiergruppen versammelt und damit Infektionsschutzmaßnahmen eingehalten. Erst das Einschreiten der Polizei habe ein unnötiges Ansteckungsrisiko produziert, die Beamt*innen hätten keinen Mundschutz und teilweise auch keine Handschuhe getragen.

12. April

Medien berichten, dass sich die Bevölkerung in Deutschland am warmen Osterwochenende weitgehend an die geltenden Corona-Verordnungen gehalten hat. Die Polizei habe sich „zufrieden mit dem Verhalten der Bürger“ gezeigt. In Niedersachsen wurden „weit über 600 Ordnungswidrigkeitsverfahren“ und „deutlich über 50 Strafverfahren“ eingeleitet, die Polizei führte über 4.000 Gefährderansprachen durch und sprach mehr als 1.800 Platzverweise aus. In Hessen fertigte die Polizei pro Tag rund 300 Anzeigen gegen Personengruppen, täglich wurden rund 25 Verstöße gegen Schließungen von Bars oder Restaurants festgestellt.

Mecklenburg-Vorpommern kontrolliert das Reiseverbot für Menschen, die nicht aus dem Bundesland stammen, mithilfe der Polizei. An Zufahrtsstraßen nach Rostock-Warnemünde gab es beispielsweise zwei Kontrollpunkte, dort wurden allein am Karsamstag 4.034 Fahrzeuge kontrolliert und 203 zurückgeschickt, weil sie aus anderen Bundesländern kamen.

Das Ordnungsamt der Stadt Heilbronn (Baden-Württemberg) weist auf die zulässige Personenanzahl in einem Kraftfahrzeug hin, die wie im öffentlichen Raum auf zwei Personen begrenzt ist. Ausnahmen gibt es nur für Familien und Fahrten im Rahmen von Erwerbsarbeit. Dies werde an Ostern verstärkt kontrolliert. Zuwiderhandlungen kosteten bis zu 1.000 Euro. Am gleichen Wochenende wird die Polizei in Heilbronn von der Tuning-Szene an der Nase herumgeführt. Bei einer zweiten Polizei-Kontrolle von bis zu 100 Fahrzeugen sei es „zu tumultartigen Fluchten zu Fuß und mit ihren Fahrzeugen“ gekommen.

Ein Mannschaftswagen der Polizei Frankfurt (Hessen) überschlägt sich nach einem Unfall mit einem anderen Fahrzeug. Die Beamt*innen waren laut einem Medienbericht auf dem Weg nach Griesheim, wo wie am Freitag „Corona-bedingte Ausschreitungen“ befürchtet wurden. Dort hätten mehrere Mülltonnen gebrannt. Ernsthaft verletzt wurde bei dem Unfall niemand.

In Erfurt nehmen mehrere Hundert Menschen an einem Autogottesdienst auf dem Messegelände teil. In den rund 200 Fahrzeugen, die einen Mindestabstand einhalten müssen, sind maximal zwei Personen erlaubt. Die Predigt wird über UKW mit Autoradios zu empfangen. Ähnliche Veranstaltungen finden in Düsseldorf und Kevelaer, im Münsterland und Marl (Nordrhein-Westfalen) sowie in Battinsthal und Penkun (Mecklenburg-Vorpommern) statt.

Eine der Betrugswebseiten für Corona-Soforthilfen.

Unbekannte haben die Webseite des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums exakt und vollständig kopiert, vermutlich um damit Corona-Soforthilfen umzuleiten. Laut der Polizei in NRW wurden damit Daten von Antragssteller*innen abgegriffen und anschließend mit anderer Kontoverbindung auf der echten Antragsseite eingegeben. Der Server der Fake-Webseite steht in den USA.

Ein 16-Jähriger aus der Demokratischen Republik Kongo sitzt als einzig Verbliebener in der Hafteinrichtung am Frankfurter Flughafen. Nach seiner Landung Mitte März wurde sein Asylantrag im sogenannten Flughafenverfahren bearbeitet und als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Nun soll er bis Mai festgehalten und dann abgeschoben werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hält ihn trotz seiner urkundlichen Beweise für volljährig.

In einem Gastbeitrag für die Zeitung „Die Welt“ schreibt der Außenminister Heiko Maas (SPD) über die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Juli dieses Jahres beginnt und eine „Corona-Präsidentschaft“ werden soll. Vermutlich unter deutscher Ägide werden unter anderem die Reisebeschränkungen schrittweise zurückgenommen. Maas will „den Blick der Weltgemeinschaft“ außerdem dorthin richten, „wo die Gesundheitskrise jetzt schon Sicherheitskrisen zu verschärfen droht“. Dies soll auch ein Schwerpunkt der deutschen Präsidentschaft des VN-Sicherheitsrats im Juli werden.

Wegen Kompetenzstreitigkeiten zwischen einem privaten Sicherheitsdienst und der Polizei sowie dem Ordnungsamt wird ein Teil des Hauptbahnhofs Hannover angeblich kaum auf die Einhaltung der Corona-Verordnung kontrolliert. In dem Bereich, in dem in dem sich vor allem Drogenkonsument*innen und Wohnungslose aufhalten, wurden auf dem Boden farbige Markierungen für die Einhaltung des Mindestabstands angebracht.

Kreativer Protest in Potsdam am 12. April.

In Potsdam stehen Menschen mit abstandswahrenden Transparenten und Schildern in einer mehrere Hundert Meter langen Einkaufsschlange vor einem Bäcker. Die Meinungsäußerung richtet sich gegen die katastrophale Lage von Geflüchteten in griechischen Lagern. Die Polizei löst den Protest schließlich auf und stellt einige Personalien fest.

Das Verwaltungsgericht Schwerin erlaubt zwei Demonstrationen, die der Oberbürgermeister zuvor untersagt hatte, unter Auflagen. Der Richter sei laut dem Nordkurier nicht zu überzeugen gewesen, dass der Gesundheitsschutz nur über das vollständige Versammlungsverbot gewährleistet werden könne. Eine der Versammlungen betraf die für Ostermontag angemeldete Demonstration „71 Jahre Grundgesetz – 60 Jahre Ostermarsch – 2 Monate Corona”, die nun als Kundgebung mit begrenzten und namentlich bekannten Teilnehmer*innen stattfinden kann (Az. 15 B 487/20 SN). Zu Passant*innen müssen zehn Meter Abstand gehalten werden. Ähnliche Auflagen verhängte das Gericht für die Übergabe einer Petition zur Flüchtlingshilfe an das Landesinnenministerium am Dienstag (Az. 15 486/20 SN). Beide Beschlüsse sind noch nicht rechtskräftig.

11. April

Das Redaktionskollektiv des Ratgebers „Wege durch den Knast“ veröffentlicht eine Handreichung zu Corona-Regelungen im Strafvollzug. In vielen Bundesländern werden demnach Ersatzfreiheitsstrafen oder auch Jugendarrest ausgesetzt. Alle verzichten auf Gefangenensammeltransporte. Fast überall sind mit Ausnahme von Rechtsanwält*innen Besuche für die Gefangenen untersagt.

Die niedersächsische Polizei löst am Morgen eine unangemeldete Kundgebung vor dem Gefängnis Rosdorf bei Göttingen auf. Die Aktivist*Innen wollten den Gefangenen „zeigen, dass sie trotz des Besuchsverbots wegen der Corona-Pandemie nicht alleine und vergessen sind“.

Die Insassen der Berliner Justizvollzugsanstalt Moabit können ihre Verteidiger*innen nur noch mit Trennscheiben sprechen. Die Justizbediensteten haben die Vorrichtungen in Eigenarbeit gebaut und sind hierfür selbst in den Baumarkt gefahren, berichtet ein Anwalt. Untersuchungshäftlinge erhalten überhaupt keinen Besuch mehr. Gemeinschaftsveranstaltungen wie Sport, Kirche oder Therapie fallen aus.

Das Landesverwaltungsamt Halberstadt verbietet auch „Balkonkonzerte“. Diese würden wie Konzerte vor Altersheimen dem geltenden Veranstaltungsverbot unterliegen. Bei den Musiker*innen des Philharmonischen Kammerorchesters Halberstadt traf das auf Unverständnis – die Bewohner*innen der Häuser einer Wohnungsbaugesellschaft sowie Altenheimen hätten die Aufführungen von ihren Balkonen und Fenstern aus verfolgt, die Abstandsgebote seien eingehalten worden. Musikmachen sei zwar nicht verboten, so eine Sprecherin der Stadt, jedoch sehr wohl wenn daraus eine Veranstaltung werde.

Sachsen nimmt Abstand von Plänen, Menschen die sich einer Quarantäneanordnung widersetzen, mit Polizeibewachung in psychiatrischen Anstalten einzusperren. Das teilt der Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) auf Twitter mit. Es gehe nicht um eine Behandlung, sondern um eine Unterbringung der Quarantäne-Verweiger*innen. „Wir nehmen den Erlass trotzdem zurück. Er hat bei vielen Menschen falsche Sorgen geweckt“. Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) hatte hinsichtlich der Berichterstattung von einer „Verleumdungskampagne“ gesprochen.

Die Frankfurter Polizei vermeldet, dass es gestern Abend im Stadtteil Griesheim (Hessen) zu einem „massiven Angriff auf Polizeibeamte“ kam. Die Beamt*innen hatte eine Gruppe von Männern kontrolliert, die gegen die Corona-Kontaktsperre verstoßen haben sollen. Daraufhin seien ein großer Stein auf ein Polizeifahrzeug geworfen und ein zweites von etwa 20 Personen angegriffen worden. Die Männer seien mit Steinen, Dachlatten und Eisenstangen bewaffnet gewesen. Vor der Festnahme von sechs Personen im Rahmen einer Großfahndung sei außerdem eine Fünf-Kilo-Hantelscheibe auf die Polizei geworfen worden, diese habe aber „ihr Ziel verfehlt“.

Polizeieinsatz am Leopoldplatz im Berliner Wedding am 11. April.

Die Polizei in Berlin unterbindet Proteste am Leopoldplatz für die Evakuierung von Geflüchteten aus Griechenland, eine ähnliche Versammlung in Hamburg kann ohne polizeiliche Intervention stattfinden.

