Detekteien und Auskunfteien – vom Fernsehkrimi in die Wirklichkeit

von Otto Diederichs

Sie sind die unbestreitbaren Lieblinge der Unterhaltungsindustrie – die Detektive. Vom eher introvertierten Kombinierer bis zum schlag- und schießfreudigen Draufgänger – eines ist ihnen gemein und allabendlich gewiß: Der Erfolg! Da nimmt es nicht wunder, daß auch im wirklichen Leben einige Tausende meinen, das Zeug zu einem Sherlock Holmes zu haben – wobei hier zunächst einmal nicht mehr notwendig ist als ein paar Mark für den Erwerb eines Gewerbescheines. Mit der flapsigen Anleihe der wohl bekanntesten Figur dieses Genres allein, wird man dem bunten Völkchen der Privatdetektive allerdings nicht gerecht.

Begonnen hat das Detektivwesen in Deutschland – soweit bekannt – mit der 1880 von Caspari-Roth Rossi in Berlin eingerichteten Detektei. Gegen Ende der 80er Jahre gab es dann auch in anderen Großstädten selbständige Detektive. Zumeist waren es ehemalige Polizeibeamte, die sich in der neuen Branche versuchten. Einer amtlichen Erhebung aus dem Jahr 1925 zufolge waren es zu diesem Zeitpunkt 1.321 Institute mit insgesamt 7.742 Beschäftigten. Für die weitere Zeit liegen nur wenige interessante Informationen vor, so daß die Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges ausgespart bleiben muß.

Mit der für Nachkriegszeiten typischen Situation von steigender Kriminalität und desolaten Sicherheitsapparaten begann auch das Detektivgewerbe wieder zu florieren. Daueraufträge wie etwa die Übernahme von Werkschutzaufgaben für größere Unternehmen und die Wiederbeschaffung gestohlener oder geplünderter Gegenstände bildeten zunächst den Haupterwerbszweig. Mit Beginn des sog. Wirtschaftswunders Mitte der 50er Jahre begann die Branche ebenso zu boomen wie das übrige Bewachungsgewerbe (siehe S. 26). 1957 tummelten sich rd. 450 selbständige Detektivbüros auf (west)deutschem Boden. Für 1976 wird die registrierte Zahl mit ca. 1000 Büros angegeben , gleichzeitig jedoch mit einer 10fach höheren Dunkelziffer gerechnet.

Privatdetektive heute

Das Beispiel zeigt, wie schwierig es generell ist, beim Detektivgewerbe eine genaue Bezifferung vorzunehmen. Heute – angesichts der Situation in den neuen Bundesländern -, wo regelmäßig wiederkehrenden Pressemeldungen zufolge ehemalige STASI-Leute im Detektivberuf offenbar einen lukrativen Markt für sich entdeckt haben , scheinen auch die Verbände endgültig den Überblick verloren zu haben. So gibt Lothar Wenzel, der Sprecher des ‚Bundesverbandes Deutscher Detektive (BDD)‘ die derzeitige Zahl seiner KollegInnen zwar mit ca. 15.000 an, mußte auf Nachfrage allerdings passen, was die Situation in den neuen Ländern angeht. Gerade noch darauf, daß im ersten Vierteljahr 1991 die Zahl der Detektivbüros im Ostteil Berlins von ursprünglich 100 wieder auf drei zurückgegangen sei, wollte er sich festlegen.

Wirft man einen Blick in das amtliche Branchenbuch, so lauten die dort an-gebotenen Dienstleistungen überwiegend auf Observationen, Beweismittelbe-schaffung in Straf- und Zivilverfahren, Ermittlungen bei Verdacht auf Schwarzarbeit, Einsatz von Kaufhausdetektiven, Personalüberwachung sowie auch immer wieder Ermittlungen in Ehe- und Partnerschaftsangelegenheiten. Ebenfalls häufig im Angebot ist auch der Personenschutz, zumeist mit der Zusatzbemerkung „bewaffnet“. Auch auf den großspurigen Hinweis eines Einsatzes im In- und Ausland verzichten nur wenige. Dringt man etwas tiefer, so stellt man fest, daß diese Darstellungen zwar nicht direkt falsch, jedoch kräftig hochgestapelt sind – die Wirklichkeit ist unspektakulärer. Rund 12-13.000 der insgesamt 15.000 deutschen Detektive – so die Auskunft des BDD – fristen ihr Leben als Kaufhausdetektive. Auch das Statussymbol jedes ‚ordentlichen‘ Detektivs, der Ballermann, ist demnach lediglich bei etwa 10-15% zu finden. Die Zahl der (hauptsächlich im Personenschutz tätigen) bewaffneten Personen läge somit zwischen 200 und 300.

