Literatur

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Radikale Kritik an der Polizei hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Die Black Lives Matter-Bewegung ist in Deutschland angekommen, sie stieß auf Resonanz bei denjenigen, die das „Racial Profiling“ seit langem kritisieren, die sich erinnern, dass die Polizei bei den NSU-Ermittlungen die Opfer wie Täter behandelte, die die – zufällige – Aufdeckung rechtsextremer Netzwerke in den Sicherheitsapparaten als Indiz dafür werten, dass die Polizeien in Deutschland nicht nur bei Sicherheitsproblemen gerufen werden, sondern selbst ein Sicherheitsproblem darstellen – und zwar unmittelbar für diejenigen Gruppen und Personen, die an die gesellschaftlichen Ränder gestellt werden, und mittelbar für Liberalität und die Geltung der Rechte von Bürger*innen.

Die Kritik an der Polizei hat unterschiedliche Reichweiten. Schon früh hat die damalige CILIP-Redaktion sich mit der Frage beschäftigt, worin und wie weit die Alternativen zur Polizei reichen. Die einfache Formel „Defund the police“, dass der Ausweg aus immer mehr Polizei darin bestehen könnte, der Polizei einfach das Budget zu kürzen, findet sich in diesen Vorschlägen nicht. Vielleicht war dieser Verzicht Realismus, vielleicht aber auch der Einsicht geschuldet, dass Aufgaben, Aufgabenzuschreibungen und Organisation der Polizei geändert werden müssten, damit eine bürgerrechtlich orientierte Polizei entstehe. Insofern war der Horizont von CILIP stärker auf die Vorstellung von einer „anderen Polizei“ als von einer polizeifreien Gesellschaft gerichtet – wenngleich in der Problematisierung des staatlichen Gewaltmonopols mitschwang, dass bereits die Gewalthaftigkeit des Staates (und mithin der Polizei) das zentrale bürgerrechtliche Problem darstellt. Zum Nachlesen:

CILIP-Redaktion: Eine „alternative“ Polizei? – Alternativen zur Polizei?, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 25 (H. 3/1986), S. 5-25, https://archiv.cilip.de/ Hefte/CILIP_025.pdf

Busch, Heiner; Funk, Albrecht; Narr, Wolf-Dieter; Werkentin, Falco: „Nicht dem Staate, sondern den Bürgern dienen“. Für eine bürgernahe Polizei (Gutachten für die Alternative Liste Berlin), Berlin 1990

Auch wenn diese Texte geprägt sind von der Bundesrepublik der 1980er Jahre und sie in machen Teile als Dokument der Zeitgeschichte gelten müssen, zentrale Elemente bleiben nach wie vor aktuell, weil sie unerfüllter sind denn je: Dass das Recht den polizeilichen Datenhunger durch „Grenzpflöcke“ Einhalt gebieten, dass die Polizei ihren „Präventionsanspruch“ aufgeben muss, dass „Entpolizeilichung durch Entkriminalisierung“ bürgerrechtlich geboten ist, dass Alltagskonflikte nicht durch die Polizei, sondern durch „soziale Hilfseinrichtungen“ zu bear­beiten sind und dass eine „öffentliche Kontrolle“ der Polizei etabliert werden muss – alle diese Forderungen von 1986 bleiben auch 2021 auf der Tagesordnung.

Auf die jüngere Veröffentlichungen von Alex S. Vitale mit dem programmatischen Titel „The End of Policing“ (London, New York 2017) hat Volker Eick in CILIP 115 (S. 104f.) kritisch hingewiesen. Die aktuellere, durch „Black Lives Matter“ und „Defund the Police“ forcierte internationale Debatte hat in Teilen der kritischen Öffentlichkeit in Deutschland, aber kaum in der polizei(wissenschaftlich)en Öffentlichkeit Resonanz gefunden. Die Kritik am „Racial Profiling“, die Forderungen nach unabhängigen Beschwerdestellen, die Kritik an weiteren rechtlichen Entgrenzungen (etwa der „drohenden Gefahr“) bilden den Horizont der Kritik. Selbst um die alten Entkriminalisierungsforderungen (Drogen, generell: „Delikte“ unter Erwachsenen im Einverständnis), die Vorschläge zu alternativen Regelungen („Schwarzfahren“) oder Reaktionen (Ladendiebstahl) scheinen in Vergessenheit geraten. Ganz zu schweigen von den Diskussionen über die Vorfeld- und Untergrundarbeit der Polizeien, über ihre mangelnde sozialräumliche Verankerung und Kontrolle etc. – zu viele Baustellen, dem Gewaltmonopol nicht allein die Gewalt zu nehmen, sondern auch das Monopol, alles regeln zu dürfen.

