Vor zwei Jahren wurden beim rechtsextremen Neonazi-Treffen „Tag der Ehre“ in Budapest neun mutmaßliche oder tatsächliche Teilnehmer angegriffen und verletzt. Ungarns Justiz hat 18 Verdächtige aus Deutschland, Italien, Albanien und Syrien identifiziert, die in Haft sitzen, Haftverschonung erhalten haben oder noch gesucht werden. Ihnen wird gefährliche Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, teilweise auch versuchter Mord. In Ungarn drohen ihnen Freiheitsstrafen von bis zu 24 Jahren. Da einige Beschuldigte in Deutschland im Zusammenhang mit dem sogenannten „Antifa-Ost-Komplex“ gesucht werden, finden auch hier Verfahren statt. Grenzüberschreitende Repression im Budapest-Komplex weiterlesen
Archiv der Kategorie: Meldungen Inland
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G10-Maßnahmen im Jahr 2022
Am 17. Dezember 2024 legte das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) seinen Bericht über die Abhör- und Postkontrollmaßnahmen der Geheimdienste des Bundes (Bundesamt für Verfassungsschutz – BfV, Bundesnachrichtendienst – BND und Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst – BAMAD) nach dem Artikel 10-Gesetz (G10) für das Jahr 2022 vor.[1] Über die Maßnahmen selbst wird in der G10-Kommission des Bundestages entschieden, sowohl über die erstmalige Anordnung als auch die Fortführung alle drei Monate, sofern diese von den Diensten beantragt wird. Diese unterrichtet wiederum das PKGr, dem die allgemeine Kontrolle über das G10-Gesetz obliegt. G10-Maßnahmen im Jahr 2022 weiterlesen
Befugnisse im PolG NRW verfassungswidrig
Mit Beschluss vom 14. November 2024 (Az.: 1 BvL 3/22) entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), dass die Bestimmungen im nordrhein-westfälischen Polizeigesetz (PolG NRW) zur längerfristigen Observation bei gleichzeitigem Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und -aufzeichnungen mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung unvereinbar sind. Das Verfahren war dem Verfassungsgericht vom Bundesverwaltungsgericht vorgelegt worden, das über die Revision einer Klägerin zu entscheiden hatte, die selbst nicht Zielperson der Überwachung war. Sie war jedoch im Rahmen der Observation einer als sog. ‚Gefährder‘, aus dem Spektrum politisch rechts motivierter Kriminalität, eingestuften Person mehrfach beobachtet und fotografiert worden. Befugnisse im PolG NRW verfassungswidrig weiterlesen
Kooperation der Bundespolizei mit der VR China
Dass Bundespolizist*innen sich im Ausland nicht immer in bester Gesellschaft bewegen, ist spätestens bekannt, seit 2011 der Skandal um die Ausbildungsmission für den saudi-arabischen Grenzschutz bekannt wurde, die Teil eines Deals zum Verkauf eines EADS-Überwachungssystems an Riad war. Eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion zu „transnationaler Repression“ brachte nun ans Licht, dass die Bundespolizei auch regelmäßige Beziehungen zum Repressionsapparat der Volksrepublik China pflegt.[1] Demnach gebe es zwar keine „klassische Aus- und Fortbildung“ in Form von Lehrgängen für chinesische Polizeibeamt*innen, aber immerhin 37 „Kooperationsvorhaben“ werden für den Zeitraum von 2015 bis 2024 dokumentiert. Kooperation der Bundespolizei mit der VR China weiterlesen
100 Tage Bundespolizeibeauftragter
Marie-Theres Piening
In den letzten zehn Jahren wurden in einigen Bundesländern Landespolizeibeauftragtenstellen geschaffen; seit dem 14. März 2024 hat auch der Deutsche Bundestag in der Person Uli Grötsch seinen ersten Bundespolizeibeauftragten. Uli Grötsch, ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter und zuvor über 20 Jahre als Polizeibeamter in Bayern tätig, legte Ende Juni einen „100 Tage“-Bericht vor, der erste Einblicke in seine Arbeit gibt.[1]