Am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin versammelt sich zum dritten Mal der noch nicht gegründete Verein „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ diesmal mit 350 Personen. Zu der unangemeldeten Kundgebung gegen eine „de-facto-Diktatur“ hatten die Zeitung „Rote Fahne“ und Journalisten aus dem Umfeld des Portals „KenFM“ aufgerufen. Die Polizei beendet die Versammlung und stellt die Personalien von einigen Teilnehmer*innen fest.

Weil das Bundesverfassungsgericht auch ihre Klage gegen bundesweite Versammlungsverbote ablehnt, gibt die Heidelberger Anwältin, gegen die bereits der Staatsschutz ermittelt, ihre Approbation angeblich zurück. Nach eigenen Angaben macht sie diese Rückgabe jedoch am gleichen Tag wieder rückgängig. Sie wird zitiert mit den Worten „der Rechtsstaat lag schon seit zwei Wochen sterbend auf der Intensivstation und konnte von mir leider nicht wiederbeatmet werden“. Die deutschen Corona-Regelungen seien die „menschenverachtendste Tyrannei […] die die Welt je gesehen hat“.

Das deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“ der Regensburger Nichtregierungsorganisation Sea-Eye sucht weiterhin einen Ort zur Ausschiffung von 149 geretteten Geflüchteten. Malta und Italien haben ihre Häfen wegen der Coronakrise offiziell geschlossen. Italienische Behörden haben eine dringend benötigte Lebensmittellieferung ermöglicht, die Lage an Bord spitzt aber laut der Besatzung weiter zu. Das Schiff ist auf dem Weg Richtung Sizilien, um im Nordwesten der Insel Wetterschutz zu suchen.

10. April

Google und Apple entwickeln ein gemeinsames Verfahren zum freiwilligen Kontakte-Tracing, das Nutzer*innen warnt wenn diese in der Nähe einer infizierten Person gewesen sind. Die Funktion basiert auf Bluetooth und ähnelt der europäischen Initiative PEPP-PT, die von den Konzernen aber nicht erwähnt wird. Zunächst soll sie ab Mitte Mai in nationale Gesundheits-Apps eingebunden werden können, in den Monaten danach wird sie in den Betriebssystemen verankert. Der Quellcode wird angeblich veröffentlicht, es ist aber unklar, ob dies auch für die spätere Integration in iOS und Android gilt.

Der Tagesspiegel berichtet über ein weiteres internes Strategiepapier zu „psychosozialen und soziologischen Effekten“ der Coronakrise aus dem Bundesinnenministerium. Darin wird vor einem massiven Sinken der „Zustimmungsrate für die Maßnahmen“ gewarnt. Die beginnende warme Jahreszeit stelle „die Anordnung des Verbleibs in engen Wohnungen zusätzlich in Frage“. Das Ministerium mahnt, „die Durchhaltefähigkeit der Bevölkerung muss erhalten bleiben“. Außerdem heißt es, die massiven Einschränkungen und die hohe Anspannung könnten zu „Phänomenen wie Denunziantentum“ und einer „Verrohung der Gesellschaft“ führen. Schon jetzt seien „Egoismus, Rücksichtslosigkeit sowie Widerstand gegen die Staatsgewalt“ zu beobachten. Eine seit einigen Jahren entstandene „Aversion gegen den Staat“ sei aber „auf dem Rückzug“. Das Papier soll Anfang April von „Experten um Staatssekretär Markus Kerber“ erstellt worden sein.

Der Berliner Verfassungsschutz warnt vor rechten Anschlägen während der Coronakrise. In einer 30-seitigen Analyse heißt es laut dem Sender RBB, dass sich die rechtsextremistische und Reichsbürgerszene auf einen Umsturz an einem „Tag X“ vorbereiten könnte. Die Szene hält die Corona-Pandemie für eine Erfindung, um eine neue Weltordnung zu installieren.

Sachsen will „Quarantäne-Verweigerer“ künftig mit einem richterlichen Beschluss in vier psychiatrischen Krankenhäusern unterbringen. Dort wurden bereits 22 Zimmer freigeräumt. Das erfuhr MDR Aktuell vom Sozialministerium. In den Kliniken Altscherbitz, Arnsdorf, Großschweidnitz und Rodewisch werden die Betroffenen dann von der Polizei bewacht. Die Einweisung erfolgt laut der Sozialministerin Petra Köpping (SPD) auf Basis des Paragraf 30 Infektionsschutzgesetz des Bundes, wo die „Absonderung“ von kranken oder ansteckungsverdächtigen Menschen bestimmt ist. In den letzten Wochen haben mehrere Tausend Menschen in Sachsen eine Quarantäneanordnung erhalten, darunter allein 3.300 in Dresden.

Erste Landung im Rahmen der „Luftbrücke für Erntehelfer“ am 10. April.

Am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden in Baden-Württemberg landet das erste Flugzeug mit rumänischen Erntehelfer*innen. Erwartet wurden rund 1.300 Personen in weiteren gecharterten Maschinen. Deren Abflug aus Rumänien verzögerte sich jedoch wegen Gedränge am Flughafen. Bei der Ankunft in Deutschland erfolgte nach der Einreisekontrolle ein „Gesundheitscheck“ durch das Deutsche Rote Kreuz. Die Einreise von insgesamt 80.000 Erntehelfer*innen wurde vergangene Woche durch einen Erlass des Bundeslandwirtschafts- und Innenministeriums erlaubt. Betriebe müssen ihren Bedarf beim Bauernverband anmelden.

Die Heidelberger Polizei und Staatsanwaltschaft gehen gegen die Rechtsanwältin vor, die wegen einem vermeintlich „größten Rechtsskandal“ in der Geschichte der Bundesrepublik zu massenhaften Demonstrationen aufruft. Auf ihrer Webseite vergleicht sie die Corona-Einschränkungen mit der Massenvernichtung der Jüdinnen und Juden. Die Bevölkerung solle deshalb vom grundgesetzlichen Widerstandsrecht Gebrauch machen. Der Internetanbieter 1&1 hat die Seite laut Medienberichten am Donnerstag nach Aufforderung der Polizei offline genommen. Kurz darauf soll sie aber wieder erreichbar gewesen sein. Die Klage der Anwältin vor dem Bundesverfassungsgericht wurde heute abgelehnt, da unter anderem eine „substantiierte Darlegung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung“ fehle. Hierzu hatte die Klägerin geschrieben, „etwaige Fehler“ zu entschuldigen, da diese „der absoluten Dringlichkeit zum Angriff gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland geschuldet“ seien. Die Initiative der Anwältin wird auch in rechten Kreisen verbreitet.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Greifswald erklärt im Eilverfahren die Oster-Reiseverbote für Bewohner*innen Mecklenburg-Vorpommerns für rechtswidrig. Obwohl die Landesregierung die Verordnung am Mittwoch eilig nachgebessert hatte, wurde der entsprechende Paragraf vom Gericht komplett gekippt. Das OVG schloss sich der Sichtweise des Kläger-Anwalts an, wonach am Strand oder anderen Orten im Freien das Kontaktverbot durchaus eingehalten werden kann. Das Fehlen auswärtiger Tourist*innen sorge dort außerdem für mehr Platz. Nicht nachvollziehbar sei auch, weshalb die Landeshauptstadt Schwerin nicht von der Reisebeschränkung erfasst ist. Die Corona-Verordnung untersagt touristische Reisen aus anderen Bundesländern nach Mecklenburg-Vorpommern, dieses Verbot bleibt nach einer gescheiterten Klage vor dem Verwaltungsgericht Schwerin bestehen. Auch das OVG wies gestern zwei Eilanträge gegen die Landesverordnung ab. Polizei und Ordnungsämter haben bereits 35.000 auswärtige Fahrzeuge kontrolliert.

Das Bundesverfassungsgericht lehnt den Eilantrag eines Katholiken aus Hessen zum Gottesdienstverbot ab. Derartige Versammlungen mit sehr vielen Menschen würden die Ansteckungsgefahr laut den Richter*innen erheblich erhöhen. Die bis 19. April befristete Verordnung müsse bei jeder Verlängerung streng darauf geprüft werden, ob eine Lockerung unter Auflagen möglich sei.

Die Polizei in Ravensburg in der Region Bodensee-Oberschwaben (Baden-Württemberg) will einen Zeppelin aus Friedrichshafen einsetzen, um die Einhaltung der Corona-Verordnung zu überwachen. Laut dem Polizeipräsident seien Menschengruppen aus dieser Höhe viel besser erkennen, wegen seines leisen Flugs eigne sich der Zeppelin außerdem besonders für eine derartige Mission. Flüge erfolgen von Karfreitag bis Ostermontag.

9. April

EU-Satellitenbeobachtung in Turin.

Der italienische Zivilschutz aktiviert den EU-Satellitendienst Copernicus, um damit öffentliche Orte wie Märkte und Parks sowie medizinische Zelte und Triage-Einrichtungen in der Nähe von Krankenhäusern zu kartieren und zu beobachten. Mit Vergleichsbildern aus 2018 soll unter anderem festgestellt werden, inwiefern sich die Menschen an Ausgangsbeschränkungen halten. Ein erster Test mit einer Auflösung von 50 Zentimetern erfolgte in Turin, die Aktivierung könnte auf andere Standorte in Italien ausgeweitet werden.

Das Verwaltungsgericht Leipzig weist die Klage eines werdenden Vaters ab, der bei der Geburt seiner Zwillinge im Kreißsaal anwesend sein wollte. Sein Argument, dies sei für eine komplikationslose und emotional unbelastete Geburt unerlässlich, außerdem könne er Vorsorgemaßnahmen gegen eine Infektion treffen, lässt das Gericht nicht gelten.

„In diesem Jahr wird es keine Ostermärsche auf offener Straße geben – ein Alarmsignal für unsere Demokratie“, schreibt die Gesellschaft für Freiheitsrechte in einer Kurzstudie für das Monitoring-Projekt „Corona-Virus und Civic Space in Deutschland“ im Auftrag von Greenpeace. Im Fazit werden die Bundesländer aufgefordert, Möglichkeiten für Ausnahmen vom Versammlungsverbot zu schaffen. In jedem Einzelfall müsse eine Verhältnisprüfung durchgeführt und die Versammlung erlaubt werden, wenn das Infektionsrisiko durch Schutzmaßnahmen minimiert werden kann.

