Fall El-Sherbini: Üble Nachrede gegen Meinungsfreiheit

Nachdem die Medienwissenschaftlerin Sabine Schiffer vom Erlanger Amtsgericht am 24. März 2010 vom Vorwurf der üblen Nachrede gegen einen Polizisten freigesprochen wurde,[1] hat nun die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt. Schiffer hatte nach dem Mord in einem Dresdner Gerichtssaal an der Ägypterin Marwa El-Sherbini in einem Radio­in­ter­view Vermutungen darüber geäußert, warum der Bundespolizist G. bei der Messerattacke nicht auf den Angreifer, sondern auf El-Sherbinis Ehe­mann geschossen hatte. Der Ägypter hatte seine Frau schützen wollen und war durch Messerstiche schwer verletzt worden, als er dem Mörder das Messer entreißen wollte. Der Polizist schoss gezielt auf den Ägypter und traf ihn am Bein. Schiffer hatte daraufhin gegenüber einem irani­schen Radiosender gesagt, der Polizist habe „sicherlich aus rassistischen Gründen“ auf den Ehemann geschossen.

Dies hatte ihr einen Strafbefehl über 6.000 Euro oder alternativ zwei Monate Haft wegen übler Nachrede eingebracht. Über ihren Widerspruch, in dem Schiffer sich auf die grundgesetzlich garantierte Presse- und Meinungsfreiheit berief, verhandelte nun das Amtsgericht Erlangen. Der Richter entschied, dass die Äußerung durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt sei. Das Wort „sicherlich“ sei hier abschwächend – als Meinung oder Annahme nicht als Tatsachen­behauptung – zu werten. Zudem habe sie den Polizeibeamten gar nicht gekannt und ihn im Interview auch nicht namentlich genannt.

Schiffer erhofft sich durch das Revisionsverfahren, dass die Gründe des polizeilichen Fehlschusses nun doch noch erörtert werden, sofern die Staatsanwältin weiter darauf beharrt, dass es sich um eine falsche Tatsachenbehauptung gehandelt habe. Eine Vernehmung des Polizeibeamten hatte das Amtsgericht abgelehnt.

(Martina Kant)

[1]      Az.: 1 Ds 404 Js 45405/09, siehe www.medienverantwortung.de/das-institut/der-prozess