iz3w: Stop it! Polizeigewalt. Informationszentrum 3. Welt Nr. 383 (März/April 2021, Schwerpunkt, S. 17-40), 6,– EUR (auch als Download erhältlich)

Die jüngste Ausgabe der Zeitschrift des „Informationszentrums 3. Welt“ widmet sich im Schwerpunkt der Polizei – wobei der Titel „Polizeigewalt“ bereits den Ausgangspunkt der Betrachtungen, die Eric von Dömming in seinem einleitenden Beitrag entfaltet, deutlich macht: Ohne Gewalt, Drohung mit oder Anwendung von Gewalt gibt es keine Polizei. Dabei drückt die Aufforderung „Stop it!“ offenkundig der Minimalkonsens der Redaktion aus. Denn die acht Beiträge des Schwerpunktthemas liegen zwischen dem Dictum „nicht reformfähig“ (ignite! Kollektiv) bis zu den Hinweisen von Ulrike Rainer über den Rassismus in der US-amerika­nischen Polizei, dass es auch in den USA aufrechte Polizist*innen gibt, die sich bemühen, „ohne rassistische Vorurteile die Menschen in ihrem Revier kennenzulernen. Sie … begegnen Misstrauen mit Offenheit und werden ihrer Aufgabe gerecht.“

In den Länderberichten über die Polizeien in Indien, Nigeria, einigen postsozialistischen Staaten und den USA wird insgesamt deutlich, wie unterschiedlich die Rolle der Polizeien in den nationalen Kontexten sind: Die indische Polizei ist weiterhin vom kolonialen Erbe bestimmt; sie ist weit von liberal-demokratischen Standards entfernt. Ansichts der Lage der Polizei in Nigeria – eingeklemmt zwischen dem Militär auf der einen und diversen Sicherheitsdiensten auf der anderen, liegt der Wunsch nach einer starken Polizei (als das kleinere Übel) fast auf der Hand. Wenn dann nicht die Lektüre über die Polizeiwillkür in postsozialistischen Staaten das ungeheure Verbrechenspotenzial deutlicht machte, die mit der Instanz Polizei, der letzten Instanz im Staat, verbunden ist. In den Verfolgungserfahrungen der Menschen auf der Flucht zeigen sich diese Kontinuitäten über Ländergrenzen hinweg.

Mit den Schilderungen aus anderen Kontinenten liefert das Heft zugleich Anregungen für nötige Diskussionen. Denn deutlich wird: Die Polizei ist keine Lösung, aber in gewaltdurchwirkten Gesellschaften ist „keine Polizei“ auch keine Lösung.                      (alle: Norbert Pütter)

Feministische Alternativen zu Polizei

Wiesental, Ann: Antisexistische Awareness – ein Handbuch, Münster (Unrast-Verlag), 2017, 163 S., 12,80 EUR

RESPONS: Was tun bei sexualisierter Gewalt? Handbuch für die transformative Arbeit mit gewaltausübenden Personen. Münster (Unrast-Verlag), 2018, 197 S., 14,00 EUR

Torenz, Rona: Ja heißt Ja? Feministische Debatten um einvernehmlichen Sex, Stuttgart (Schmetterling Verlag), 2019, 168 S., 13,80 EUR

Brazzell, Melanie (Hg.): Was macht uns wirklich sicher? Toolkit für Aktivist_innen, Berlin (Selbstverlag), Berlin 2017, www.transformativejustice.eu/ wp-content/uploads/2017/07/toolkit-finished-1.pdf