Der Sicherstellungsauftrag für die ambulante ärztliche Versorgung liegt eigentlich bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Mit der neuen bayerischen Landesgesetzgebung wird diese nun teilweise ausgehebelt. Vorgesehen ist ein „Koordinator für die ambulante ärztliche Versorgung“. Dieser sogenannte „Versorgungsarzt“ muss über eine langjährige berufliche und vor allem vertragsärztliche Erfahrung verfügen. Der Landrat hat hierfür den Allgemeinmediziner und ehemaligen KV-Vorsitzenden Dr. Lothar Wittek ernannt. Ihm wird ein Arbeitsstab zugeordnet, dem die KV sowie die ärztlichen Kreis- und Bezirksverbände ausreichend geeignetes Personal bereitstellen müssen.

In Würzburg werden derzeit Ärzt*innen für Dienste in Pflege- oder Behinderteneinrichtungen zwangsverpflichtet, berichtet die Plattform Ärztenachrichtendienst. Die Katastrophenschutzbehörde versendet demnach eine schriftliche „Anordnung zur Heranziehung zu Dienstleistungen“. Die Ärzt*innen sollen sich bereithalten für den Fall, dass bei Bewohner*innen eine COVID-19-Erkrankung vorliegt oder eine Quarantäne angeordnet ist. Dann werden die Rekrutierten angehalten, „eine tägliche Visite durchzuführen“. Grundlage ist das Bayerische Katastrophenschutzgesetz (BayKSG), das vor zwei Wochen unter anderem um eine Passage zur Verpflichtung von medizinischem Personal ergänzt worden ist. Die Stadt verweist in der Anordnung auf eine eingetretene Katastrophenlage, wonach die ärztliche Versorgung in den Einrichtungen „nicht auf andere Weise auch für die Zukunft sichergestellt ist“. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns weiß von ähnlichen Maßnahmen in anderen Landkreisen.

Laut dem Bürgermeister von Sylt versuchen Besitzer*innen von Zweitwohnsitzen das in Schleswig-Holstein geltende Zutrittsverbot mit Tricks zu umgehen. Sie tarnten sich als Handwerk*innen, reisten im privaten Boot an oder stellten sich Scheinarbeitsverträge aus. Andere versuchten, das Haus oder die Wohnung zum Erstwohnsitz zu machen.

Die Schriftstellerin Monika Maron erhält vom Land Mecklenburg-Vorpommern eine „Ausreiseverfügung“. Sie lebt in Berlin und nutzt seit 40 Jahren ein Haus nahe der polnischen Grenze unter anderem für ihre Schriftstellerei. In Mecklenburg-Vorpommern existiert zwar ein „Einreiseverbot“, Menschen, die dort arbeiten, dürfen jedoch anreisen.

Das Bundesverfassungsgericht lehnt einen Eilantrag eines Klägers aus Bayern gegen die dortigen Verbote und Beschränkungen ab. Diese beschränkten die persönliche Freiheit zwar erheblich, gegenüber Gefahren für Leib und Leben wögen sie aber weniger schwer. Über die eigentliche Verfassungsbeschwerde wollen die Richter*innen nach gründlicher Prüfung entscheiden.

Auch eine Verfassungsbeschwerde gegen das Verbot einer Münchener Kundgebung lehnt das Bundesverfassungsericht ab. Das bayerische Versammlungsverbot diene dem Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit, demgegenüber müsse das Interesse des Klägers an der Durchführung einer dreistündigen Versammlung mit maximal zehn Leuten „fürs Erste zurücktreten“ . Die Richter*innen hatten befürchtet, dass sich auch Schaulustige oder Gegendemonstrant*innen einfinden könnten.

Auch der bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) München hat eine Klage gegen das Verbot von Gottesdiensten abgelehnt. Anders als in anderen Bundesländern heißt es zur Begründung, die Kirche habe diese bereits selbst abgesagt.

Die Stadt Frankfurt am Main verbietet eine Motorrad-Demonstration eines Linken-Politikers für Ostermontag. In der Begründung schreibt der Ordnungsdezernent Markus Frank (CDU), die Befolgung des Kontaktverbots sei „weder für die eingesetzten Ordner, noch für Sicherheitskräfte der Polizei“ kontrollierbar. Die Pandemie erfordere „von uns allen das Einhalten wichtiger Regeln, um der Infektion mit diesem aggressiven Virus keinen Vorschub zu leisten und damit die Gesundheit unserer Bevölkerung nicht zu gefährden“. Dazu gehörten „viele schmerzliche Einschnitte im persönlichen Umgang der Menschen“.

Das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen arbeitet laut Medienberichten an einem Erlass, demzufolge Kommunen Demonstrationen während der Corona-Epidemie nicht genehmigen müssen. Die noch nicht veröffentlichte Anordnung würde mit dem Ostermarsch am morgigen Karfreitag kollidieren, der zur Urananreicherungsanlage in Gronau führen soll. Dessen Genehmigung steht deshalb unter einem Vorbehalt.

Das Schiff „Alan Kurdi“ der deutschen Nichtregierungsorganisation Sea-Eye steckt mit 150 Menschen an Bord vor Lampedusa fest. Wegen der Coronakrise weigern sich Malta und Italien, die Geretteten in ihren Häfen von Bord gehen zu lassen. Die Bundesregierung ist nach eigenen Angaben „mit allen Beteiligten im Gespräch“. Die italienische Regierung sieht die Bundesregierung für das unter deutscher Flagge fahrende Schiff verantwortlich. Die „Alan Kurdi“ ist derzeit das einzige Rettungsschiff, das im Mittelmeer unterwegs ist. Vor zwei Tagen hatte das Bundesinnenministerium alle Organisationen mit Schiffen unter deutscher Flagge gebeten, diese von hoher See zurückzurufen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge versucht mit einem Trick, die durch die Reisebeschränkungen infrage gestellten Überstellungen nach der Dublin-III-Verordnung trotz zwischenzeitlich eintgeretener Fristabläufe doch noch durchzuführen. Dazu setzt es die Überstellungen von Amts wegen aus. Dadurch soll in laufenden Klageverfahren die (in der Regel sechsmonatige) Überstellungsfrist verzögert werden.

Die Stadt Köln will ein von obdachlosen Menschen vor einem Monat besetztes Haus nicht räumen. Wegen der Coronakrise sei die Stadt „ausnahmsweise von ihrer Haltung abgewichen, illegale Besetzung von städtischen Gebäuden nicht zu tolerieren“. Eine Auflage sei aber, dass die Besetzung sich nicht vergrößert.

Die Polizei in Ellwangen (Baden-Württemberg) überwacht mit zwölf Beamt*innen pro Schicht eine auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes verhängte Ausgangs- und Kontaktsperre für Geflüchtete in der Landeserstaufnahmestelle. Dort waren 19 Mitarbeiter*innen sowie 34 Bewohner*innen positiv auf das neuartige Coronavirus getestet worden, weitere Testergebnisse stehen aus. Die Beschäftigten der Einrichtung haben sich für 14 Tage in eine angeordnete häusliche Isolation begeben.

8. April

Auch viele der von Schengen-Staaten wegen COVID-19 vorübergehend eingeführten Grenzkontrollen der Binnengrenzen enden in der kommenden Woche, darunter nach Artikel 28 Schengener Grenzkodex (SGK) in Ungarn und Spanien (11. April), Litauen und Polen (13. April), Deutschland, Portugal, Norwegen und Estland (15. April), Belgien (19. April), Österreich (27. April). Dies betrifft in manchen Ländern nur Landgrenzen, in anderen auch See- und Luftgrenzen. In der Schweiz werden einzelne Grenzen bis 12. April kontrolliert, andere bis 24. April. Verlängerungen sind zu erwarten und müssen der EU-Kommission mitgeteilt werden. In Tschechien enden die Kontrollen nach Artikel 25 SGK (vorhersehbare Ereignisse) erst am 24. April, in Österreich (nach Ungarn und Slowenien) und Schweden am 12. Mai. Dort erfolgt die Verlängerung allerdings auch wegen „terroristischer Bedrohung“, mangelnder Kontrolle von EU-Außengrenzen oder Sekundärmigration. Frankreich hat alle Grenzkontrollen nach Artikel 25 SGK bis zum 30. Oktober verlängert, dort lautet die Begründung unter anderem dass „Terroristen die Verwundbarkeit aufgrund der COVID-19-Pandemie ausnutzen“. In Dänemark sollen die Kontrollen schließlich erst am 12. November aufgehoben werden. Alle anderen Länder haben entweder keine Kontrollen der Binnengrenzen notifiziert oder sind von anderen Ländern, die komplett kontrollieren, umringt.

Die EU-Kommission fordert die 26 Schengen-Mitgliedstaaten und die vier assoziierten Schengen-Länder auf, die bestehenden Einreisebeschränkungen in die Europäische Union gemeinsam bis zum 15. Mai zu verlängern. Hintergrund ist die weitere Zunahme neuer Infektions- und Todesfälle in der gesamten EU. Wie bereits bei der Verhängung Mitte März fordert die Kommission einen einheitlichen Ansatz. „Wir sollten die Tür nicht auflassen, während wir unser Haus sichern“, erklärt dazu der Kommissar für die Förderung der europäischen Lebensweise und Vizepräsident Margaritis.

Die EU-Kommission sagt eine für heute geplante Vorstellung ihres Fahrplans für eine „Exit-Strategie“ ab. Das Magazin Politico nennt als Grund die Intervention der Regierungen in Spanien und Italien, die stark von Corona-Erkrankungen betroffen sind. Auf der anderen Seite stehen Länder wie Österreich, Dänemark und Tschechien, die bereits Lockerungen angekündigt haben. Eine koordinierte EU-Ausstiegsstrategie ist nun auf die Woche nach Ostern verschoben. Die Zeitung „Die Welt“ hat das Papier erhalten und zitiert daraus. Demnach sollen die Maßnahmen weniger breit und dafür stärker fokussiert sein als bisher. Dies betrifft etwa die „verletzlichsten Gruppen, zum Beispiel die Älteren“. Auch Ansammlungen von Gruppen sollen nur schrittweise erlaubt werden, in Geschäften soll die Anzahl der gleichzeitig eingelassenen Kund*innen beschränkt und Schulklassen verkleinert werden. Die Maßnahmen sollen schrittweise und mit einem Monat Abstand aufgehoben werden, sodass diese bei Bedarf lokal schnell wieder eingeführt werden können. Erst gegen Ende dürften Bars, Restaurants und Kultureinrichtungen wieder öffnen. Die letzte Aufhebung von Verboten beträfe „Massenansammlungen wie Festivals“.

