Chronologie

zusammengestellt von Otto Diederichs

Mai 2011

01.05.: 1. Mai: Abgesehen von einzelnen Auseinandersetzungen am Abend verlaufen die Demonstrationen in Berlin weitgehend friedlich. 103 Personen werden vorübergehend festgenommen, etwa 6.000 PolizistInnen sind im Einsatz. In Hamburg kommt es zu Ausschreitungen, 16 Autos werden angezündet. 17 Personen werden fest- und weitere 50 in Gewahrsam genommen. 2.300 BeamtInnen sind im Einsatz.

03.05.: Stasi-Fälle in Brandenburg: Gemäß einer neuerlichen Überprüfung sind im Justizdienst des Landes 152 Ex-Stasi-Mitarbeiter beschäftigt, fast doppelt so viele als bisher bekannt. Nachdem auch bei der Polizei mehrere neue Stasi-Fälle bekannt werden, kommt es Ende Juli zu einem nochmaligen Check für die Schutzbereichsleiter, als dessen Folge am 19.08. dem Spremberger Kripo-Chef der Beamtenstatus entzogen und der Chef einer Cottbuser Polizeiwache in den Innendienst versetzt wird. Unter Stasi-Verdacht gerät auch GdP-Landeschef Andreas Schuster.

04.05.: Sicherungsverwahrung: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärt die Regelungen zur nachträglichen und zur über die frühere Höchstgrenze von zehn Jahren hinausgehenden Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig, räumt dem Gesetzgeber aber eine Übergangsfrist bis Ende Mai 2013 ein. (s. auch auf S. xx ff.).

05.05.: Urteile nach Berliner Randale: Im zweiten Prozess um die Randale nach der Räumung der besetzten Liebigstr. 14 im Januar ergeht ein Freispruch. Die Aussagen einer Polizistin erscheinen dem Gericht nicht schlüssig. Am 13.05. wird ein weiterer Angeklagter zu einer 10-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Anfang Juli entdecken AnwohnerInnen der Liebigstraße Videokameras in den Dachfenstern einer Schule. Die Polizei bestätigt die Überwachung, die sie mit wiederholten Farbbeutel- und Steinwürfen auf die Sanierungsbaustelle begründet, und erklärt sie zugleich für beendet. Am 26.07. ergeht Haftbefehl gegen einen Angeklagten, der nicht zum Prozess erschienen ist.

07.05.: Rocker: In Bremen nimmt die Polizei 61 Mitglieder des „MC Mongols“ fest, die trotz Versammlungsverbots versucht haben, ein Clubheim einzuweihen. Am 17.05. wird in Altlandsberg (Brandenburg) der frühere Anführer der Berliner „Nomads“ niedergestochen und schwer verletzt. Am 20.05. verbietet Bremens Innensenator Ulrich Mäurer die „Mongols“. In einer „Bandidos“-Kneipe stellt die Berliner Polizei bei einer angeblich routinemäßigen Kontrolle zur Durchsetzung des Nichtraucher- und Jugendschutzes am 19.06. etliche Schlag- und Stichwaffen sicher; bei einer Veranstaltung der Gruppe am 25.06. werden erneut Waffen und waffenähnliche Gegenstände gefunden und vier Personen festgenommen.

09.05.: Volkszählung: Zum ersten Mal seit 1987 beginnt in Deutschland wieder eine Volkszählung. Proteste wie vor 24 Jahren bleiben aus.

11.05.: Körperverletzung im Amt: Das Amtsgericht (AG) Tiergarten (Berlin) verurteilt einen Bundespolizisten zu einer Geldstrafe von 9.800 Euro. Sein Kollege muss wegen Falschaussage 4.875 Euro zahlen.

12.05.: Bordellrazzia: In einer bundesweiten Aktion des Bundeskriminalamts (BKA) werden 170 afrikanische Zwangsprostituierte befreit.

