Gesetzentwurf gegen „Darknet“ auf dem Weg

Es ist eine immer länger werdende Liste von Verfehlungen, die die Mehrheit deutscher Politiker mittlerweile dem so genannten „Darknet“ zur Last legt. Dort würde in größtmöglicher Anonymität gehandelt, was in der analogen Welt zurecht verboten sei: Drogen, Waffen, Missbrauchsdarstellungen von Kindern etc. pp. Ermöglicht werde all das durch „Tor“-Browser, die anonymes Surfen im Netz ermöglichen. Um dagegen vorgehen zu können, hat der Bundesrat einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der zukünftig unter Strafe stellen soll, wenn jemand zugangsgeschützt im Tor-Netzwerk eine Plattform betreibt, damit dort Drogen oder „crime as a service“-Dienste gehandelt werden.[1]

Interessant für die Sicherheitsbehörden ist dabei weniger die neue Strafbarkeit. Der Verkauf einer Waffe ohne entsprechende Erlaubnis bei Verkäufer*in und Käufer*in war auch bislang schon strafbar. Diese Strafbarkeit soll nun weit in das Vorfeld einer konkreten Beihilfe zu Straftaten vorverlagert werden. Und zugleich würden damit die Schwellen für einen Einsatz von Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) und Quellen-TKÜ abgesenkt. Polizei und Staatsanwaltschaft erhielten damit neue Befugnisse für Kommunikationsüberwachungen.

Trotz des vorgeblichen Versuchs, einen möglichst eingegrenzten neuen Tatbestand zu schaffen, ist eine quasi uferlose Anwendung gegen die Betreiber*innen von Tor-Knotenpunkten möglich – denn dass deren Infrastruktur für kriminelle Machenschaften genutzt werden kann (diese also „ermöglicht“), dürfte den Betreiber*innen klar sein. Wichtig sind diese Knotenpunkte aber nicht allein für deutsche Nutzer*innen des Tor-Netzwerks, sondern vor allem für Nutzer*innen weltweit, die sich nur so gegen staatliche Überwachung und Verfolgung schützen können. Und auch, wenn die Norm nur auf die Betreiber*innen von Darknet-Foren und -Plattformen angewendet wird, können rein nach dem Wortlaut der vorgeschlagenen Neuregelung auch jene betroffen sein, die keinerlei kriminelle Absichten hegen und selbst ihre Foren missbraucht sehen. So ganz nebenbei regelt der Gesetzentwurf die Auskunftspflichten von Postdienstleistern neu. Auskunft über die Sender*in oder Empfänger*in müssten nun auch dann erteilt werden, wenn sich die Postsendung noch nicht oder nicht mehr in der Verfügungsgewalt des Postdienstleisters befände. Die Befugnis, Auskunft über eine Postsendung zu verlangen, knüpfte bislang an die Befugnis zur Beschlagnahme an, quasi als sanfterer Eingriff. Da heutzutage aber Daten über den Versand einer Sendung schon vorher beim Postdienstleister vorhanden sind und nach Auslieferung noch für längere Zeit gespeichert bleiben, soll die wohl ohnehin bereits geübte Praxis des Zugriffs auf diese Daten nun legalisiert werden. Noch offen ist, was mit dem Gesetzentwurf im Bundestag geschieht. Im Koalitionsvertrag hatten sich CDU/CSU und SPD schon auf eine entsprechende Initiative verständigt.

[1] Bundesrat Drs. 33/19 v. 18.1.2019

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