Plausch im Grenzhäuschen

Neun Monate nach den Protesten gegen den NATO-Gipfel in Straßburg und Baden-Baden hat das Bundesinnenministerium (BMI) im Februar einen abschließenden Bericht vorgelegt.[1] Demnach oblag etwa dem Bundesamt für Verfassungsschutz zusammen mit seinem französischen Pendant die Leitung einer von der NATO eingerichteten „International Intelligence Cell“. Die konspirative Zelle aus 17 ausländischen Diensten fertigte Lagebilder und Risikoanalysen an. Auf deutscher Seite hatte das Bundeskriminalamt (BKA) ferner eine internationale „Zentralstelle Großveranstaltung“ zum Austausch „polizeilich relevanter Informatio­nen“ eingerichtet. Eine zugehörige „Informationssammelstelle“ doku­mentierte 424 europaweite Mobilisierungsveranstaltungen von Gipfel­gegnerInnen. Darüber hinaus gewährte das BKA französischen Stellen Zugang zur Datei „International agierende gewaltbereite Störer“ (IgaSt). Beim grenzüberschreitenden Datentausch habe man sich auf den „Vertrag von Prüm“ gestützt.

Die Bundespolizei (BPol) hatte gegen 121 Personen Ausreisesperren verhängt. In seinem Abschlussbericht behauptet das BMI zwar, die „Anreise von friedlichen Demonstrationsteilnehmern“ sei „nicht einge­schränkt“ worden. Die Gerichte sahen das anders: Sie hoben über 50 Ausreiseverbote auf. Dennoch konnten die Aktivisten nicht zum Gipfel­protest weiterreisen, da die französische Grenzpolizei nun ihrerseits ein Einreiseverbot aussprach. Die Bundesregierung präzisiert, dass dem ein deutsch-französischer „mündlicher personenbezogener Informationsaus­tausch“ zugrunde lag. Weil die BPol den gemütlichen Plausch im Grenz­häuschen aber nicht dokumentiert hat, haben die Abgewiesenen keinerlei Möglichkeit eines nachträglichen Rechtsschutzes.

(Matthias Monroy)

[1]  http://dipbt.bundestag .de/doc/btd/17/036/1703656.pdf