14.05.: Weitergabe von Geheimdienstdaten: Nachdem ein deutsch-türkischer Taliban bei einem US-Drohnenangriff im Oktober 2010 in Afghanistan getötet wurde, schränkt die Bundesregierung die Weitergabe von Geheimdienstinformationen an die USA formell ein. Die Daten müssen künftig mit dem Zusatz versehen werden, dass sie nur zu Festnahmezwecken, aber nicht zur Tötung verwendet werden dürfen.

17.05.: Gefängnisneubau: Berlin und Brandenburg unterschreiben einen Staatsvertrag für den gemeinsamen Betrieb eines neu zu bauenden Gefängnisses, das Ende 2012 bezugsfertig sein soll.

Abschiebepraxis: Der bayerische Landtag beschließt, vorerst keine abgewiesenen Asylsuchenden mehr nach Syrien abzuschieben. Ähnliche Regelungen bestehen in fast allen anderen Bundesländern, die Bundesregierung lehnt jedoch einen verbindlichen bundesweiten Abschiebestopp nach wie vor ab. Am 20.05. kritisiert eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe die deutsche Abschiebepraxis als zu lasch. 2010 seien „nur“ 5,7 Prozent der abgewiesene Asylsuchenden (930 Personen) abgeschoben worden.

18.05.: Beleidigte Polizisten: Das AG Tiergarten (Berlin) stellt ein Verfahren wegen Beamtenbeleidigung mangels öffentlichen Interesses ein. Der Beschuldigte hatte PolizistInnen, die in der U-Bahn gezielt nur dunkelhäutige Personen kontrolliert hatten, als Rassisten bezeichnet.

Polizeikennzeichnung: Brandenburg regelt die namentliche Kennzeichnung von PolizistInnen per Gesetz. Ausgenommen sind weiterhin Einsätze geschlossener Einheiten. Am 29.07 beginnt Berlin mit der Ausgabe von Namens- und Kennzifferschildern an seine PolizistInnen. Das Tragen ist obligatorisch. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) kündigt Musterprozesse an (s. auch S. xx ff.).

19.05.: Polizeilicher Todesschuss: In einem JobCenter in Frankfurt/M. erschießt eine Polizistin eine Frau, die zuvor randaliert und einen Polizisten mit einem Messer verletzt hatte.

20.05.: Polizeiliche Kriminalstatistik: Die Zahl der insgesamt registrierten Straftaten ist 2010 um zwei Prozent gesunken. Gestiegen seien Wohnungseinbrüche (6,6 Prozent), Autodiebstähle (4,9 Prozent) und Internetkriminalität (8,1 Prozent).

Internet-Server der Piraten-Partei stillgelegt: Aufgrund eines  Rechtshilfeersuchens nehmen Staatsanwaltschaft und BKA die Server der Bremer Piraten-Partei vom Netz. Auf ihren Seiten hatte ein Unbekannter einen bevorstehenden Hackerangriff auf einen französischen Stromkonzern angekündigt. Nach einer erfolgreichen Beschwerde beim Amtsgericht ist die Partei am nächsten Tag wieder online.

23.05: Anschlag auf Bahn: Ein Brandanschlag auf eine Kabelleitung an einem Berliner S-Bahnhof legt fast den gesamten Bahnverkehr in Berlin und im Osten Brandenburgs stundenlang lahm. Das Bekennerschreiben ist mit „Das Grollen des Eyjafjallajökull“ gezeichnet.

24.05.: Sprengstofffund: Mitarbeitern eines Rettungsdienstes entdecken während eines Routineeinsatzes in einer Kieler Wohnung zufällig große Mengen von Sprengmitteln und Bauteilen für Zündvorrichtungen. Zur Bergung muss die Polizei zwölf Häuser vorübergehend evakuieren.

Benzinrationierung: In einem Rundschreiben teilt die Bundespolizei (BPol) ihren Beschäftigten mit, dass der Treibstoff für Dienstwagen wegen Sparvorgaben des Bundesinnenministeriums (BMI) bis auf weiteres kontingentiert wird.

