Polizeiproblem 11/2023

Ermittlungen gegen Polizist*innen:

1. November: Nach den Übergriffen auf Demonstranten am Kanzleramt am Dienstag in Berlin-Mitte ermittelt die Polizei gegen einen eigenen Beamten. Das LKA habe den Vorfall geprüft, teilte eine Sprecherin dem rbb dazu mit. Es habe sich demnach um einen Beamten in Zivil gehandelt gegen den nun wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt eingeleitet wurde. Der Mann hatte bei dem Einsatz zwei Aktivistinnen mit einem Pinsel im Gesicht mit oranger Farbe beschmiert. Anschließend legte er den Frauen Handschellen an. Andere Polizisten schritten dem Bericht zufolge nicht ein.

1. November: Ein Polizist in Berlin hat offenbar ohne jede Vorwarnung eine Aktivistin von hinten kraftvoll zu Boden gestoßen. Der Angriff erfolgte am vergangenen Samstag bei einem Prtest der Letzten Generation und Extinction Rebellion. Die Aktivistin schlug dabei wie auf einem Video zu sehen mit dem Gesicht auf und blieb mehrere Sekunden lang regungslos liegen. Zwei weitere Polizeibeamte halfen ihr auf die Beine. Eine Fachdienststelle des LKA ermittelt zu dem Vorfall wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt.

3. November: Wegen mutmaßlich antisemitischer Postings in einer privaten Chatgruppe hat die Polizei in Sachsen-Anhalt straf- und disziplinarrechtliche Ermittlungen gegen einen Polizisten eingeleitet. Der Hinweis darauf sei von Angehörigen der Landesbereitschaftspolizei gekommen.

23. November: Das Berliner Landeskriminalamt ermittelt unter anderem gegen den früheren Leiter des Kommissariats 533, das für Verfahren bei rechtsextrem motivierten Straftaten zuständig ist, wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt. Die Abteilung soll aus den Jahren 2020 und 2021 rund 300 Fälle rechter Straftaten nicht bearbeitet haben.

Anklage gegen Polizist*innen:

2. November: Fünf Beamte aus Nordrhein-Westfalen müssen sich laut dem WDR vor dem Kölner Landgericht wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten, einige von ihnen außerdem wegen Verfolgung Unschuldiger. Im April 2021 hatten die Angeklagten einen 59 Jahre alten Mann vor seinem Wohnhaus in Köln-Bickendorf festgenommen und offenbar misshandelt. Das Opfer musste anschließend ins Krankenhaus gebracht werden, dort wurden laut Anklage der Kölner Staatsanwaltschaft Rippenbrüche, Platz- und Schürfwunden diagnostiziert. Die Beamten haben den Mann demnach zu Boden gebracht, gefesselt, geschlagen und getreten. Außerdem sollen sie gegen den Geschädigten eine Anzeige wegen Widerstands geschrieben und dabei falsche Behauptungen aufgestellt und Fakten verschwiegen haben. Später war der Mann an einer Lungenentzündung und einer daraus folgenden Blutvergiftung gestorben.

25. November: In Berlin beginnt am 28. November vor dem Amtsgericht Tiergarten der Prozess wegen Untreue und Unterschlagung gegen einen Polizisten, der jahrelang Geld und Sachmittel aus der Kasse und Asservaten für verdeckte Operationen des LKA entnommen haben soll. Als Leiter des Kommissariats 653 soll der 61-Jährige die Logistik für verdeckte Ermittler, Vertrauensleute und den Zeugenschutz organisiert haben. In dieser Eigenschaft soll er auch geheime Adresslisten und Einsätze gekannt haben. Unter anderem soll er einen beschlagnahmten Porsche als Dienstwagen genutzt und diesen auch mit den Geldern reparieren lassen haben. Ursprünglich soll der von ihm verursachte Schaden bis zu 200.000 betragen haben, die Staatsanwaltschaft geht aber nur noch von 72.000 Euro aus, da wegen Verjährung nicht mehr alle Taten vor 2017 angeklagt werden können.

30. November: Am 19. Dezember soll in Dortmund der Prozess gegen fünf Polizist*innen beginnen, die am 8. August 2022 den 16-jährigen Mouhamed Dramé misshandelt und mit einer Maschinenpistole erschossen haben. Vor Gericht müssen sie sich nun dem Vorwurf der Anstiftung zu Körperverletzung, der gefährlichen Körperverletzung und in einem Fall des Totschlags stellen.

Tod nach Tasereinsatz:

5. November: In Köln starb laut der Polizei ein Mann, nachdem er in einem Mehrfamilienhaus von einem SEK „überwältigt“ wurde. Dabei kam auch ein Taser zum Einsatz. Die daraufhin „automatisch alarmierte“ Besatzung eines Rettungswagen habe einen Notarzt angefordert, da sich der als „Randalierer“ Bezeichnete „vor dem Haus und im Streifenwagen nicht beruhigen ließ“. Kurz nachdem der Mediziner dem Mann ein Medikament verabreicht hatte, sei dieser kollabiert und später in einem Krankenhaus gestorben.

