Ende 2020 will die EU-Kommission einen Vorschlag zur Ausweitung des Mandats des europäischen Polizeiamtes Europol vorlegen.[1] Mit dem Ziel die „operative Polizeikooperation“ zu stärken, soll die seit Mai 2017 gültige Europol-Verordnung 2016/794 novelliert werden. Ein im Frühjahr 2020 veröffentlichtes Papier gibt erste Hinweise, wohin die Reise gehen wird.[2] Erstens soll Europol eine Rechtsgrundlage für das eigenständige Sammeln von Daten aus den Beständen von Privatunternehmen erhalten, eventuell sogar durch automatisierte Abfragen. Bislang darf das Polizeiamt solche Daten nur verarbeiten, wenn sie durch nationale Behörden übermittelt wurden. Zweitens sollen bestimmte Analyseaktivitäten zur Bekämpfung von Terrorismus, Cyber- und Schlepperkriminalität eine eindeutige Rechtsgrundlage erhalten, nachdem es in der Vergangenheit Konflikte um deren Rechtmäßigkeit gegeben hatte. Drittens wird diskutiert, dass Europol künftig aus Drittstaaten übermittelte Daten ins Schengener Informationssystem einstellen und Daten mit dem Prüm-Netzwerk abgleichen können soll. Viertens soll Europol selbst beim Fehlen operativer Abkommen Daten mit Drittstaaten austauschen können, wenn dort nach eigener Einschätzung angemessene Datenschutzstandards existieren. Fünftens soll das Mandat Europols gestärkt werden, um grenzüberschreitende Ermittlungen in den Mitgliedstaaten einzuleiten und Ermittlungen der neuen Europäischen Staatsanwaltschaft zu unterstützen. Und sechstens soll Europols Datenschutzregime mit den Regeln zur Datenverarbeitung bei EU-Agenturen wie Frontex oder Eurojust harmonisiert werden. Hierzu sollen entweder der Anwendungsbereich der Richtlinie 2018/1725 zum Datenschutz bei Organen und Einrichtungen der EU auf Europol erweitert werden oder aber die Regeln der Partneragenturen angepasst werden.
Für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat das Thema Priorität. Das Bundesinnenministerium (BMI) bekennt sich offensiv zum Ausbau von Europols Rolle als „Zentralstelle“,[3] und Niedersachsens Innenminister, der bis Jahresende kurioserweise den Vorsitz des Gemeinsamen Parlamentarischen Kontrollausschusses zu Europol führt, träumt bereits von einem „europäischen FBI“.[4] Bis September 2020 will die EU-Kommission ein „Impact Assessment“ erstellen, verzichtet aber, anders als 2016, auf eine Evaluation der bisherigen Rechtsgrundlage. Die entscheidenden Weichen werden voraussichtlich im Oktober auf einer vom BMI organisierten Konferenz zur Zukunft Europols und auf dem Treffen der EU-Innenminister Anfang Dezember 2020 gestellt.