Alle Beiträge von Heiner Busch

Redaktionsmitteilung

„Defund the police“ fordert die Black Lives Matter-Bewegung, und auch wir fragen erneut: Lieber ohne die Polizei? Erneut, denn bereits 1984, in CILIP 19, hatte die Redaktion dieser Zeitschrift erklärt, sich von der „Utopie einer (staats-) gewaltlosen Gesellschaft“ leiten zu lassen und schon heute den Abbau staatlicher Gewalttätigkeit befördern“ zu wollen, „wo immer dieser möglich ist“. Auch als zwei Jahre später andere Leute, die (damals noch) dem (eher) linken politischen Spektrum zugerechnet wurden, in der Zeitschrift „Freibeuter“ Bekenntnisse zum Gewaltmonopol und seiner angeblich zivilisatorischen Wirkung ablegten, wurde in CILIP 25 daran erinnert, dass die „Kosten des staatlichen Gewaltmonopols nach innen und nach außen schwer zu übertreiben“ seien. „Ist die Staatsgeschichte nicht eine Kriegs-, Ausbeutungs- und immer neue Ungleichheiten schaffende Geschichte gewesen?“ Redaktionsmitteilung weiterlesen

Redaktionsmitteilung

Am 22. Juni 2020, einem Montag, kam Bundesinnenminister Horst Seehofer zum Pressetermin nach Stuttgart. Gemeinsam mit Landes­innenminister Thomas Strobl begab er sich zum Schlossplatz, dem Ort der Randale vom Samstag zuvor (20. Juni), an der mehrere hundert junge Leute teilgenommen hatten und bei der Schau­fenster eingeschlagen, Geschäfte geplündert und Polizist*innen angegriffen worden waren. Sorgenvoll schauten die beiden Herren durch die entglasten Fenster jenes demolierten Polizeiautos, das man eigens zum Pressetermin nochmal auf den Schlossplatz gebracht hatte. Redaktionsmitteilung weiterlesen

Redaktionsmitteilung

Das Versammlungsverbot der Corona-Verordnungen hat auch die Großdemonstrationen der Protest­bewegungen getroffen. Dabei hätte es gerade in Zeiten der Pande­mie viele Anlässe dafür gegeben: für die Fridays for Future, um zu zeigen, dass die industrialisierte Landwirtschaft nicht nur das Klima gefährdet, sondern auch immer wieder gefährliche Viren produziert; für die Seebrücken-Demos, um endlich die Evakuierung der Lager auf den griechischen Inseln durchzusetzen; oder für #Unteilbar, um die Rechte und die Gesundheit auch der Ausgegrenzten und Eingeschlossenen zu verteidigen. Redaktionsmitteilung weiterlesen

Redaktionsmitteilung

Mit ihrem Auftritt im Frankfurter Waldstadion im Juli 2018 hat die Schlagersängerin Helene Fischer nicht nur ihre 40.000 Zuschauer*innen begeistert. Auch Polizeikräfte wollten mehr über die Frau wissen und fragten deshalb an diesem Abend ganze 83 Mal ihre Daten im POLAS, dem Informationssystem der hessischen Polizei, ab. 2018 gab es in Hessen 180 Verdachtsfälle zu missbräuchlichen Suchläufen. Deren Zahl stieg nach der Einführung von Stichprobenkontrollen im Februar 2019 offenbar rapide an. Dabei ging es nicht nur um Voyeurismus wie am Beispiel von Frau Fischer, sondern in einigen Fällen auch um rechtsradikale Ausspähungsversuche. Redaktionsmitteilung weiterlesen