In einer Empfehlung rät die EU-Kommission zu einer EU-weit einheitlichen Herangehensweise zur Nutzung von anonymisierten Mobilfunkdaten mithilfe von Apps. Eine Freiwilligkeit der Installation oder die Anonymisierung übermittelter Daten wird in dem Papier nicht angesprochen. Am 15. April will die Kommission hierzu einen „Werkzeugkasten“ vorlegen, wie sich Infektionen mithilfe von Apps vorhersagen und eindämmen lassen.

Die dpa berichtet, dass das Bundesinnenministerium die gestern beschlossene Quarantäne-Pflicht für Einreisende mit hohen Bußgeldern regeln will. Eine Muster-Verordnung für die Bundesländer werde derzeit erarbeitet. In den 14 Tagen nach ihrer Einreise müssen sich die Betroffenen zu Hause aufhalten und dürfen keinen Besuch von Personen empfangen, „die nicht ihrem Hausstand angehören“. Ausnahmen gibt es aber für Pflegepersonal.

Die Bundesregierung will in der kommenden Woche 50 minderjährige Geflüchtete aus griechischen Lagern aufnehmen. Darauf habe sich Innenminister Horst Seehofer mit Vertreter*innen der Großen Koalition verständigt. Der Transfer soll „nach Möglichkeit“ in der kommenden Woche beginnen, zunächst sollen die Kinder und Jugendlichen in eine zweiwöchige Quarantäne kommen, anschließend erfolgt die Verteilung auf verschiedene Bundesländer. Es handele sich um eine europäische Lösung, die von der EU-Kommission koordiniert wird.

Die Bundespolizei erklärt, sie habe den für Mitte April geplanten Abschiebeflug einer 25-Jährigen nach Togo „aus organisatorischen Gründen storniert“. Die Pläne hatten für Kritik gesorgt, weil auch in Togo verschärfte Einreisebedingungen in Kraft sind und Deutschland trotz weltweite Reisebeschränkungen an Abschiebungen festhält. Innerhalb Europas und nach Afghanistan wird zwar nicht abgeschoben, in andere Staaten aber grundsätzlich schon.

Vielfach kritisierter Tweet der Polizei München vom 6. April.

Nach einem vielfach kritisierten Tweet der Münchener Polizei mit dem Inhalt „Nein, ein Buch auf einer Bank lesen ist nicht erlaubt“, rudert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zurück. Solange der Mindestabstand eingehalten werde, sei das Sitzen auf einer Bank sei „kein Problem“. Diese Regelung habe Söder mit dem Inneministerium abgesprochen.

Das Amtsgericht Landshut erlässt einen zweiten Haftbefehl gegen einen 27-Jährigen, nachdem dieser abermals gegen das Infektionsschutzgesetz (IfSG) verstieß. Bereits im März landete der Mann für eine Woche in Haft, diesmal bis zum 13. April. Ein 22-jähriger Landshuter wurde von der Polizei bei seinem vierten Verstoß angetroffen und vom zuständigen Ermittlungsrichter ebenfalls bis zum 13. April in eine Justizvollzugsanstalt eingewiesen. Am Wochenende brachte die Landshuter Polizei 71 Verstöße nach dem IfSG zur Anzeige.

Mehrere Verwaltungsgerichte (VG) lehnen Klagen gegen das Versammlungsverbot für Gottesdienste ab. Das Berliner VG hält diesen Eingriff in die Religionsfreiheit für gerechtfertigt, da Kirchenbesuche zur „stillen Einkehr“ erlaubt und virtuelle Gottesdienstübertragungen möglich sind. Auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat einen entsprechenden Eilantrag eines römisch-katholischen Christen abgelehnt. Das VG Hannover hält einen entsprechenden Eilantrag gegen eine von der Landeshauptstadt erlassene Allgemeinverfügung unter anderem wegen erheblicher Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis für unzulässig, da nach deren Aufhebung die gleichlautende niedersächsische Verordnung gelte.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg bestätigt den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 2. April 2020, mit dem der Eilantrag eines Berliner Rechtsanwalts abgelehnt wurde. Dieser hatte sich dagegen gewandt, dass die Wahrnehmung von Terminen in Rechtsanwaltskanzleien nach den Regelungen der geltenden SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung nur dann zulässig ist, wenn es sich dabei um dringend erforderliche Termine handelt, die überdies gegenüber der Polizei und zuständigen Ordnungsbehörden glaubhaft gemacht werden müssten. Die Regelungen sind laut dem OVG verhältnismäßig.

Ostprignitz-Ruppin, der einzige Brandenburger Landkreis mit einem touristischen Einreiseverbot, hebt dieses ab übermorgen wieder auf. Zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Anordnung für zwei Berliner wieder aufgehoben. Dabei ging es um das Recht, an ihren Zweitwohnsitz im Landkreis zu reisen. Bis zum Inkrafttreten am Karfreitag soll von jeglichen Vollzugsmaßnahmen Abstand genommen werden. Anschließend gelte im Landkreis nur noch die landesweite Verordnung für Brandenburg.

Mecklenburg-Vorpommerns Landesregierung fasst die „Osterbesuchsregelungen“ für Einheimische im Eilverfahren genauer. Anlass waren kritische Hinweise des Oberverwaltungsgerichts Greifswald, wonach diese zu vage und zu unbestimmt sind. Das Kabinett hatte Einheimischen über Ostern Tagesausflüge an die Ostsee und die Mecklenburgische Seenplatte untersagt. Dagegen gab es mehrere Klagen. Laut der Staatskanzlei sei die Formulierung zu Aktivitäten „im Umfeld des eigenen Wohnbereichs“ nunmehr gestrichen und alle verbotenen Orte genauer bestimmt.

Die Polizei und die Staatsanwaltschaft Heidelberg ermitteln laut Medienberichten gegen eine Rechtsanwältin, die zum „Widerstand gegen die staatlich erlassenen Corona-Verordnungen“ und zu Demonstrationen aufruft. Die Ermittlungen führt das Staatsschutzdezernat. Die Frau will vor dem Bundesverfassungsgericht eine Anordnung zur bundesweiten Zulassung von Demonstrationen erreichen und vergleicht die Corona-Verordnungen mit der Verfolgung sowie der Vernichtung der Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus.

Niedersachsens Gesundheitsämter übermitteln immer noch Daten von Coronavirus-Infizierten und ihren Kontaktpersonen an die Polizei. Laut der Leiterin des Rechtsreferat im Landespolizeipräsidium würden diese nicht nur zur Eigensicherung der Beamt*innen genutzt, sondern könnten auch für die Einleitung von Strafverfahren dienen, wenn daran Quarantäneverstöße deutlich würden. Die Landesregierung setzt sich mit der Weitergabe über die Landesdatenschutzbeauftragte Barbara Thiel hinweg, die vom Sozialministerium eine Rücknahme einer entsprechenden Anordnung gefordert hat.

7. April

Der Europarat veröffentlicht ein „Instrumentarium“ mit dem Titel „Achtung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten im Rahmen der Gesundheitskrise COVID-19“. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, sich an die Konvention der Menschenrechte zu halten. Explizit genannt werden etwa das Recht auf Privatleben, Gewissensfreiheit, Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit.

Die EU-Kommission will pro Mitgliedstaat mindestens einen Mobilfunkanbieter gewinnen, der anonymisierte Standortdaten an die Gemeinsame EU-Forschungsstelle (JRC) weitergibt. Auf diese Weise sollen Bewegungsmuster und Auswirkungen der Ausgangsbeschränkungen analysiert werden. Aus Deutschland geben bereits Telefónica, die Telekom und Vodafone entsprechende Datensätze an das JRC.

Die „Datenspende-App“ des RKI.
Informatiker*innen und Datenschützer*innen kritisieren die „Datenspende-App“ des RKI. Sie sammelt Vitaldaten von „Fitness-Armbändern“ und anderen Wearables. Damit soll es laut RKI ermöglicht werden, mögliche Infektionsherde zu erkennen. Allerdings ist der Quellcode der Anwendung nicht offen, auch dem Bundesdatenschutzbeauftragten lag die endgültige Version der App nicht vor. Als „technologischer Dienstleister“ bei der Auswertung fungiert das Unternehmen mHealth GmbH unter dem Markennamen Thryve, das auf die Sammlung und Auswertung digitaler Gesundheitsdaten spezialisiert ist. Eingebunden werden können die Fitnessarmbänder bzw. Smartwatches von sechs Anbietern, die Vitaldaten ohnehin erheben.

Das Robert-Koch-Institut veröffentlicht eine „Corona-Datenspende-App“, mit der freiwillig und pseudonymisiert Informationen von Fitnessarmbändern und Smartwatches übermittelt werden können. Die „Datenspender*innen“ sollen außerdem ihr Geschlecht, Alter, Gewicht, Körpergröße und die Postleitzahl angeben. Die Angaben sollen Hinweise auf Symptome einer Infektion liefern und die Ausbreitung des Coronavirus besser erfassen. Die Daten werden mit anderen Quellen abgeglichen, genannt werden die „offiziellen Meldedaten“. Die App ist nicht quelloffen.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigt nach einer Videokonferenz mit den 27 EU-Verteidigungsminister*innen an, sich „über Einsatzmöglichkeiten der nationalen Armeen“ auszutauschen. Hierzu könnte eine Arbeitsgruppe im Auswärtigen Dienst der EU angesiedelt werden. Informationen und „best practice“ sollten anschließend miteinander geteilt werden.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Sachsen urteilt zum strittigen Begriff des „Umfelds“, in dem Ausnahmen von Ausgangsbeschränkungen möglich sind. Bürger*innen dürfen sich für Fahrradfahren, Sport und Bewegung im Freien maximal 15 Kilometer von ihrer Wohnadresse entfernen. Darüber hinaus gehende Fahrten sind nur zur Arbeit, in dringenden oder begründeten Angelegenheiten erlaubt.

Pressekonferenz von Ministerpräsident Kretschmann und Bundesgesundheitsminister Spahn am 7. April.