25.05.: Sicherheitspanne an Frankfurter Flughafen: Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen gelingt es einem offenbar psychisch Kranken, bewaffnet in den Ankunftsbereichs des Flughafen zu gelangen. Der Mann kann unverletzt festgenommen werden.

26.05.: Schleuserbande zerschlagen: Bei einem Großeinsatz in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen sowie in der Türkei werden 44 Personen festgenommen. Sie sollen rund 2.000 Menschen illegal in die EU geschleust haben. Gegen die Bande war seit 2009 ermittelt worden.

29.05.: Anschläge geplant: In Düsseldorf und Bochum werden nach mehrmonatigen Observationen und Abhöraktionen drei junge Männer festgenommen, die einen Sprengstoffanschlag geplant haben sollen.

31.05: Schießerei auf Bahnhof: Auf dem Düsseldorfer Hauptbahnhof schießt ein Mann auf Polizisten, die ihn kontrollieren wollen, trifft sie aber nicht. Anschließend flüchtet er und mit eine Frau als Geisel, die er mit einem Streifschuss am Kopf verletzt. Bevor er weitere Schüsse abgeben kann, wird er von den Beamten überwältigt.

Rechtsextremes Radio stillgelegt: Die Polizei nimmt bei einer Razzia in sechs Bundesländern fünf Personen fest und beschlagnahmt die Gerätschaften eines rechtsextremen Internetradios.

Juni 2011

01.06: Loveparade 2010: Im nordrhein-westfälischen Landtag präsentiert Innenminister Ralf Jäger (SPD) den Bericht zur Nachbereitung des Polizeieinsatzes während der Loveparade am 24.07.2010, bei der in einer Massenpanik 21 Menschen starben und über 500 verletzt wurden. Ein Zwischenbericht der Duisburger Staatsanwaltschaft vom 10.07. belastet MitarbeiterInnen des Bauordnungsamtes und der Polizei. Die Genehmigung der Love-Parade sei „formal rechtswidrig“ gewesen.

04.06: Gemeinsames Lagebild: Die Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern erklären, die Zahl der gewaltorientierten LinksextremistInnen sei von 2005 bis 2010 um 20 Prozent auf 6.800 gestiegen.

09.06.: Verena Becker-Prozess: Im Prozess gegen das frühere RAF-Mitglied wegen mutmaßlicher aktiver Beteiligung an der Ermordung des früheren Generalbundesanwaltes Siegfried Buback 1977 bestreitet der einstige Abteilungsleiter bei der Bundesanwaltschaft, Rainer Griesbaum, dass Becker bereits damals Informantin des Verfassungsschutzes gewesen und deshalb geschützt worden sei. Anfang Juli lehnt der Bundesgerichtshof die Anordnung von Beugehaft gegen die Ex-RAF-Mitglieder Siegried Haag und Roland Mayer ab, weil sie sich durch ihre Aussage möglicherweise selbst belasten müssten. Am 04.08. sagt ein ehemaliger BKA-Fahnder aus, seinerzeit sei weder Becker noch eine andere Frau mit der Tötung Bubacks in Verbindung gebracht worden. Am 11.08. erklärt ein ehemaliger BILD-Journalist, er habe schon 1977 vom mittlerweile verstorbenen damaligen Hamburger Verfassungsschutzchef Christian Lochte erfahren, dass Becker auf Buback geschossen habe.

10.06: Sprengsatz bei Ikea: Nach Anschlägen in Belgien, Frankreich und den Niederlanden explodiert auch in der Dresdner Ikea-Filiale ein Sprengsatz und verletzt zwei Menschen leicht. Drei Wochen später nimmt die Polizei in Köln einen „Trittbrettfahrer“ fest, der versucht hatte, den Konzern zu erpressen. Mit dem Anschlag hat er nichts zu tun.

