Das Europäische Parlament und der Rat haben sich im Januar 2023 auf zwei Gesetzesvorhaben zur Sicherung und Herausgabe elektronischer Beweismittel in Strafsachen geeinigt.[1] Das „E-Evidence“-Paket besteht aus einer Verordnung sowie einer ergänzenden Richtlinie. Hintergrund des Gesetzgebungsverfahrens ist, dass Strafverfolgungsbehörden zunehmend auf im Ausland gespeicherte Daten zugreifen wollen. Deren Herausgabe richtet sich traditionell nach den Vorschriften der internationalen Rechtshilfe. Allerdings werden entsprechende Verfahren von den Behörden als zu langsam und ineffizient wahrgenommen. Daher haben die USA bereits 2018 den sog. CLOUD ACT erlassen, der US-amerikanische Technologiefirmen verpflichtet, auch Daten, die auf ihren Servern im Ausland gespeichert werden, an US-Strafverfolgungsbehörden herauszugeben. Ein ähnliches Verfahren sieht die E-Evidence-Verordnung vor, auf die sich die europäischen Rechtssetzungsorgane nun geeinigt haben. Einigung zu „elektronischen Beweismitteln“ weiterlesen
Archiv der Kategorie: Meldungen Europa
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API-Daten für mehr Fluggastdatenspeicherung
Am 13.12.2022 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine „Verordnung über die Erhebung und Übermittlung von API-Daten zur Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und zur Änderung der Verordnung (EU)2019/818“ (API-VO) vorgelegt.[1] Die Advanced Passenger Information (API) wird von den Fluggesellschaften bei der Einreise in den Schengenraum während der Abfertigung der Fluggäste erhoben und bereits seit 2004 als Liste an die Grenzpolizeibehörde des Zielstaates übermittelt. Die API-Daten enthalten die Angaben aus den Reisepässen der Flugreisenden. Sie gelten laut Kommission als „verifizierte“ Daten über die tatsächlich an Bord befindlichen Fluggäste, während die Passenger Name Record (PNR)-Daten, die vorab von Fluggesellschaften und Reiseunternehmen an die Behörden übermittelt werden, „unverifizierte“ Daten enthalten – ob diese Fluggäste tatsächlich an Bord sind oder kurzfristig noch weitere Fluggäste zugestiegen sind, geht aus den PNR-Daten nicht hervor. API-Daten für mehr Fluggastdatenspeicherung weiterlesen
Grimheden will mehr Frontex in Problemstaaten
Der Grundrechtsbeauftragte bei Frontex schlägt vor, den Artikel 46 der Frontex-Verordnung „umzukehren“: Kommt es in einem Gaststaat zu Menschenrechtsverletzungen, soll Frontex demnach mehr und nicht weniger Personal dorthin entsenden, erklärt der aus Schweden stammende Jonas Grimheden auf Anfrage. Die Agentur komme mit Beamt*innen aus anderen Ländern als jenem, in dem die Verstöße passierten, erläutert er die Vorteile seiner Idee. Sie seien daher unabhängiger von dortigen nationalen Interessen. Würden Einsätze beendet, fehle es an einer „Hebelwirkung“, so der Beauftragte, der das Amt vor 18 Monaten übernommen hat. Grimheden will mehr Frontex in Problemstaaten weiterlesen
Neue deutsch-französische Polizeieinheit
Deutschland und Frankreich wollen ihre Zusammenarbeit gegen „Migrationsströme“ verstärken. Eine 2021 gegründete „Gemeinsame deutsch-französische Diensteinheit“ (GDFD) wird dazu in eine feste Organisationsform umgewandelt. Dies haben die deutsche Innenministerin Nancy Faeser und ihr Amtskollege Gérald Darmanin beim Ministerrat im Januar beschlossen.[1] Zur „Bekämpfung der irregulären Migration“ soll die Einheit aus Bundespolizei und französischer Grenzpolizei gemeinsame Streifen durchführen. „Anlassbezogen“ soll sie außerdem örtliche Dienststellen bei besonderen Einsatzlagen unterstützen. Genannt werden gemeinsame „Großkontrollen zur Feststellung von Behältnisschleusungen“ und der Einsatz anlässlich des Weihnachtsmarkts in Straßburg. Neue deutsch-französische Polizeieinheit weiterlesen
EU-Datenschützer bringt Europol-Befugnis vor Gericht
