TKÜ in 2016

Von Maryam Kohlgraf

Die Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) etabliert sich immer weiter als Standardmittel der Strafverfolgungsbehörden. Das belegt die Übersicht über Maßnahmen der TKÜ nach § 100a StPO, die vom Bundesamt für Justiz jährlich im Internet veröffentlicht wird.[1] 2016 gab es demnach insgesamt 21.355 Überwachungsanordnungen, davon 17.510 Erst- und 3.845 Verlängerungsanordnungen. Daraufhin wurden 35.698 Telekommunikationsanschlüsse über­wacht. Betroffen waren 21.236 Mobilfunk-, 10.606 Internet- und 3.856 Festnetzanschlüsse. Im Jahr 2017 sanken diese Zahlen spürbar: Von 18.651 Überwachungsanordnungen wurden 15.669 erstmals erteilt, 2.982 verlängert. Betroffen waren 33.136 Telekommunikationsanschlüsse (20.022 Mobilfunk-, 9.508 Internet- und 3.606 Festnetzanschlüsse). Spitzenreiter in beiden Jahren waren die Bundesländer Bayern und Hessen mit 41,33 bzw. 41,5 Prozent der Anordnungen. Plausibel lässt sich das tatsächlich nur mit einer besonders niedrigen Schwelle erklären, ab der eine TKÜ von der Staatsanwaltschaft beantragt und offenbar von den Gerichten auch angeordnet wird. In beiden Ländern liegt der Anteil an bundesweit erfassten Straftaten der Polizeilichen Kriminalstatistik unter ihrem Anteil an der Bevölkerung, im Falle Bayerns mit 10,9 gegenüber 15,7 Prozent sogar ziemlich eindeutig. Es handelt sich also jedenfalls nicht um die am stärksten kriminalitätsbelasteten Bundesländer, wie die Zahlen der TKÜ-Anord­nungen für sich gesehen glauben machen könnten.

2016 wurden in 24.453 Strafverfahren TKÜ-Maßnahmen nach §100a Abs.2 StPO angeordnet, das bedeutet gegenüber dem Jahr 2008 mit 5.348 Verfahren eine Verfünffachung. Mit deutlichem Abstand am häufigsten wird die Telekommunikationsüberwachung bei einem Verdacht des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (§§ 29a, 30 Abs.1 Nr. 1, 2 und 4 sowie §§ 30a und 30b Betäubungsmittelgesetz) eingesetzt. Daraufhin wurden 2016 bundesweit 8.978 Verfahren angeordnet, 2017 waren es 8.108.  Ein Verdacht auf Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften, mit dem gern für die Ausweitung der TKÜ auf Formen der Überwachung informationstechnischer Systeme argumentiert wird, machte hingegen mit 44 bzw. 39 Maßnahmen in 2016 und 2017 nur einen geringen Anteil aus.

Die Statistik des Bundesamts geht allerdings nicht auf die Zahl der Betroffenen ein, es werden erst recht keine Angaben über mitüberwachte Drittpersonen gemacht. Und es geht aus ihr auch nicht hervor, in wie vielen Fällen die TKÜ zum Ermittlungserfolg führte – mit anderen Worten: ob sich also die hohe Zahl der Anordnungen wenigstens mit der Effizienz der Überwachung rechtfertigen lässt.

[1] www.bundesjustizamt.de/DE/Presse/Archiv/2019/20190115.html

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