DISSENS Podcast: Defund the Police: Eine Welt ohne Polizei – geht das? Ein Interview mit Melanie Brazzell und Vanessa Thompson. 2021, https://podcast. dissenspodcast.de/111-defund

Nicht zufällig werden konkrete Alternativen zum polizeilichen Polizieren oft anhand stark vergeschlechtlichter Gewalt erprobt und diskutiert. Denn viele gewalttätige Polizeikontakte von Menschen in prekären Lebenslagen lassen sich mittels sozialer Unterstützung und De-kriminalisierung von Coping-Strategien hinsichtlich Armut, psychischen Belastungen oder Stigma begegnen. Konkret würde dies zum Beispiel bedeuten, dass sowohl Straf- und Ordnungsrecht bezüglich Straßensexarbeit, Drogenkonsum oder rough sleeping abgeschafft würden, als auch soziale und ethno-nationale Ausschlüsse, die Menschen in prekäre Arbeit, Süchte oder Wohnungslosigkeit drängen. Allerdings braucht es auch und gerade bei einem „Defunding“ von Polizei gesellschaftliche Mechanismen, Konflikte und Gewalt zu verhindern oder zu bearbeiten. Dies artikulieren Aktivist*innen insbesondere in solchen Bereichen, wo Menschen von schwerer physischer und psychischer Gewalt betroffen sind und gesamtgesellschaftlich Schutz- statt Stärkediskurse dominieren – ergo eher hin­sichtlich Vergewaltigung von Frauen als mann-männlicher Messerstechereien.

Bezüglich sexueller bzw. sexualisierter Gewalt haben in den USA insbesondere zwei Gruppen Alternativen zu Polizei und Strafrecht erprobt: Einerseits waren Schwarze cis und trans Frauen sowie Transgender, für die die Polizei aufgrund rassistisch und transfeindlich unterlegter Polizeipraktiken oft keine Lösung darstellt, zentral an der Entwicklung von Transformative Justice und Community Accountability beteiligt. Andererseits forderten insbesondere weiße Mittelschichten an Colleges und Universitäten, die sich Lösungen unterhalb der Beweisbarkeitsschwelle vor staatlichen Strafgerichten wünschten, Praktiken der Beweislastumkehr mittels Affirmative Consent (dt.: „Zustimmungskonzept“) und dazugehöriger Campusgerichtsbarkeiten. Diese Konzepte wanderten – u. a. aufgrund verhältnismäßig geringer Sprachbarrieren und der traditionellen Dominanz US-amerikanischer (Vergewaltigungs-) Diskurse – in die Praktiken deutschsprachiger links-feministischer Aktivist*innen ein. Verschiedene Bücher und Internetbeiträge propagierten oder analysierten diesen Prozess. Dabei zeigen sich Ambivalenzen aufgrund der mangelnden kritischen Distanz aktivistischer Beiträge zum Gegenstand, der Adaption von Konzepten, die marginalisierten Communities entstammen, in weiß-dominierten Mittelschichtskontexten und des liberalen US-Rechtediskurses.

Gut gelingt die kritische Reflektion des Politiktransfers bei Rona Torenz. Die feministische Aktivistin und Sexualwissenschaftlerin zeigt in ihrem Buch „Ja heißt ja!“ sowohl die Notwendigkeit von Gewaltabbau als auch die Passfähigkeit neuer queerfeministischer Praktiken mit der „neoliberalen Konsensmoral“ (Sigusch) auf. Entschieden weist sie die Konstruktion von (heterosexuellen) Frauen als passiv zurück – und zwar auch in queerfeministischen Diskursen, die mit Blick auf das Zustimmungskonzept Männer als jene, die nach Einverständnis zu Sex fragen müssen, und Frauen als Zu-Fragende, konstruieren. Entgegen dem liberalen Vertragsdenken von Affirmative Consent sei aus intersektionaler machtkritischer Perspektive auch die Co-Produktion von sexuellen Grauzonen und Gewalt durch weibliche Sozialisierung, mithin durch Frauen, zu berücksichtigen. Dies gelte z. B. in Situationen, in denen hegemoniale Sexualnormen Frauen nahelegen, widerwillig „Ja“ zu sagen oder sich als sexuell aktiv und attraktiv zu präsentieren und identifizieren. Hinsichtlich der US-amerikanischen Wurzeln des Zustimmungskonzeptes problematisiert Torenz zudem die überproportionale Betroffenheit Schwarzer und einkommensärmerer Männer von College-Sank­tionen. Insgesamt kommen jedoch in der auf Subjektivierung fokussierten Analyse die Beschäftigung mit materiellen Gewaltursachen (z. B. soziale Kürzungen, Wohnungsnot oder fehlende Arbeitsrechte) etwas kurz – dies ist schade, zumal diese in Zeiten der Neoliberalisierung zunehmen.