14.06.: Brechmittelprozess: Das Landgericht (LG) Bremen spricht einen Polizeiarzt vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei. Er hatte im Dezember 2004 einem afrikanischen Dealer zwangsweise große Mengen Brechsirup und Wasser eingeflößt, woran der Mann einige Tage später starb. Am 21.06. legen Staatsanwaltschaft und Nebenklage Revision ein.

Stuttgart 21-Proteste: Nach zweimonatigem Baustopp werden die Arbeiten am umstrittenen Bahnhofsprojekt wieder aufgenommen. Die Polizei räumt eine Sitzblockade. Am 18.06. folgt eine weitere friedliche Protestaktion. Am 20.02. stürmen BahnhofsgegnerInnen das Baugelände. Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei wird ein Zivilbeamter schwer verletzt. Am 24.06. entschuldigen sich die S-21-GegnerInnen. Auf der Suche nach Filmmaterial durchsucht die Polizei am 07.07. die Räume der Initiative „Parkschützer“ und die Wohnung ihres Sprechers. Hintergrund ist ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung und versuchten schweren Raubes gegen drei Personen. Einer der Beschuldigten sitzt bereits in U-Haft. Am 09.07. demonstrieren erneut mehrere Tausend Menschen gegen das Projekt. Eine Blockade am 09.08. wird von der Polizei geräumt.

16.06.: „Deutsche Taliban Mudschahedin“ (DTM): In Österreich wird ein 26-jähriger Deutsch-Türke festgenommen, der sich den DTM angeschlossen haben soll und in einem Video mit einem Anschlag auf das Brandenburger Tor gedroht hatte. Am 22.06. verurteilt das Berliner Kammergericht ein anderes mutmaßliches DTM-Mitglied wegen Terrorwerbung zu zweieinhalb Jahren Jugendstrafe.

Cyber-Abwehrzentrum eröffnet: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eröffnet in Bonn das Nationale Cyber-Abwehrzentrum.

19.06.: Funkzellenabfrage: Presseberichte decken auf, dass die Polizei während der Demos und Blockaden gegen den Neo-Nazi-Aufmarsch am 19.02. in Dresden über Stunden sämtliche Handyverbindungen in weiten Teilen Dresdens erfasst hat (siehe S. xx). Am 10.08. durchsucht die sächische Polizei die Wohnung eines Jugendpfarrers in Jena (Thüringen); ihm wird „aufwieglerischer Landfriedensbruch“ vorgeworfen. Die Thüringer Polizei wird erst mit Beginn der Aktion informiert.

20.06.: Birgit Hogefeld begnadigt: Nach 18 Jahren Haft wird das Ex-RAF-Mitglied begnadigt und ohne Auflagen entlassen. Bei Hogefelds Verhaftung im Juni 1987 in Bad Kleinen waren ihr Begleiter Wolfgang Grams und der GSG-9-Beamte Michael Newrzella erschossen worden.

24.06.: Islamgipfel: Auf Einladung von Bundesinnenminister Friedrich kommen in Berlin Vertreter von BKA, Verfassungsschutz und muslimischen Organisationen zu einem „Präventionsgipfel“ zusammen. Die „stille Radikalisierung“ junger Muslime soll schneller erkannt werden.

26.06.: Razzien gegen Schleuserring: Bei einer Durchsuchungsaktion in vier Städten nimmt die BPol mehrere Personen fest und beschlagnahmt neben Beweismaterial auch Munition. Bei einer weiteren Razzia in fünf Bundesländern am 28.06 werden sieben Personen verhaftet.

28.06.: Islamistische Propaganda: In Neumünster wird ein 19-Jäh­riger festgenommen, der im Internet islamistisches Propagandamaterial und Anleitungen zum Bombenbau verbreitet hatte.

