So lange es Polizei gibt, gibt es Gewalt. Über „Gewalt durch PolizistInnen“ wird meist anlässlich ihres gravierenden Missbrauchs geredet. Die „Gewalt gegen die Polizei“ gehört zu jenen Phänomenen, die von PolizistInnen, Behörden und PolitikerInnen in periodischen Abständen immer wieder thematisiert werden. Zu wenig wird der Zusammenhang zwischen beiden Seiten betrachtet.
Gegenwärtig hat die offizielle Politik sich des Themas „Gewalt gegen Polizeibeamte“ angenommen. In öffentlichen Erklärungen des Bundes- und der Landesinnenminister ist die Klage über Angriffe auf die Polizei ebenso präsent wie in den Verlautbarungen des Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder der Polizeigewerkschaften. Die Regierungsparteien CDU, CSU und FDP erklärten in ihrem Koalitionsvertrag vom Herbst letzten Jahres, dass „Polizeibeamte und andere Personen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen … immer häufiger Ziel brutaler gewalttätiger Angriffe“ würden. Um dem entgegen zu wirken, kündigten die Koalitionäre an, für die Beamten „den strafrechtlichen Schutz – insbesondere durch eine Neufassung des § 113 Abs. 2 StGB – verbessern“ zu wollen.[1]Polizei und Gewalt: Opfer und Täter – Halbe Wahrheiten – falsche Debatte weiterlesen →
„Wer stellt sich schützend vor die Polizei?“ Diese Frage bewegt – nicht nur – die Polizeigewerkschaften. Ein ganzer Chor von SicherheitspolitikerInnen und Fans von Law and Order stimmt dieses Lied an. Viel ist dabei von verlorenem Respekt gegenüber Uniformierten die Rede – und natürlich von „linker Gewalt“.
Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die Gewalt gegen PolizistInnen in den vergangenen zehn Jahren um 31 Prozent zugenommen. Alleine 2008 soll es zu rund 28.000 Widerstandshandlungen gegen BeamtInnen gekommen sein.[1] Gestützt auf diese Zahlen wird der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg nicht müde zu wiederholen, man habe seit Jahren auf die wachsende Gewalttätigkeit in der Gesellschaft aufmerksam gemacht. Beleidigungen und die Missachtung polizeilicher Anweisungen im täglichen Dienst nähmen zu. Darin zeige sich ein „weitgehender Respektsverlust gegenüber staatlicher Autorität“, sekundiert sein Kollege von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt.[2]Markige Worte – Polizei und Gewalt von Heiligendamm bis zum 1. Mai weiterlesen →
Im Februar 2010 sollte in den Räumen des Karlsruher Fanprojekts eine Veranstaltung zu „Polizeigewalt im Fußball – Strategien, Initiativen, Missverständnisse“ mit einer Referentin des Fanprojekts Offenbach stattfinden. Nachdem die Polizei jedoch Druck auf das Projekt und dessen Träger, den Stadtjugendring, ausgeübt hatte, sagte die Stadt die Veranstaltung ab.[1]
Um verstehen zu können, weshalb eine Informations- und Diskussionsveranstaltung für Fußballfans in den Augen der Polizei ein solches Gefährdungspotential in sich birgt, dass diese faktisch verboten wird, ist es notwendig, zunächst die in und um die deutschen Stadien allgegenwärtige Repression gegen Fußballfans sowie deren Rechtfertigung durch die Sicherheitsbehörden, Gerichte und Medien näher zu beleuchten.
Die Entwicklung der Polizeigewalt gegen Fußballfans steht in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der Fankultur. War während der 70er und 80er Jahre die Fanlandschaft überwiegend durch „kuttendominierte“ Fanclubs geprägt, so traten in den 80er Jahren in den Stadien zunehmend so genannte Hooligans auf. Nachdem auch dieses Phänomen heute weitgehend aus den Stadien verschwunden ist, sind aktuell die „Ultras“ zur Hauptzielscheibe polizeilicher Maßnahmen geworden.[2]Getroffene Hunde bellen – Die alltägliche Repression gegen Fußballfans weiterlesen →
Die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ (fdGO) wird wie eine Tabuformel benutzt, so als komme der Schutz dieser „unantastbaren Werte“ gegen ihre „Feinde“ noch vor den erst zu verwirklichenden Grundrechten und der Demokratie. Von diesem fetischisierten präventiven Staatsschutz kann sich auch das Bundesverfassungsgericht nicht lösen.
Der „freiheitlich-demokratische Staat“ gehe nicht von sich aus gegen Parteien mit einer ihm feindlichen Zielrichtung vor, er wehre „lediglich Angriffe auf seine Grundordnung ab“, schrieb das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 1956 im KPD-Verbotsurteil. Schon die gesetzliche Konstruktion und präventive Ausrichtung schlösse einen Missbrauch des Parteienverbots „im Dienste eifernder Verfolgung unbequemer Oppositionsparteien aus.“[1]Die „fdGO“ als Fetisch – Verfassungsschutz und Verfassungsgericht weiterlesen →
Ende November 2009 hat das schweizerische Justizministerium, das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), den Vorentwurf für ein Polizeiaufgabengesetz des Bundes (PolAG) vorgelegt. Geregelt werden darin auch die verdeckten Methoden der Bundeskriminalpolizei.
