Biplab Basu kämpfte jahrzehntelang gegen institutionellen Rassismus. Ein Nachruf

Obwohl Biplab Basu jahrzehntelang gegen institutionellen Rassismus kämpfte, ist er nicht an den Verhältnissen verzweifelt. Ein Nachruf auf den antirassistischen Aktivisten.

Von Johanna Mohrfeldt, Katharina Schoenes und Sebastian Friedrich

Als sich die Nachricht vom Tod des Berliner Aktivisten Biplab Basu verbreitete, kamen Trauerbekundungen von Flüchtlingsaktivisten, Bürgerrechtlerinnen, Politikern, Wissenschaftlerinnen und sogar von Ferda Ataman, der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes. Die Anteilnahme in den Reihen der Polizei dürfte sich dagegen in Grenzen halten, ist doch einer ihrer energischsten Kritiker gestorben.

Biplab Basu wurde 1951 in Kalkutta geboren und war als junger Mann als Kommunist aktiv, weshalb er in Indien zeitweise untertauchen musste und im Gefängnis saß. 1979 kam er in die Bundesrepublik und fing an, sich mit institutionellem Rassismus auseinanderzusetzen. Das sollte sein zentrales politisches Thema werden. Rassismus war für ihn weit mehr als ein bloßes Vorurteil, vielmehr etwas, das die Gesellschaft strukturiert; etwas, das die Solidarität unter jenen, die im Kapitalismus das Nachsehen haben, verhindert. Die Auseinandersetzung mit Rassismus war für Basu eine Voraussetzung für den Kampf für eine andere Gesellschaft. Anfang der 1990er Jahre, er arbeitete gerade für eine PDS-Abgeordnete im Berliner Abgeordnetenhaus, kam er zur Antirassistischen Initiative.

Als 2001 seine Schwester, Sanchita Basu, mit anderen anfing, „Reach Out“, die Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, aufzubauen, war schnell klar, dass auch Biplab Basu dabei sein müsse. Das passte, denn er suchte immer den Austausch mit jenen, die den Rassismus am eigenen Leib erfuhren. Nicht nur, um diesen Menschen beiseitezustehen, sondern, weil er davon überzeugt war, dass diejenigen, die es betrifft, die lautesten Stimmen gegen das Unrecht sind. Für manche sei Rassismus ein interessantes Thema, für andere Alltag, sagte er oft.

Er vermittelte praktische Hilfe, etwa Anwälte, aber machte immer auch das Angebot, gegen das erfahrene Leid politisch vorzugehen. 2002 war er Mitbegründer der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP), die bis heute in mehreren Städten aktiv ist. Die Gruppe dokumentiert Fälle rassistischer Polizeigewalt, unterstützt Betroffene, organisiert Aktionstage, Demos und Kundgebungen. Nur öffentlich skandalisierte Fälle würden zu Veränderungen führen, war Basu überzeugt. Ebenso, dass die Betroffenen es sind, die der Behauptung von „bedauerlichen Einzelfällen“ etwas entgegensetzen könnten. Eine Behauptung, die er bei jeder Gelegenheit als kalkulierte Lüge der Polizei bezeichnete.

Seinen Alltag lebte Basu grenzenlos, das private und das politische Leben waren bei ihm oft kaum auseinanderzuhalten. Die Menschen, mit denen er bei „Reach Out“ und KOP zusammenarbeitete, zählten oft zu seinen engsten Vertrauten.

Biplab Basu war oft bei Veranstaltungen in Berlin zu sehen – im Publikum oder auf dem Podium. Dabei mischte er sich gerne ein und liebte es, zu provozieren. Als vor einiger Zeit in Kreuzberg ein Reader mit Texten zu Abolitionismus vorgestellt wurde und alle Podiumsteilnehmer etliche Male betont hatten, wie wichtig es sei, gewaltvolle Institutionen wie die Polizei nicht nur zu reformieren, sondern sie abzuschaffen, meldete er sich als erster und begann, sein Statement ironischerweise mit den Worten, er sei Reformist – er, der selbst immer wieder die Abschaffung der Polizei gefordert hatte.

Obwohl Basu jahrzehntelang gegen institutionellen Rassismus kämpfte, ist er nicht an den Verhältnissen verzweifelt. Er verband eine gewisse Sturheit in politischen Fragen mit einer bemerkenswerten Gelassenheit – so konnte man mit ihm nach Plena oder Podiumsdiskussionen herzhaft über die Debatten lachen, auch über sich selbst. Auffällig an ihm war auch sein Kleidungsstil. Diese Angewohnheit soll aus vergangenen Zeiten stammen, als er in Indien aus politischen Gründen untertauchen musste. Ein Genosse habe ihm damals geraten, immer ein sauberes Hemd zu tragen, so könne man besser der Polizei entgehen.

Basu hielt sich nie mit Kritik an staatlicher Gewalt zurück, obwohl er als Mitarbeiter einer mit öffentlichen Geldern geförderten Beratungsstelle mehr als einmal unter Druck geriet. In den letzten Monaten wurde KOP zu einem der wenigen Anlaufpunkte für Menschen, die auf Palästina-Demos Repressionen erfahren hatten. Das lag mit Sicherheit auch an Basus klarer Haltung gegen antimuslimischen und antipalästinensischen Rassismus.

Eine gute Freundin drückte es so aus: Wir haben nicht nur einen Freund und Genossen verloren, sondern ein Archiv der Kämpfe und einen zentralen Referenzpunkt im Berliner Universum. Biplab Basus Wirken hat Früchte getragen. Er wirkte als Mitgründer zahlreicher Initiativen, als Spender von Erfahrungs- und Sachwissen und durch seine Fähigkeit, politisch Aktive zusammenzubringen. Bereits einen Tag nach seinem Tod wurden anlässlich des Internationalen Tages gegen Polizeigewalt bundesweit auf Demonstrationen Reden zu seinen Ehren gehalten. Obwohl zur Trauerfeier am Donnerstag nicht öffentlich eingeladen wurde, kamen Hunderte. „Reach Out“ und KOP planen ein öffentliches Gedenken, das den Charakter einer Kundgebung haben und Trauer mit Wut verbinden soll. Biplab Basu hätte das gefallen.

Dieser Text erschien zuerst in der Zeitung junge Welt.

Beitragsbild: Biplab Basu bei einer Pressekonferenz im Jahr 2012 (Christian Ditsch).

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