Polizeiproblem 1/2024

Ermittlungen gegen Polizist*innen:

2. Januar: Zwei Jahre nach dem Tod des Hamburger Bereitschaftspolizisten Marc André Horn ermittelt die Staatsanwaltschaft Stralsund nun gegen fünf Beschäftigte der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern. Laut einer Meldung des NDR besteht der Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung des Beamten der Hamburger Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE). Obwohl er sportlich durchtrainiert war, brach der 24-Jährige bei einer nächtlichen Geländeübung mehrfach zusammen und starb. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hätte der kritische Gesundheitszustand für die Ausbilder erkennbar sein können.

23. Januar: Zwei Angehörige der Polizei Berlin stehen im Verdacht, eine Corona-Teststelle betrieben, dabei ohne vorherige Testungen Gefälligkeitsergebnisse ausgestellt und die nicht erbrachten Leistungen abgerechnet zu haben. Im Auftrag der Staatsanwaltschaft hat das Landeskriminalamt deshalb vier Durchsuchungsbeschlüsse an Wohn- und Geschäftshäusern vollstreckt und Beweismittel beschlagnahmt. Neben den strafrechtlichen Ermittlungen werden auch dienstrechtliche Konsequenzen geprüft.

26. Januar: Ein Berliner Polizist einer Funkwagenbesatzung, die ohne Blaulicht und Martinshorn zu einem Einsatz unterwegs war und dem Auto einer 61-Jährigen kollidierte, war hatte laut einer Atemalkoholkontrolle 0,6 Promille im Blut. Die Polizei prüft disziplinarrechtliche Maßnahmen.

Waffenprobleme:

3. Januar: Im Landeskriminalamt in Schleswig-Holstein sind angeblich Waffen weggekommen, die von einem Waffensammler stammen dem die Waffenbehörde seine waffenrechtliche Erlaubnis 2018 entzogen hatte. Der Mann hatte die Asservate durchsehen dürfen und sei auf falsch registrierte und fehlende Waffen gestoßen, so ein Bericht.

Anklage gegen Polizist*innen:

4. Januar: Eine mittlerweile 45 Jahre alte Kriminalhauptkommissarin soll im Rahmen ihrer Tätigkeit in einem Rauschgiftdezernat in Berlin Teile von kurz zuvor im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen beschlagnahmten Kokains für sich abgezweigt haben. Die Staatsanwaltschaft hat gegen sie nun Anklage wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Verwahrungsbruch zum Amtsgericht Tiergarten erhoben.

12. Januar: In Mannheim beginnt vor dem Landgericht der Prozess gegen zwei Polizisten wegen des Todes von Ante P. in Folge eines gewaltsamen Einsatzes am 2. Mai 2023. P. soll weder bewaffnet noch überhaupt eines kriminellen Deliktes verdächtig gewesen sein, als ihn die beiden Polizisten ansprachen. Er war schon länger Patient des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) und wollte an diesem Montag im offenen stationären Betrieb aufgenommen worden, weil er unter Ängsten und Unruhe litt. Der Oberkommissar soll P. erst Pfefferspray ins Gesicht gesprüht und ihn bei der Festnahme viermal ins Gesicht geboxt haben. Weder den Pfeffersprayeinsatz, noch die Schläge sieht die Staatsanwaltschaft als gerechtfertigt an. Dem Angeklagten werden deshalb versuchte gefährliche Körperverletzung sowie Körperverletzung im Amt mit Todesfolge vorgeworfen. Auf Grundlage eines gerichtsmedizinischen Gutachtens geht die Staatsanwaltschaft außerdem davon aus, dass P. an den Folgen der Gewalt gestorben sein kann: Da er mit Nasenbluten durch die Faustschläge und bäuchlings auf dem Boden fixiert worden sei, habe er kaum atmen können. Dem Polizeihauptmeister wird deshalb fahrlässige Tötung durch Unterlassen vorgeworfen, da er diese gefährliche Situation zuließ und nicht änderte. Der Tod hätte „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dadurch vermieden werden können“ so die Staatsanwaltschaft.

