Polizeiproblem 8/2023

Ermittlungen gegen Polizist*innen:

1. August: Die Polizei in Berlin hat in den vergangenen zwei Jahren in etwa 300 Fällen politisch problematische Äußerungen von Polizisten untersucht. In rund 160 Fällen führte dies auch zu strafrechtlichen Ermittlungen. Zuständig für solches Fehlverhalten war seit April 2021 die polizeiinterne Ermittlungsgruppe „Zentral“ des LKA, die nun in ein Fachkommissariat für politisch motivierte Dienstvergehen umgewandelt wird.

2. August: Die Polizei in Thüringen hat ein Disziplinarverfahren gegen einen Polizisten eröffnet, der am Montag in Gera eine Demonstrantin umarmt hatte. Bei dem Protest handelte es sich um eine sogenannte „Montagsdemonstration“. Einige rund 300 Teilnehmenden marschierten dabei in Sträflingskleidung sowie deutschen und russischen Nationalflaggen. Videos davon kursierten auf Twitter. Demnach wurde die Impfkampagne der Bundesregierung zur Corona-Pandemie als „Völkermord“ bezeichnet. Ebenfalls auf Twitter hatte die Polizei bereits am Dienstag mitgeteilt, dass gegen den Beamten disziplinarische Ermittlungen „bezüglich eines möglichen Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot und die Erforderlichkeit organisationaler Maßnahmen“ geprüft werde.

2. August: Fünf Beamte im Alter zwischen 22 und 25 Jahren sind laut der Essener Staatsanwaltschaft verdächtig, ein Video aus dem Bereich der Kinderpornografie zu besitzen. Privaträume und Arbeitsplätze der Beschuldigten wurden durchsucht. Die Vorwürfe beziehen sich demnach auf einen Tatzeitraum, in dem sich die Männer noch in der Ausbildung befanden. Danach waren drei von ihnen bis zuletzt am Polizeipräsidium Recklinghausen und jeweils einer bei der Polizeibehörde in Kleve am Niederrhein und Borken im Münsterland tätig. Nach dpa-Informationen soll es sich um Polizeikommissare und Beamte auf Probe handeln.

3. August: Nach Beschwerden über ein „Klima der Angst“ an der Thüringer Polizeischule in Meiningen wird jetzt offenbar intern gegen mehrere Polizeianwärter ermittelt. Laut der „Thüringer Allgemeinen“ geht es um acht Tatverdächtige. Die Vorwürfe sollen auf Körperverletzung und Beleidigung lauten. Außerdem werde die mutmaßliche Nachstellung außerhalb des Dienstes und versuchter sexueller Nötigung von Polizeianwärterinnen untersucht. Zudem werde auch gegen zwei ehemalige Beamte der Polizeischule wegen versuchter sexueller Missbrauch von Polizeischülern ermittelt. Ein ehemaliger Bediensteter stehe im Verdacht, eine Polizeianwärterin sexuell motiviert beleidigt zu haben.

15. August: Die Polizei hat einen Hauptkommissar aus Charlottenburg-Wilmersdorf nach Durchsuchungen verhaftet. Er soll mit dem zivilen Dienstauto seiner Direktion nach seinem Dienst einem Autofahrer 57.000 Euro Bargeld Bargeld und zwei Mobiltelefone geraubt haben. Der Vorfall mit einem unbekannten Mittäter soll sich am 19. Juli 2023 auf der Stadtautobahn ereignet haben. Der 48-jährige Polizeibeamte soll den 62-jährigen Geschädigten mit Sondersignalen und Polizeikelle herausgewunken und dabei seine Dienstwaffe im Holster getragen haben. Anschließend sei der Mann mit Handschellen gefesselt und in das Polizeifahrzeug gebracht worden. Nach den angeblichen Maßnahmen soll der Kommissar dem Opfer ein Sicherstellungsprotokoll ausgehändigt haben. Darin habe jedoch das beschlagnahmte Geld gefehlt. Die Vollstreckung des Haftbefehls soll zwar außer Vollzug gesetzt, dem Mann aber der Dienst mit sofortiger Wirkung verboten worden sein.