29.06.: Sicherheitsgesetze: Nach monatelangem Streit einigen sich BMI und Bundesjustizministerium darauf, den Großteil der Anfang 2012 auslaufenden Anti-Terror-Gesetze um vier weitere Jahre zu verlängern. Am 17.08. beschließt die Bundesregierung den Entwurf (siehe S. xx)

Juli 2011

01.07: Verfassungsschutzbericht 2010: Laut dem Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sanken die gemeldeten rechtsextremistischen Straftaten gegenüber 2009 um 15,2 Prozent auf 15.905, die linksextremistischen um 20,8 Prozent auf 3.747. Die Mitgliederzahlen radikal-islamistischer Gruppen seien von 36.270 auf 37.470 gestiegen.

„Cybercops“: Zur Bekämpfung der Internetkriminalität stellt das Bayerische Landeskriminalamt zehn ComputerspezialistInnen aus der Wirtschaft ein, die in einem Ein-Jahres-Crashkurs zu PolizistInnen ausgebildet und verbeamtet werden sollen, damit sie auch hoheitliche Aufgaben (Durchsuchungen, Vernehmungen etc.) wahrnehmen können.

06.07.: Polizist als Räuber: Ein Beamter der Bundestagspolizei überfällt die dortige Postfiliale, verletzt deren Angestellte durch mehrere Schläge mit der Pistole und flüchtet mit der Beute. Am nächsten Tag wird er erschossen aufgefunden; er hat sich selbst getötet.

07.07.: Verstoß gegen Folterverbot: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt die BRD zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 10.000 Euro an einen ehemaligen Häftling, der im Jahres 2000 sieben Tage lang nackt in einer Sicherheitszelle verbringen musste.

Flughafen-Attentäter angeklagt: Die Bundesanwaltschaft erhebt An­klage gegen Arid U., der im März 2011 auf dem Flughafen Frankfurt zwei US-Soldaten erschossen und zwei weitere lebensgefährlich verletzt hatte. Bei Prozessbeginn vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/M. am 31.08. legt U. ein Geständnis ab. Ein weiteres Verfahren läuft in den USA.

Datendiebstahl bei Zoll und BPol: Unbekannte Hacker dringen in den bei der BPol geführten Paip Tracking Server (Patras) der Zollfahndung ein und veröffentlichen anschließend im Internet einen ersten Teil der dort gespeicherten Daten über Fahnder, observierte Personen, Fahrzeuge und Waren. Nach der Festnahme eines ersten Hackers stellt die Gruppe am 18.07. ein zweites Datenpaket ins Netz und droht mit weiteren Veröffentlichungen, falls die Ermittlungen nicht eingestellt werden.

10.07.: BND-Baupläne verschwunden: Laut Presseberichten sind Pläne von der Baustelle der neuen Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Berlin vermutlich gestohlen worden. BND-Chef Ernst Uhrlau erklärt, sie seien nicht sicherheitsrelevant und kostenintensive bauliche Veränderungen daher nicht notwendig. Mehrere Zeitungen widersprechen und verweisen auf Aussagen ihrer InformantInnen.

14.07.: Nacktscanner: Laut dem vertraulichen „Sachstandsbericht“ der BPol an das BMI weisen die zwei während zehn Monaten auf dem Hamburger Flughafen getesteten „Nacktscanner“ eine Fehlerquote von rund 70 Prozent auf. Am 31.08. stoppt Bundesinnerminister Friedrich den Einsatz vorläufig. Die Technik müsse zunächst weiterentwickelt werden.

15.07.: Videoüberwachung der Reeperbahn beendet: Die Hamburger Polizei stellt die Kameras auf der Reeperbahn ab. Die Überwachung sei sinnlos geworden, nachdem das Oberverwaltungsgericht im Juni 2010 entschieden hat, die Aufnahmen von Hauseingängen und Fensterbereichen müssten geschwärzt werden.

18.07.: Razzia gegen Islamisten: Die baden-württembergische Polizei durchsucht in Stuttgart und bei Ludwigsburg acht Wohnungen und Büros und nimmt sechs Personen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Spendensammlungen für ausländische Terrorgruppen fest.

