Neue Richtlinie zum polizeilichen Informationsaustausch

Am 11. Juni 2023 trat eine neue Richtlinie über den Informationsaustausch zwischen den Polizei- und Zollbehörden der EU-Mitgliedstaaten in Kraft.[1] Abgelöst wurden damit der 16 Jahre alte Rahmenbeschluss 2006/960/JI („Schwedische Initiative“) sowie Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ). Diese hatten – jenseits der Regeln für die großen IT-Systeme der EU – bisher den europarechtlichen Rahmen abgesteckt für grenzüberschreitende Datenübermittlungen zur Verhütung, Aufdeckung und Untersuchung von Straftaten, etwa wenn im Nachklapp zu Treffern bei Abfragen in den DNA-, oder Fingerabdruckdatenbanken anderer Mitgliedstaaten diese um weitere Informationen ersucht wurden.

Da der alte Rahmenbeschluss auch wegen des unklaren Verhältnisses zum SDÜ in der Praxis kaum zur Anwendung kam, soll die neue Richtlinie diese Unstimmigkeiten nun beseitigen und die einschlägigen Vorschriften harmonisieren. Demnach sollen alle Mitgliedstaaten zentrale Kontaktstellen einrichten, die den Informationsaustausch koordinieren und dafür spezielle Fallbearbeitungssysteme aufsetzen. Nach dem Vorbild der „Schwedischen Initiative“ sollen dringende Ersuchen nach unmittelbar in Polizeidatenbanken verfügbaren Informationen binnen acht Stunden beantwortet werden; für weniger dringende Fälle wird die Frist auf sieben Tage halbiert. Weiterhin soll Europol von allen ausgetauschten Informationen eine Kopie erhalten, wenn es um Straftaten in seinem Zuständigkeitsbereich geht. Nach Kritik des EU-Datenschutzbeauftragten (EDPS) am ursprünglichen Vorschlag der Kommission ist dafür nun wenigstens eine Einzelfallprüfung vorgesehen. Gleichwohl werden Europols Datenberge deutlich wachsen. Ignoriert wurde die EDPS-Empfehlung, kurze Löschfristen für die Daten im Fallbearbeitungssystem festzulegen. Stattdessen wurde bestimmt, eine Aussonderung der Daten spätestens sechs Monate nach Abschluss eines Informationsaustauschs zu prüfen. Die Mitgliedstaaten haben nun bis zum 12. Dezember 2024 Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.                         (Eric Töpfer)

[1]   Richtlinie (EU) 2023/977 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 2023 über den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates, Amtsblatt der EU L 134/11 v. 22.5.2023

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