Redaktionsmitteilung

Das Versammlungsverbot der Corona-Verordnungen hat auch die Großdemonstrationen der Protest­bewegungen getroffen. Dabei hätte es gerade in Zeiten der Pande­mie viele Anlässe dafür gegeben: für die Fridays for Future, um zu zeigen, dass die industrialisierte Landwirtschaft nicht nur das Klima gefährdet, sondern auch immer wieder gefährliche Viren produziert; für die Seebrücken-Demos, um endlich die Evakuierung der Lager auf den griechischen Inseln durchzusetzen; oder für #Unteilbar, um die Rechte und die Gesundheit auch der Ausgegrenzten und Eingeschlossenen zu verteidigen.

Die linken Protestbewegungen, insbesondere die Seebrücke, haben ihr Auftreten dem Infektionsgeschehen angepasst. Statt auf große Aufzüge im Lockdown setzten sie auf kreative und trotzdem sichtbare Aktionen mit wenigen Teilnehmer*innen, mit Einhaltung von Abstandsregeln und mit Vermummung. Vielfach half jedoch auch solche Vernunft nicht gegen Verbote oder repressives polizeiliches Vorgehen. Erst ab Mitte April erinnerten die Gerichte wieder an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Mit dem schrittweisen Ende der Beschränkungen gilt es, die Elemente des seuchenrechtlichen Ausnahmezustands auf den Prüfstand zu heben, damit sie nicht in eine neue Normalität hinüberschwappen: die weitgehenden Einschränkungen der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit; die Schließung und nicht nur die Kontrollen an den Binnengrenzen; die (partielle) Zuhilfenahme des Militärs, die Schnelligkeit, mit der Corona-Tracing-Apps entwickelt wurden … Das Tagebuch, das hier nun gedruckt vorliegt, soll dabei als Erinnerungsstütze dienen.

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„Polizei – Schutzmacht im Alltag?“, das war der Titel der 1984 erschienenen Nr. 19 dieser Zeitschrift. Die Nr. 123 wird diese Frage wieder aufgreifen. Dabei wird erneut auch vom Alltag mit der Polizei in der Corona-Krise zu reden sein.

Beitragsbild: Vincent Ghilione auf Unsplash, Bearbeitung: Rixxa Wendland.

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