Tom Jennissen
Ebenfalls kurz vor Ende der Legislatur wurde das Gesetz zur „Anpassung des Verfassungsschutzrechts“ verabschiedet. Besonders umstritten ist die Einführung der Quellen-Telekommunikatiosüberwachung (Quellen-TKÜ) für alle deutschen Geheimdienste durch eine Änderung des G10-Gesetzes. Mittels der Quellen-TKÜkann die Verschlüsselung umgangen werden, die insbesondere bei Messengern weit verbreitet ist. Dazu werden die Endgeräte von Betroffenen infiltriert und eine Schadsoftware („Staatstrojaner“) installiert. Dies birgt nicht nur eine erhebliche Gefahr für die IT-Sicherheit, da für das Aufspielen des Staatstrojaners in der Regel Sicherheitslücken ausgenutzt werden. Durch das – teilweise rückwirkende – Auslesen gespeicherter Inhalte stellt die Quellen-TKÜ eine Online-Durchsuchung dar, die lediglich gesetzlich auf Kommunikationsinhalte beschränkt wird. Das Gesetz sieht Mitwirkungspflichten für Internet-Provider vor;ursprünglich war sogar diese für alle Telekommunikationsanbieter vorgesehen, also auch für Messenger- und E-Maildienste selbst. An der Quellen-TKÜ haben die Sachverständigen in der Anhörung im Innenausschuss fast einhellig Kritik geäußert.[1] Auch eine breite Allianz vom Chaos Computer Club bis zu Facebook und Google haben sich gegen das Gesetz gewandt und vor den Gefahren für die Sicherheit der Kommunikation gewarnt.[2]
Darüber hinaus wurde (neben verschiedenen weiteren Regelungen) die Befugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf die Beobachtung von Einzelpersonen ausgeweitet, auch wenn deren Tätigkeit nicht auf die Anwendung von Gewalt gerichtet ist – wie dies bislang vorausgesetzt wurde. Den Geheimdiensten soll laut Gesetzesbegründung insofern ein Entschließungsermessen zustehen. Kritiker*innen befürchten, dass dadurch die Deutungshoheit der Geheimdienstbehörden über politische Betätigungen noch weiter gestärkt wird.[3]