Organisiert ist der sich als seriös einstufende Teil des Detektivgewerbes in drei Verbänden, von denen der größte, der bereits erwähnte ‚BDD‘ nach eigenen Angaben 1992 ca. 220 (mit einem geschätzten Umsatz 1992 von 200 Mio. DM) der mutmaßlich etwa 600 Unternehmen angehörten. Beim zweiten größeren Zusammenschluß, dem ‚Bund Internationaler Detektive (BID)‘, sind es laut Wenzel weitere 100 Unternehmen und beim ‚Deutschen Detektiv-Verband (DDV)‘ noch einmal ca. 30. Daß das Image der deutschen Privatdetektive nicht gerade das beste ist und eine Selbsteinstufung in seriöse und unseriöse nicht von ungefähr kommt, zeigen immer wieder Meldungen über Gesetzesverstöße, Strafverfahren und Skandale. (Erinnert sei an dieser Stelle lediglich an herausragende Fälle wie die ‚Barschel-Affäre‘, die ‚Mauss-Affäre‘ oder die jüngsten Verwicklungen des Frankfurter Detektivs Klaus-Dieter Matschke in die momentane STASI-Affäre in Magdeburg.)

Zur allgemeinen Qualität privatdetektivischer Arbeit hat eine Untersuchung der Zeitschrift ‚test‘ 1985 bereits ein mehr als deutliches Bild gezeichnet. „Für den Verbraucher“, so ‚test‘, „bleibt es ein Glücksspiel mit geringen Gewinnchancen, ob er für sein Geld auch eine angemessene Leistung bekommt.“ Ihr Fazit, „häufig ist man nach Inanspruchnahme ihrer Dienste nicht schlauer als vorher“.

Handelsauskunfteien

Entstanden sind solche Auskunfteien aus dem Bedürfnis von Geschäftsleuten, sich möglichst frühzeitig ein Bild über die Zuverlässigkeit und Bonität po-tentieller Geschäftspartner zu verschaffen. Als das erste deutsche Auskunfts-büro gilt das 1860 in Stettin gegründete ‚Salomon’s Erkundigungs-Bureau zur Wahrung kaufmännischer Interessen für Stettin und die Provinz Pommern‘. Daß das Interesse an derartigen Informationen mit fortschreitender Industrialisierung stieg, liegt auf der Hand. Heute herrscht in der Branche, so der ‚Verband der Handelsauskunfteien (VdH)‘ ein sog. Oligopol, d.h. drei Unternehmen (die sich sämtlich auch im Inkasso-Bereich betätigen) teilen den Markt im wesentlichen unter sich auf. Branchenführer ist mit 135 ange-schlossenen Büros und ca. 2.500 MitarbeiterInnen der ‚VdH‘ selbst (Umsatz 1991 = ca. 320 Mio. DM), gefolgt von der ‚Vereinigten Auskunftei Bürgel‘ (75 Büros mit rd. 700 MitarbeiterInnen, Umsatz 1991 = ca. 85 Mio. DM) und der Auskunftei ‚Schimmelpfeng‘ (13 Büros mit ca. 500 MitarbeiterInnen, Umsatz 1991 = ca. 64 Mio. DM). Daneben gibt es lediglich noch eher unbedeutende Unternehmen im Bereich der Textil- und Forstwirtschaft.

Ihre Informationen erhalten Auskunfteien sowohl durch eine permanente Auswertung und Archivierung aller öffentlich zugänglichen Quellen wie Handelsregister etc. sowie auf Anfrage auch durch aktuelle Recherchen vor Ort. Hierzu gehören dann sowohl Selbstauskünfte der Zielpersonen wie auch Lieferantenbefragungen u.ä.
Daß in solchen Informationen und den auf ihrer Grundlage erteilten Auskünften u.U. eine erhebliche Brisanz stecken kann, liegt auf der Hand. Aus gegebenem Anlaß entschied denn auch 1984 der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, daß Wirtschaftsauskunfteien, sofern zuvor ein „berechtigtes Interesse“ nachgewiesen werden kann, nur solche Daten weitergeben dürfen, die zur Beurteilung eines wirtschaftlichen Sachverhaltes notwendig sind. Daten über Familienverhältnisse, Lebensweise und Zahlungsverhalten dürfen hingegen nicht weitergegeben werden. Was darüber hinaus die allgemeine Qualität der Auskünfte angeht, so lohnt wiederum ein Blick in die bereits zitierte Zeitschrift der ‚Stiftung Warentest‘.

Mit Fußnoten im PDF der Gesamtausgabe.