Das PolAG solle „die Zersplitterung des heutigen Polizeirechts des Bundes“ überwinden, so heißt es in zwei amtlichen Pressemitteilungen sowie in dem rund 100 Seiten langen erläuternden Bericht zu dem Gesetzentwurf.[1] Die Polizeiaufgaben des Bundes seien derzeit in „zahlreichen Bundesgesetzen“ und in einer „Vielzahl von verstreuten Einzelnomen“ geregelt. Das sei nicht nur unübersichtlich, sondern stehe in einem „gewissen Kontrast“ zu der organisatorischen Konzentration der polizeilichen Dienste auf eidgenössischer Ebene im Bundesamt für Polizei, das sich seit einigen Jahren neumodisch als „fedpol“ abkürzt. Das PolAG bringe keine grundsätzlichen Änderungen, es fasse bloß die vorhandenen Bestimmungen zusammen und konkretisiere sie da, wo es nötig sei. Darf’s sonst noch was sein? Schweiz: Neues Polizeirecht für den Bund weiterlesen →
Gewalt gegen jene, deren beruflicher Auftrag darin besteht, die staatliche Gewalt gegenüber den BürgerInnen zu demonstrieren und ggf. einzusetzen, ist ein sicherheitspolitisches Dauerthema. Immer wieder von den Polizeigewerkschaften in die öffentliche Diskussion gebracht, tun sich die politisch Verantwortlichen schwer mit einer Reaktion. Einerseits will man sich nicht vorwerfen lassen, als Dienstherr habe man nicht alles getan, um die Sicherheit des „Arbeitsplatzes Polizei“ zu gewährleisten. Andererseits kommt eine Kampagne, die die Polizei als Opfer von Angriffen sieht, all denen gelegen, die nach Unterstützung für den starken Staat und seine handelnden Organe suchen. Literatur weiterlesen →
Alle sind sich einig: Die Angriffe auf PolizistInnen hätten zugenommen, der Polizeiberuf sei gefährlicher geworden, der Respekt vor den VertreterInnen der Staatsgewalt schwinde rapide. Denn durch den Angriff auf seine RepräsentantInnen werde der Staat insgesamt angegriffen. Angesichts dieses Konsenses verwundert, dass gesicherte Erkenntnisse über die Gefahren des Polizeiberufs weiterhin nur spärlich vorhanden sind.
2009 führten die anhaltenden Berichte über vermehrte Gewalt gegen die Polizei und die massive Öffentlichkeitsarbeit der Polizeigewerkschaften zu einem Beschluss der Innenministerkonferenz (IMK), das Berufsrisiko von PolizistInnen erneut wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Die letzte einschlägige Studie hatte die IMK 2000 in Auftrag gegeben, nachdem im selben Jahr acht Polizisten von Straftätern getötet worden waren – so viel wie in den 25 Jahren zuvor nicht mehr. Gewalt gegen die Polizei – Wenig Klarheit zum Berufsrisiko von PolizistInnen weiterlesen →
ImmigrantInnen berichten immer wieder von polizeilichen Übergriffen. Sie werden beleidigt, geschlagen und gedemütigt. Wie lässt sich diese gewaltsame Polizeipraxis erklären?
Im Dezember 2003 veröffentlichte „Aktion Courage“, eine antirassistische Menschenrechtsorganisation, eine Dokumentation über siebzig gewaltsame Polizeiübergriffe aus den Jahren 2000-2003, bei denen Flüchtlinge und ImmigrantInnen teilweise schwere Verletzungen davontrugen.[1] Drei von ihnen kamen infolge der Polizeigewalt zu Tode. „Aktion Courage“ spricht in diesem Kontext von schweren Menschenrechtsverletzungen. Otto Diederichs, der die Fälle recherchiert hatte, hält diese nur für „die Spitze eines Eisbergs“, da viele polizeiliche „Übergriffe“ im Polizeigewahrsam stattfänden, wo das Opfer wehrlos/passiv und die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. Viele Opfer von Polizeigewalt trauten sich zudem nicht, die Täter in Uniform anzuzeigen. Zumeist müssten sie mit einer Gegenanzeige wegen „Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte“ rechnen. Dieser Vorwurf führe dazu, dass die entgrenzte polizeiliche Gewaltanwendung legitimiert und zumeist politisch gebilligt werde. Polizeiübergriffe auf ImmigrantInnen – Gewollte Ungleichheit und die Normalität der Gewalt weiterlesen →
07.01.: Oury-Jalloh-Prozess wird neu aufgerollt: Der Bundesgerichtshof (BGH) hebt das Urteil des Landgerichts (LG) Dessau auf, das im Dezember 2008 zwei Polizisten vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen hatte. Das LG Magdeburg muss den Fall des im Polizeigewahrsam verbrannten Oury Jalloh neu verhandeln. (Az.: 4 StR 413/09)
Todesschuss-Fall Eisenberg: Nachdem die Regensburger Staatsanwaltschaft im Dezember das Ermittlungsverfahren gegen die zwei Polizisten, die im April 2009 den Studenten Tennessee Eisenberg erschossen, eingestellt hat, erhebt dessen Familie Beschwerde beim Generalstaatsanwalt in Nürnberg. Am 26. März wird sie abgewiesen. Chronologie weiterlesen →
Police and violence – victims and perpetrators by Norbert Pütter
Police trade unions and politicians of the conservative-liberal coalition are proposing more stringent criminal laws to counter an alleged increase in violence against police officers, which they are trying to prove by falsely interpreting police crime statistics. The increasing cases of „resisting a police officer in the execution of his duty“ only show non-violent forms of resistance whilst the assaults against officers are usually classified as inflicting bodily harm, and within this category they are not further specified by numbers. Furthermore, charges lodged by police on grounds of „resistance“ are commonly used to deter complaints against police violence. Unless violence against the police is linked to the demand for a less violent police force and society as a whole, neither the police nor citizens are served. Summaries weiterlesen →
Seit 1978 Berichte, Analysen, Nachrichten zu den Themen Polizei, Geheimdienste, Politik „Innerer Sicherheit“ und BürgerInnenrechte.