15. August: Gegen Bedienstete der sächsischen Hochschule der Polizei, der Bereitschaftspolizei sowie der Polizeidirektion Zwickau wird wegen rechtsextremistischer Vorfälle ermittelt. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken im Landtag hervor. Offenbar habe sich der Verdacht gegen drei Polizeischüler der Polizeifachschule Schneeberg erhärtet, über den Medien im März dieses Jahres berichtet hatten, sagte dazu die Fragestellerin Kerstin Köditz. Diese sollen einer Chatgruppe angehört haben, in der NS-Inhalte geteilt wurden. Zudem ermittele die Staatsanwaltschaft Chemnitz wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

21. August: Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen gegen mehrere Polizist*innen nach dem Tod des 64-jährigen Medard Mutombo wieder auf. Der an Schizophrenie Erkrankte sollte im September vergangenen Jahres von der Polizei in eine geschlossene Psychiatrie im Bezirk Spandau gebracht werden. Mutombo kollabierte dabei und starb drei Wochen später. Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen im April dieses Jahres eingestellt, unter anderem, da sie kein Fehlverhalten der Polizeibeamten erkennen wollte.

Anklage gegen Polizist*innen:

Die Staatsanwaltschaft Zwickau hat wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen Anklage gegen den ehemaligen Revierleiter der Zwickauer Polizei erhoben. Der Beamte soll im Mai 2022 von seinem Dienstrechner aus eine Mail mit Informationen aus einer Lagebewertung über ein geplantes interkulturelles Fest an ein rechtes Bündnis geschickt haben. Der Verfassungsschutz stuft dieses Bündnis als „erwiesene extremistische Bestrebung“ ein, die „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ betreibe.

Polizeischüsse:

7. August: Beim Hantieren eines Berliner Polizisten mit seiner Waffe löst sich in dessen Wohnung ein Schuss und trifft seinen 15-jährigen Bruder in den Hals. Gegen den 22-jährigen Beamten wird wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt, außerdem wurde ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz eingeleitet.

19. August: Am Rande des Fußballspiels zwischen dem FC Augsburg und Borussia Mönchengladbach in der Bundesliga hat ein Polizeibeamter am Samstag mit einer Dienstwaffe geschossen. Darüber hatte die Fanhilfe Mönchengladbach auf Twitter berichtet, deren leerer Transporter von dem Schuss getroffen wurde. Menschen wurden nicht verletzt. Laut einer Mitteilung des Polizeipräsidiums Schwaben Nord sei die Schussabgabe in einem abgegrenzten Bereich auf dem Stadiongelände „ersten Erkenntnissen zufolge“ unbeabsichtigt gewesen. Drei Beamte hätten ein Knalltrauma erlitten, ein Polizist eine Schürfwunde. Auch ein Polizeifahrzeug sei beschädigt, so die Polizei. Laut einer Meldung vom 24. August ist der Schütze suspendiert worden. Die vierköpfige Gruppe um den Schützen werde vorerst nicht mehr im Unterstützungskommando der bayerischen Polizei eingesetzt

In Rommerskirchen (Nordrhein-Westfalen) hat die Polizei einen Mann angeschossen. Laut Polizeiangaben rief eine Frau am Sonntagabend den Notruf wegen eines Streits mit ihrem Partner. Die Polizist*innen hätten den 41-Jährigen Mann dann auf der Straße getroffen, dort sei er mit einem Küchenmesser auf sie zugekommen. Die Beamt*innen hätten sich dadurch bedroht gefühlt. Eine Polizistin habe bei dem Einsatz ihre Bodycam eingeschaltet gehabt.

Verletzung nach Polizeieinsatz:

8. August: Bei einem Einsatz der Polizei am 26. Juli in Bielefeld haben Spezialkräfte eine falsche Wohnung gestürmt und einen Anwohner verletzt. Der 35-jährige Wohnungsinhaber und vorsorglich auch seine 34-jährige Frau wurden in ein Krankenhaus gebracht. Die Polizeipräsidentin habe sich persönlich noch am selben Tag bei den beiden Betroffenen entschuldigt und Hilfe angeboten. Der Einsatz soll „im Rockermilieu“ erfolgt sein. Festnahmen gab es angeblich nicht.