Baden-Württemberg erlässt eine Ausgangsbeschränkung für Senioren- und Pflegeheime. Bewohner*innen dürfen die Unterkünfte nur noch aus triftigen Gründen verlassen. Zur Begründung verweist Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auf das bestehende Besuchsverbot, das zu oft umgangen worden sei. Dies sei zwar „menschlich nachvollziehbar“, derzeit aber „brandgefährlich“. An der Sitzung des Kabinetts hatte auch der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) teilgenommen. In Baden-Württemberg sollen rund 100.000 Menschen in Pflegeheimen leben. In vielen deutschen Einrichtungen ist es auf Betreiben der Heimleitungen bereits Praxis, Betagte in ihren Zimmern zu isolieren, Spaziergänge zu untersagen oder nur noch in Begleitung von Personal zu gestatten.

Die zuständige Versammlungsbehörde erlaubt eine Kundgebung am Karfreitag vor der Hauptzufahrt des Drohnen- und Tornadostandortes in Jagel (Schleswig-Holstein). Im Auflagenbescheid wird ein Abstand von 1,5 Metern zwischen den Teilnehmer*innen vorgeschrieben, Menschen mit „erkennbaren Symptomen einer COVID19-Erkrankung oder jeglichen Erkältungssymptomen“ seien auszuschließen. Alle Teilnehmenden sollen zuvor abgefragt werden, ob diese „innerhalb der letzten 14 Tage aus dem Ausland zurückgekehrt sind oder ob sie in Kontakt zu Rückkehrern standen oder Kontakt zu infizierten Personen hatten“. Das Vermummungsverbot wird relativiert, indem Tücher, Schals oder Atemschutzmasken zwar erlaubt, eine Gesichtsbedeckung „zur Verhinderung der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten“ jedoch verboten wird. Die SARS-CoV2-Bekämpfungsverordnung untersagt Reisen aus touristischem Anlass nach Schleswig-Holstein. Die Veranstalter*innen weisen darauf hin, dass es bei der Anreise durch Polizeikontrollen auf dem Weg nach Jagel zu Problemen kommen kann.

Ein 44-Jähriger aus einer alkoholisierten Gruppe wird in Frankfurt/ Main (Hessen) von einem 37-Jährigen angegriffen und schwer verletzt. Der Streit sei, so berichtet die Polizei im Nachgang, wegen Nichteinhalten des Mindestabstand eskaliert, der Zustand des Mannes sei kritisch. Ende März kam es aus ähnlichen Gründen bereits zu einer Schlägerei an einer Supermarktkasse in Raunheim (Groß-Gerau).

Auch in Münster patrouilliert am Bremer Platz ein privates Sicherheitsunternehmen, um potentielle Menschenansammlungen auf den geforderten Mindestabstand hinzuweisen. Der Auftrag ist laut der Pressestelle der Stadt erfolgt, „weil der Kommunale Ordnungsdienst und die Polizei in Zeiten von COVID-19 keine Zeit dafür haben“.

6. April

Mit dem Beschluss des Corona-Kabinetts vom 6. April sollen nicht erforderliche Einreisen vermieden werden. Den Bundesländern wird deshalb empfohlen, alle Grenzübertritte aus Nachbarländern zu kontrollieren und nur in Ausnahmen (Warenverkehr, medizinisches Personal, Pendler*innen) die Einreise zu gestatten. Im Grenzverkehr zu Österreich, der Schweiz, Frankreich, Luxemburg, Dänemark hat dies bereits zu 60.000 Zurückweisungen geführt. Nach der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes müssen auf Anordnung des Bundesgesundheitsministers von allen Rückkehrer*innen Daten zu Reiserouten und Kontakten angegeben werden. Diese Maßnahmen gelten zwingend für den Flugverkehr, eine Ausweitung auf Schiffe, Zug und PKW/Bus durch die Länder wird empfohlen. Gegen die von Bundesinnenminister Seehofer geforderte vollständige Kontrolle aller Landesgrenzen hatte sich insbesondere der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gestemmt und dabei die „Euregio“ am Dreiländereck um Aachen im Blick gehabt. Seehofer will daher die Schleierfahndung durch die Bundespolizei an diesen nicht kontrollierten Landesgrenzen ausweiten – obwohl hierfür eigentlich keine Rechtsgrundlage vorliegt, diese bezieht sich nur auf die Durchsetzung der allgemeinen Einreisebestimmungen. Mit dem Beschluss wurde zugleich die Einreise von Saison-Arbeitskräften zugelassen, diese müssen sich allerdings zunächst ebenfalls in Quarantäne begeben. Wer für diese Zeit ihren Lebensunterhalt finanziert und ob unter diesen Bedingungen ausreichend Personen angeworben werden können, ist offen. Die Maßnahmen sollen zum 10. April bei der EU-Kommission gemeldet werden und in Kraft treten.

Das „kleine Corona-Kabinett“ empfiehlt den Bundesländern in einem Beschluss, alle aus dem Ausland nach Deutschland zurückkehrenden deutschen Staatsangehörigen, EU-Bürger*innen oder langjährig in Deutschland wohnhafte Personen unabhängig von einem konkreten Verdacht für 14 Tage in Quarantäne zu zwingen. Zu den Beschlüssen gehört außerdem ein einheitlicher Ansatz für alle Drittstaaten und EU-Staaten bei der Einreise nach Deutschland und eine Abkehr vom Prinzip, „Risikogebiete“ auszuweisen. Die Bundesregierung will außerdem die Schengen-Grenzkontrollen grundsätzlich beibehalten, Reisende dürfen demnach nur mit einem „triftigen Reisegrund“ einreisen. Die vom Bundesinnenminister gewünschte Erweiterung der Binnengrenzkontrollen auf Polen, Tschechien, Belgien und die Niederlande wurde nicht beschlossen.

Die EU-Kommissarin und Vizepräsidentin der EU-Kommission, Vera Jourova, sieht mittlerweile in 20 EU-Ländern „eine Art Notstandsgesetzgebung“, mit der die Grundrechte eingeschränkt werden. Auf lange Sicht bestehe die Gefahr, dass die Demokratie durch diese Maßnahmen geschwächt wird. Die EU-Kommission untersucht in allen betroffenen Ländern die Maßnahmen und prüft, ob diese gegen demokratische Grundwerte (Art. 2 EU-Vertrag) verstoßen.

Die Stadt Jena will die Pflicht zum Tragen von Mundschutz von Geschäften, Bussen und Bahnen ab dem 10. April auf weitere geschlossene Räume, darunter Arbeitsstätten mit mehr als einer Person, ausweiten.

Seit Beginn der bundesweiten Maßnahmen am 21. März hat die Polizei in Bayern mittlerweile rund rund 411.000 Kontrollen durchgeführt und 50.000 Verstöße registriert. Ein Drittel der Kontrollen betrafen die Überprüfung der Ausgangsbeschränkungen, außerdem wurden „Veranstaltungs- und Versammlungsverbote sowie untersagte Betriebe überprüft“.

Zwei Kundgebungen gegen Atomtransporte in Münster und Gronau können unter Auflagen stattfinden. Denn die Versammlungsbehörden in Nordrhein-Westfalen hatten sie trotz der Corona-Verordnung genehmigt. Entsprechend §11 Abs. 3 CoronaSchVO NRW wurde die Teilnehmer*innenzahl auf sieben Personen begrenzt. Es dürfen keine Materialien verteilt werden und ein Mindestabstand von 1,50 Metern muss mithilfe von Abstandsmarkierungen eingehalten werden. Diese Markierungen seien anschließend „wieder schadlos zu entfernen“, verwiesen wird auf „eine praktische Möglichkeit […] mit Tafelkreide“. Ausnahmen vom Mindestabstand gibt es für Personen, die in häuslicher Gemeinschaft leben. Zum Schutz vor Infektionsübertragung sei es „wünschenswert, wenn sämtliche Teilnehmer sich mit einer Mund- und Nasenschutzmaske ausstatten“. Nicht teilnehmen dürfen Personen, „die eine Corona-Symptomatik (z. B. Husten, Fieber, Atembeschwerden, Verlust des Geruchs- und Geschmacksinns) aufweisen“.

Mehrere EU-Staaten setzen bereits Apps ein, um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen. In Tschechien werden damit (anonymisiert) Bewegungsdaten gesammelt und analysiert, um damit große Personenansammlungen prognostizieren zu können. Die Nutzer*innen werden darauf hingewiesen und können dann beispielsweise Einkäufe verschieben. Weiter geht die Slowakei, auch hier werden die Daten anonymisiert übermittelt, alle Infizierten sind gekennzeichnet. Bei Annäherung auf 50 Meter erhält die NutzerIn eine Warnung. Polen setzt eine App zur Durchsetzung von Quarantänemaßnahmen durch: wer von den mittlerweile 300.000 Bürger*innen in Quarantäne eine SMS der zuständigen Behörden erhält, muss sich innerhalb von 20 Minuten mit einem Foto von sich in der Wohnung zurückmelden. Die Prüfung erfolgt anhand der übermittelten Positionsdaten. Da es jedoch immense technische Schwierigkeiten mit der App gibt, will sich wohl auch Polen der aktuell diskutierten europäischen Lösung auf Grundlage des „PEPP-PT“ beteiligen.

Die deutsche „Corona-App“ ist laut Medienberichten „sehr bald einsatzbereit“. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) kündigt demnach einen Start „in den kommenden Tagen oder spätestens Wochen“ an. Es handele sich dabei um einen „Teil der Exit-Strategie der Bundesregierung, um die angeordneten Kontaktverbote und andere Beschränkungen schrittweise lockern zu können“. Die App soll auf dem europäischen Standard PEPP-PT basieren.

5. April

Der „Malta-Deal“ zur Seenotrettung im zentralen Mittelmeer ruht „aufgrund des Coronavirus“, erklärt das Bundesinnenministerium. Von europäischen Schiffen Gerettete werden derzeit nicht auf die aufnahmewilligen Staaten, darunter Deutschland, umverteilt. Die Bundesregierung hatte die Aufnahme für 1046 Personen zugesichert, mehr als die Hälfte davon müssen nun in Malta oder Italien abwarten. Insgesamt betrifft die Aussetzung des Mechanismus 731 Geflüchtete. Ohne den „Malta-Deal“ ist unklar, wo private Rettungsschiffe Menschen ausschiffen können. Derzeit operiert nur die „Alan Kurdi“ in der libyschen SAR-Zone.

