Via „Solidaritätsklausel“ zu mehr Macht für INTCEN?

Die EU-Kommission und die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik haben ihren Vorschlag zur Ausgestaltung der sogenannten „Solidaritätsklausel“ vorgelegt.[1] Das Dokument bezieht sich auf Artikel 222 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die Organe der Europäischen Union bzw. ihre Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, einander im Falle eines Schadensereignisses zu unterstützen. Dies schließt den Einsatz polizeilicher, geheimdienstlicher und militärischer Mittel ein.

In der „Solidaritätsklausel“ wird bestimmt, dass der Einsatz im Hoheitsgebiet eines Staates nur auf „Ersuchen seiner politischen Organe“ erfolgen darf. Politische Auseinandersetzungen werden bislang nicht erwähnt. Allerdings könnte die mitgelieferte Definition einer „Katastrophe“ auch Unruhen, Blockadeaktionen oder Sabotage erfassen. So ließe sich auch der Passus „jede Situation, die schädliche Auswirkungen auf Menschen, die Umwelt oder Vermögenswerte hat oder haben kann“ interpretieren. In einer Entschließung hatte das Europäische Parlament im November 2012 gefordert, die „Solidaritätsklausel“ solle überdies „politisch motivierte Blockaden“ sowie „Cyberangriffe, Pandemien oder Energieengpässe“ berücksichtigen.[2]

Der Vorschlag ist jetzt den Mitgliedstaaten zur Beratung zugegangen. Strittig ist dort, ob die „Solidaritätsklausel“ an Land, im Wasser oder auch in der Luft gelten soll. Einige Regierungen fordern, sie auf Schiffe und Flugzeuge auszuweiten, die außerhalb der EU unterwegs sind. Kommission und EAD schlagen vor, „Offshore-Öl- und Gas-Förderanlagen“ einzubeziehen. Die Bundesregierung hält sogar ein „präventives Vorgehen“ für denkbar, etwa zur „Abwehr einer terroristischen Bedrohung“.[3] Nach deutscher Position sollen im Zuge der Umsetzung des Artikel 222 AEUV keine neuen Einrichtungen geschaffen werden. Jedoch könnten geheimdienstliche EU-Strukturen gestärkt werden: „In Betracht“ käme, dem Intelligence Analysis Centre (INTCEN) eine regelmäßige „integrierte Gefahren- und Risikoabschätzung auf EU-Ebene“ zu übertragen. Zuständig wäre das INTCEN dann nicht nur für „Terrorismus“, sondern auch für „organisierte Kriminalität, Katastrophenschutz, Gesundheit, Klimawandel und Umwelt“.

Nun befasst sich eine „Gruppe der Freunde der Präsidentschaft“ mit dem Vorschlag, der dort am 26. April und 5. Juni 2013 beraten wird. Dann soll der Ausschuss der Ständigen Vertreter einen ersten Bericht erhalten. Am 25. Juni wird die „Solidaritätsklausel“ dann erstmals im Rat für Allgemeine Angelegenheiten behandelt.

(Matthias Monroy)

[1]   Gemeinsamer Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Vorkehrungen für die Anwendung der Solidaritätsklausel durch die Union, JOIN (2012) 39 final v. 21.12.2012

[2]   Entschließung des Europäischen Parlaments zu den EU-Klauseln über die gegenseitige Verteidigung und Solidarität: politische und operationelle Dimensionen v. 22.11.2012, 2012/2223(INI)

[3]   BT-Drs. 17/12391 v. 18.2.2013