Waffenprobleme:

Aus dem Polizeirevier Riesa im Landkreis Meißen sind eine Maschinenpistole samt zwei Magazinen mit 60 Schuss Munition verschwunden. Dass die Maschinenpistole im Waffenschrank fehlt, sei nach bei einer turnusmäßigen Bestandsaufnahme im Revier bemerkt worden. Nach bisherigem Erkenntnissen sei die Waffe zuletzt am 8. Februar an einen Polizeibeamten ausgegeben worden.

15. August: In einer Dienststelle der Landespolizeiinspektion Nordhausen soll 2022 das Magazin einer Maschinenpistole verschwunden sein, inklusive der dazugehörigen 30 Schuss Munition. Mehrfach hätten Polizisten in Thüringen zwischen 2020 und 2022 Munition oder Waffenteile verloren, so das Innenministerium des Bundeslandes. Auch Schlagstöcke und Reizgassprühgeräte kommen demnach immer wieder abhanden.

Gewalt unter Polizist*innen:

10. August:In Köln hat sich ein Polizist, der dort einen Hooligan „gespielt“ hat bei einer Großübung verletzt. Grölend seien er mit einer Gruppe vor das Stadion gezogen, anschließend habe es eine simulierte Konfrontation mit der Bereitschaftspolizei gegeben. Dabei soll der Beamte eine Fraktur am Unterschenkel erlitten habenDie Übung erfolgte anlässlich der 2024 anstehenden Fußball-Europameisterschaft.

Polizeiliche Todesschüsse:
18. August: In Duisburg erschießt die Polizei einen 56-Jährigen, der Einsatzkräfte in einem Mehrfamilienhaus in Neuenkamp mit einem Messer attackiert haben soll. Diese hätten zuvor einen Taser eingesetzt, erklärte der NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) außerplanmäßig dem Innenausschuss des Landtags in Düsseldorf. Das Opfer sollte in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden. Die WAZ zitiert eine Frau, die drei Schüsse gehört haben will. Rettungssanitäter sollen auf der Straße erfolglos versucht haben, den Mann zu reanimieren.

Tod im Polizeigewahrsam:

19. August: Ein 47-jähriger ist im Polizeigewahrsam in Hagen gestorben. Laut einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Hagen und Polizei Wuppertal sei der „wegen Delikten der Betäubungsmittelkriminalität polizeibekannte“ Mann in der Hagener Innenstadt überprüft worden. Dabei habe sich herausgestellt, dass gegen ihn ein Haftbefehl vorliegt, woraufhin er in Gewahrsam gebracht wurde. Nachts sei dann den diensthabenden Beamt*innen aufgefallen, dass der Mann „regungslos in seiner Zelle lag“. „Aus Neutralitätsgründen“ ermittele das Polizeipräsidium Wuppertal zur Todesursache, Hinweise auf ein Fremdverschulden lägen zum Zeitpunkt der Mitteilung nicht vor.

Rechtsextreme Polizist*innen:

25. August: Der frühere AfD-Fraktionsvorsitzende im Bad Kreuznacher Kreistag, Lutz Haufe (inzwischen parteilos), darf vorerst nicht mehr als Hauptkommissar arbeiten. Die Polizei in Mainz hat ein dienstrechtliches Verfahren gegen Haufe abgeschlossen und eine „vorläufige Dienstenthebung unter teilweiser Einbehaltung seiner monatlichen Dienstbezüge“ verfügt. Haufe hatte sich im Dezember 2021 in einer schriftlichen Haushaltsrede im Kreistag Bad Kreuznach diskriminierend über zwei junge Menschen mit Behinderungen geäußert. Die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach hatte ein Verfahren unter der Auflage eines Täter-Opfer-Ausgleichs eingestellt. Seine Ausführungen erfüllen demnach den Straftatbestand einer Beleidigung.

Polizei und Datenschutz:

30. August: Die oberfränkische Polizei hat auch in Thüringen mit einem falschen Foto nach einem mutmaßlichen Gewalttäter gefahndet. Ein zunächst verwendetes Fahndungsfoto sei nicht mehr aktuell gewesen, hieß es. Um möglichst schnell ein „aussagekräftigeres Bild“ vom flüchtigen Tatverdächtigen zu veröffentlichen, habe die Polizei im Internet nach weiteren Fotos des Mannes gesucht. Die verschiedenen Männer auf den beiden Fotos hätten den gleichen Namen und Vornamen gehabt.

Beitragsbild: Fanhilfe Mönchengladbach.

Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.