25. Januar: Nach einem Schuss aus der Dienstwaffe eines Polizisten beim Fußball-Bundesligaspiel zwischen dem FC Augsburg und Borussia Mönchengladbach im August 2023 hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Schützen erhoben. Sie wirft dem USK-Beamten gefährliche Körperverletzung im Amt und Sachbeschädigung vor. Damals hatten mehrere Polizisten, die mit in einem Einsatzfahrzeug saßen, Knalltraumata erlitten. Ein Beamter war durch einen Glassplitter verletzt worden.

29. Januar: Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat ein Disziplinarverfahren gegen einen Polizisten aus Niedersachsen wegen des Besitz und Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie, Bestechlichkeit, Verletzung des Dienstgeheimnisses eingeleitet; vor dem Landgericht Aurich ist der 29 Jahre alte Beamte der Polizeiinspektion Leer wegen der Taten zwischen 2017 und 2022 nun auch angeklagt. In mindestens 18 Fällen soll er heimliche Videos mit sexuellen Darstellungen gedreht haben, in mehreren Fällen beim Sex seine Polizeiuniform getragen haben. Er soll außerdem gegen Geld Datenbanken der Polizei nach Informationen durchsucht haben.

Polizeischüsse:

4. Januar: Polizisten haben in Weingarten im Südosten Baden-Württembergs auf einen Mann geschossen, von dem sie sich angeblich bedroht gefühlt hätten. Dieser sei verletzt und in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Die Polizei war zuvor wegen eines Konflikts auf dem Münsterplatz alarmiert worden.

15. Januar: Bei einer Verfolgungsfahrt hat die Polizei in Kassel „mehrfach“ auf den Wagen eines Mannes geschossen. Der 51-Jährige sei nach bisherigen Ermittlungen dringend verdächtig, bei seiner Flucht mit dem Auto auf Polizisten zugefahren zu sein, so die Staatsanwaltschaft Kassel und das Polizeipräsidium Nordhessen. Die Beamten hätten nur durch einen Sprung zur Seite verhindern können, von dem Fahrzeug erfasst zu werden. Nun wird gegen den Beschuldigten wegen des Verdachts auf einen versuchten Tötungsdelikts ermittelt. Zwei Polizisten seien bei der Festnahme leicht verletzt worden. Vor dem Vorfall soll der Mann zwei Frauen mit einem Messer bedroht haben und daraufhin mit seinem Auto geflohen.

18. Januar: Nachdem ein Autofahrer auf Polizist*innen in Zivil zu gefahren sein soll, hätten diese nach Angaben der Polizei mehrere Schüsse in Richtung des Fahrzeugs abgegeben. Ob der Fahrer dadurch verletzt wurde, war zunächst nicht bekannt, da dieser entkam. Die Zivilbeamt*innen hätten den Mann kontrollieren wollen, da dieser zu schnell und mit einem falschen Kennzeichen gefahren sein soll.

26. Januar: Eine Geiselnahme in einem Geschäft in der Ulmer Innenstadt wurde von der Polizei durch „Schusswaffengebrauch“ beendet. Der mit einer täuschend echten Soft-Air-Waffe bewaffnete Mann, ein früherer Bundeswehrangehöriger, wurde festgenommen. bei sich getragen. In einer Tasche und in einem Wagen seien weitere Waffen entdeckt worden, darunter Messer, Äxte sowie eine Machete, so die Polizei.