Im Bericht wird daran erinnert, dass eine „unabhängige[n] Stelle[n] zur Untersuchung von Beschwerden gegen mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige der Polizei“ von Menschenrechtsorganisationen sowie mit dem Themenfeld Polizeigewalt und Rassismus befassten Wissenschaftler*innen bereits seit den 80er Jahren gefordert wird. Weiter wird die „gewichtige Aufgabe“ der Stelle betont, „strukturelle Mängel und Fehlentwicklungen bei den Polizeien des Bundes aufzudecken und zu untersuchen“ (S. 3). Als „allererste Aufgabe“ nennt der Bericht den Aufbau von Vertrauen – in der Bevölkerung und der Polizei. Racial Profiling dürfe es nicht geben. Ferner gehe es darum, „Bürger:innen und Polizei näher zusammenzubringen und signifikant für ein partnerschaftliches Verhältnis von Polizei und Gesellschaft einzutreten“ (S. 4). 100 Tage Bundespolizeibeauftragter weiterlesen
BKA-Gesetz teilweise verfassungswidrig
Verschiedene Vorschriften des Gesetzes über das Bundeskriminalamt (BKAG) verstoßen gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Urteil vom 1. Oktober 2024 (Az. 1 BvR 1160/19) festgestellt und den Bundestag verpflichtet, bis spätestens 31. Juli 2025 nachzubessern. Die Verfassungsbeschwerde wurde von Rechtsanwält*innen, Aktivist*innen und Fußballfans erhoben und von der NGO Gesellschaft für Freiheitsrechte koordiniert. Im Urteil bemängelte das Gericht die Befugnis des BKA zur heimlichen Überwachung der Kontaktpersonen von Tatverdächtigen im Bereich des Terrorismus sowie die Verarbeitung bereits erhobener personenbezogener Daten in den Datenbanken von Bund und Ländern. BKA-Gesetz teilweise verfassungswidrig weiterlesen
Teile des „Sicherheitspakets“ seit Ende Oktober in Kraft
Am 31. Oktober 2024, nur 52 Tage nachdem das Kabinett den Entwurf beschlossen hatte, trat mit dem Gesetz zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems der erste Teil des „Sicherheitspakets“ in Kraft,[1] mit dem die Ampel-Regierung nach den tödlichen Messerangriffen von Mannheim und Solingen harte Kante zeigen wollte. Der zweite Teil des Pakets, das Gesetz zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung, war hingegen am 18. Oktober im Bundesrat abgelehnt worden.
Mit dem neuen Gesetz wurde, erstens, das Bundesverfassungsschutzgesetz geändert, um den Geheimdiensten die Überwachung von Finanzströmen zu erleichtern. Nachdem die Innenministerkonferenz (IMK) bereits 2020 eine Arbeitsgruppe zur Erarbeitung von Maßnahmen zur Aufklärung von Einnahmequellen rechtsextremer Organisationen eingesetzt hatte,[2] war ein entsprechender Prüfauftrag in den Ampel-Koalitionsvertrag aufgenommen worden.[3] Ohne Aufsehen wurde nun § 8a BVerfSchG geändert, um „besondere Auskunftsverlangen“ der Dienste zu Bestands- und Transaktionsdaten bei Banken und anderen Finanzunternehmen auch dann zu ermöglichen, wenn keine Gewaltaffinität der beobachteten „Bestrebungen“ erkennbar ist. Bewegten sich die von den G10-Kommissionen zu genehmigenden Auskunftsverlangen bislang im niedrigen zweistelligen Bereich pro Jahr,[4] ist nun ein deutliches Wachstum zu erwarten. Dabei ist absehbar, dass nicht nur Rechtsextreme ins Visier geraten. Teile des „Sicherheitspakets“ seit Ende Oktober in Kraft weiterlesen
HVSG teilweise verfassungswidrig
Durch Beschluss vom 17. Juli 2024 (Az.: 1 BvR 2133/22) entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), dass Teile des Hessischen Landesverfassungsschutzgesetzes (HVSG) nicht vereinbar mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG) sind. Laut Beschluss sieht das Gesetz zum Teil zu weitreichende Befugnisse des hessischen Landesamts für Verfassungsschutz zur Erhebung und Übermittlung von Daten vor, für die keine hinreichenden „Eingriffs- und Übermittlungsschwellen“ normiert wurden. Im Einzelnen betrifft dies die Ortung von Handys, die Abfrage von Reisedaten, den Einsatz verdeckter Mitarbeiter*innen sowie die Übermittlung von Daten an Strafverfolgungsbehörden und sonstige inländische öffentliche Stellen.