Hoch differenziert diskutieren auch die in feministischen und anti-rassistischen Bewegungen aktiven Polizeiforscher*innen Vanessa Thompson und Melanie Brazzell im Podcast „Defund the Police: Eine Welt ohne Polizei – geht das?“ die Forderung, der Polizei die Mittel zu kürzen. Hier beharrt insbesondere Thompson aus materialistischer dekolonialer Perspektive auf den strukturellen Ursachen von Polizeigewalt, die auch strukturell anzugehen seien. Zwar seien auch einzelne Polizist­*innen rassistisch. Allerdings stütze die Polizei einen gegenderten, rassialisierten Kapitalismus. Reformen, die lediglich Beamt*innen schulen wollten (und damit sogar noch mehr Funding in die Polizei steckten) oder mehr „Diversität“, also z. B. mehr Frauen und Migrant*innen unter Polizeikräften anstrebten, griffen deshalb zu kurz. Vielmehr gelte es sys­tematisch, den neoliberalen Ausbau des Sicherheitsstaats zurückzudrängen und zugleich soziale Gerechtigkeit und Demokratie auszubauen – ohne damit in romantisierender Weise zum patriarchalen fordistischen Wohlfahrtsstaat zurückkehren zu wollen oder seine neoliberale, zunehmend repressive Transformation zu übersehen.

Entsprechend dieser Analysen erteilen beide Wissenschaftler*innen, die Soziale-Bewegungspraxen (selbst-)kritisch reflektieren, einem Strafrechtsfeminismus, der mit dem Sicherheitsstaat gemeinsame Sache macht, eine klare Absage. Brazzell präsentiert inspirierende Beispiele nicht-strafender feministischer Alternativen, die teils an materiellen Strukturen ansetzen: z. B. das Besetzen leerstehender Sozialwohnungen für Betroffene von Partner*innenschaftsgewalt, mit dem die britische Gruppe Sisters Uncut Gentrifizierungs- und Patriarchatskritik verband. Nicht zufällig wird die Sprache bei den Alternativen, die an der interpersonellen Ebene ansetzen – v. a. Transformative Justice –, etwas neoliberaler. Die Rede ist von neuen „skills“, die Gewaltausübende „erlernen“, um „gesunde, zustimmende, funktionale Beziehungen“ aufzubauen – auf vorangegangene Analysen der Wissenschaftler*innen, dass auch „Täter*innen“ i. d. R. Gewalt erlebt haben und in gewalttätigen Strukturen steckten, geht dies nicht ein.

