Anfang 2018 waren 129.412 Personen nach Art. 36 des Ratsbeschlusses über das Schengener Informationssystem (SIS II) zur „verdeckten“ oder „gezielten“ Kontrolle ausgeschrieben. Die Zahl der unter dieser Kategorie im SIS gespeicherten Personen hat in den letzten Jahren rapide zugenommen (Anfang 2017: 96.108; 2016: 69.520; 2015: 46.347; 2014: 41.050). Werden die Betroffenen im Schengen-Raum angetroffen, erfolgt eine Meldung an die ausschreibende Behörde. Übermittelt werden Ort, Zeit und Anlass der Kontrolle, Reiseweg und -ziel, das benutzte Transportmittel, Begleitpersonen sowie mitgeführte Sachen. Von einer „verdeckten Kontrolle“ sollen die Betroffenen nichts erfahren, bei der „gezielten Kontrolle“ werden sie durchsucht. Zum Jahreswechsel gab es zudem 45.815 Sachfahndungsausschreibungen (Fahrzeuge, Wasser- und Luftfahrzeuge, Container) nach Art. 36.[1]
Ausschreiben können einerseits Polizeibehörden (Art. 36 Abs. 2). Ähnlich wie bei der (inländischen) „polizeilichen Beobachtung“ ist die Voraussetzung dafür eine polizeiliche Prognose: Entweder müssen „tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Person eine schwere Straftat … plant oder begeht“[2] oder „die Gesamtbeurteilung der Person“ lasse erwarten, „dass sie auch künftig schwere Straftaten begehen wird“. Nach Abs. 3 sind auch Ausschreibungen durch die Geheimdienste bei „konkreten Anhaltspunkten“ für eine „erhebliche Gefährdung oder andere erhebliche Gefahren für die innere oder äußere Sicherheit des Staates“ möglich. Die Zahl der geheimdienstlichen Ausschreibungen stieg von 1.046 Anfang 2014 auf 9.735 Anfang 2017.
Seit 2015 können die Mitgliedstaaten bei Ausschreibungen nach Art. 36 auch eine „unverzügliche Meldung“ von Treffern fordern. Zum 30. November 2015 waren 880 verdeckte Fahndungen mit diesem Hinweis versehen. Am 1. Januar 2017 waren es 6.463 (1. Januar 2018: 6.609). Davon kamen 5.889 von Geheimdiensten.[3]
Bislang dürfen nur die ausschreibende und die kontrollierende Behörde über einen Treffer kommunizieren. Zur Debatte steht jetzt, eine Artikel-36-Treffermeldung an alle oder wenigstens eine Auswahl von Mitgliedstaaten weiterzuleiten. Auch die Polizeiagentur Europol soll in den Informationsaustausch eingebunden werden und die eigenen Datenbanken nach Ausschreibungen („pre-hit“) sowie Treffern („post-hit“) durchsuchen.