Polizeiproblem 10/2023

Ermittlungen gegen Polizist*innen:

5. Oktober: Ein halbes Jahr nach einem tödlichen Polizeieinsatz in Niederlehme in Brandenburg ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen mehrere Polizeibeamte. Die Ermittlungen seien aufgrund einer Anzeige von Angehörigen eines toten 45-Jährigen eingeleitet worden, sagte Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) dem RBB zufolge im Rechtsausschuss des Landtags. Wie viele Polizeibeamte betroffen sind, sagte die Ministerin nicht. Diese hatten Pfefferspray gegen das Opfer eingesetzt und dieses gefesselt. Der Mann wurde laut der Polizei ohnmächtig und starb tags darauf im Krankenhaus.

30. Oktober: Ein Polizeischüler an der Hochschule der Polizei (FH) in Rothenburg in Sachsen ist wegen eines Rechtsextremismus-Verdachts suspendiert worden. Der 18-Jährige darf deshalb nicht mehr an der Ausbildung teilnehmen. Wegen des Vorwurfs der Beleidigung sowie der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wird gegen ihn strafrechtlich ermittelt. Seit dem 1. September 2022 war der Mann an der Polizeifachschule Schneeberg eingeschrieben.

Polizeiliche Todesschüsse:

11. Oktober: Laut einer Pressemitteilung der Polizei Bielefeld und der Staatsanwaltschaft Paderborn soll ein Mann in Delbrück einen 27-jährigen Polizeibeamten mit einem „längeren Küchenmesser“ angegriffen haben. Dieser schoss ihm daraufhin in den Kopf. Der Erschossene soll sich in einem „psychischen Ausnahmezustand“ befunden haben, so die Polizei, deshalb habe der Beamte aus Notwehr gehandelt. Der Mann sei mit Suizidabsichten als vermisst gemeldet gewesen und auch unter Einsatz eines Hubschraubers gesucht worden. Nach Hinweisen zu dem Aufenthaltsort des Gesuchten seien die Polizist*innen ohne psychologische Unterstützung dorthin gefahren. Eine solche Expert*in hätte „auf die Schnelle“ nicht zum Einsatzort beordert werden können, sagte eine Sprecherin später. Ersten Angaben nach waren die Bodycams der Polizisten nicht eingeschaltet.

Tod bei Polizeieinsatz:

4. Oktober: Bei der Flucht eines mutmaßlichen Schleusers vor der Bundespolizei ist dessen Fahrzeug in Burghausen (Landkreis Altötting) tödlich verunfallt, der 25-jährige Fahrer sowie ein 33-jähriger Insasse wurden teilweise schwer verletzt. Der Fahrer sei aus dem Auto gesprungen, der abschüssig stehende Wagen anschließend über ihn gerollt.

13. Oktober: Bei einem Unfall mit einem mutmaßlichen Schleuserfahrzeug auf der Autobahn bei Ampfing, östlich von München, sind mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen, zahlreiche weitere wurden teils schwer verletzt. Der Transporter sei einer Streife der Bundespolizei aufgefallen und verfolgt worden. Der Fahrer habe beschleunigt und schließlich die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren, das sich mehrfach überschlug. Darin sollen sich mehr als zwanzig Geflüchtete befunden haben, darunter auch Kinder.

13. Oktober: Zwei Tage nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei und einem anschließenden Unfall in Cottbus ist der jugendliche Fahrer gestorben. Dieser war mit einem Freund mit einem gestohlenen Auto unterwegs und bei der Verfolgungsjagd gegen einen Baum geprallt. Der 15-Jährige wurde ebenfalls verletzt.

16. Oktober: In Hainichen (Mittelsachsen) starb bei einer Abschiebung ein Asylbewerber, der gemäß der Dublin-Verordnung mit der Polizei in die Niederlande überstellt werden sollte. Der 33-jährige Nigerianer sprang dabei vom Balkon seiner Wohnung und verstarb an den Folgen der schweren Verletzungen.

Polizei und Datenschutz:

26. Oktober: Das LKA in Kiel hat jahrelang einen „Einmalabgleich“ der DNA-Spuren von Beschuldigten vorgenommen. Diese wurden automatisch mit der Bundesdatenbank des BKA abgeglichen und die Betroffenen damit unter Generalverdacht gestellt. Die dabei erlangten Erkenntnisse wurden schließlich für weitere Ermittlungen genutzt. Das Landgericht Kiel hat diese jahrelange und standardisierte Praxis in einem Urteil für rechtswidrig erklärt und auf das Beweisverwertungsverbot hingewiesen.

Polizeischüsse:

31. Oktober: In Köln-Blumberg hat die Polizei einen 16-Jährigen mit mindestens einem Schuss aus der Dienstwaffe verletzt. Dieser soll laut Zeug*innen Umstehende mit einem Messer verfolgt und bedroht haben. Der Mann wurde daraufhin in einem Krankenhaus intensivmedizinisch versorgt.

Bild: Polizeikontrolle auf der Sonnenallee (Christian Ditsch).

 

Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.