Mit der Verordnung 2019/1157 vom 20. Juni 2019 wurde durch die EU die Pflicht zur Speicherung von Fingerabdrücken in Personalausweisen und Aufenthaltstiteln verfügt. Sie sollen ein zusätzliches Sicherheitsmerkmal sein, anhand dessen die Authentizität eines Personaldokuments überprüft werden kann. In Deutschland werden diese Fingerabdrücke ausschließlich im Personaldokument selbst gespeichert. Der Aufbau der dafür erforderlichen technischen Infrastruktur bei der Bundesdruckerei und in den kommunalen Passbehörden wurde über die Anhebung der Gebühren auf die Bürgerinnen und Bürger umgelegt. Statt bis dahin 28,80 kostet der Personalausweis seit 2021 37 Euro. Fingerabdrücke im Personalausweis selten überprüft weiterlesen
Alle Beiträge von Dirk Burczyk
Bundestagspolizei erhält eigenes Polizeigesetz
Im Konzert der Polizeibehörden in Deutschland führt eine ein etwas abseitiges und fast unbemerktes Dasein: die Polizei des Deutschen Bundestages. Sie hat die Sicherung des Bundestages, seiner Gebäude und des Parlamentsbetriebs zur Aufgabe. Schon vor Jahren wurden die eher unauffälligen dunkelblauen Jacken mit der Aufschrift „Polizei“ auf dem Rücken und die ansonsten getragene Zivilkleidung durch Uniformen, Schutzwesten und offen getragene Pistolen ersetzt. Ihre rechtliche Grundlage findet die Bundestagspolizei ausschließlich im Grundgesetz. Dort heißt es in Art. 40, Abs. 2: „Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebäude des Bundestages aus.“ Dies wurde immer wieder moniert, für Grundrechtseingriffe wie beispielsweise die kurzzeitige Gewahrsamnahme von Störer*innen auf der Bundestagstribüne und der Feststellung ihrer Personalien brauche es eine echte Rechtsgrundlage. Bundestagspolizei erhält eigenes Polizeigesetz weiterlesen
Getrübter Blick in die Glaskugel: Polizeiliches Data-Mining muss beschränkt werden
Mit seinem Urteil vom 16. Februar 2023 hat das Bundesverfassungsgericht polizeirechtliche Regelungen zur automatisierten Datenauswertung im Grundsatz für zulässig erklärt, ihre Anwendung aber strengeren Kriterien unterworfen. Damit wurden zugleich Leitplanken für eine zukünftige, bundesweite Verwendung von Software für das „predictive policing“ geschaffen. Grundsätzliche Fragen bleiben ungeklärt.
Schon seit über zehn Jahren wird in der Bundesrepublik der Einsatz von algorithmenbasierter Analysesoftware in der Polizei erprobt. Diese soll ihre Arbeit im Bereich der Kriminalitätsprävention und der Strafverfolgung unterstützen. Zu unterscheiden sind dabei zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze: die allgemein unter dem Begriff „predictive policing“ entwickelten Anwendungen, die unter Auswertung von polizeilichen Falldaten und z. T. mit Hinzuziehung von soziodemografischen, sozialstatistischen und georeferenzierten Daten die Eintrittswahrscheinlichkeit von Wohnungseinbruchsdiebstählen (WED) durch professionell vorgehende Täter*innen prognostizieren und zur Steuerung des Ressourceneinsatzes bei der Bestreifung herangezogen werden können. Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen setzten dabei ab 2015 das kommerzielle Produkt PRECOBS vom Institut für musterbasierte Prognosetechnik (IfmPt) oder Eigenentwicklungen ein. Der Betrieb wurde in den meisten Ländern wieder eingestellt, weil ein Erfolg nicht nachweisbar war.[1] Getrübter Blick in die Glaskugel: Polizeiliches Data-Mining muss beschränkt werden weiterlesen
Zentraldateien der Polizei mit Millionen Datensätzen
Die deutschen Polizeien verfügen über Millionen Datensätze zur Identifizierung von unbekannten Tatverdächtigen. Im „Automatisierten Fingerabdruck-Identifizierungs-System“ (AFIS) waren mit Stand 8. April 2023 in der Datei „AFIS-P“ 3,4 Millionen Personendatensätze von Tatverdächtigen enthalten, die mit Tatortspuren abgeglichen werden können. Deutlich größer ist die Zahl der in AFIS-A gespeicherten Personendatensätze von 5,6 Millionen. Hier handelt es sich nicht um Tatverdächtige oder Beschuldigte, sondern um schutzsuchende Menschen und solche, die ohne Aufenthaltstitel von der Polizei festgestellt wurden. Sie wird nur übertroffen von der Datei digitaler Lichtbilder DIGIBILI, die 6,7 Millionen Porträtaufnahmen (aus erkennungsdienstlichen Behandlungen) enthält. Die nach Personendatensätzen deutlich größte Zentraldatei ist der „Erkennungsdienst“, wo neben „Hautleistenbildern“ (Fingerabdrücke, Handflächenabdrücke) auch Lichtbilder, Personenbeschreibungen und Handschriftenproben enthalten sind und die 9,8 Mio. Datensätze enthält. Die Datei zur Vorhaltung von DNA-Mustern von Tatverdächtigen und offenen Tatortspuren enthält gut 0,8 Mio. Personendatensätze, die sowohl von den deutschen als auch den europäischen Polizeibehörden zum Abgleich zur Verfügung stehen. Die Fahndungsdateien enthalten 0,85 Mio. Datensätze zur Personenfahndung und 15,5 Mio. zur Sachfahndung.[1] Zentraldateien der Polizei mit Millionen Datensätzen weiterlesen
