Tom Jennissen
Kurz vor Ablauf der Legislatur hat der Bundestag einen Gesetzentwurf vorgelegt, der ausweislich seines Titels dem Schutz vor sogenannten Feindeslisten dienen soll. Der neue § 126a StGB stellt jedoch allgemein das Verbreiten von personenbezogenen Daten unter Strafe, wenn dies geeignet ist, die betroffene Person der Gefahr einer schweren Straftat auszusetzen. Auch das Verbreiten frei recherchierbarer Informationen soll bei entsprechender Geeignetheit strafbar sein. Schutzgut ist – anders als etwa bei § 42 BDSG, der unter anderem das Verbreiten nichtöffentlicher Informationen in Schädigungsabsicht bereits unter Strafe stellt – nicht Leib und Leben der Opfer, sondern der öffentliche Friede.
Der Tatbestand ist weit gefasst und eröffnet den Ermittlungsbehörden einen großen Beurteilungsspielraum. Bereits jetzt scheitert die Strafverfolgung rechter Täter*innen selten an Strafbarkeits-, sondern an massiven Vollzugsdefiziten. Kritiker*innen, wie der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV)[1] und Opferberatungsstellen[2] verweisen auf die Gefahr, dass das Gesetz eher der Kriminalisierung antifaschistischer Initiativen dienen kann. Statt durch organisierte rechte Netzwerke bedrohte Menschen effektiv zu schützen – etwa durch Aufklärung, Auskunftssperren und flächendeckende unabhängige Beratung – werde das Staatsschutzstrafrecht weiter ausgebaut und die Meinungsfreiheit in den Aufgabenbereich der Strafverfolgungsbehörden verlegt.
Nach der ersten Lesung im Bundestag und nur wenige Tage vor der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss wurde das Gesetz um die nicht verbundenen neuen Straftatbestände der „Verbreitung und Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern“ (§ 176e StGB) sowie der „Verhetzenden Beleidigung“ (§192a StGB) ergänzt.