Trotz Frühlingswetter mit Temperaturen bis zu 24 Grad hielten sich die Menschen in den Bundesländern in weiten Teilen an die Ausgangsbeschränkungen, verkündet die Polizei im Wochenendrückblick. In Rheinland-Pfalz stellte sie 717 Ordnungswidrigkeiten fest, darunter 277 wegen Nichteinhalten des Mindestabstands und 244 wegen verbotener Ansammlung. In Berlin wurden 2.000 Menschen überprüft und 23 Strafanzeigen sowie 87 Ordnungswidrigkeiten gefertigt, in der Nacht auf Samstag lagen die Zahlen auf ähnlichem Niveau.

Polizeieinsatz gegen Demonstrierende in Frankfurt am 5. April.

Bundesweit unterbindet die Polizei die angekündigten Proteste zu #LeaveNoOneBehind. Angemeldete Versammlungen wurden von Behörden und Gerichten untersagt, obwohl Anmelder*innen besonderen Wert auf Mindestabstand legen wollten. In verschiedenen Städten und Landkreisen haben Menschen schließlich Schuhe und Kreidezeichnungen hinterlassen, auch diese wurden in Berlin, Hamburg, Frankfurt, Dresden, Halle, Freiburg und anderen Städten von der Polizei abgeräumt. In Berlin wurde außerdem ein Autokorso gestoppt. Möglich waren die Proteste beispielsweise in Hamburg-Wilhelmsburg, Bielefeld und Hannover.

In Sonneberg (Thüringen) übergeben Mitarbeiter*innen eines Sicherheitsdienstes zehn Jugendliche an die Polizei, wo sie bald von ihren Eltern abgeholt werden. Hintergrund war ihre Weigerung, den Privaten ihre Personalien auszuhändigen. Es drohen nun Bußgelder von 200 Euro.

In Heringsdorf auf Rügen stellt eine Dortmunderin fest, dass alle vier Reifen ihres Autos zerstochen sind.

In Wilhemshaven (Niedersachsen) nimmt die Polizei wegen einer „Feier“ drei Menschen fest, nachdem diese drei Mal in verschiedenen Wohnungen eines Mehrfamilienhauses angetroffen wurden. Nachbarn hatten jedes Mal die Polizei gerufen. Auch nach einer beendeten „Hausparty“ in Lüneburg nehmen Beamt*innen von sieben jungen Menschen eine Person in Gewahrsam.

Die Behörden in Niedersachsen wollen sich über eine Anordnung der Landesdatenschutzbeauftragten Barbara Thiel gegen die Weitergabe von Daten der Gesundheitsämter an die Polizei hinwegsetzen. Dies betrifft Personen, die einer Quarantänepflicht unterliegen. Die Übermittlung von „Quarantänestatusdaten“ an die Polizei erfolge laut einem Vermerk „nicht nur auf Basis von Paragraf 41 des jüngst reformierten niedersächsischen Polizeigesetzes und Regeln des Infektionsschutzgesetzes“. Als Rechtfertigungsgrund komme auch „der rechtfertigende Notstand“ nach Paragraf 34 Strafgesetzbuch in Betracht.

4. April

Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik berichtet, dass in der Hauptstadt seit 14. März rund 2.000 Objekte überprüft und davon 835 geschlossen wurden. Rund 1.500 Personen seien im Freien überprüft und 900 Strafanzeigen gefertigt worden. Von ihrer „Belastungsgrenze“ sei die Polizei „weit entfernt“, Staatsbesuche, Versammlungen, Straßenfeste oder Bundesligaspiele seien derzeit „stark zurückgefahren“ und der Verkehr stark reduziert.

Im Vergleich zum Vorjahr werden in Zeiten von Corona laut der Berliner Polizeipräsidentin 20% weniger Straftaten begangen. Fahrraddiebstähle seien um etwa 50% zurückgegangen, Rohheitsdelikte und Diebstahl um rund 30%. Zudem würden deutlich weniger Sexualdelikte verzeichnet. Ein Anstieg bei häuslicher Gewalt sei in Berlin kaum erkennbar. Vor Letzterem hatte die Bundesfamilienminister Franziska Giffey (SPD) gewarnt und gegenüber der dpa erklärt, dass in Berlin entsprechende Anzeigen um 10% gestiegen seien. Es gebe laut Polizeipräsidium aber eine „neue Variante des Enkeltricks“, wonach Enkel*innen angeblich auf der Intensivstation liegen und sofort Geld benötigten. Auch würden sich Menschen fälschlicherweise als Mitarbeiter*innen des Gesundheitsamts ausgeben und Zutritt zur Wohnung verschaffen.

In Konstanz errichtet die Bundespolizei an der Grenze zur Schweiz Absperrungen, um „Händchenhalten, Umarmungen und Küssen“ zu unterbinden. Dort treffen sich Paare, die in Deutschland und der Schweiz wohnen. Aufgrund der Reisebeschränkungen ist ein gegenseitiger Besuch derzeit nicht möglich. Auch auf Schweizer Seite soll eine Absperrung errichtet worden sein.

In Weinheim (Baden-Württemberg) wird ein 32-Jähriger wegen eines anonymen Aufrufs zu einer Demonstration vorläufig festgenommen. „Umfangreiche Ermittlungen“ der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg führten über den ausländischen Provider zu der Wohnung des Verdächtigen, die anschließend von den Dezernaten „Zentrale Kriminaltechnik“ und „Digitale Spuren“ durchsucht wurde. Dabei wurden drei Laptops, vier Festplatten, ein Tablet und ein Smartphone sichergestellt.

Die Polizei löst Mini-Versammlungen im Wendland gewaltsam auf. Unter dem Motto „Solidarität kennt keine Grenzen“ hatte die Initiative ZuFlucht Wendland (Niedersachsen) zu dezentralem Protest von jeweils 1-2 Menschen in Lüchow, Hitzacker und Dannenberg aufgerufen. Die nicht angemeldeten Versammlungen wurden jedoch von den Behörden nach der seit 2. April geltenden Allgemeinverfügung untersagt. Begründet wurde dies damit, dass die jeweils 1-2 Personen das Risiko bergen, „dass Bürgerinnen und Bürger aus Interesse stehen bleiben und sich dadurch Gruppen bilden“. Dies erhöhe die Gefahr einer Infektionsverbreitung. Demgegenüber wurde eine zum gleichen Thema angemeldete Versammlung in Lüneburg unter hohen Auflagen genehmigt.

Protest am 4. April vor dem Bundeskanzleramt.

„Unter strenger Einhaltung aller Schutzmaßnahmen“ und mit einer Teilnahmebeschränkung demonstrieren Aktivist*innen unangemeldet vor dem Bundeskanzleramt für die Evakuierung der Flüchtlingslager auf griechischen Inseln.

Die zweite Berliner „Hygienedemo“ am Rosa-Luxemburg-Platz wird trotz „2-Meter-Abstand, Mundschutz und Grundgesetz“ von der Polizei aufgelöst und von einigen der rund 40 Anwesenden werden die Personalien aufgenommen.

Mehrere Bundesländer setzen kleine Drohnen zur Überwachung von Ausgangsbeschränkungen oder zur Belehrung der Bevölkerung ein. In Dortmund und Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) fliegen Quadrokopter mit Lautsprecher „zur Information über die Gesundheitsgefahren bei Nichteinhalten des Kontaktverbots“, die angetroffenen Personen wurden „zum Verlassen der Plätze aufgefordert. In Frankfurt (Hessen) kontrolliert die Polizei anläßlich der Abitur-Prüfungen mit einer Drohne, ob die Abi-Partys trotz Verbot wie jedes Jahr üblich im Grüneburgpark stattfinden, der Einsatz erfolgte laut der Polizei nach § 14 Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG). Auch auf Rügen beobachten die Behörden mit einem Quadrokopter, dort stammt das Gerät von der Feuerwehr. In Bayern werden die wegen Grenzkontrollen entstandenen Staus mit unbemannten Fluggeräten beobachtet.

Polizeifotos auf rechtsextremem Facebook-Account.

Laut der Antifa-Recherchegruppe „LSA Rechtaußen“ hat eine extrem rechte Gruppe Fotos auf Facebook gestellt, die ein Polizist beim Einsatz in der unter Quarantäne gestellten Zentralen Anlaufstelle für Asylsuchende in Halberstadt gemacht hat. Deren Insassen protestieren gegen unzureichende Versorgung in Quarantäne. Der Facebook-Account gehört offenbar zum Umfeld des wegen versuchten Mordes verurteilten „Reichsbürgers“ Adrian Ursache.

Das Hamburger Bundeswehr-Institut GIDS veröffentlicht ein Papier mit dem Titel COVID-19 – die Pandemie und ihre Auswirkungen auf die Sicherheitspolitik„. Dort heißt es, seit dem Aussetzen der Wehrpflicht verfüge die Bundeswehr über eine nur noch „sehr geringe strategische Personaltiefe“. Auch Hilfsorganisationen hätten mit der Wehrpflicht von Zivildienstleistenden profitiert. Viele militärische Liegenschaften, die man nun gut gebrauchen könne, seien aufgelöst worden. Hierüber müsse nach Ende der Coronakrise diskutiert werden.

Der Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble stößt mit seinem Vorschlag, das Grundgesetz zu ändern, auf Widerstand in den Bundestagsfraktionen. Dem Vorschlag zufolge sollte die Handlungsfähigkeit des Parlaments auch während der Coronakrise sichergestellt sein. Als Sofortmaßnahme war bereits das Quorum für die Beschlussfähigkeit des Parlaments von 50 auf 25 Prozent der Abgeordneten gesenkt worden. Schäuble regt – wie im Verteidigungsfall erlaubt – die Schaffung eines „Notparlaments“ mit 48 Mitgliedern an. Zu seinen weiteren Überlegungen gehört, „Bundestagsplenarsitzungen virtuell abzuhalten“. Hierzu hat Schäuble den Fraktionsvorsitzenden bereits eine Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags übermittelt.

Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages äußern verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Novelle des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) könne per Verordnung und ohne Zustimmung des Bundesrats Maßnahmen zur medizinischen Grundversorgung beschließen und damit von gesetzlichen Vorschriften abweichen. Dies sei „erheblich problematisch“, denn die Mitwirkung des Bundesrats ist erforderlich, wenn die Länder wie beim IfSG für die Ausführung eines Bundesgesetzes zuständig sind. Zudem seien die neuen Befugnisse für das BMG angesichts erheblicher Grundrechtseingriffe nicht klar genug umrissen und begrenzt. Dies betrifft etwa Maßnahmen „um die Abläufe im Gesundheitswesen und die Versorgung der Bevölkerung aufrechtzuerhalten“. Die Exekutive werde dadurch ermächtigt, „von einer unüberschaubaren Zahl an gesetzlichen Vorschriften“ abzuweichen.