Frei aber staatenlos: Nach fünf Jahren Haft wird Attila S. als erstes Mitglied der „Sauerland-Gruppe“ entlassen. Am 20.07. entscheidet das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen, dass ihm 2010 zu Recht die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen worden sei. S. ist nun staatenlos.

19.07.: GIMF-Prozess: Das OLG München verurteilt drei Mitglieder der Globalen Islamischen Medienfront (GIMF), die Videos von Geiselenthauptungen und Selbstmordattentaten ins Netz gestellt hatte, wegen Unterstützung bzw. Werbung für eine terroristische Vereinigung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung, einer ebenfalls auf Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe bzw. einem Anti-Aggres­sions­trai­ning. Das Verfahren gegen fünf weitere Angeklagte wird abgetrennt. Der mutmaßliche Anführer, ein V-Mann des BfV, ist nicht angeklagt und erhielt auch keine Aussagegenehmigung. Am 09.09. deckt die Verteidigung auf, dass die GIMF auch von einer im Auftrag des FBI tätigen US-Sicher­heitsfirma unterwandert wurde. Der BND soll davon gewusst haben.

21.07.: Terrorwerbung: Die Bundesanwaltschaft lässt in der Nähe von Kassel einen 21-jährigen Afghanen festnehmen. Er soll im Internet Mitglieder und UnterstützerInnen für Al Qaida und die Islamische Bewegung Usbekistans geworben haben.

22.07.: Telefonüberwachung in Brandenburg: Laut Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der CDU-Fraktion wurden im ersten Halbjahr 2011 in 80 Verfahren 411 Anschlüsse abgehört (im ganzen Jahr 2009: 537, 2010: 667). Die Hälfte der Verfahren betraf Drogendelikte.

25.07.: Polizist vor Gericht: Vor dem AG Gelsenkirchen beginnt der Prozess gegen einen 44-jährigen Beamten wegen versuchter Brandstiftung, Diebstahl und Besitz von Kinderpornografie. Zudem wird er beschuldigt, seine seit Juni 2010 verschwundene Frau ermordet zu haben.

29.07.: Prozess um Demo-Parolen: Vor dem VG Berlin beginnt ein Prozess um die Zulässigkeit polizeilicher Auflagen für Demo-Parolen. Für eine anti-israelische Demonstration im Juni 2010 hatte die Polizei Transparente und Parolen wie „Tod den Israelis“ und die Bezeichnung von Personen als Mörder verboten. Dagegen geklagt hat die „Palästinensische Gemeinde“ Berlins. Das Urteil wird für September erwartet.

August 2011

01.08.: Maroder Polizeifunk: Mit Aufnahme des Sendebetriebes eines neuen Digitalradios kommt es in Dortmund zu teils massiven Störungen beim Funkverkehr von Polizei und Rettungsdiensten. Der ursprünglich bereits für 2006 geplante digitalen Polizeifunk in Nordrhein-Westfalen soll erst im Herbst 2012 seinen Probebetrieb aufnehmen.

04.08: Halbjahresbilanz „Politische Straftaten“: Im ersten Halbjahr 2011 haben BKA und Landeskriminalämter insgesamt 11.148 politische motivierte Delikte registriert (davon Rechtsextremismus: 6.119; Linksextremismus: 3.381; Ausländerextremismus: 302; Sonstige: 1.346). Dabei wurden 779 Menschen verletzt und zwei getötet.

Entschädigung für Magnus Gäfgen: Das LG Frankfurt/M. spricht dem wegen Entführung und Ermordung eines Kindes Verurteilten eine Entschädigung von 3.000 Euro zu. Der damalige Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner hatte Gäfgen während der Vernehmung im Jahre 2002 „unvorstellbare Schmerzen“ androhen lassen, wenn er das Versteck des Kindes nicht preisgebe. Das sei eine „schwerwiegende Rechtsverletzung“ gewesen. Ein von Gäfgen gefordertes Schmerzensgeld lehnt das LG ausdrücklich ab. Das hessische Innenministerium gibt am 22.08. bekannt, gegen das Urteil juristisch vorzugehen.