In Ann Wiesentals Handbuch „Antisexistische Awareness“ fällt die kritische Einordnung von Linke-Szene-Konzepten – angesichts des rein aktivistischen Charakters des Buches wenig verwunderlich – hingegen marginal aus. „Definitionsmacht“, also die Idee, dass Menschen, die sexuelle Gewalt erlebt haben, definieren, was passiert ist und keine potenziell retraumatisierenden Nachfragen gestellt werden dürften, wird als umkämpft dargestellt. Allerdings dient Wiesentals Diskussion der Kritiken am Konzept ausschließlich seiner Rehabilitierung. Immer und immer wieder betont das Buch, dass Wünschen und Forderungen von Betroffenen nachzukommen sei, Unterstützer*innen und der (cis-hetero-männlich gedachte) Täter die Perspektive anzuerkennen hätten und sich Menschen, die Transformative Justice anböten, sich nicht von ihm einwickeln lassen dürften. In der Forderung, Parteilichkeit und Definitions­macht ins Zentrum von Awareness zu stellen, werden die differenzfeministischen Wurzeln des Buches deutlich. Denn die Konzepte werden an Subjektpositionierung gekoppelt. Frauen müssen qua Geschlecht Definitionsmacht haben und parteilich behandelt werden – es sei denn Täter seien z. B. zuvor rassistisch beleidigt worden, dann haben beide Konfliktparteien die Definitionsmacht. Verwobene Machtverhältnisse werden also durchaus mitgedacht. Durch die rein interpersonelle Betrachtung und Adressierung, gerät Intersektionalität jedoch letztlich zum kaum lösbaren Problem konkurrierender (Wahrheits-)Ansprüche, das nur prekär durch mehr „Diversität“ der Awareness- und Unterstützer­*innengruppen gelöst werden kann.

Im Buch der Gruppe RESPONS „Was tun bei sexualisierter Gewalt?“, das von den Ideen Brazzells und Wiesentals gespeist ist, vermischen sich die stärker aus Schwarzen US-Kontexten stammende Kritik an den Bewegungspraxen weißer Mittelschichtsfeminist*innen mit einer normativen Einforderung solcher Praxen. Transformative Justice wird mit den im weiß-deutschen Kontext kultivierten Konzepten Definitionsmacht und Parteilichkeit sowie dem erst jüngst aus weißen US-amerikanischen Institutionen transferierten Zustimmungskonzept aufgeladen. Ähnliches gilt für das „Toolkit“, in dem Brazzell verschiedene Aktivist*innen die Frage beantworten lässt: „Was macht uns wirklich sicher?“. Kaum vermittelt stehen hier unterschiedliche Perspektiven ne­beneinander. So fordert etwa Daniel Loick für die Initiative für den Rückbau von Gefängnissen unter dem Titel „Never call the Police“ Polizei- und Gefängnisabolitionismus (und bis zum Erreichen dieses Ziels eine Demokratisierung und rechtliche Kontrolle der Polizei).

Demgegen­über begrüßt Ela Anders (ähnlich wie schon die Gruppe RESPONS in ihrem Buch) die rechtliche Umsetzung des „Nein-heißt-Nein“-Grund­satzes mit der Sexualstrafrechtsreform von 2016. Über Alternativen zu Strafrecht schweigt sie dabei. Stattdessen argumentiert das „Toolkit“ umständlich, warum Erweiterungen von Vergewaltigungstatbeständen und die Kriminalisierung des Grapschens nur „Schutzlückenschließungen“ und keine „Strafrechtsverschärfungen“ seien. Statt systematisch Al­ternativen zu Strafe zu suchen und einzufordern, gerät die vorangestellte Kritik am Strafrechtsfeminismus und der Rekurs auf die Praktiken Trans und Schwarzer Frauen zur Legitimierung aller möglicher Forderungen, die weiß-deutschen queerfeministischen Kontexten entspringen und z. T. selbst dort Vielen als überholt gelten. Wie solche Vermischungen sich in Szene-Diskursen verselbstständigen können, deutete sich kürzlich in einem Artikel des Online-Portals „Barrikade“ vom 23.3.2021 an. In dem Beitrag mit dem Titel „Instrumentalisierung von Awareness-Konzepten für eine persönliche Agenda“ hieß es plötzlich, Definitionsmacht sei von Schwarzen TINF (TransInterNichtBinärFrauen)-Personen in den USA erarbeitet worden. Statt Politikansätze, wie es in der Debatte um feministische Alternativen zu Polizei und Gefängnis verbreitet ist, mit Verweis auf ihren Ursprung z. B. in indigenen, Schwarzen oder Trans-Communities zu adeln, sollten künftige Publikationen die Einbettung international wandernder Konzepte sowohl in die Machtverhältnisse in Ursprungs- als auch im Transferkontexten genau analysieren.                                              (alle: Jenny Künkel)

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