Chronologie Januar 2020

1. Januar: Leipziger Silvesternacht: Im Stadtteil Connewitz kommt es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Feiernden. In einer ersten Presseerklärung behauptet die Polizei, „eine Gruppe von Gewalttätern hat versucht, einen brennenden Einkaufwagen mitten in eine Einheit der Bereitschaftspolizei zu schieben.“ Ein Beamter sei so schwer verletzt worden, „dass er das Bewusstsein verlor und im Krankenhaus notoperiert werden musste.“ Die im November eingerichtete Soko Linx des Landeskriminalamts (LKA) Sachsen und die Staatsanwaltschaft ermitteln wegen Mordversuchs. Nach Medienrecherchen muss die Polizei am 3. Januar einräumen, dass es keine Notoperation gegeben hat und auch keine Lebensgefahr für den betroffenen Beamten bestanden hat. Auch die SPD-Ko-Vorsitzende Saskia Esken fordert nun eine öffentliche Aufklärung des Polizeieinsatzes und wird dafür heftig kritisiert. Am 6. Januar wird ein Video der betreffenden Szene öffentlich, aus dem hervorgeht, dass auch die Erklärung, dem Beamten sei der Helm vom Kopf gerissen worden, falsch war. Obwohl nun auch klar ist, dass es sich hier zwar um eine gewaltsame Aktion handelte, aber nicht um einen „orchestrierten Angriff“, hält die Staatsanwaltschaft an dem Vorwurf des Mordversuchs fest. Weitere Videos zeigen erhebliche Polizeigewalt gegen Unbeteiligte. Chronologie Januar 2020 weiterlesen

Chronologie Dezember 2019

1. Dezember: Koalitionsvertrag Sachsen: CDU, SPD und Grüne stellen ihr Verhandlungsergebnis vor. Im innenpolitischen Bereich wollen die drei Parteien u.a. eine Kennzeichnung von Polizist*innen und Bescheinigungen für „anlasslose“ Kontrollen einführen. Bei der Polizei sollen 1.000 neue Stellen geschaffen werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den V-Leute-Einsatz des Verfassungsschutzes will man „konkretisieren“. Am 20. Dezember nimmt die neue Regierung ihre Arbeit auf.

Autobrände in Berlin: Laut Medienberichten hat die Berliner Polizei von Jahresanfang bis zum 28. November insgesamt 512 Fahrzeugbrände registriert. Da zum Teil mehrere Autos angezündet werden, liegt die Zahl der Fälle bei 297. Nur in 36 Fällen vermutet die Polizei einen politischen Hintergrund.

Rechte KSK-Soldaten: Laut Medienberichten hat der Militärische Abschirmdienst (MAD) „mindestens zwei“ rechtsextreme Soldaten beim Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr enttarnt. Ein Unteroffizier soll in den kommenden Tagen suspendiert werden. Ein Stabsoffizier sei schon vor einigen Wochen suspendiert worden, ein weiterer gelte beim MAD als „Verdachtsfall“. Chronologie Dezember 2019 weiterlesen

Redaktionsmitteilung

Am 24. Dezember 2019 können die deutschen Zollfahnder*innen nicht nur Weihnachten feiern. Der Zollfahnungsdienst (ZFD) wird hundert Jahre alt und das Bundesfinanzministerium hat schon im Juli ein Geschenk für ihn gepackt: den Entwurf eines neuen Zollfahndungsdienstgesetzes, das der Bundestag demnächst absegnen wird. Das neue Gesetz soll unter anderem die Regelungen über die „besonderen Mittel der Datenerhebung“ erweitern und an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anpassen. Die verdeckten Methoden, die hinter dieser verharmlosenden Begrifflichkeit stecken, sind für den ZFD nichts wirklich Neues, denn schon der Gründungserlass des Reichsfinanzministers von Heiligabend 1919 ermächtigte den Dienst zum Einsatz von „Geheimagenten“. Redaktionsmitteilung weiterlesen

Dicke Pakete – Anti-Terror-Gesetzgebung in der Schweiz

Der schweizerische Bundesrat, die Regierung des Landes, will sowohl das strafrechtliche Anti-Terror-Instrumentarium als auch die präventiv-polizeilichen Befugnisse gegen „Gefährder“ ausbauen. Das gerade neu gewählte Parlament wird sich im nächsten Jahr mit zwei umfangreichen Gesetzespaketen auseinandersetzen müssen.

Anders als in Deutschland ist das Repertoire an Anti-Terror-Gesetzen in der Schweiz bisher vergleichsweise klein. 2003 ratifizierte das Parlament zwar das UN-Übereinkommen gegen Terrorismusfinanzierung und fügte einen entsprechenden Artikel ins Strafgesetzbuch (Art. 260 quinquies StGB) ein, aber eine generelle Terrorismusstrafnorm lehnte es ebenso ab wie eine dem deutschen § 129a (terroristische Vereinigung) vergleichbare Strafbestimmung. Dicke Pakete – Anti-Terror-Gesetzgebung in der Schweiz weiterlesen