Süffisanter Tweet der Polizei in Oberfranken am 4. April.

Die Polizei in Bamberg nimmt einen 34-jährigen „unbelehrbaren Bewohner“ wegen mindestens vier „Corona-Partys“ bis zum Ende der bayerischen Ausgangsbeschränkungen in Haft. Ein Richter hat die Verlängerung des Gewahrsams bis zum 19. April bestätigt.

Als erster Landkreis in Hessen untersagt Waldeck-Frankenberg die Nutzung eines Zweitwohnsitzes. „Reisen aus touristischen Zwecken“ sind ebenfalls nicht mehr gestattet.

Mecklenburg-Vorpommern verbietet den eigenen Einwohner*innen, über die Osterfeiertage „touristische Ausflüge“ an die Ostsee und die Mecklenburgische Seenplatte zu unternehmen. Die Aufnahme von Urlaubsgästen ist verboten, auch Auswärtige dürfen bis zum 19. April nicht in das Bundesland reisen.

3. April

Laut dem RedaktionsNetzwerk Deutschland befürchtet die Bundesregierung in der Coronakrise eine Zunahme rechter Gewalt. Darüber haben das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundesinnenministerium den Innenausschuss informiert. Demnach bereiten sich Mitglieder von „Prepper“-Gruppen auf einen „Tag X“ vor, an dem die öffentliche Ordnung zusammenbrechen soll. In Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sollen Waffen und Munition aus Verstecken geholt worden sein.

In einem Bericht schreibt Europol, dass sich die COVID-19-Pandemie besonders im Bereich der Cyberkriminalität niederschlägt. Mit „Phishing- und Lösegeldkampagnen“ würde die derzeitige Situation ausgenutzt, die Polizeiagentur stellt außerdem mehr Verbreitung von Material zur sexuellen Ausbeutung von Kindern im Internet fest. Genannt werden außerdem eine „zunehmende Desinformation und Fehlinformation“ rund um COVID-19. Zum Dark Web bleibt der Bericht vage. Eine Woche zuvor hatte Europol bereits vor mehr Betrug, Fälschungen und dem Verkauf minderwertiger Waren im Internet gewarnt.

Bayerns Innenminister Herrmann am 3. April zur Bilanz von Kotrollen und „verstärkten Maßnahmen.

Seit Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen in Bayern wurden rund 300.000 Kontrollen vorgenommen, darunter auch bei Gastronomie und Geschäften, so berichtet Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU). Allein gegen die Ausgangsbeschränkung hat die Polizei rund 25.000 Verstöße festgestellt. Trotzdem kündigt Herrmann „verstärkte Polizeimaßnahmen“ an.

Die EU-Kommission will die Verordnung über die Bereitstellung von Soforthilfe innerhalb der Union zur COVID-19-Pandemie aktivieren. Die 2016 verabschiedete Nothilfeverordnung gehört zum Instrumentarium der EU zur gegenseitigen Hilfe und Unterstützung im Katastrophenfall. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen zählt die Kommission die Einrichtung von „Quarantäneeinrichtungen und anderen geeigneten Maßnahmen“ an den EU-Außengrenzen.

Laut dem Spiegel will der Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die deutschen Binnengrenzkontrollen auf Polen, Tschechien, Belgien und die Niederlande ausweiten und damit „Umgehungstatbestände“ verhindern. Alle über den Luftweg Einreisenden sollen zur Quarantäne verpflichtet werden. Ein entsprechender Vorschlag soll am Montag vom „Corona-Kabinett“ beraten werden. Die EU-Kommission sowie einzelne Bundesländer, darunter Nordrhein-Westfalen, kritisieren den Vorstoß. Laut dem Bericht wurden an Grenzen zu den bislang fünf betroffenen Ländern rund 60.000 Menschen, die keinen „triftigen Grund“ zur Einreise angaben, zurückgewiesen.

Die Bundesagentur für Arbeit erteilt eine „Globalzustimmung für Arbeitserlaubnisse“ für Erntehelfer*innen. Sie richtet sich an Asylbewerber*innen und Geduldete, denen die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt ist.

Wegen des eingeschränkten Flugverkehrs gibt es derzeit zwar keine Abschiebungen in andere EU-Staaten und nach Afghanistan, jedoch mit teils hohem Aufwand in Länder wie Togo. Für Mitte April hat die Bundespolizei ein Flugzeug gechartert, um eine 25-Jährige abzuschieben, der eigentlich gesperrte Flughafen in Lomé wurde um eine Sondergenehmigung gebeten. Auch nach Jemen oder Burkina Faso kann derzeit abgeschoben werden, in Ländern wie Pakistan oder Ruanda unterliegen Ankommende Quarantäne-Regeln.

In Berlin sind in der COVID-19-Verordnung zwar Ausnahmen vom Versammlungsverbot vorgesehen, wenn höchstens 20 Teilnehmende erwartet werden. Genehmigt werden Proteste aber nicht. Entscheidungen dazu werden von Ärzt*innen des Gesundheitsamtes getroffen. Auch Fahrradkorsos sind untersagt, da dem von Veranstalter*innen zugesicherten Mindestabstand „keine besondere Gewichtung beigemessen“ wird. Die Verordnung sei erlassen worden, damit „Gruppenbildungen unbedingt verhindert werden sollen“.

In einer Eilentscheidung bestätigt das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Kundgebungen der Initiative „Leave no one behind“ am Hamburger Steintorplatz, wo die Stadt wegen des Corona-Versammlungsverbots das „Lampedusa-Zelt“ abgerissen hatte, dürfen nicht abgehalten werden. Die Veranstalter*innen hatten 50 Teilnehmende erwartet, wollten Mindestabstände von zwei Metern einhalten sowie entsprechende Megafon-Durchsagen an Passant*innen machen. Die Bemühungen der Veranstalter*innen, die Versammlung epidemiologisch unbedenklich durchzuführen, werden vom VG jedoch nicht honoriert. Solange eine Ansteckungsgefahr nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne, darf die Versammlung nicht stattfinden. Einzelne, die dennoch protestieren, erhalten Strafanzeigen.

Das Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. bestätigt das Verbot einer Zwei Personen-Versammlung in Kandel (Rheinland-Pfalz). Unter dem Motto „Migrationspolitik, neue Weltordnung, Corona“ wollte der Antragsteller nach einer Auftaktkundgebung in der Nähe eines Supermarktes auf Gehwegen und Straßen wieder zurück zum Ausgangsplatz laufen. Eine Gegenveranstaltung wäre laut dem Anmelder nicht zu erwarten, „da die Versammlung nicht beworben werde“. Dem schließt sich das Gericht nicht an. Es würde „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ zu spontanen Gegenprotesten und damit zu Menschenansammlungen kommen.

Tweets von Jochen Bittner und Christian to Huus zu „selbsternannten Aufpassern“ vom 25. März

Mehrere Medien berichten über eine Kultur der Denunziation von Menschen, die sich vermeintlich rechtswidrig in Ferienhäusern aufhalten. Beim Ordnungsamt auf Usedom gehen täglich zwei bis fünf „Petzeranrufe“ ein, dort sollen auch Autos mit auswärtigen Nummernschildern mit Steinen beworfen worden sein. In Niedersachsen wurde ein Auto mit „Du bringst uns Corona“ beklebt. Der Landrat des ostfriesischen Dithmarschen „appelliert an die Vernunft“, nachdem auch dort Fahrzeugbesitzer immer öfter verbal angegriffen wurden.

Die Besitzerin eines Hauses in Aurich (Niedersachsen) soll dem Landkreis mit Fotos beweisen, dass ihr Hauptwohnsitz in Dortmund nicht mehr bewohnbar ist, da sie diesen nach eigenen Angaben für den Verkauf leergeräumt hat.

Die Polizei München spricht von bis zu 150 Anrufer*innen täglich, die in der letzten Märzwoche „Verstöße gegen Corona-Regeln“ gemeldet hätten. Im selben Zeitraum registrierte die Landeseinsatzzentrale der Polizei in Thüringen „136 Notrufe mit Hinweisen zu Verstößen“. Die Polizeidirektion Oldenburg in Niedersachsen berichtet von 28 Einsätzen in drei Tagen, die auf Hinweise aus der Bevölkerung zurückgehen. In „etwas über 40 Fällen“ habe es sich um falschen Alarm gehandelt.

Die hessische Polizei korrigiert eine Pressemitteilung, wonach es verboten sei „sich längerfristig in Parkanlagen für ein Picknick oder zum Sonnen niederzulassen“.

Private Sicherheitsfirma auf Patrouille in Bad Salzuflen (Bild: Stadt Bad Salzuflen).

Als weitere Stadt in Nordrhein-Westfalen beauftragt Bad Salzuflen ab sofort einen Sicherheitsdienst mit Kontrollen. Die Privaten sollen Menschenansammlungen verhindern und überprüfen, ob angeordnete Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. Die Mitarbeiter*innen nehmen auch Personalien auf. Ob anschließend ein Bußgeld verhängt wird entscheidet das Ordnungsamt.

2. April

Das Deutsche Ärzteblatt erläutert Details zum „Corona-Kabi­nett“ der Bundesregierung. Demnach tagt montags zur Lagebewertung das „Kleine Corona-Kabinett“ mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, (CDU), Bun­des­for­schungs­minis­terin Anja Karli­czek (CDU), Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Außenminister Heiko Maas (SPD), Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU), Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und dem Kanzleramtschef Helge Braun (CDU). Zu seinen Aufgaben gehören die Identifikation und das Monitoring der „großen Handlungsstränge“.
Das „große Corona-Kabinett“ trifft sich donnerstags mit Fachminister*innen für die jeweils unterschiedlichen Themen. Umgesetzt werden die Entscheidungen vom Krisenstab des Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter­iums (BMG) und des Innenministeriums.
Im BMG wurde ein „Beschaffungsstab“ eingerichtet, an dem auch das Auswärtige Amt, das Forschungsministerium und „Verbindungspersonen deutscher Unternehmen mit internationalem Geschäft“ teilnehmen. Dazu gehören die Firmen BASF, Fiege, Lufthansa, Otto und VW.

