Redaktionelle Vorbemerkung

von Otto Diederichs

Bei dem vorliegenden Heft handelt es sich mit Heft 50 um die Jubiläumsausgabe von Bürgerrechte & Polizei/CILIP. Während sich der seit 1978 bestehende Informationsdienst ansonsten überwiegend mit der ‚Politik Innerer Sicherheit‘ und deren Wirkungen auf die Bürgerrechte beschäftigte, wurde dieser Ansatz hier nun einmal umgekehrt. Bürger- und Menschenrechtsorganisationen und deren Auswirkungen auf die offizielle Politik sollen dabei betrachtet werden. Der Tradition von CILIP entsprechend konzentriert sich das Heft dabei in erster Linie auf jene Initiativen, Gruppen und Grüppchen, die mit der Verteidigung von Bürgerrechten und der Aufklärung über Polizei- und Geheimdienstarbeit befaßt sind oder waren.

Zum Schwerpunkt:

Als sich die Redaktion im Herbst letzten Jahres dazu entschloß, mit einem solchen Schwerpunktheft einen Überblick über dieses Spektrum (altbun-des)deutscher ‚Politik von unten‘ zu geben, dem ja auch wir uns zugehörig fühlen, sollte dies zugleich auch so etwas wie ein eigenes Geburtstags-geschenk werden. So gestalteten sich die Telefongespräche mit der Bitte um Mitarbeit teilweise denn auch wie ein fernmündliches ‚Familientreffen‘. Ins-besondere bei den einstigen VertreterInnen heute nicht mehr existenter und z.T. schon halb vergessener Gruppierungen kam man rasch zu dem „Mensch, weißt Du noch …“.

Leider hielten die anschließend, nach mehrmaliger Erinnerungen und Mahnungen zugesandten Beiträge nicht immer das, was man sich (gemeinsam) davon versprochen hatte. Bei kaum einer Ausgabe von Bürgerrechte & Polizei/CILIP in den letzten Jahren war eine ähnlich intensive Betreuung und Bearbeitung notwendig. Dennoch fehlen in diesem Heft ein Beitrag über die vielfältigen ‚Roten Hilfen‘ aus den 70er Jahren (der trotz Zusage nie geschrieben wurde) und einer über die Anwaltsorganisationen (der schlußendlich dann doch noch einer Erkrankung zum Opfer fiel).

Beiträge von/zu noch bestehenden Gruppen lesen sich nun als schlichte Selbstdarstellungen. Deutlich wird daran u.a., daß die heutigen zumeist jün-geren Mitglieder/AutorInnen die Anfänge ihrer Initiative häufig selbst nur noch bruchstückhaft oder gar nicht mehr kennen. Der Verlust der eigenen Geschichte ist dabei mit Sicherheit ein Problem, das umso größer werden wird, je weiter die gegenwärtigen VertreterInnen der Gruppen und Grüppchen sich zeitlich von ihren Ursprüngen und Verirrungen entfernen. Es ist aber auch unser Problem insoweit, als wir Ältere offenkundig nicht in der Lage waren, diese zu vermitteln und das Interesse daran wachzuhalten. Dazu paßt es dann, wenn die älteren Mitglieder/Autoren gewesener Organisationen oft nur wenig Neigung zeigten, die eigene frühere Arbeit zumindest im Rückblick auch einmal selbstkritisch zu betrachten. Telefonische Randbemerkungen wie z.B. „Ich war doch gar nicht Mitglied. Ich war doch nur Kader und hatte für Bündnispartner zu sorgen“, werfen da nachträglich via ‚Telekom‘ lange Schatten. So ist Bürgerrechte & Polizei/CILIP 50 (1/95) auch in seiner letztlichen Unvollkommenheit noch ein Abbild von der ‚Stärke der Bewegung‘.

In seiner nächsten Ausgabe (erscheint Ende Juli) wird sich Bürgerrechte & Polizei/CILIP wieder unmittelbarer mit der Polizeiarbeit beschäftigen: Poli-zei in der Stadt/Polizei auf dem Land lautet das Thema.

Otto Diederichs ist Redakteur und Mit-herausgeber von Bürgerrechte & Poli-zei/CILIP und war Mitglied verschiedener der nachfolgend vorgestellten Gruppen