API-Daten für mehr Fluggastdatenspeicherung
Am 13.Dezember 2022 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine „Verordnung über die Erhebung und Übermittlung von API-Daten zur Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und zur Änderung der Verordnung (EU)2019/818“ (API-VO) vorgelegt.[1]
Die Advanced Passenger Information (API) wird von den Fluggesellschaften bei der Einreise in den Schengenraum während der Abfertigung der Fluggäste erhoben und bereits seit 2004 als Liste an die Grenzpolizeibehörde des Zielstaates übermittelt. Die API-Daten enthalten die Angaben aus den Reisepässen der Flugreisenden. Sie gelten laut Kommission als „verifizierte“ Daten über die tatsächlich an Bord befindlichen Fluggäste, während die Passenger Name Record (PNR)-Daten, die vorab von Fluggesellschaften und Reiseunternehmen an die Behörden übermittelt werden, „unverifizierte“ Daten enthalten – ob diese Fluggäste tatsächlich an Bord sind oder kurzfristig noch weitere Fluggäste zugestiegen sind, geht aus den PNR-Daten nicht hervor. API-Daten für mehr Fluggastdatenspeicherung weiterlesen
Schengener Informationssystem: Verfassungsschutz mit erweiterter Fahndungsbefugnis
Das Bundeskriminalamt soll demnächst europaweite Fahndungen für Geheimdienste ausschreiben
Im Jahr 2018 wurden neue Verordnungen zum Schengener Informationssystem verabschiedet ((EU) 2018/1860, (EU)2018/1861, (EU)2018/1862), mit denen der Umfang der im Schengener Informationssystem (SIS) gespeicherten Daten sowohl inhaltlich – etwa hinsichtlich ausreisepflichtiger Drittstaatsangehöriger – als auch bezüglich der erfassten Daten – Fingerabdrücke, DNA-Profile, und weitere – deutlich erweitert wurde. Auch ist nicht mehr nur die Polizei an dieses „SIS 3.0“ anzuschließen, sondern eine ganze Reihe weiterer Behörden. Alle Verordnungen sind schrittweise bis Ende 2020 vollumfänglich in Kraft getreten.
Das neue SIS kann aber erst in Betrieb gehen, wenn in allen Mitgliedsstaaten die technischen und rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen sind. Das sollte am 22. November 2022 der Fall sein – wegen technischer Schwierigkeiten in einzelnen Mitgliedsstaaten wird sich dies aber noch verzögern. Auch in Deutschland wurden die rechtlichen Schritte zur Inbetriebnahme erst kurz vor knapp vorgenommen. Schengener Informationssystem: Verfassungsschutz mit erweiterter Fahndungsbefugnis weiterlesen
Mehr Geld für Polizei und Cyber-Sicherheit
„Sie kürzen den Etat des Innern von fast 15 Milliarden Euro um 2,3 Milliarden Euro auf 12,7 Milliarden Euro. Das ist innenpolitisch ein Offenbarungseid.“[1] Mit diesen Sätzen eröffnete der Redner der CDU/CSU-Fraktion als Oppositionsführer die Debatte zum Haushaltsentwurf des Bundesinnenministeriums (BMI) für 2023. Wird hier eine neue Ära sozialdemokratisch-liberaler Innenpolitik, mehr Demokratie und weniger Polizei wagen, eingeläutet?
Mitnichten. Der Rezession durch die Corona-Lage war die vergangene Bundesregierung mit umfassenden „Konjunkturpaketen“ begegnet. Davon profitierten auch die Behörden des BMI, die vor allem für Digitalisierungsvorhaben, Ausrüstung und Ausstattung erhebliche Summen erhielten. Nimmt man den letzten „vor Corona-Haushalt“ 2019 zum Vergleich, steigen die Ausgaben tatsächlich um 1,5 Mrd. Euro. Mehr Geld für Polizei und Cyber-Sicherheit weiterlesen
Telekommunikationsüberwachung und Staatstrojaner 2020
Am 8. August 2022 veröffentlichte das Bundesamt für Justiz Zahlen zu den 2020 durchgeführten Telekommunikationsüberwachungen (TKÜ).[1] Demnach wurden 19.823 TKÜ angeordnet, davon waren 14.602 Erstanordnungen. Damit ist die Gesamtzahl der Maßnahmen wieder deutlich gestiegen (+ 1.600), die Zahl der Erstanordnungen ist jedoch gesunken (- 903). Dies könnte ein Hinweis sein, dass vermehrt langfristige Überwachungsmaßnahmen durchgeführt werden. Telekommunikationsüberwachung und Staatstrojaner 2020 weiterlesen