Die Befugnis zur Ortung von Mobilfunkendgeräten ließ eine längerfristige Nachverfolgung zu, die die Erstellung eines Bewegungsprofils ermöglichte. Ein solches Bewegungsprofil konnte auch durch die Abfrage von Reisedaten erstellt werden. Eine zeitliche Beschränkung der Anordnung sah das Gesetz nicht vor, so konnten „… sämtliche zum Zeitpunkt der Anordnung noch gespeicherten Reisebewegungen sowie alle künftigen im möglichen Anordnungszeitraum liegenden oder auch nur gebuchten Reisebewegungen abgefragt werden.“ HVSG teilweise verfassungswidrig weiterlesen
TKÜ-Bilanz für 2022
Im Frühjahr 2024 veröffentlichte das Bundesamt für Justiz neue Zahlen zu elektronischen Überwachungsmaßnahmen.[1] Demnach wurden 2022 15.451 Abhörmaßnahmen gegen Telefonanschlüsse angeordnet, davon 13.035 Erstanordnungen (insgesamt 1.774 weniger Anordnungen als im Vorjahr). Mehr als ein Drittel der Anordnungen ergingen in Ermittlungen gegen mutmaßliche Drogenhändler*innen, weitere Schwerpunkte waren Betrugskriminalität (2.230), Mord und Totschlag (1.858), bandenmäßige Begehung von Diebstahl und Einbrüchen (1.452) sowie Staatsschutzdelikte (1.052). In 49 Fällen (2021: 24) erfolgte die Abhörmaßnahme durch einen Eingriff in ein informationstechnisches System, als so genannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Die Zahl der Anordnungen lag mit 94 (2021: 35) etwa doppelt so hoch. Ein Hinweis darauf, dass den Ermittler*innen die Durchführung technisch nicht immer möglich ist. TKÜ-Bilanz für 2022 weiterlesen
Zahl erfasster Flugpassagierdaten steigt weiter an
In Deutschland werden immer mehr Daten von Flugpassagier*innen erfasst, die in die EU einreisen oder innereuropäische Flugverbindungen nutzen. Das ist das Ergebnis einer Kleinen Anfrage[1] der Gruppe Die Linke im Bundestag. Wurden 2022 noch 424,3 Mio. Datensätze an das Fluggastdaten-Informationssystem übermittelt, waren es 2023 453,7 Mio. Datensätze. Betroffen waren 125,7 Mio. Fluggäste. Die Fluggastdaten (Passenger Name Records, PNR) werden mit den Daten aus der Fahndungsdatenbank INPOL und dem Grenzfahndungsdatenbestand, dem Schengener Informationssystem, dem EU-Visa-Informationssystem und der Datei über gestohlene und verlorene Reisedokumente (Stolen & Lost Travel Documents, SLTD) von Interpol abgeglichen. Festgestellt wurden 377.363 „technische“ Treffer, also Übereinstimmungen bei einzelnen Datenpunkten (2022: 441.608). Zahl erfasster Flugpassagierdaten steigt weiter an weiterlesen