Am 16. September 2022 ging der seit Monaten andauernde Konflikt um die Massendatenverarbeitung durch Europol in die nächste Runde. Der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDPS) schaltete den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein und beantragte, zwei Bestimmungen der geänderten Europol-Verordnung für nichtig zu erklären, die am 28. Juni des Jahres in Kraft getreten war.[1] Die beiden Bestimmungen, die durch Verordnung (EU) 2022/991 eingefügten Artikel 74a und 74b, legalisieren rückwirkend die Verarbeitung von Daten zu Personen, ohne dass diese in Verbindung zu Straftaten stehen. Am 3. Januar 2022 hatte der EDPS angeordnet, Massendatendatensätze, die Europol u. a. im Rahmen der Encrochat-Verfahren aus den Mitgliedstaaten erhalten hatte, bis spätestens Anfang Januar 2023 zu löschen, nachdem die Sechs-Monats-Frist verstrichen war, welche die alte Verordnung Europol eingeräumt hatte, um angelieferte Daten zu prüfen und Informationen zu Unbeteiligten, Opfern, Zeug*innen oder Kontaktpersonen herauszufiltern. Gemäß der geänderten Verordnung kann Europol entsprechende Daten nun entgegen der Anordnung des EDPS weiterverarbeiten. EU-Datenschützer bringt Europol-Befugnis vor Gericht weiterlesen
Videoüberwachung aus der Stratosphäre
Europäische Grenzbehörden könnten zukünftig hochfliegende Plattformen zur Überwachung in der Stratosphäre fliegen lassen und damit die Lücke zwischen Flugzeugen, Drohnen und Satelliten, die schon jetzt zur Grenzüberwachung genutzt werden, schließen. Die EU finanziert ein entsprechendes Forschungsprojekt, das am 1. Oktober 2022 beginnen und 36 Monate dauern soll, mit rund 5,8 Millionen Euro. Die Kommission hatte eine Ausschreibung für derartige Höhenplattformen bereits vor einem Jahr veröffentlicht.[1] Nun macht sie auf eine parlamentarische Anfrage Details zu den Plänen bekannt.[2] Demnach ging der Auftrag für eine „fortschrittliche Überwachungsplattform zur Verbesserung der Effizienz und Zusammenarbeit der EURopean Multi Authority BordeR Security“ (EURMARS) an ein Konsortium aus 16 Firmen, Ministerien, Behörden und Instituten aus zwölf Mitgliedstaaten. Videoüberwachung aus der Stratosphäre weiterlesen
Staaten wollen EuGH-Urteil zu Passagierdaten umgehen
Die 2016 verabschiedete EU-Richtlinie über Passagierdatensätze (PNR) sieht vor, dass Reisedienstleister umfangreiche Informationen über ihre Kund*innen erheben und nach einer Buchung sowie beim Boarding an die zuständigen Behörden eines EU-Mitgliedstaates übermitteln. Dies ist jedoch mit EU-Recht unvereinbar: Im Juni hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Vorabentscheidungsverfahren geurteilt, dass es sich dabei um eine Vorratsdatenspeicherung handelt, die auf das „absolut Notwendige“ beschränkt werden muss.[1] Geklagt hatte die belgische Bürgerrechtsorganisation Ligue des droits humains. Anstatt jedoch weniger Daten von Reisenden zu sammeln und zu verarbeiten, überlegen die Mitgliedstaaten, wie das Urteil umgangen werden kann. Das geht aus einem Dokument des tschechischen Ratsvorsitzes mit dem Titel „Bessere Umsetzung des Urteils in der Rechtssache C-817/19 – Ideen für Diskussion“ hervor.[2] Staaten wollen EuGH-Urteil zu Passagierdaten umgehen weiterlesen
US-Regierung will europäische Biometriedaten
Die Einreise im Programm für visumfreies Reisen (Visa Waiver Program – VWP) in die USA wird an eine neue Vorschrift gekoppelt. Mit einer Verstärkten Partnerschaft für Grenzsicherheit (Enhanced Border Security Partnership – EBSP) fordert das US-Heimatschutzministerium von den teilnehmenden 40 Ländern den Zugriff auf dort gespeicherte biometrische Daten.[1] Diese sollen zur verbesserten Grenzkontrolle sowie zur Strafverfolgung genutzt werden können. Beim Grenzübertritt erfolgt dann eine automatisierte Abfrage, ob die Person in den VWP-Staaten in polizeilichen oder migrationsbezogenen Datenbanken gelistet ist. Im Falle eines Treffers sollen die US-Beamt*innen die Datensätze dann selbst im Pull-Verfahren abrufen dürfen. In der Diskussion ist zudem der Zugang zu Daten aus nationalen Einwohnermeldeämtern. US-Regierung will europäische Biometriedaten weiterlesen