05.08.: Prozess gegen Inge Viett: In Berlin soll sich das frühere RAF-Mitglied wegen öffentlicher Billigung von Straftaten verantworten. Sie habe bei einer Podiumsdiskussion Brandanschläge auf Bundeswehrfahrzeuge als „legitime Aktion“ bezeichnet. Wegen einer Erkrankung Vietts muss der Termin verschoben werden.

09.08.: Lebensgefährlich verletzte Polizisten: Nach einem fingierten Notruf in Gelsenkirchen greift der Anrufer die eintreffenden Polizisten mit einem Messer an und verletzt sie lebensgefährlich. Einer der Beamten schießt und fügt dem Angreifer ebenfalls lebensgefährlich Verletzung zu. Alle drei werden durch Notoperationen gerettet.

10.08.: Körperverletzung im Amt: Trotz der Aussagen mehrerer Augenzeugen, darunter zwei Polizeibeamte, spricht das AG Tiergarten (Berlin) zwei Polizisten frei. Das vietnamesische Opfer konnte nicht mehr befragt werden, da der Mann bereits abgeschoben worden war.

14.08.: Hochschule der Polizei: In einem internen Prüfbericht wirft der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen der Deutschen Hochschule der Polizei vor, in großem Stil Steuergelder verschwendet zu haben. Fest angestellte Lehrkräfte hätten ihr Veranstaltungspensum nicht erfüllt, sondern „in erheblichem Umfang“ auf externe Referenten zurückgegriffen und Nebentätigkeiten ausgeübt.

22.08.: BPol gegen brennende Autos: Berlin nimmt ein Angebot des BMI an: Hundert BundespolizistInnen sollen die Landespolizei bei der Verhinderung und Aufklärung von Autobrandstiftungen unterstützen. Von den 291 Fällen seit Anfang 2011 seien 151 politisch motiviert.

„Schuldhaft schweres Dienstvergehen“: Das VG Stuttgart entscheidet, dass ein Bundespolizist wegen Beihilfe zur Prostitution und Mitwirkung in einem Pornofilm rechtmäßig aus dem Beamtenverhältnis entfernt wurde.

23.08.: Polizeilicher Todesschuss: In Berlin erschießt ein Polizist eine psychisch kranke Frau, nachdem sie seinen Kollegen mit einem Messer am Arm verletzt hatte und ein Pfeffersprayeinsatz erfolglos blieb.

Polizisten unter Verdacht: In Oberhausen wird gegen zwei Kommissare ein Ermittlungsverfahren wegen Vortäuschung einer Straftat eröffnet. Sie sollen im Juni 2011 einen Angriff mit schweren Verletzungen selbst inszeniert haben, um Dienstunfähigkeitsversicherungen zu erschleichen.

Neuer Generalbundesanwalt: Die Bundesregierung nominiert den ehemaligen baden-württembergischen Verfassungsschutzchef Johannes Schmalzl zum Nachfolger von Monika Harms. Am 23.09. zieht Schmalzl seine Kandidatur zurück.

24.08.: Polizeigewerkschaften fordern Rausschmiss: Im Rahmen der Debatte um Gewalt gegen PolizistInnen erklärt Professor Rafael Behr von der Hochschule der Polizei Hamburg, die Polizei „jammere zuviel“ und ihre Selbstdarstellung als Opfer sei „unprofessionell“. Die Polizeigewerkschaften fordern vom Innensenator die Entlassung des Kritikers.

29.08.: Körperverletzung im Amt: Die Berliner Polizei leitet ein Ermittlungsverfahren gegen einen unbekannten Beamten ein. Auf einem Internetvideo ist zu sehen, wie er auf einen bereits festgenommenen Demonstranten einschlägt.