Der Bundestag hat am 10. Juni die Novelle des Bundespolizeigesetzes verabschiedet. Mit dieser Novelle soll die Zuständigkeit der Bundespolizei deutlich ausgeweitet werden. Muss sie nach derzeitiger Rechtslage die meisten Strafverfahren aus ihrem Zuständigkeitsbereich – etwa an Bahnhöfen – an die Landespolizeibehörden abgeben, soll sie zukünftig für die Strafverfolgung aller Delikte in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich zuständig sein. Auch im Bereich der Gefahrenabwehr erhält die Bundespolizei Befugnisse, die bislang den Ländern vorbehalten waren, etwa die Anordnung von Meldeauflagen. Sie verliere damit ihr Gepräge als Sonderpolizei des Bundes mit begrenzten Aufgaben, wie Prof. Dr. Clemens Arzt von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin in einer Stellungnahme an den Innenausschuss des Bundestages deutlich machte.[1] Mit der Neufassung greift die Bundespolizei nicht nur in der Strafverfolgung, sondern auch in der Gefahrenabwehr weit in den Zuständigkeitsbereich der Länder ein. Dafür erhält sie außerdem eine Reihe neuer Befugnisse, unter anderem zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ). Diese sei unbedingt notwendig, so der Präsident der Bundespolizei in seiner Stellungnahme, um wirkungsvoll bspw. gegen „Behältnisschleusungen“ vorzugehen, also die oft lebensgefährliche Einreise in Kühl-Lkw und ähnlichem. Die Norm war im Entwurf allerdings so ausgestaltet, dass sie technisch nicht von einer Online-Durchsuchung unterscheidbar gewesen wäre, da messenger-Nachrichten auch rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Anordnung einer Quellen-TKÜ, nicht erst ab dem ersten realen Zugriff, ausgelesen werden dürfen.
Nach einer Anhörung im Innenausschuss des Bundestages hat die Koalition durch eine Änderung klargestellt, dass eine Ausleitung erst ab Anordnung durch einen Richter erfolgen darf – was an der problematischen Nutzung einer technischen Schwachstelle durch eine Behörde nichts ändert. Ebenfalls noch geändert wurde eine weitere Aufgaben- und Befugniserweiterung der Bundespolizei. Diese soll zukünftig nach Feststellung eines Ausländers in ihrem Zuständigkeitsbereich, der sich unerlaubt – auch geduldet – in Deutschland aufhält, für die Durchführung der Abschiebungsmaßnahmen zuständig sein. Dies soll anders als ursprünglich vorgesehen nur dann gelten, wenn Grund der Duldung fehlende Passpapiere sind. Die Bundespolizei ist dabei der Überzeugung, Verfahren zur Identitätsfeststellung und Passbeschaffung schneller und effizienter als die Ausländerbehörden durchführen zu können. Kann auch die Bundespolizei innerhalb von sechs Monaten keine Abschiebung durchführen, geht die Zuständigkeit wieder auf die Ausländerbehörde über. Insgesamt leben etwa 90.000 Menschen in Deutschland, die wegen fehlender Identitätsdokumente nicht abgeschoben werden können und geduldet werden.