Weitere Bundesländer beschließen Bußgelder zu Verstößen für Verordnungen zum Schutz der Bevölkerung gegen COVID-19. In Hessen werden 200 bis zu 5.000 Euro kassiert, die höchste Summe müssen „Unbelehrbare“ bezahlen. Die Berliner Koalition einigt sich darauf, dass das Liegen auf Decken in Parks nunmehr zulässig ist, wenn ein Mindestabstand von fünf Metern eingehalten wird. Ansammlungen von mehr als zwei Personen im Freien bleiben verboten, für Familien gibt es Ausnahmen, die Ausweispflicht wurde wieder gestrichen. Personen, die touristisch nach Sachsen-Anhalt reisen, müssen dort mit 400 Euro Strafe rechnen.

Auch in bayerischen Gefängnissen werden nun Schutzmasken genäht. Ein „Textilzulieferer der Automobilindustrie“ schickt Masken-Rohlinge, die Gefangenen müssen diese verarbeiten und zurücksenden. Bestimmungsort ist das Zentrallager der Staatsregierung.

Die Bundesministerien für Inneres sowie Landwirtschaft wollen ausländischen Erntehelfer*innen nun doch die Einreise nach Deutschland erlauben. Im April und im Mai dürfen jeweils 40.000 Personen ausschließlich per Flugzeug einreisen, koordinieren sollen die Maßnahmen die Bauernverbände.

Auch in Niedersachsen und Bremen werden laut netzpolitik.org die Daten COVID-19-Erkrankter von Gesundheitsämtern an die Polizei weitergegeben. Bislang war dies nur zu Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern bekannt. Dies diene dem Schutz der Beamt*innen. Datenschützer*innen kritisieren die Maßnahme, unter anderem weil die Weitergabe an sämtliche Polizeipräsidien über einen E-Mail-Verteiler erfolgt. Die Länder Brandenburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Thüringen sprechen sich gegen eine solche Maßnahme aus, das saarländische Polizeipräsidium äußert Zweifel über eine Rechtsgrundlage. Nach dem Bericht bei netzpolitik.org räumt die Bremer Gesundheitssenatorin Fehler ein, die Daten bei der Polizei seien deshalb gelöscht. Auch die Landesdatenschutzbeauftragte in Niedersachsen hält die Weitergabe für unzulässig, da die Daten der ärztlichen Schweigepflicht unterlägen. Dort erging ebenfalls die Anweisung, keine Gesundheitsdaten mehr herauszugeben.

„Google Mobility Report“ für Sachsen vom 29. März 2020.

Google veröffentlicht weltweite „Mobility Reports“ auf Basis anonymer Bewegungsdaten von Smartphone-Nutzer*innen. Der Besuch von öffentlichen Orten oder Geschäften geht demnach in Deutschland stark zurück, während die Menschen häufiger zu Hause bleiben. Ein signifikanter Unterschied zwischen Bundesländern wie Berlin und Bayern ist dabei nicht zu erkennen.

Berliner Polizist*innen dürfen fortan Nahrungsgeschenke annehmen. In einer Anweisung „Annahme von Unterstützungsangeboten für Polizeidienstkräfte“ wird dies mit der „aktuellen COVID-19-Einsatzsituation“ begründet. Als Beispiele nennt der Senat Kaffee, Softgetränke, Energieriegel und Essen. Erlaubt wird auch die Annahme „von üblichen Gerichten/Lunchpaketen durch die allgemeine Gastronomie an zufällig präsente Dienstkräfte“.

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig bestätigt das durch den Kreis Nordfriesland verfügte Anreiseverbot zur Nutzung von Zweitwohnungen. Zur Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes des Bundes müsse der Kreis der Verbreitung des Virus entgegenwirken und die jeweils erforderlichen Maßnahmen treffen. Es sei korrekt wenn sich der Kreis darauf beruft, dass das Virus durch auswärtige Personen verbreitet werden könnte, die womöglich vorher im Skiurlaub gewesen sind. Am 22. März hatte bereits das Verwaltungsgericht bestätigt, dass die Anordnung der Landesregierung in Schleswig-Holstein zum Verlassen von Zweitwohnsitzen korrekt ist.

1. April

Merkel erklärt am 1. April die bundesweite Verlängerung der Maßnahmen gegen COVID-19.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die 16 Ministerpräsident*innen der Länder verabreden in einer Telefonkonferenz die Verlängerung der Beschränkungen des öffentlichen Lebens bis zum Ende der Osterfreien am 19. April. Fünf Tage vorher soll darüber erneut beraten werden.

Der Europäische Auswärtige Dienst nennt Berichte in ausländischen Medien, wonach die EU angesichts der Coronakrise handlungsunfähig ist und im Streit über gegenseitige Hilfe zerfallen könnte, Falschmeldungen. Diese werden im Lagebericht des STRATCOM EAST, einer Frühwarneinrichtung für Auswärtige Politik und Geheimdienste, gelistet. Die EU-Kommission hat eigene Richtigstellungen online gestellt, etwa dass die Mitgliedsstaaten „die besten Partner füreinander sind und bleiben“ und sich „zunehmend solidarisch“ zeigten. Auch das EU-Parlament will zu „Mythen über COVID-19″ aufklären.

Auch Abgeordnete erhalten keine Details zur Entwicklung der deutschen „Corona-App“ durch das Robert-Koch-Institut (RKI). So bleibt unklar, welche „zwölf Institutionen“ beteiligt sind und welche Funktionen diskutiert oder programmiert werden.

Test von PEPP-PT in einer Berliner Bundeswehrkaserne (Bild: Bundeswehr).
„Pan European Privacy Protecting Proximity Tracing“ (PEPP-PT) startete als Initiative aus 130 Wissenschaftler*innen und Firmen aus acht europäischen Ländern. Aus Deutschland nehmen daran mehrere Fraunhofer-Institute, die Universitäten Dresden, Erfurt, Berlin und München sowie Vodafone teil. In dem Projekt wird keine eigene „Corona-App“ entwickelt, sondern eine einheitliche Technologie zur Einbettung in „nationale“ Apps. Über den im Sommer 2013 ausgelieferten Funkstandard „Bluetooth Low Energy“ (Bluetooth LE) könnten in direkter Nähe befindliche Smartphones anonym Identifikationsdaten austauschen. Sollte eine Person später erkranken, werden alle während der Inkubationszeit lokal gespeicherten Kontakte gewarnt. Um welche infizierte Person es sich handelte, wird dabei nicht mitgeteilt, in PEPP-PT sollen auch keine Nutzer*innen- oder Kontaktinformationen offen gespeichert werden. Dies entspräche den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung. PEPP-PT könnte etwa in die vom RKI entwickelte „Corona-App“ oder die NINA-Warn-App integriert werden, sie soll auf derzeit 80% aller in Deutschland genutzten Smartphones funktionieren. PEPP-PT enthält eine Schnittstelle für Behörden. Dies sind nach derzeitigem Stand Laborbetreiber oder Gesundheitsämter, um eine Infektion in einem anonymisierten Verfahren zu verifizieren. Darüber soll ein Missbrauch der App ausgeschlossen werden. 60-80% aller Smartphone-Nutzer*innen müssten aus epidemiologischer Sicht eine „Corona-App“ installieren.

Das vom Fraunhofer Institut für Nachrichtentechnik (Heinrich-Hertz-Institut) und dem RKI mitentwickelte „Pan European Privacy Protecting Proximity Tracing“ (PEPP-PT) zur Feststellung von Infizierten wird von Soldat*innen in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin getestet. Dort ist auch das Kommando Territoriale Aufgaben untergebracht.

Laut Bloomberg bietet Palantir den EU-Mitgliedstaaten Unterstützung bei einer „Corona-App“ an. Die US-Firma, die auch für Geheimdienste arbeitet, sei hierzu mit Behörden in Frankreich, Deutschland, Österreich und der Schweiz im Gespräch. Das Angebot wurde vom österreichischen Bundeskanzleramt bestätigt. Während Gespräche mit der deutschen Bundesregierung ins Stocken geraten seien, habe Palantir mit der Regierung Nordrhein-Westfalens bereits einen Vertrag über 14 Millionen Dollar unterzeichnet.

Nach der Telekom übermittelt auch Telefónica Deutschland „Schwarmdaten“ an das Robert Koch-Institut. Dabei handele es sich um anonymisierte und aggregierte Mobilfunkdaten, die mit Partnerunternehmen erstellt werden. Zur Verfügung gestellt werden etwa die Anzahl der Reisen, die Streckenlängen und die Aufteilungen der Transportmittel wie Auto oder Flug.

Auch in den Berliner Männer-JVAs Tegel und Moabit müssen Inhaftierte jetzt Stoffmasken nähen. Sie leisteten damit ihren Beitrag zur Eindämmung der Coronakrise, erklärte Justizsenator Dirk Behrendt (Bündnis 90/Grüne). Ein Teil der Masken geht an den Verein Die Johanniter für die Altenpflege.

Die Bundeswehr verkündet, sie habe mit Stand vom 31. März von Körperschaften aus Bund und Ländern 250 Amtshilfeanträge erhalten, die in 45 Fällen bereits umgesetzt werden.

Offensichtlich gefälschter Aufruf zur Denunziation in Berlin.

Die Berliner Polizei distanziert sich von Aufrufen, Verstöße gegen die Corona-Verordnungen für eine Belohnung bei der Polizei zu melden. Entsprechende Plakate seien gefälscht.

In ihrer April-Ausgabe umreisst die Zeitung „Behördenspiegel“ Möglichkeiten zum Einsatz der Bundeswehr im Innern. Zu Wort kommt ein Rechtsanwalt und Oberstleutnant der Reserve, der die Bundeswehr in der Coronakrise als “Zusatzpolizei” für die Bundesländer bezeichnet, die mit „allen landesrechtlichen Befugnissen“ operieren und dabei auch „Infanterie-Handwaffen“ einsetzen dürfe. Fordere die Bundesregierung die Bundeswehr polizei-unterstützend an, seien sogar „militärtypische Einsatzmittel“ erlaubt. Als Beispiel nennt der Soldat die „Bewachung eines versorgungswichtigen Transports“ durch einen bewaffneten Radpanzer.

Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.