Gemäß dem zum Amsterdamer Vertrag gehörenden Schengen-Protokoll soll die bisherige multilaterale Zusammenarbeit der Schengen-Gruppe in die EU-Strukturen überführt werden. Dabei wird nicht nur das bestehende Schengen-Sekretariat in das des Rates eingegliedert. Entsprechend der im Amsterdamer Vertrag vorgesehenen Aufteilung der justiz- und innenpolitischen Zusammenarbeit auf die erste Säule einerseits – Asyl, Migration, Außengrenzen, Zusammenarbeit im Zivilrecht – und auf die dritte andererseits – Polizei, quasi-polizeiliche Tätigkeiten der Zollbehörden, Strafrecht – soll auch die Schengen-Kooperation gesplittet werden. Zugeordnet werden nicht nur die Schengener Abkommen von 1985 und 1990, sondern auch die seit 1993 getroffenen Beschlüsse des Schengener Exekutivausschusses. Bei letzteren handelt es sich nur scheinbar um belanglose Ausführungsvorschriften. Mit den diversen Handbüchern (zum Schengener Informationssystem (SIS), zu den SIRENE-Einheiten, zu kontrollierten Drogenlieferungen, zur grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit mit und ohne Ersuchen etc.) hat der Exekutivausschuß in den vergangenen Jahren zentrale Festlegungen praktischer Art getroffen, die nun ohne weitere Debatte in den „Besitzstand“, den Acquis, der EU überführt werden.
Die entsprechenden Beschlüsse will die derzeitige deutsche Ratspräsidentschaft bis Mai über die Bühne gebracht haben. Probleme gibt es u.a. bei der Zuordnung des SIS. Dieses enthält nämlich nicht nur Daten über gesuchte StraftäterInnen und polizeiliche Beobachtungen, welche der 3. Säule zuzurechnen wären, sondern vor allem Informationen über abzuschiebende „DrittausländerInnen“, die in die 1. Säule gehören würden. Laut eines Papiers des Ausschusses für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten des EP[1] hat die EU-Kommission vorgeschlagen, für das SIS eine eigene „Agentur“ zu gründen, eine Variante, der aber offensichtlich nicht alle Schengen-Staaten zustimmen wollen. Die Zuordnungsbeschlüsse müssen von den 13 EU-Staaten, die bisher schon der Schengen-Gruppe angehören, einstimmig getroffen werden. Sofern dies nicht gelingt, gilt der Schengen-Acquis als Teil der 3. Säule. Damit bestünde in der Asyl- und Einwanderungspolitik weiterhin eine Doppelstruktur.
Mit dem Schengen-Protokoll haben auch die Nicht-Schengen-, aber EU-Mitglieder Großbritannien und Irland die Chance, sich in die Schengen-Kooperation insgesamt oder auch nur in Teile davon einzuklinken. Beide Staaten, so hieß es auf der Ratstagung am 12.3.1999, wollen den ganzen Schengen-Acquis übernehmen – mit einer Ausnahme: Der Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen. Dem förmlichen Anlaß des Schengener Abkommens, wollen Großbritannien und Irland weiterhin nicht zustimmen.
(Heinrich Busch)