Urteile gegen Polizist*innen:

6. November: Das Amtsgericht München verurteilt einen Polizisten der Beethoven-Wache wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 80 Euro. Der 27-jährige hatte am 10. Februar 2022 einen Mann, der bei einer Kontrolle am Hauptbahnhof wegen angeblicher Aggressivität festgenommen wurde, in der Arrestzelle geschlagen und gedemütigt. Ob insgesamt drei Beamte das Opfer außerdem brutal auf eine Pritsche fallen ließen, konnte vor Gericht nicht belegt werden. Der Vorfall wurde teilweise mit einer Bodycam gefilmt. Die Richterin wollte keinerlei Notwehrlage erkennen und kritisierte, dass der Angeklagte „kein Wort des Bedauerns“ für das Opfer gefunden habe.

10. November: Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat einen 34-jährigen Polizisten wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Ein weiterer, 48 Jahre alter Beamter erhielt wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten, ebenfalls zur Bewährung. Anfangs waren drei Polizeibeamte angeklagt, einer von ihnen wurde jedoch freigesprochen. Verhandelt wurde ein Vorfall vom November 2016, bei dem ein Drogenhändler über eine bevorstehende Razzia gewarnt wurde. Ebenfalls 2016 sollen die Angeklagten zwei Dealer in einem U-Bahnhof geschlagen und getreten haben, während diese gefesselt am Boden lagen. Im dienstlichen Schrank eines der Angeklagten wurden zudem drei Kugeln eines Heroingemischs gefunden. gegen das Urteil haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidiger Berufung eingelegt.

21. November: Ein Berliner Gericht verurteilt einen wegen Beleidigung vorbestraften Polizisten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, Körperverletzung im Amt und Sachbeschädigung zu 14.000 Euro Strafe (140 Tagessätze à 100 Euro) sowie 6 Monaten Fahrverbot. Der 45-Jährige hatte mit seinem Zivilfahrzeug im Dienst im Juli 2022 einen Radfahrer auch auf den Gehweg verfolgt, sodass dieser stürzte und sich Verletzungen zuzog.

23. November: Bereits Ende Oktober hat das Landgericht Stralsund ein Urteil des Amtsgerichts Stralsund vom Mai 2022 gegen einen Polizisten bestätigt, die Höhe der Geldstrafe aber gesenkt. Der Beamte und als Corona-Leugner bekannte AfD-Politiker hatte den Notruf 110 missbraucht, weil er das Tragen von Masken ablehnte. Dafür muss er nun eine Geldstrafe von 60 Tagesätzen zu je 50 Euro zahlen.

Waffenprobleme:

9. November: Nach einem Schießtraining der Brandenburger Polizei sollen im Jahr 2021 rund 4.400 Patronen verschwunden sein, vermutete zuerst der Landesrechnungshof. Zehn Polizisten sollen demnach in zwei Tagen 12.000 Patronen verschossen haben – eine zu hohe Zahl, wie die Prüfer befanden. Das Brandenburger Innenministerium hat diesen Verdacht überprüft, sei aber an die Grenzen seiner Ermittlungsbefugnisse gekommen. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft zu dem Fall prüft den Anfangsverdacht einer Straftat.

Polizeischüsse:

14. November: In Gummersbach hat die Polizei einen angeblich „aggressiven“ Ladendieb in der Fußgängerzone niedergeschossen und dabei auch zwei Unbeteiligte verletzt. Der 30-jährige Beschuldigte soll in einem Supermarkt Bierdosen gestohlen und eine Mitarbeiterin bedroht haben. Drei Polizisten hätten versucht, den Mann zu stellen, dabei habe dieser einen der Polizisten mit einem Messer im Gesicht verletzt. Daraufhin feuerten die Beamte mehrere Schüsse ab. Einer der Passanten erlitt eine Schussverletzung im Oberschenkel, der andere einen Streifschuss.

Polizeiliche Todesschüsse:

26. November: Ein 25-Jähriger ist an seinen schweren Verletzungen nach einem Polizeischuss vom 20. November in Delmenhorst gestorben. Der Mann habe die Beamt*innen nach Polizeiangaben bei einem Einsatz wegen wegen Streitigkeiten in einem Mehrfamilienhaus mit einer Axt angegriffen, diese hätten die Waffe gezogen. Trotz sofortiger Notversorgung und Reanimation sei das Opfer am Sonntag in einem Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen, erklärte die Polizei Cloppenburg. Die beiden 25- und 27-jährigen Beamt*innen blieben unverletzt.

Beitragsbild: Polizei Berlin.

Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.