Tod nach Taser:

6. Januar: Ein junger Mann aus Guina ist nach einem Polizeieinsatz in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Mülheim gestorben. Die Schilderung lässt auf eine Ausnahmesituation schließen. Das Opfer wurde vor seinem Tod zwei Mal mit dem Taser beschossen, nach Angaben der Polizei „im Verlauf von Widerstandshandlungen“. Die Polizei spricht von einem „dynamische[n] Geschehen“ zunächst in einen Flur, das sich später in einen Innenhof verlagert habe. Der Mann war laut einer Obduktion „erheblich vorerkrankt“. Inwiefern der Taser jedoch todesursächlich war, konnte nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft zunächst nicht geklärt werden. Ob der in sozialen Medien als Ibrahim Bary benannte Tote wirklich wie angegeben 26 Jahre alt war, ist unklar. Eine erkennungsdienstliche Behandlung habe laut Polizei gezeigt, dass der Mann in der Vergangenheit verschiedene Alias-Namen und unterschiedliche Geburtsdaten angegeben hatte.

Tod im Polizeigewahrsam:

9. Januar: Im Gewahrsam des Polizeipräsidiums Aachen ist am Montagmorgen ein 28-Jähriger verstorben. Gegen den Mann mit deutscher Staatsangehörigkeit lag ein Haftbefehl vor, seine Festnahme erfolgte am Sonntagabend. Ursache und Umstände des Todesfalles werden nun in einem Todesermittlungsverfahren untersucht. Hierzu hat die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht eine Obduktion beantragt, das Ergebnis kam am Dienstagnachmittag. Dabei sei keine Gewalteinwirkung festgestellt worden. Weitere Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden lägen nicht vor. Zusätzliche rechtsmedizinische Gutachten sollen für Aufklärung sorgen.

Urteile gegen Polizist*innen:

12. Januar: Nach sieben Jahren hatte das Amtsgericht Tiergarten einen 47-jährigen Polizisten im Oktober freigesprochen. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat nun ihre Berufung gegen das Urteil zurückgezogen. Dem Mann war unter anderem Strafvereitelung und Geheimnisverrat vorgeworfen worden. Er soll außerdem von einem Heroinhändler Schmiergeld erhalten haben, dieser Vorwurf wurde aber nicht mehr verhandelt. Im Rahmen der Ermittlungen waren zwei weitere Polizisten ins Visier geraten. Alle drei hätten „durch viele Festnahmen ausgezeichnet“, sagten Kollegen vor Gericht aus. Trotzdem hatte das Amtsgericht Tiergarten die beiden anderen im November wegen Körperverletzung im Amt und Geheimnisverrats verurteilt.

Rassistische Polizist*innen

19. Januar: Ein Beamter der sogenannten Kotti-Wache in Berlin soll sich am 13. Januar antisemitisch geäußert haben, es wurden deshalb straf- und disziplinarrechtliche Maßnahmen eingeleitet. Zum Vorwurf heißt es, der Mann habe im Aufenthaltsraum der Wache „abwertend gegenüber Juden“ gesprochen. Ein Springer-Medium berichtet mit Bezug auf Mitarbeiter*innen, in diesem Gespräch sei auch das Wort „Gaskammern“ gefallen.

Tödliche Polizeischüsse:

30. Januar: Drei Polizisten habeneinen 40 Jahre alten Frankfurter mit argentinisch-spanischer Staatsangehörigkeit erschossen, der zuvor – offenbar wahllos – zwei Frauen im Stadtteil Sachsenhausen mit einem Messer angegriffen hatte. Eine der Frauen wurde dabei im Gesicht und am Hals verletzt. Als die alarmierten Einsatzkräfte am Tatort eintrafen, sei die Situation eskaliert. Der Mann hatte in einer Einrichtung für Personen mit psychischen Beeinträchtigungen gelebt. Womöglich durch einen Querschläger wurde außerdem ein 21 Jahre alter Mann verletzt. Zeugen hatten zunächst von vier abgegebenen Schüssen gesprochen, es sollen jedoch weitaus mehr sein.

Beitragsbild: Das Ordnungsamt in Reinickendorf erhält eine „Schutzausstattung“ (Bezirksamt Reinickendorf, Dezember 2023).

Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.